Arbeitgeber

Der § 99

Nds. SOG schreibt nicht vor, dass der Sicherstellungsauftrag nur durch Schichtdienst, Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft erfüllt werden kann. Vielmehr bleibt nach dem Willen des Gesetzgebers die verwaltungspraktische Umsetzung des Gesetzesauftrags den Gefahrenabwehrbehörden überlassen. Dabei müssen auch Aufwand und Nutzen zueinander in Beziehung gesetzt werden.

Das Umweltministerium hat ein Entscheidungsverfahren gegenüber dem Hauptpersonalrat eingeleitet, das zum Ziel hat, dem Vorschlag des LRH zu folgen.

Rufbereitschaft in der Bergaufsicht

Anders als die Gewerbeaufsicht ist die Bergaufsicht auch zuständig in den Ländern Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen. In dieser Verwaltung wird bisher nur bei längeren Freizeiten (an Wochenenden und Feiertagen) Rufbereitschaft angeordnet. In den Ruhezeiten zwischen den werktäglichen Dienstzeiten existiert eine „freiwillige" telefonische Erreichbarkeit als normale Dienstpflicht.

Der Anteil tatsächlicher Einsatzzeit während der Rufbereitschaft ist auch hier außerordentlich gering; er beträgt nach den Feststellungen des LRH jährlich im Mittel etwa 0,3 v. H. bei einem Kostenaufwand für zu gewährenden Freizeitausgleich in Höhe von rund 78 000 1/4 VLHKH DXFK hierzu Abschnitt VI, Nr. 34).

Der LRH hält hier ebenfalls die Rufbereitschaft für entbehrlich. Zwar obliegen den Beamten der Bergaufsicht zusätzliche Ermittlungsaufgaben als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft.

Aber allein wegen der erheblichen Entfernungen zu einzelnen Einrichtungen mit Gefahrenpotenzial (bis zu mehr als 250 km) können längere Anreisezeiten nicht ausgeschlossen werden.

Im Prüfungszeitraum von zwei Jahren war nicht ein einziger Fall dokumentiert, in dem der sofortige Einsatz eines Bergbeamten unabdingbar war. Bei den verschwindend geringen Einsätzen reichte jeweils eine bergaufsichtliche Schadensaufnahme am ersten regulären Arbeitstag nach dem gefahrbegründenden Ereignis. Eine hinreichende Erreichbarkeit kann ebenso wie in der Gewerbeaufsicht durch organisatorische Vorkehrungen und den Einsatz moderner Kommunikationsmittel gewährleistet werden.

Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr hält an der Rufbereitschaft im Zuständigkeitsbereich des Landesbergamts als Voraussetzung für einen erforderlichen sofortigen Einsatz eines Bergbeamten fest. Es will nunmehr sogar - entgegen den Vorstellungen des LRH die bisher für Wochenenden geltende Rufbereitschaft auch auf die Werktage ausdehnen.

34. Höhe der Entschädigung für Rufbereitschaft im Zeichen moderner Kommunikationstechnik nicht mehr zeitgemäß Diverse Kapitel

Durch den Einsatz moderner Kommunikationsmittel haben sich die Einschränkungen in der Gestaltung der Freizeit für Rufbereitschaft leistende Bedienstete in den letzten Jahren erheblich verringert. Die Höhe der Entschädigung für die Rufbereitschaft ist deshalb nicht mehr angemessen. Durch eine Anpassung der beamtenund tarifrechtlichen Regelungen ließen sich allein in den vom LRH geprüften Bereichen rechnerisch ca. 1 Million 1/4 RGHU ELV ]X Stellen einsparen.

Der LRH hat die Organisation der Rufbereitschaft in der Gewerbeaufsichts-, Berg-, Häfenund Schifffahrts- sowie der Straßenbauverwaltung und beim Kampfmittelbeseitigungsdienst,

Der Gesetzesentwurf nannte diese Möglichkeiten nur beispielhaft; sie sind dann in die verabschiedete Regelung (§ 77

Nds. SOG alte Fassung) nicht übernommen worden. dem Niedersächsischen Landesamt für Ökologie und dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft und Küstenschutz geprüft. Er ist dabei auch der Frage der Angemessenheit der Entschädigung für geleistete Rufbereitschaften nachgegangen.

Bestehende Entschädigungsvorschriften für die Rufbereitschaft

Für die in den geprüften Bereichen eingesetzten Beamten, Angestellten und Arbeiter gelten folgende Regelungen für die Entschädigung der Rufbereitschaft:

Die zur Rufbereitschaft eingesetzten Beamten erhalten gemäß Nr. 2.2 der Verwaltungsvorschrift zu § 87 Niedersächsisches Beamtengesetz (NBG) einen Ausgleich für geleistete Rufbereitschaft in Form von Freizeitausgleich. Dieser beträgt 1/8 der geleisteten Rufbereitschaftsstunden, soweit sie mehr als zehn Stunden im Monat ausmachen. Eine Rufbereitschaft wird nach der Verwaltungsvorschrift seit September 1991 gemäß § 3 Abs. 5 der Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen (Erschwerniszulagenverordnung) dann angenommen, wenn sich der Verpflichtete in seiner Häuslichkeit (Hausrufbereitschaft) oder an einem von ihm anzuzeigenden und dienstlich genehmigten Ort seiner Wahl (Wahlrufbereitschaft) bereit hält, um bei Bedarf zu Dienstleistungen sofort abgerufen werden zu können.

Bei Angestellten und Arbeitern wird nach den Tarifbestimmungen ebenfalls 1/8 der Zeit der Rufbereitschaft als Arbeitszeit gewertet und als Überstunden vergütet bzw. als Überstunden zusätzlich entlohnt. Die Definition der Rufbereitschaft entspricht der Wahlrufbereitschaft für Beamte, ohne dass die dienstliche Genehmigung Erwähnung findet.

Mangelnde Anpassung der Entschädigungsregelungen an die veränderten Verhältnisse

Die Bediensteten müssen zumindest seit der Ablösung der Euro-Signal-Empfänger (so genannte „Euro-Pieper") durch Mobiltelefone weder eine Hausrufbereitschaft noch eine Wahlrufbereitschaft wahrnehmen, weil sie - um erreichbar zu sein - sich weder in ihrer Häuslichkeit noch an einem anzuzeigenden Ort aufhalten müssen. Sie können daher ihre „Freizeit" mithilfe des ihnen dienstlich zur Verfügung gestellten Mobiltelefons weitgehend frei gestalten und unterliegen lediglich z. B. der Einschränkung, dass die Dienststelle innerhalb einer Stunde erreichbar sein muss.

Trotz dieser nunmehr geringen Einschränkung der Freizeitgestaltung bei der Rufbereitschaft ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts die Voraussetzung zur Bezahlung der Rufbereitschaft auch bei einer vom Arbeitgeber angeordneten „Erreichbarkeit per Handy" erfüllt. Auch diese Regelung sei als Rufbereitschaft im Sinne des Tarifvertrags zu werten. Es sei Sache der Tarifvertragsparteien, zu entscheiden, ob von ihnen vereinbarte Arbeitsbedingungen wegen des technischen Fortschritts und damit einhergehender Arbeitserleichterungen geändert werden müssen.

Die geltenden Regelungen führen zu erheblichen - nicht vertretbaren - Kosten. Der LRH hält daher eine Anpassung der geltenden Regelungen an die veränderten Verhältnisse für zwingend geboten.

Kosten der Rufbereitschaft

Der LRH hat die Kosten der Rufbereitschaft in den geprüften Verwaltungen ermittelt. Basis der Berechnungen ist der Durchschnitt der in den beiden Erhebungsjahren 2000 und 2001 geleisteten Bereitschaftsstunden.

Unterschieden hat der LRH zwischen einem Stundensatz, der die individuelle Eingruppierung eines jeden Bediensteten berücksichtigt, und abbildet, welche Ausgaben ohne die Gewährung von Freizeitausgleich haushaltswirksam wären (Stundensatz A). Dabei hat er für Beamte und

Kosten sind hier nicht im betriebswirtschaftlichen Sinn, sondern als Begriff für die Erfassung eines finanziellen Gegenwerts für die Rufbereitschaft zu verstehen.

Angestellte die Mehrarbeits- bzw. Überstundenvergütung und für Arbeiter den Überstundenlohn nach dem Stand vom 01.05.2004 zugrunde gelegt, um bei im Wesentlichen gleichbleibender Zahl von angeordneten Rufbereitschaftsstunden aktuelles Zahlenmaterial zu liefern.

Dem anderen dargestellten Stundensatz liegen die Pauschsätze für den Verwaltungsaufwand bei der Gebührenbemessung im staatlichen Bereich nach dem Runderlass des Finanzministeriums vom 19.06.2001 in der Fassung vom 20.01.2004 zugrunde (Stundensatz B). Dieser Stundensatz wurde als Alternative gewählt, weil er betriebswirtschaftlich relevante Elemente berücksichtigt und damit eher die tatsächlichen Kosten widerspiegelt.

Demnach wurden allein in den vom LRH geprüften Verwaltungszweigen - geht man vom Stundensatz B aus - für die Abgeltung von Rufbereitschaften Kosten von mehr als 2 Millionen.

Notwendige Schritte

Der LRH ist der Auffassung, dass die Entschädigungsregelungen für Rufbereitschaften dringend geändert werden müssen. Andere Bundesländer haben wegen der heutigen geringeren Einschränkung der Bediensteten während einer Rufbereitschaft - sowohl was den Aufenthaltsort als auch die Betätigungsmöglichkeiten anbelangt - bereits Folgerungen gezogen:

­ Das Land Brandenburg regelt in seiner Verordnung über die Arbeitszeit, dass die Zeiten der Rufbereitschaft zwar grundsätzlich zu 1/8 durch Freizeit auszugleichen sind. Wenn den Beamten aber zur Erreichbarkeit ein mobiles Empfangsgerät zur Verfügung gestellt wird oder sie selbst die Erreichbarkeit über ein mobiles Empfangsgerät gewährleisten und keine zusätzlichen Erschwernisse hinzutreten, wird ihnen für die Zeit der Rufbereitschaft nur ein Freizeitausgleich von 1/12 gewährt.

­ Der Freistaat Thüringen regelt in seiner Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten bereits seit April 1995, dass die Zeit der Rufbereitschaft zu 1/8 durch Freizeit auszugleichen ist, wenn sie mehr als fünf Stunden im Monat beträgt. Gleichzeitig werden die obersten Dienstbehörden jedoch dazu verpflichtet, im Einvernehmen mit dem für das Beamtenrecht zuständigen Ministerium die Gewährung und den Umfang von Freizeitausgleich bei Rufbereitschaft mit mobilen Empfangsgeräten abweichend zu regeln. Inwieweit diese Verpflichtungen erfüllt werden, hat der LRH nicht untersucht.

­ Das Land Rheinland-Pfalz regelt in § 9 Abs. 2 letzter Satz seiner Arbeitszeitverordnung, dass die Gewährung und den Umfang von Freizeitausgleich oder Dienstbefreiung bei Rufbereitschaft mit mobilen Empfangsgeräten die Ministerien, deren Geschäftsbereich berührt wird, im Einvernehmen mit dem für das Beamtenrecht zuständigen Ministerium abweichend von Satz 2 (Freizeitausgleich oder Dienstbefreiung zu 1/8) durch Verwaltungsvorschrift regeln können. Inwieweit derartige Verwaltungsvorschriften bestehen, hat der LRH nicht untersucht.