Arbeitsschutzgesetz

Illegale Beschäftigung in der niedersächsischen Fleischindustrie wirksam bekämpfen Beschluss des Landtages vom 22.01.2004 - Drs. 15/753

In der bundesdeutschen und niedersächsischen Fleischwirtschaft haben viele Betriebe ihre Schlacht- und Zerlegeprozesse ausgelagert und Fremdfirmen mit der Durchführung dieser Tätigkeiten beauftragt. Zunehmend werden diese Tätigkeiten durch Arbeitskräfte aus Mittelosteuropa durchgeführt.

Grundlage hierfür sind zwischenstaatliche Regierungsabkommen mit Staaten Mittelosteuropas über die Beschäftigung osteuropäischer Arbeitnehmer zur Durchführung von Werkverträgen.

Ziel der Regierungsabkommen ist u. a. die Heranführung der osteuropäischen Unternehmen an westeuropäische Produktionsstandards und die Weiterqualifizierung ihrer Facharbeiter durch Nutzung moderner deutscher Fertigungsanlagen sowie die Stärkung der Kaufkraft osteuropäischer Werkvertrags-Arbeitnehmer. Diese Ziele werden in der Praxis massiv unterlaufen. Arbeitsschutzgesetze bleiben häufig unbeachtet.

Vor diesem Hintergrund und aufgrund der Tatsache, dass Niedersachsen der Fleischproduktion von der Aufzucht über die Schlachtung und Veredelung im nationalen Vergleich eine überdurchschnittliche Bedeutung zukommt, wird die Niedersächsische Landesregierung gebeten:

1. sich dafür einzusetzen, dass die zuständigen Behörden die illegale Beschäftigung in der niedersächsischen Fleischwirtschaft intensiver und gezielter bekämpfen,

2. das Antragsverfahren zur Genehmigung von Werkverträgen von den örtlichen Arbeitsämtern bis zu den für die Genehmigung zuständigen Landesarbeitsämtern (zz. Frankfurt und Düsseldorf) auf seine Effizienz zu überprüfen und mögliche Friktionen und Hindernisse darzustellen,

3. sich dafür einzusetzen, dass der Einsatz von Werkvertrags-Arbeitnehmern nur genehmigt wird, wenn - wie in der Bauwirtschaft - für die Gesamtsumme der entsandten Arbeitnehmer eine Quotierung in Bezug auf die Stammbelegschaft des auftraggebenden Betriebes vorgenommen wird.

Antwort der Landesregierung vom 20.07.

Im Bereich der niedersächsischen Fleischwirtschaft werden seit mehreren Jahren ausländische Arbeitskräfte im Rahmen von zwischenstaatlichen Regierungsvereinbarungen mit mittel- und osteuropäischen Staaten eingesetzt. Im Jahr 2003 wurde nach monatelangen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Oldenburg in Zusammenarbeit mit Polizei, Zoll, Finanzämtern und Arbeitsämtern auch die illegale Beschäftigung zumeist rumänischer Arbeitskräfte zu Niedriglöhnen in erheblichem Umfang festgestellt.

Die Landesregierung teilt die Auffassung des Landtages, dass die illegale Beschäftigung bekämpft werden muss, da die große Bedeutung der Fleischproduktion und Fleischverarbeitung in Niedersachsen nur durch produktive Arbeitsplätze und fairen Wettbewerb gesichert werden kann. Sie hat daher bereits im letzten Jahr die Ermittlungen unterstützt und wird sich auch in Zukunft für wirksame Kontrollen einsetzen.

(Ausgegeben am)(Ausgegeben am)

Zu 1:

Mit Wirkung von 01.01.2004 sind die Aufgaben der Arbeitsmarktinspektionen der Bundesanstalt für Arbeit (jetzt Bundesagentur für Arbeit) im Bereich der illegalen Beschäftigung und Kontrollen des Werkvertragsverfahrens auf die Bundeszollverwaltung übergeleitet worden. Die in Niedersachsen zuständige Oberfinanzdirektion (OFD) Hannover, Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS), und die nachgeordneten ebenfalls für Prüfungen im Bereich der illegalen Beschäftigung zuständigen Hauptzollämter unterliegen der direkten Weisungsbefugnis der OFD Köln, Abteilung FKS.

Zur Ausweitung der Kontrollen in der niedersächsischen Fleischindustrie hat sich die Landesregierung an die für Niedersachsen zuständige OFD Hannover, Abteilung FKS, mit der Bitte gewandt, durch Schwerpunktkontrollen das Verfahren zur Durchführung von Werkverträgen insbesondere im Bereich der Fleischwirtschaft zu überprüfen. Die OFD Hannover teilte nach Abstimmung mit der OFD Köln, Abteilung FKS, mit, dass künftig die von der Landesregierung geforderten Schwerpunktprüfungen insbesondere in den Bereichen Oldenburg und Osnabrück erfolgen sollen.

Darüber hinaus seien die Bediensteten der Hauptzollämter angehalten worden, bis auf weiteres alle bei Kontrollen angetroffenen Werkvertragsarbeitskräfte sowie die zugrunde liegenden Verträge einer genaueren Prüfung zu unterziehen.

Zu 2: Das von der Bundesagentur für Arbeit durchgeführte Antrags- und Genehmigungsverfahren für die Genehmigung von Werkverträgen im Rahmen der Vereinbarungen mit mittel- und osteuropäischen Staaten wurde vom MW in Zusammenarbeit mit der Regionaldirektion (ehemals Landesarbeitsamt) Niedersachsen-Bremen überprüft.

Die Regionaldirektion konnte dabei darlegen, dass Änderungen des Genehmigungsverfahrens nicht erforderlich sind, da die illegale Beschäftigung in diesem Bereich auf kriminelles Verhalten zurückzuführen ist. Das Verfahren muss daher durch regelmäßige Kontrollen in den Betrieben ergänzt werden, zumal ausländische Unternehmen, die ihre Arbeitskräfte untertariflich entlohnen, ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis oder Aufenthaltsgenehmigung beschäftigen oder unerlaubt überlassen, nach den in den jeweiligen Regierungsvereinbarungen enthaltenen Sanktionsregelungen von der Durchführung künftiger Werkverträge ausgeschlossen werden können.

Zu 3: In der gemeinsamen Prüfung von Regionaldirektion und Wirtschaftsministerium wurde die in der Landtagsentschließung geforderte Einführung einer für den Bereich der Fleischwirtschaft erweiterten zahlenmäßigen Beschränkung von Werkverträgen im Verhältnis zu den beschäftigten gewerblichen Arbeitskräften des im Inland ansässigen Unternehmens unter Änderung des § 3 Abs. 2 Anwerbestoppausnahmeverordnung zunächst für sinnvoll gehalten.

Im Weiteren haben sich jedoch die folgenden Gesichtspunkte ergeben, deretwegen davon Abstand genommen werden sollte:

Nach der erfolgten EU-Osterweiterung zum 01.05.2004 und der damit einhergehenden Dienstleistungsfreiheit für die neuen Mitgliedstaaten im Bereich der Fleischverarbeitung werden nach einer überschlägigen Einschätzung nur noch Arbeitskräfte der osteuropäischen Länder Rumänien und Bulgarien im Rahmen von Werkverträgen in diesem Bereich tätig sein. Die bislang in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen von Werkverträgen zahlenmäßig stark vertretenen polnischen Arbeitskräfte benötigen seit dem 01.05.2004 keine Arbeitserlaubnis mehr, sofern sie bei einem polnischen Arbeitgeber beschäftigt und im Bereich von Wirtschaftssektoren tätig sind, die nicht durch Übergangsregelungen beschränkt sind. Übergangsregelungen wurden lediglich für das Baugewerbe einschließlich verwandter Wirtschaftszweige, die Reinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmitteln sowie die Innendekoration vereinbart. Der Wirtschaftssektor Fleischindustrie gehört nicht dazu.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat jedoch angesichts der bundesweit festgestellten Vorfälle im Bereich der Fleischwirtschaft im Einvernehmen mit der rumänischen Regierung im Rahmen einer Änderungskündigung entschieden, den Bereich der Fleischwirtschaft aus dem bestehenden Regierungsabkommen mit Wirkung vom 01.10.2004 herauszunehmen. Dies hat zur

Folge, dass Werkverträge mit rumänischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Sektor Fleischwirtschaft künftig nicht mehr möglich sind.

Die Übernahme der im Baubereich geltenden Regelungen über die Quotierung von Werkvertragsarbeitskräften auf den Bereich der Fleischwirtschaft wird daher zum einen bezogen auf die sich aus der EU-Dienstleistungsfreiheit ergebenden aufenthalts- und arbeitsrechtlichen Veränderungen und zum anderen im Hinblick auf die anstehende Herausnahme des Sektors Fleischwirtschaft aus der deutsch-rumänischen Regierungsvereinbarung über die Entsendung und Beschäftigung von Arbeitskräften ausländischer Unternehmen auf der Grundlage von Werkverträgen nicht mehr für zweckmäßig erachtet.

(Ausgegeben am 22.07.2007)