Etikettenschwindel und Missbrauch des Elitebegriffs beenden ­ Leistung, Wettbewerb und Exzellenz durch Deregulierung der Rahmenbedingungen im Hochschulbereich tatsächlich fördern

Der Landtag stellt fest, dass

­ der von der Bundesregierung vorgesehene Wettbewerb „Brain up! Deutschland sucht seine Spitzenuniversitäten" ungeeignet ist, Leistung und Elite an den Hochschulen zu fördern,

­ Elitehochschulen weder durch Symbolpolitik oder Innovationsrhetorik noch durch politische Etikettierung entstehen,

­ Exzellenz auf der Ebene der Fakultäten und Wissenschaftsbereiche an den verschiedensten Hochschulen und nicht gebündelt an einigen wenigen Einrichtungen besteht,

­ die Stärken der Hochschulen durch wissenschaftsgesteuerten Wettbewerb mit gezielter Vernetzung konsequent gefördert werden müssen,

­ der weitere Ausbau von Elite und Exzellenz wettbewerbsfördernde und leistungsorientierte Rahmenbedingungen erfordert, die bisher von der Bundesregierung verhindert werden,

­ das Studierendenauswahlrecht konsequent eingeführt und die planwirtschaftliche Studienplatzzuteilung durch die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) abgeschafft sowie

­ das Hochschulfinanzierungssystem novelliert und die Erhebung von Studiengebühren ermöglicht werden muss,

­ die Rahmengesetzgebung für das Hochschulwesen sich nicht bewährt hat und

­ die Bundesregierung dem Wissenschaftsstandort Niedersachsen nachhaltig schadet, indem sie die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau um 175 Mio. Euro reduziert und die Vereinbarung zum kontinuierlichen Anstieg der Forschungsförderung einseitig aufgekündigt hat.

Der Landtag bittet die Landesregierung darauf hinzuwirken, dass

­ die Bundesregierung von undurchsichtigen Scheinwettbewerben zur vermeintlichen Eliteförderung auf Kosten der ihr zugewiesenen Aufgaben Abstand nimmt,

­ die Bundesregierung ihrer bisher bestehenden Verantwortung bei den Gemeinschaftsaufgaben Hochschulbau und Forschungsförderung nachkommt,

­ die Bundesregierung ihre leistungsfeindliche Hochschulpolitik tatsächlich beendet,

­ wettbewerbsfördernde und leistungsorientierte Rahmenbedingungen durch das Hochschulrahmengesetz nicht weiter behindert werden und

­ die konsequente Förderung der fachlichen Exzellenz durch gezielte Vernetzung wissenschaftlicher Elite ausgebaut wird.

Begründung:

Die Bundesregierung hat angekündigt, einen Wettbewerb für Spitzenhochschulen zu starten. Der Wettbewerb trägt den vielsagenden Titel „Brain up! Deutschland sucht seine Spitzenuniversitäten".

Der Name ist Programm. Er wurde offensichtlich bewusst gewählt, um die identischen Ziele dieses Gewinnspiels und der Sendung „Deutschland sucht den Superstar" herauszustellen. Beides geht an der Realität vorbei, erreicht lediglich kurzfristige Effekte und lässt Nachhaltigkeit sowie tatsächlichen Wettbewerb außen vor. Vornehmlich zählen nicht die Inhalte, sondern „das Verkaufen".

Die Gewinner-Universitäten - so die Veröffentlichung der Bundesregierung - sollen nach Auswahlrunden durch eine Jury bestimmt werden und ab dem Jahr 2006 für den Zeitraum von fünf Jahren jährlich 50 Mio. Euro erhalten.

Die weitere Umsetzung des Wettbewerbs soll im März dieses Jahres in der Bund-Länder-Kommission mit den Ländern verhandelt werden.

Der Wettbewerb ist bei den für die Hochschulen zuständigen Ländern, der Kultusministerkonferenz und in den Fachgremien der Wissenschaft auf einhellige Ablehnung gestoßen. Weder ist das Konzept geeignet, wissenschaftliche Exzellenz tatsächlich zu fördern, noch besteht eine Finanzierungsgrundlage für das ausgelobte Gewinnspiel.

Gleichzeitig kommt die Bundesregierung ihre Verantwortung für den Hochschulbau nur unzureichend nach. Die Mittel wurden um 175 Mio. Euro gekürzt.

Ziel der Bundesregierung ist es offenbar, sich aus der finanziellen Verantwortung für den Hochschulbau ganz zu verabschieden und diese „Last" auf die Länder abzuwälzen.

Verbesserungen der Rahmenbedingungen der Hochschulen verweigern die Bundesregierung und die sie tragenden Regierungsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen dagegen weiterhin die Zustimmung. Der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Novellierung des Hochschulrahmengesetzes, der inhaltlich den Vorgaben des Wissenschaftsrates entspricht, wurde am 29. Januar 2004 durch die rot-grüne Mehrheit im Deutschen Bundestag erneut abgelehnt.

Das Vorgehen der Bundesregierung im Bildungsbereich hat erkennbar Methode. Wie beim Ganztagsschulprogramm soll auch bei diesem erneut nur auf Publicity ausgerichteten Wettbewerb fehlende Zuständigkeit und Konzeptlosigkeit mit Millionenbeträgen erkauft und zugedeckt werden.

Die eigentlichen Aufgaben und Probleme werden dabei jeweils nicht gelöst.

Während beim Ganztagsschulprogramm 4 Mrd. Euro im wahrsten Sinne des Wortes in Sand und Steine gesetzt werden, soll beim Gewinnspiel der Superlative unter Einsatz von Millionen ein Wettbewerb inszeniert werden, der bereits vom Ansatz her keinen Erfolg haben kann.