Disziplinarverfahren
Die Einleitung ist aktenkundig zu machen.
Ein Disziplinarverfahren wird nicht eingeleitet, wenn feststeht, dass
1. nur eine Disziplinarmaßnahme in Betracht kommt, die nach § 15 oder 16 nicht ausgesprochen werden darf, oder
2. eine Disziplinarmaßnahme nicht angezeigt erscheint.
Ein Disziplinarverfahren gegen eine Ruhestandsbeamtin oder einen Ruhestandsbeamten wird auch dann nicht eingeleitet, wenn feststeht, dass nur eine Disziplinarmaßnahme in Betracht kommt, die nach § 6 Abs. 2 nicht ausgesprochen werden darf.
Die Gründe sind aktenkundig zu machen und der Beamtin oder dem Beamten bekannt zu geben.
Hat eine Beamtin oder ein Beamter mehrere Ämter inne, die im Verhältnis von Haupt- zu Nebenamt stehen, so kann nur die für das Hauptamt zuständige Disziplinarbehörde ein Disziplinarverfahren einleiten.
Stehen die Ämter nicht im Verhältnis von Haupt- und Nebenamt und sind verschiedene Disziplinarbehörden zuständig, so unterrichten sie sich vorher von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens.
Ein weiteres Disziplinarverfahren kann gegen die Beamtin oder den Beamten wegen desselben Sachverhalts nicht eingeleitet werden.
Die Zuständigkeiten nach den Absätzen 1 bis 3 werden durch eine Beurlaubung, eine Abordnung oder eine Zuweisung nicht berührt.
Ergeben sich während einer Abordnung an eine andere Dienststelle oder einen anderen niedersächsischen Dienstherrn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht eines während dieser Zeit begangenen Dienstvergehens, so gehen die Rechte und Pflichten zur Durchführung eines Disziplinarverfahrens während der Zeit der Abordnung auf die jeweils zuständige Disziplinarbehörde über, soweit nicht diese ihre Befugnisse der vor der Abordnung zuständigen Disziplinarbehörde überlässt oder soweit nichts anderes bestimmt ist.
Endet die Abordnung, so sollen noch nicht abgeschlossene Ermittlungen von der ermittelnden Behörde zu Ende geführt werden.
(5) Hat eine Beamtin oder ein Beamte auf Zeit oder auf Probe auch im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ein Amt inne, so gehen mit der Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Zeit oder auf Probe die Zuständigkeiten nach den Absätzen 1 bis 3 auf die für das Amt im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zuständige Disziplinarbehörde über.
§ 19:
Einleitung auf Antrag der Beamtin oder des Beamten:
(1) Die Beamtin oder der Beamte kann bei der Disziplinarbehörde oder bei der höheren Disziplinarbehörde die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen sich selbst beantragen, um sich von dem Verdacht eines Dienstvergehens zu entlasten.
(2) Der Antrag darf nur abgelehnt werden, wenn keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen.
(3) § 18 Abs. 1 Sätze 2 und 3 sowie Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.
§ 20:
Ausdehnung und Beschränkung
Das Disziplinarverfahren kann bis zum Erlass einer Entscheidung nach den §§ 32 bis 34 auf weitere Sachverhalte ausgedehnt werden, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen.
Die Ausdehnung ist aktenkundig zu machen.
Das Disziplinarverfahren kann bis zum Erlass einer Entscheidung nach den §§ 32 bis 34 beschränkt werden, indem solche Handlungen ausgeschieden werden, die für die zu erwartenden Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen.
Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.
Die ausgeschiedenen Handlungen können nicht wieder in das Disziplinarverfahren einbezogen werden, es sei denn, die Voraussetzungen für die Beschränkung entfallen nachträglich.
Werden die ausgeschiedenen Handlungen nicht wieder einbezogen, so können sie nach dem unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens nicht Gegenstand eines neuen Disziplinarverfahrens sein.
Zweites Kapitel Durchführung
§ 21:
Mitteilung, Hinweise und Anhörungen
Der Beamtin oder dem Beamten ist die Einleitung des Disziplinarverfahrens mitzuteilen, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich ist.
Hierbei ist zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihr oder ihm zur Last gelegt wird.
Gleichzeitig ist darauf hinzuweisen, dass es ihr oder ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen, und dass jederzeit eine Bevollmächtigte, ein Bevollmächtigter oder ein Beistand hinzugezogen werden kann.
Für die Abgabe einer schriftlichen Äußerung wird der Beamtin oder dem Beamten eine Frist von einem Monat und für die Abgabe der Erklärung, sich mündlich äußern zu wollen, eine Frist von zwei Wochen gesetzt.
Hat die Beamtin oder der Beamte rechtzeitig erklärt, sich mündlich äußern zu wollen, so ist die Anhörung innerhalb eines Monats nach Eingang der Erklärung durchzuführen; aus zwingenden Gründen kann die Anhörung auch später erfolgen.
Kann aus zwingenden Gründen eine Frist nach Satz 1 nicht eingehalten oder einer Ladung zur Anhörung nicht Folge geleistet werden, und sind diese Gründe unverzüglich mitgeteilt worden, so ist die Frist zu verlängern oder erneut zu laden.
(3) Sind die nach Absatz 1 Satz 2 oder 3 vorgeschriebenen Hinweise unterblieben oder unrichtig erfolgt, so darf die Aussage der Beamtin oder des Beamten nicht zu ihrem oder seinem Nachteil verwertet werden.
(4) Nach der Beendigung der Ermittlungen ist der Beamtin oder dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich abschließend zu äußern; Absatz 2 gilt entsprechend.
§ 22
Pflicht zur Durchführung von Ermittlungen
Zur Aufklärung des Sachverhalts sind die erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
Dabei sind die belastenden, die entlastenden und die Umstände zu ermitteln, die für die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme bedeutsam sind.
§ 23
Zusammentreffen von Disziplinarverfahren mit Strafverfahren oder anderen Verfahren, Aussetzung
Ist gegen die Beamtin oder den Beamten wegen des Sachverhalts, der dem Disziplinarverfahren zugrunde liegt, im Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben worden, so ist das Disziplinarverfahren auszusetzen.
Das Disziplinarverfahren kann ausgesetzt werden, wenn in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren über eine Frage zu entscheiden ist, deren Beurteilung für die Entscheidung im Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung ist.
Die Aussetzung unterbleibt, wenn keine begründeten Zweifel am Sachverhalt bestehen oder wenn im Strafverfahren aus Gründen nicht verhandelt werden kann, die in der Person der Beamtin oder des Beamten liegen.
(2) Das ausgesetzte Disziplinarverfahren ist unverzüglich fortzusetzen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 nachträglich eintreten, spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss der Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 oder 2.
§ 24
Bindung an tatsächliche Feststellungen in Strafverfahren oder anderen Verfahren
Die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Straf- oder Bußgeldverfahren, eines rechtskräftigen Strafbefehls oder einer unanfechtbaren Entscheidung über den Verlust der Bezüge wegen schuldhaften Fernbleibens vom Dienst (§ 9 des Bundesbesoldungsgesetzes) sind im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, bindend. Satz 1 gilt nicht für Feststellungen, die offenkundig unrichtig sind.
(2) Die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind nicht bindend, können aber der Entscheidung im Disziplinarverfahren ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden.
§ 25
Beweiserhebung
Die erforderlichen Beweise sind zu erheben.
Hierbei können insbesondere
1. schriftliche dienstliche Auskünfte eingeholt,
2. Zeuginnen, Zeugen und Sachverständige vernommen oder deren schriftliche Äußerung eingeholt,
3. Urkunden und Akten beigezogen sowie
4. der Augenschein eingenommen werden.
(2) Niederschriften über Aussagen von Personen, die schon in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren vernommen worden sind, sowie Niederschriften über einen richterlichen Augenschein können ohne erneute Beweiserhebung verwertet werden.
Über einen Beweisantrag ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.
Dem Beweisantrag ist stattzugeben, soweit er für die Tat- oder Schuldfrage oder für die Bemessung einer Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein kann.
Der Beamtin oder dem Beamten ist Gelegenheit zu geben, an der Vernehmung von Zeuginnen, Zeugen und Sachverständigen sowie der Einnahme des Augenscheins teilzunehmen und hierbei sachdienliche Fragen zu stellen.
Sie oder er sowie die Verfahrensbevollmächtigten können von der Teilnahme ausgeschlossen werden, soweit dies bei der Vernehmung von Minderjährigen oder aus einem wichtigen Grund, insbesondere mit Rücksicht auf den Ermittlungszweck oder zum Schutz der Rechte Dritter, erforderlich ist.
Ein schriftliches Gutachten ist der Beamtin oder dem Beamten zugänglich zu machen, soweit zwingende Gründe dem nicht entgegenstehen.
§ 26
Zeuginnen, Zeugen und Sachverständige, richterliche Vernehmung
Zeuginnen und Zeugen sind zur Aussage und Sachverständige zur Erstattung von Gutachten verpflichtet.
Die §§ 48, 50, 51 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, §§ 52 bis 57, 68, 69, 70 Abs. 1 Satz 1, §§ 74 bis 76 und 77 Abs. 1 Satz 1 sowie die §§ 48, 51 Abs. 2, §§ 68 und 69 StPO jeweils in Verbindung mit § 72 StPO gelten entsprechend.
Die Aussagegenehmigung gilt allen Beschäftigten des Dienstherrn der Beamtin oder des Beamten als erteilt; sie kann ganz oder teilweise widerrufen werden.
Wird ohne Vorliegen eines in den §§ 52 bis 55 oder 76 StPO bezeichneten Grundes die Aussage oder die Erstattung eines Gutachtens verweigert, so entscheidet auf Antrag die oder der Vorsitzende der Kammer für Disziplinarsachen ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung und führt gegebenenfalls die Vernehmung durch.
In dem Antrag sind der Gegenstand der Vernehmung darzulegen sowie die Namen und Anschriften der Beteiligten anzugeben.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Das Verwaltungsgericht kann um die richterliche Vernehmung von Zeuginnen und Zeugen ersucht werden,