Verbraucherschutz

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen und Abg. Tittmann [DVU])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD und CDU) Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den

Antrag ab.

Meine Damen und Herren, wenn ich richtig verstanden habe, dann ist zwischen den Fraktionen vereinbart worden, dass wir abweichend von der interfraktionellen Vereinbarung jetzt den Tagesordnungspunkt 37 aufrufen.

Erhebt sich dagegen Widerspruch? ­ Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Verbraucherschutz stärken ­ Lebensmittelüberwachung und Verbraucherinformation gewährleisten

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 23. Januar 2001

Als Vertreter des Senats Frau Senatorin Adolf, ihr beigeordnet Staatsrat Dr. Knigge.

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Hoch.

Abg. Frau Hoch (Bündnis 90/Die Grünen) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist noch nicht lange her, dass wir hier in diesem Haus über Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit diskutiert haben. Zur Erinnerung: Es war am 13. September des letzten Jahres.

Ich denke, wir haben gemeinsam im September deutlich gemacht, welchen Stellenwert die Lebensmittelüberwachung und der Verbraucherschutz haben. Aber deutlich wurde meines Erachtens auch, wie sich Bündnis 90/Die Grünen die inhaltliche Ausgestaltungvorstellen.

(Präsident Weber übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich habe im September hier besonders darauf hingewiesen, dass Lebensmittelsicherheit auch Gesundheitsschutz bedeutet, meine Damen und Herren! Es genügt nicht zu erklären, das sei ja alles wichtig, inhaltlich jedoch keine Stellung zu beziehen mit dem Tenor: Roland Berger wird es schon richten. Die Ereignisse der letzten Wochen und Tage haben doch deutlich und leidvoll klargemacht, dass eine amtliche Lebensmittelkontrolle notwendiger denn je ist.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dem Verbraucherschutz muss absolute Priorität vor wirtschaftlichen Interessen eingeräumt werden, meine Damen und Herren. Kommen Sie herunter von Ihren Privatisierungswolken, stellen Sie sich auf den Boden der Realität!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir vom Bündnis 90/Die Grünen fordern Sie auf: Nehmen Sie die Privatisierungspläne für die Lebensmittelüberwachung in beide Hände, legen Sie diese Pläne dann aber nicht in die Schublade, nein, stecken Sie Ihre Privatisierungspläne in den Schredder!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dann schaffen Sie Rahmenbedingungen für eine zukunftsträchtige und sichere Lebensmitteluntersuchung, die den Verbraucher- und Gesundheitsschutz der bremischen Bürgerinnen und Bürger sichert und nicht nur gewährleistet! Das ist nur gewährleistet, wenn der Bereich der Lebensmittelüberwachung weiterhin staatlich organisiert wird ohne Abhängigkeit, ohne Profitinteressen und unter öffentlicher Kontrolle. Dazu gehören auch umfassende und unabhängige Kontrollen sowie die ständige Information der Verbraucherinnen und Verbraucher. Auf die Verbraucherinformation im Speziellen wird meine Kollegin Dr. Mathes nachher eingehen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der amtlichen Lebensmittelüberwachung haben besonders in den letzten Wochen eine sehr gute Arbeit geleistet.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das alles im Zusammenhang mit der BSE-Krise! Laborkapazitäten wurden in kurzer Zeit aufgebaut, und als ein BSE-Test in Bremerhaven positiv ausfiel, wurde die Desinfektion des Bremerhavener Schlachthofes noch in der gleichen Nacht in Angriff genommen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen aber nicht nur Lob und Dank für ihre geleistete Arbeit, sie müssen auch endlich wissen, wie in Zukunft die Lebensmittelüberwachung im Lande Bremen aussehen soll. Es wäre zu begrüßen, wenn Sie ihnen endlich sagen würden, dass Sie sich von den Privatisierungsplänen verabschieden.

In keinem anderen Bundesland ist die Lebensmittelüberwachung in private Hände gelegt. Die Durch führung der Lebensmittelüberwachung mit der Inspektion von Betrieben und der Analyse von Proben ist überall Angelegenheit der Länder. Dass die Stärkung des Landesuntersuchungsamtes unbedingt notwendig ist, ist, denke ich, keine Frage. Das haben wir vom Bündnis 90/Die Grünen auch schon in der Debatte vom September klar ausgeführt, besonders auch unter dem Aspekt, dass die EU-Kommission einen Aktionsplan zur Lebensmittelsicherheit vorgelegt hat, der in dem so genannten Weißbuch zusammengefasst ist.

Wie wir alle wissen, sind Richtlinien sehr wichtig, aber leider ersetzen sie die Kontrollen nicht. Wie wir am letzten Wochenende wieder in den Medien hören und sehen mussten, wurden Schweine wiederholt mit Antibiotika und Hormonen behandelt, ohne erkrankt zu sein. Das hat ja auch zu Recht zum Rücktritt von Frau Stamm in Bayern geführt. Immer wieder werden gesundheitliche Risiken der Bevölkerung unverantwortlich in Kauf genommen, um eine Gewinnoptimierung zu erreichen. Gesundheit und Gesundheitsschutz sind für uns ein Grundrecht, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wer dagegen verstößt, begeht für mich keine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat.

Es ist besonders die Zusammenarbeit mit den anderen Bundesländern gefragt. Ich denke, daran müssen wir arbeiten. Besonders mit Niedersachsen sollte eine enge Kooperation angestrebt werden. Doppeluntersuchungen sollten nicht sein, und der abgesprochene und gezielte Einsatz bestehender Ressourcen wie zum Beispiel im Laborbereich könnte ein Weg hin zu mehr Wirtschaftlichkeit sein.

Leider werden die Kontrollen von Lebensmitteln, Futtermitteln und Gewässerproben in der Zukunft nicht weniger werden. Im Gegenteil! Dazu werden neue Verordnungen über Zusätze und Inhalte kommen. Ich hoffe auch, dass viele Zusätze in der Nahrung sowie Antibiotika im Tierfutter endlich verboten werden. Doch trotz eines hoffentlich baldigen Verbotes zeigt die Erfahrung, dass weiterhin verschärft kontrolliert werden muss.

Ich denke, dass wir hier die Inhalte und Eckpunkte für ein neues Konzept der Lebensmitteluntersuchung benennen müssen. Leider konnte sich die große Koalition auf beides, auf Inhalte und Eckpunkte, nicht einigen. Das zeigt deutlich die Aussage des Kollegen Dr. Käse aus der Debatte im September. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Plenarprotokoll: Die CDU war nicht bereit, einen Antrag zum neuen Konzept der Lebensmittelüberwachung mitzumachen. Die Position der CDU scheint zu sein: Erst das Landesuntersuchungsamt privatisieren, und dann schauen wir einmal, wie in der neuen Struktur noch die Aufgabenerfüllung möglich ist. ­ Verscherbeln und dann sehen und staunen!

Meine Damen und Herren von der SPD, es muss doch Ihre Pflicht sein, Ihren Koalitionspartner von dem Privatisierungsgleis herunterzuholen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dieses Gleis führt in einen Sackbahnhof mit einem schmerzhaften Prellbock!

(Abg. Frau Dreyer [CDU]: Das tut aber weh!)

Wir wollen Ihnen ja nicht wehtun, Sie tun sich ja selbst weh! Wollen Sie sich wegen des Koalitionszwangs gegen die Gesundheitsvorsorge der Bremerinnen und Bremer stellen? Hoffentlich nicht!

Zum Schluss möchte ich noch einige Anmerkungen zu unserem Antrag machen. Zu Punkt eins: Warum die Lebensmittelüberwachung, sprich die Lebensmittelkontrolle und -untersuchung, weiterhin staatlich organisiert werden muss, dazu habe ich im September letzten Jahres und auch heute einiges gesagt. Leider wird diese Forderung durch die Ereignisse immer dringlicher.

Zweitens fordern wir den Senat auf, bis zum 31. März 2001 einen Bericht vorzulegen, in dem die zukünftige Organisation und die Aufgaben der gesamten Lebensmittelüberwachung dargestellt werden.

Weiterhin soll der Bürgerschaft in diesem Bericht mitgeteilt werden, in welcher Höhe bis zum Jahr 2005 finanzielle Mittel zur Absicherung dieser dargestellten Aufgaben pro Jahr bereitgestellt werden sollen. Ich denke, seit dem ersten BSE-Fall in Deutschland ist diese Forderung nach einer neuen Kostenaufstellung unbedingt notwendig. Drittens sind die Haushaltsmittel für die Verbraucherzentrale zu erhöhen und langfristig institutionell abzusichern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Begründung wird meine Kollegin Frau Dr. Mathes noch einmal dazu geben.

Meine Damen und Herren, stimmen Sie dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu! Damit dokumentieren wir gemeinsam eine vorausschauende Position zum Verbraucher- und Gesundheitsschutz für die Bevölkerung des Landes Bremen. ­

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Präsident Weber: Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Dreyer.

Abg. Frau Dreyer (CDU): Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wollten wir als CDU-Fraktion heute einen Antrag, der gemeinsam mit unserem Koalitionspartner eingebracht werden sollte, hier im Haus diskutieren, um erste gemeinsame und vor allem konkrete Schritte für einen verbesserten Schutz der Verbraucher zu machen. Wir wollten die Erfordernisse für eine klare Trennung der Lebensmitteluntersuchung und -kontrolle zumindest diskutieren, weil es doch mehr als fraglich ist, ob die Behörde, die untersucht, auch in der Lage ist, ihre Arbeitsergebnisse zu kontrollieren.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollten erste Bausteine zur Qualifizierung der Mitarbeiter erreichen und zusätzliche Informationsnetze über Internet gemeinsam mit den Verbraucherverbänden und den Landwirten auf den Weg bringen, um damit mehr Transparenz und Informationsmöglichkeiten für die Verbraucher zu schaffen. Doch leider, meine Damen und Herren, möchte die SPD-Fraktion keinen gemeinsamen Antrag einbringen, weil sie eine Qualifizierung der Mitarbeiter nicht für erforderlich hält, wie wir heute der taz entnehmen konnten, und nun die abenteuerliche Behauptung aufstellt, wir, die CDU, hätten die Senatorin zu irgendeiner hektischen Privatisierung getrieben.

Zur Erinnerung, meine Damen und Herren: Der Senat hat im Oktober 1999 einstimmig, das muss ja mit der Frau Senatorin Adolf gewesen sein, den Auftrag erteilt, die Effizienz des Landesuntersuchungsamtes zu überprüfen. Dafür hat der Senat sich Roland Berger bedient, Roland Berger hat das auch mehrfach vorgestellt, und wir, die CDU-Fraktion, haben nun auf diese Prüfergebnisse gewartet, die wir allerdings noch nicht haben. Daraus hat dann allerdings, ohne dass uns überhaupt ein Prüfergebnis vorgelegt wurde, Frau Senatorin Adolf abgeleitet, dass sie einmal einfach so ohne klar umrissene Vorstellungen über den Umfang einer eventuellen Privatisierung von Untersuchungsaufgaben und vor allen Dingen ohne die gesetzlich vorgeschriebenen europaweiten Ausschreibungen Teile des Untersuchungsamtes per Zuruf verkaufen könnte.

(Senatorin Adolf : Was?)

Dieses Verfahren hat die CDU-Fraktion ­ Frau Senatorin, ich helfe Ihnen gern in der Erinnerung ­ am 3. November 2000 gestoppt, und die Gesundheitssenatorin musste die auf Zuruf gefundenen Interessenten leider wieder ausladen. Dies ist nicht so ein kompetenter Vorgang, Frau Senatorin, und, ich glaube, es war auch peinlich, Interessenten erst einzuladen und sie dann wieder auszuladen. Dies wurde auch im Weser-Report am 5. November berichtet.

Widersprochen haben Sie nicht, Frau Adolf, und da ich dabei war, gehe ich einmal davon aus, dass Sie sich auch, wenn Sie ein bisschen in Ihrer Erinnerung graben, erinnern werden.

Selbst Sie, Frau Hammerström, haben damals die öffentliche Ausschreibung mit mir gemeinsam verlangt und damit Ihre Senatorin, und dafür danke ich Ihnen sehr, Frau Hammerström, zu ganz korrektem Handeln verpflichtet.

(Unruhe bei der SPD) Wir, die CDU-Fraktion, meine Damen und Herren, haben damals wie heute gefunden, dass das Einfordern einer korrekten Ausschreibung nun wirklich mehr als erforderlich ist, denn die Einhaltung der Gesetze ist Pflicht der Senatorin, und es ist schon hoch unangenehm und, wie ich finde, auch nicht so toll, die Senatorin hier immer wieder erneut ermahnen zu müssen. Das war Punkt eins.

Kommen wir zum zweiten Punkt, meine Damen und Herren, zu der Qualifizierung der Mitarbeiter!

Diese CDU-Forderung empfinden die Sozialdemokraten als einen Schlag ins Gesicht der Mitarbeiter, so in der taz von heute nachzulesen.

(Abg. Frau Hammerström [SPD]: Also, die taz habe ich noch nicht gelesen, aber ich sage gleich etwas dazu!) Aber ich, Frau Hammerström! Erst sage ich etwas, und dann sagen Sie etwas! So machen wir das, ja?

Dazu, meine Damen und Herren, ist anzumerken:

Nachdem die CDU-Fraktion die freihändige Vergabe von undefinierten Teilen des Landesuntersuchungsamtes gestoppt hat und auch die Senatorin dann letztendlich bereit war, geltende Vorschriften anzuwenden, haben wir uns in der Deputation, gemeinsam mit den Grünen natürlich, darauf verständigt, dass jetzt die Modelle der Mitarbeiter, die ja auch auf dem Tisch liegen, erst einmal sauber geprüft werden und wir uns dann, wenn diese Prüfergebnisse vorliegen, weiter verständigen. Das noch einmal zur Chronologie, daran erinnern sich nun wirklich alle!

Die Mitarbeiter haben sich dann die Firma Meyer und Partner erbeten, diese sollte ihre Arbeitsabläufe prüfen. Die Senatorin hat auch diesen Auftrag erteilt, wir als Abgeordnete waren da nicht beteiligt.

Ich finde es auch richtig, dass die Mitarbeiter hier sagen, wir wünschen uns die Firma Meyer und Partner und nicht immer Roland Berger, es gibt ja auch andere Prüfinstitutionen.

Wir haben dieses Prüfergebnis noch nicht vorliegen, meine Damen und Herren, jedenfalls nicht offiziell in der Deputation. Ich kann Ihnen aber heute schon sagen, was, wenn denn sauber geprüft wird, in diesem Bericht wahrscheinlich stehen müsste, denn dies diskutieren wir nicht erst seit heute und gestern und schon gar nicht, seitdem wir wissen, dass es BSE gibt, sondern das wird seid Jahren diskutiert.