Trinkwasserqualität in Niedersachsen sichern - Bleisanierung unterstützen

Die am 01.01.2003 in Kraft getretene Trinkwasserverordnung verpflichtet nicht nur wie vorher die Wasserversorgungsunternehmen, die Trinkwasserqualität bis zur Wasseruhr eines Hauses sicherzustellen, sondern auch die Hausbesitzer, die Trinkwasserqualität bis zu den Wasserentnahmestellen zu garantieren. Die unteren Gesundheitsbehörden sind verpflichtet, die von der Trinkwasserverordnung vorgegebenen Parameter auch an den Wasserentnahmestellen zu überprüfen.

Hinsichtlich seiner Langzeittoxizität auf das menschliche Gehirn ist Blei besonders gefürchtet. In ca. 10 % der älteren Gebäude liegen immer noch Bleiwasserleitungen vor, aus denen Blei auch in das Trinkwasser abgegeben werden kann. Die Trinkwasserverordnung sowie die EU-Trinkwasserrichtlinien geben vor, dass ab dem Jahr 2013 ein Bleigrenzwert im Trinkwasser von 10 µg pro Liter einzuhalten ist. Dies ist ohne einen Austausch der noch vorhandenen Bleiwasserrohre nicht einzuhalten.

Aus diesem Grund ist es erforderlich, dass innerhalb der kommenden zehn Jahre auch in Niedersachsen sämtliche Bleirohre im Trinkwasserbereich ausgetauscht werden. Die Landesregierung ist der Bundesregierung und diese der EU gegenüber für die Umsetzung verantwortlich.

Die Landesregierung wird daher aufgefordert sicherzustellen, dass

1. in den Kommunen flächendeckend Informationen über Altbestände an Bleitrinkwasserrohren zusammen mit Hilfe des Installateurhandwerkes und der Hausbesitzer zusammengetragen werden; im Zweifelsfall müssen durch die Gesundheitsämter Wasseranalysen auf Bleigehalt an den Wasserentnahmestellen durchgeführt werden,

2. auf Landesebene eine Arbeitsgemeinschaft „Bleisanierung" eingerichtet wird, an der alle relevanten Akteure (Mieter- und Vermieterverbände, Gebietskörperschaften, Handwerk, Bau- und Gesundheitsverwaltung) beteiligt werden. Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft ist es, Sanierungsstrategien zu vereinbaren und den niedersächsischen Kommunen bei der Umsetzung der Aufgabe behilflich zu sein. Weiter soll die Arbeitsgemeinschaft abgestimmte Informationen über kostengünstige Sanierungstechniken und finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten (z. B. Hilfen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau) sowie über mögliche gesundheitliche Folgen erarbeiten,

3. öffentlichkeitswirksam für die notwendige Bleisanierung geworben wird. Hierzu werden die niedersächsischen Kommunen mit einheitlichen Informationsbroschüren versorgt. Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt hat die erforderlichen Informationsveranstaltungen durchzuführen, die Informationsbroschüren zu verfassen sowie die Durchführung der Aufgabe fachlich zu überwachen.

Problemdarstellung Blei im Trinkwasser und die gesundheitlichen Risiken:

Nach dem europaweiten Verbot von verbleitem Benzin Mitte der 80er Jahre stellt heute das Trinkwasser die Hauptquelle einer möglichen Bleibelastung, zumindest für Teile der Bevölkerung, dar. Diese Belastung ist in erster Linie auf Bleileitungen in Hausinstallationen von Altbauten zurückzuführen.

Das sich entwickelnde Nervensystem von Ungeborenen und Kindern reagiert empfindlich auf Blei.

Die schädliche Wirkung auf die Hirnfunktion von Säuglingen und Kleinkindern, die sich als Hyperaktivität, Störungen der Feinmotorik und Minderung intellektueller Fähigkeiten bemerkbar machen, wird aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse heute noch kritischer beurteilt als bisher, weil die frühkindlich gesetzten Schäden bis in das Erwachsenenalter hinein erhalten bleiben. Eine Therapiemöglichkeit gibt es nicht.

Nach der Aufnahme lagert sich Blei in den Knochen ab. Während der Schwangerschaft und beim Stillen kann es wieder freigesetzt werden, sodass es neben der direkten Aufnahme über das Trinkwasser auch zu einer Bleibelastung bereits des Ungeborenen oder des gestillten Säuglings kommen kann.

Besondere Anforderungen an das Trinkwasser:

Durch die Verordnung zur Novellierung der Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001), die zum 01.01.2003 in Kraft getreten ist, wurde die Richtlinie 98/83/EG des Rates der Europäischen Union vom 03.11.1998 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch umgesetzt.

Richtlinie und Verordnung dokumentieren, dass die Gesetzgeber die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Konzentration von Blei im Trinkwasser ernst genommen haben. So wurde die ehemals zugelassene Konzentration des Schwermetalls im Trinkwasser von 50 µg/Liter um 50 % auf aktuell 25 µg/Liter herabgesetzt. Ab dem 01.12.2013 gilt der Wert von 10 µg/Liter. Das bedeutet, dass der ursprünglich zugelassene Wert um insgesamt 80 % gesenkt wird. Dieser Wert kann nur erreicht werden, wenn vorhandene Trinkwasser führende Bleileitungen, die noch in Hausinstallationen zu finden sind, ausgetauscht werden.

Rechtliche Möglichkeiten zur Durchsetzung von Sanierungsmaßnahmen:

Die TrinkwV 2001 unterscheidet

­ Hausinstallationen, aus denen Wasser für die Öffentlichkeit, insbesondere in Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, Gaststätten und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen, bereitgestellt wird und

­ sonstige Hausinstallationen, insbesondere privater Nutzung, zu denen u. a. auch die Installationen in Mietshäusern etc. zählen.

Im Fall der Hausinstallationen, aus denen Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird, obliegt dem Gesundheitsamt die Überwachungspflicht. Da nicht alle derartigen Einrichtungen jährlich überwacht werden können, richten die Gesundheitsämter ein Überwachungsprogramm auf der Grundlage geeigneter stichprobenartiger Kontrollen ein. Im Falle der Nichteinhaltung der festgesetzten Grenzwerte können sie zur Herstellung der erforderlichen Trinkwasserqualität geeignete Maßnahmen anordnen.

Hingegen unterliegen Hausinstallationen, durch die kein Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird, nicht der routinemäßigen Überwachung. Es besteht keine Verpflichtung, regelmäßig Wasserproben untersuchen zu lassen. Nur wenn dem Gesundheitsamt Beanstandungen bekannt werden, kann die Hausinstallation in die Überwachung aufgenommen werden. Wie im Fall der erstgenannten Hausinstallationen kann das Gesundheitsamt bei Nichteinhaltung der festgesetzten Grenzwerte zur Herstellung der erforderlichen Trinkwasserqualität geeignete Maßnahmen anordnen.

Projektdurchführung:

1. Flächendeckende Information über Altbestände an Bleitrinkwasserrohren

a) Überwachungspflichtige Anlagen:

Am Landesgesundheitsamt wurde eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände eingerichtet, die eine einheitliche Datenerhebung erarbeiten soll, damit die Ergebnisse der Überwachung der kommunalen Gesundheitsämter von Hausinstallationen, aus denen Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird, erfasst, berichtet und ausgewertet werden können. Diese Angaben bilden eine Grundlage für die flächendeckende Information zu Altbeständen an Trinkwasser führenden Bleileitungen.

b) Anlagen, die nicht der Überwachung unterliegen:

Wie oben dargelegt, ist die Initiative von Verbraucherinnen und Verbrauchern oder Eigentümerinnen und Eigentümern der Hausinstallationen von entscheidender Bedeutung für die erforderliche Erhebung und soll durch geeignete Aufklärungsmaßnahmen gefördert werden.

c) Weitere Informationsgewinnung durch die Gesundheitsämter:

Die Gesundheitsämter werden demnächst auf dem Erlassweg über das Programm informiert und aufgefordert, Daten in Zusammenarbeit mit dem ansässigen Installateurhandwerk und den Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern zu erheben. In der laufenden Vorbereitungsphase des Projektes Bleisanierung wurde deutlich, dass vor allem auch die Wasserversorger Kenntnisse über den Zustand der Hausinstallationen besitzen. Insofern sind die Wasserversorger ebenfalls wichtige Informationsträger für die Gesundheitsämter.

2. Arbeitsgemeinschaft Bleisanierung:

Die Federführung der Arbeitsgemeinschaft Bleisanierung wurde dem Landesgesundheitsamt übertragen. Nach Festlegung des Teilnehmerkreises wird eine erste Sitzung in zeitlicher Abstimmung mit den weiteren Maßnahmen, voraussichtlich im September 2004, stattfinden.

3. Öffentlichkeitsarbeit:

Das Landesgesundheitsamt hat bereits Vorlagen von Informationsbroschüren für die Bevölkerung erstellt. Sie sollen in weitere Sprachen übersetzt und den Gesundheitsämtern zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt Bleisanierung ist durch das Landesgesundheitsamt auf dem Tag der Niedersachsen präsentiert worden. Darüber hinaus wird die Thematik in die Schulungsmaßnahmen für den öffentlichen Gesundheitsdienst aufgenommen.

Sobald die Vorbereitungen auch in Zusammenarbeit mit den Kommunen abgeschlossen sind, ist eine erste Presseinformation für Mitte September durch das MS geplant. Auf diese Weise ist eine koordinierte Öffentlichkeitsarbeit zwischen Land und Kommunen möglich.