BDG ist nicht erforderlich weil nach der Regelung des Absatzes 2 bereits logisch ein Wechsel des Dienstherrn vorliegt

Zu § 2:

Diese Vorschrift regelt den sachlichen Geltungsbereich des Gesetzes.

Die in Absatz 1 gegenüber der alten Formulierung des § 2 NDO geänderte Textfassung bezweckt keine inhaltliche, sondern nur eine redaktionelle Änderung. Statt einer Aufzählung der Fälle, in denen das Gesetz Anwendung findet, reicht ein Verweis auf § 85 NBG.

Bei der Änderung in Absatz 2 handelt es sich zunächst um eine redaktionelle Änderung, die sich auch aus der Notwendigkeit zur Männlich-Weiblich-Form ergibt. Hieraus erklärt sich auch die Abweichung zum Bundesdisziplinargesetz. Durch die Umformulierung „Dienstverhältnis als Richter" in „Richterverhältnis" werden nun auch Bundesrichter mit erfasst, was bei der Formulierung in der geltenden Niedersächsischen Disziplinarordnung nicht der Fall ist (Claussen/Janzen BDOKommentar, 8. Aufl. Anm. 3 a zu § 2).

Über die Verweisung in Nummer 2 gelten die Pflichten für Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamte auch für die aus einem Dienst- oder Beamtenverhältnis Ausgeschiedenen. Lediglich die Verfolgbarkeit ist so lange ausgeschlossen, wie kein neues Beamtenverhältnis begründet ist (Claussen/Janzen BDO-Kommentar, 8. Aufl. Anm. 3 c zu § 2).

Die Verpflichtung zur Amtsverschwiegenheit und zur Nichtannahme amtsbezogener Geschenke auch für die Zeit nach versorgungsloser Beendigung eines Dienstverhältnisses ergibt sich bereits aus den §§ 68 und 78 NBG.

Die Verweisung auf die anderen Dienstvergehen in § 85 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 4 bis 6 NBG wird aus folgenden Überlegungen heraus nicht mehr aufgenommen: Bei Beschäftigten, die aus einem Dienstverhältnis ausscheiden oder entlassen werden, gelten außer denen aus den §§ 68 und 78

NBG keine Beamtenpflichten mehr. Eine Disziplinierungsmöglichkeit gibt es für diesen Personenkreis nicht. Wenn später wieder ein neues Dienstverhältnis begründet wird, so ist das Verhalten, das zwischen Entlassung und Neubegründung des Dienstverhältnisses liegt, bei der Frage einer erneuten Einstellung zu würdigen. Eine Fiktion, mit der nachträglich für den Zwischenzeitraum alle Beamtenpflichten des § 85 Abs. 2 NBG begründet werden, ist nicht mehr zeitgemäß.

Eine Bestimmung über die Anwendung des Gesetzes bei Wechsel des Dienstherrn, wie im § 2 Abs. 2 BDG, ist nicht erforderlich, weil nach der Regelung des Absatzes 2 bereits logisch ein Wechsel des Dienstherrn vorliegt. Es ergäbe sich kein weiterer Regelungsgehalt. Es soll hier keine Rechtsänderung zur alten Regelung oder inhaltliche Abweichung vom Bundesdisziplinargesetz erfolgen.

Die neu aufgenommene Regelung des Absatzes 3 führt die für die Praxis notwendige Klärung der Frage herbei, im Rahmen welchen Verfahrens und unter Anwendung welcher Verfahrensordnung Dienstvergehen sanktioniert werden, die während einer Wehrübung oder einer besonderen Auslandsverwendung begangen werden. Um zum Ausdruck zu bringen, dass es hier (wie in der Überschrift genannt) um die Regelung des sachlichen Geltungsbereiches geht, ist redaktionell von der Formulierung des Bundesdisziplinargesetzes abgewichen worden.

Zu § 3:

Durch die ergänzende Anwendung der in der Vorschrift genannten Gesetze wird das Disziplinarrecht von dem Strafverfahrensrecht weitgehend gelöst. Die bisherige Regelung des § 25 NDO, wonach die Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) ergänzend zur Anwendung kommen, ist letztlich ein Überbleibsel des früher in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Strafrecht geregelten Dienststrafrechts und wird den Anforderungen an ein modernes Dienstrecht nicht mehr gerecht. In der Praxis führt die Anwendung vieler strafverfahrensrechtlicher Vorschriften nicht selten zu Schwierigkeiten, die sich durch eigenständige, auf die spezifischen Erfordernisse des Disziplinarrechts zugeschnittene Verfahrensnormen sowie durch die Anwendbarkeit des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung vermeiden lassen.

Auf die Bestimmungen der Strafprozessordnung wird in diesem Gesetz nur noch in denjenigen Einzelfällen verwiesen, in denen auf sie nach wie vor nicht verzichtet werden kann. Daneben folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip, dass wichtige - das bisherige gerichtliche Disziplinarverfahren tragende - Grundsätze, vor allem soweit sie letztendlich einen materiellrechtlichen Hintergrund haben, auch unter dem neuen Verfahrensrecht Geltung beanspruchen. Das gilt für den Grundsatz „in dubio pro reo" ebenso wie für die nach allgemeiner Auffassung im Verwaltungsprozess ohnehin sinngemäß anwendbaren Beweisregeln des § 244 StPO.

Auf das Verwaltungsverfahrensgesetz wird nicht verwiesen, da sich die Anwendung bereits unmittelbar aus den §§ 1 und 2 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt.

Zum Ergebnis der Anhörungen - nicht berücksichtigte Vorschläge -:

Der VNVR sieht in der statischen Verweisung auf die Verwaltungsgerichtsordnung keinen Sinn und schlägt eine dynamische Verweisung vor. Dem Vorschlag kann nicht gefolgt werden, da eine dynamische Verweisung nur bei den gesetzlichen Regelungen zulässig ist, die in die Kompetenz des niedersächsischen Gesetzgebers fallen. Dieser Grundsatz wird gerade bei neuen Gesetzen immer zu beachten sein.

Zu § 4:

Die Vorschrift regelt, welche Behörde nach diesem Gesetz tätig werden kann oder muss. Nach altem Recht war die Zuständigkeit gebunden an den Dienstvorgesetzten. Dieser personelle Bezug wird nun aus verwaltungspraktischen Gründen aufgegeben und um eine Fehlerquelle auszuschließen.

Durch die Bestimmungen des Absatzes 1 soll für die unmittelbaren Beamtinnen und Beamten des Landes nur noch geregelt werden, welche Behörde zuständig ist. Wer innerhalb der Behörde für die Wahrnehmung der Aufgabe verantwortlich ist, richtet sich nach der Geschäftsverteilung. Hier bleibt es unbenommen, Disziplinarangelegenheiten in die Zuständigkeit der Behördenleitung zu legen.

Im Zuge der Verwaltungsreform findet derzeit ein Umbruch statt. Auch zukünftig wird es Umstrukturierungen und Pilotprojekte geben. Die neue gesetzliche Regelung soll die Flexibilität auch für kommende Veränderung von Strukturen ermöglichen. Organisationsveränderungen und Delegation von Befugnissen sollen möglich sein, ohne dass dadurch eine Änderung dieses Gesetzes erforderlich wird.

Jedes Ressort soll durch eine Verordnung bestimmen können, welche Behörde Disziplinarbehörde und welche Behörde höhere Disziplinarbehörde ist. Wird eine Verordnung nicht erlassen, so ist die oberste Dienstbehörde für alle Disziplinarverfahren zuständig. Sie ist dann Disziplinarbehörde, höhere Disziplinarbehörde und oberste Disziplinarbehörde. Bei der Bestimmung der Disziplinarbehörde muss sichergestellt sein, dass Disziplinarverfahren von Behörden geführt werden, die die Verwaltungskraft und die Kompetenz hierfür haben. Dies werden in der Regel die Behörden sein, bei denen die personalrechtlichen Befugnisse zur Beförderung angesiedelt sind. In der Verordnung kann vorgesehen werden, dass dann, wenn die Behörde über keine Mitarbeiter verfügt, die die Befähigung zum Richteramt haben, die nächst höhere Behörde zuständig ist. Zur höheren Disziplinarbehörde wird in der Regel die der Disziplinarbehörde übergeordnete Behörde zu bestimmen sein.

Um die Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit der Regelungen in den Ressorts sicherzustellen ist die Verordnung im Einvernehmen mit dem für das Disziplinarrecht zuständigen Ministerium zu erlassen (siehe Verordnungsermächtigungen in § 76).

Zum Ergebnis der Anhörungen - nicht berücksichtigte Vorschläge -:

Der NRB gibt zu erwägen, die Einleitung des Verfahrens in der Hand der Dienstvorgesetzten zu belassen und Regelungen über Ermittlungsführerinnen oder Ermittlungsführer aufzunehmen. An der bestehenden Regelung wird festgehalten. Eine Zuständigkeit der oder des Dienstvorgesetzten kann jede Disziplinarbehörde für sich festlegen. Regelungen zur Ermittlungsführung sind entbehrlich, weil dies die Disziplinarbehörde bestimmen soll.

Absatz 2 trifft eine Zuständigkeitsregelung für die mittelbaren Landesbeamtinnen und Landesbeamten. Bei den juristischen Personen, die der Aufsicht des Landes unterstehen, sind schon jetzt die Dienstvorgesetzten und höheren Dienstvorgesetzten bestimmt. Diese sollen nun die Aufgaben der Disziplinarbehörde und der höheren Disziplinarbehörde wahrnehmen. Faktisch ergibt sich somit keine Veränderung.

Eine Sonderregelung wird in Absatz 3 für die Hauptverwaltungsbeamtinnen und Hauptverwaltungsbeamten getroffen. Aufgrund ihrer Stellung wird bei diesen Personen die Kommunalaufsichtsbehörde tätig. Weitere besondere Bestimmungen zur Ausübung der Disziplinarbefugnisse bei den Gemeinden und Landkreisen sind in diesem Gesetz nicht mehr vorgesehen.

Zu § 5:

Die Regelung, die bereits in § 4 Abs. 1 NDO enthalten war, stellt den Beschleunigungsgrundsatz als einen das gesamte Disziplinarverfahren beherrschenden Grundsatz heraus, der neben den zahlreichen, der Beschleunigung dienenden Einzelnormen in jeder Phase des Verfahrens als objektives Disziplinarrecht beachtet werden muss. Auch im Bundesdisziplinargesetz ist mit § 4 der Beschleunigungsgrundsatz jetzt im Gesetz verankert worden. Aus Beschleunigungsgesichtspunkten hat z. B. auch die Prüfung auf mögliche Schadensersatzansprüche aus einer Dienstpflichtverletzung in einem gesonderten Verfahren zu erfolgen, wobei jedoch zu beachten ist, dass eine Prüfung erst nach rechtskräftigem Abschluss des Disziplinarverfahrens die Gefahr birgt, dass mögliche Ansprüche dann verjährt sein könnten.

Zu § 6:

In der Vorschrift werden die einzelnen Disziplinarmaßnahmen in gestufter Reihenfolge abschließend benannt.

Absatz 1 bestimmt die Disziplinarmaßnahmen bei Beamtinnen und Beamten, die gegenüber dem bisherigen Recht in drei Fällen eine sprachliche Veränderung erfahren haben: An die Stelle der Bezeichnung „Gehaltskürzung" tritt nunmehr die Bezeichnung „Kürzung der Dienst- oder Anwärterbezüge", die wenig eingängige und zu lange Bezeichnung „Versetzung in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt" soll künftig durch die wesentlich kürzere Formulierung „Zurückstufung" ersetzt werden. Die Bezeichnung „Entfernung aus dem Beamtenverhältnis" ersetzt die Bezeichnung „Entfernung aus dem Dienst". Satz 2 beschränkt den Maßnahmenkatalog bei Beamtinnen und Beamten auf Probe und auf Widerruf in Einklang mit dem bisherigen Recht auf den Verweis, die Geldbuße und die Kürzung der Dienst- oder Anwärterbezüge. Das Verfahren zur Entlassung wegen schwerer Dienstvergehen wird nunmehr aufgrund des sachlichen Zusammenhangs in § 41 Abs. 3 NBG geregelt. Eines Verweises hierauf (wie in § 5 Abs. 3 Satz 2 BDG) bedarf es wegen des Sachzusammenhangs nicht.

In Übereinstimmung mit dem bisherigen Recht sieht Absatz 2 weiterhin die Disziplinarmaßnahmen der Kürzung sowie der Aberkennung des Ruhegehalts vor, für Disziplinarverfahren, die gegen Ruhestandsbeamtinnen und -beamte eingeleitete wurden. Durch die Regelung des Satzes 2 sollen als Disziplinarmaßnahmen auch die Geldbuße und die Zurückstufung ausgesprochen werden können, wenn die Beamtin oder der Beamte zwischenzeitlich (nach Einleitung des Disziplinarverfahrens und vor Rechtskraft der Entscheidung) in den Ruhestand getreten ist. Maßgebend ist der Status, den die Beamtin oder der Beamte hatte, als das Disziplinarverfahren eingeleitet wurde. Da die Maßnahme gegen Personen im Ruhestand verhängt wird, muss der Gesichtspunkt des Erziehungszwecks bei Auswahl und Höhe der Maßnahme berücksichtigt werden. Dieser vom Bundesrecht abweichenden Bestimmung liegt die Überlegung zugrunde, dass es in der Praxis immer wieder vorkommt, dass Beamtinnen und Beamte, gegen die ein Disziplinarverfahren eingeleitet ist, sich der Möglichkeit der Ahndung des Dienstvergehens durch Erlangung einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand entziehen. Daher soll es künftig auch zulässig sein, nach Versetzung in den Ruhestand die Disziplinarmaßnahme Geldbuße oder Zurückstufung zu verhängen, die bei Einleitung des Disziplinarverfahrens hätte getroffen werden können. Die Alternative, eine unbefristete Kürzung des Ruhegehalts in den Maßnahmenkatalog aufzunehmen, ist verworfen worden.

Der Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation würde durch die dauerhafte Einbehaltung eines Teils der Versorgungsbezüge aus dem letzten Amt unterlaufen.