Zukunft der Windenergie in Niedersachsen sichern - Konflikte der Windenergienutzung entschärfen

Der Landtag stellt fest, dass

­ die Windenergie einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor in Niedersachsen darstellt und tausende Arbeitsplätze sichert,

­ das Landschaftsbild in einigen Teilräumen stark durch Windenergieanlagen dominiert wird und auf dem Festland ein weitgehender Sättigungsgrad erreicht ist,

­ das Repowering dazu dient, die Energieausbeute zu erhöhen und gegebenenfalls die Zahl der Windenergieanlagen zu reduzieren,

­ wesentliche Entwicklungschancen für die Windenergie im Offshore-Bereich außerhalb der 12-Seemeilen-Zone liegen.

Der Landtag bittet die Landesregierung,

­ geeignete Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, die eine Entscheidungsfindung bei der Festlegung von Abständen zu Windenergieanlagen erleichtern; die bisher angewandten Abstandsempfehlungen von Windkraftanlagen zu Wohnbebauung, Straßen etc. sind anzupassen, der Mindestabstand zu Gebieten mit Wohnbebauung sollte dabei 1 000 m betragen, die weitere technische Entwicklung ist zu berücksichtigen;

­ zu prüfen, ob die Regelung des BImSchG sowie die dazugehörigen Verordnungen und Technischen Anleitungen angesichts der technischen Weiterentwicklung und der vielfältigen Auswirkungen der Windenergieanlagen sowie der sonstigen Beeinträchtigungen und der möglicherweise auftretenden gesundheitlichen Probleme ausreichend sind und gegebenenfalls eigene Vorschläge zur BImSchG-Änderung über den Bundesrat einzubringen sind;

­ die Offshore-Entwicklung weiterhin voranzutreiben und dabei angemessen Rücksicht zu nehmen auf andere öffentliche Belange wie Schifffahrt, Tourismus, Fischerei und Naturschutz;

­ darauf hinzuwirken, das Datum für die Inbetriebnahme von Anlagen der Offshore-Technik mit erhöhter Anfangsvergütung bis zum Jahr 2010 zu verlängern;

­ darauf hinzuwirken, dass bei der Novellierung des EEG die teilweise überhöhte Förderung an windgünstigen Standorten abgebaut wird und windungünstige Standorte nicht gefördert werden.

Ebenso muss geprüft werden, wie Bestandteile alternativer wettbewerbsfördernder Steuerungsmodelle ins EEG aufgenommen werden können;

­ die Offshore-Kompetenz der Häfen Cuxhaven und Emden auszubauen;

­ Kooperationen von Windparkplanern bei der Netzanbindung in der Pilotphase anzustreben.

Handlungsempfehlungen und Abstand von Windenergieanlagen

Der bisherige Erlass des MI vom 11.07.1996 empfahl bestimmte Abstände zwischen Windenergieanlagen und anderen Nutzungen. Der Erlass war nicht verbindlich, sondern gab lediglich eine Orientierung.

Windenergieanlagen sind inzwischen deutlich größer geworden, sodass die in diesem Erlass aufgeführten Abstände nicht mehr als angemessen angesehen werden.

Das inzwischen zuständige ML hat daher den bisherigen Erlass so überarbeitet, dass keine Abstandsempfehlungen konkreter Art mehr abgegeben werden, sondern auf das Abwägungsgebot verwiesen wird. Hiervon gibt es zwei Ausnahmen: Es wird empfohlen, bei der Entscheidungsfindung im Rahmen des Abwägungsvorgangs zu Gebieten mit Wohnbebauung von einem Mindestabstand von 1 000 m und von 5 000 m zwischen den einzelnen Vorrang- oder Eignungsgebieten auszugehen. Adressaten des Erlasses sind nach wie vor ausschließlich die Träger der Regionalplanung.

Die räumliche Steuerung der Windenergienutzung ist Aufgabe der Regionalplanung und der Bauleitplanung. Beide Aufgaben erledigen die niedersächsischen Kommunen im eigenen Wirkungskreis. Die Feinsteuerung im Einzelfall setzt eine entsprechende Abwägung aller berührten Belange auf der jeweiligen Ebene voraus. Auf der Landesebene können daher keine pauschalen und bindenden Abstandsregelungen getroffen werden, die den Entscheidungsspielraum der Kommunen einschränken. Diesbezügliche Regelungen auf Landesebene dürfen daher nur empfehlenden Charakter haben.

Mit dem Verzicht auf weitere, detaillierte Abstandsempfehlungen soll der Anschein von Verbindlichkeit vermieden und dem Missverständnis entgegengewirkt werden, die Einhaltung der empfohlenen Abstände könne die notwendige Abwägung ersetzen. Über den Erlass hinaus sind daher keine weiteren Handlungsempfehlungen der Landesregierung beabsichtigt.

Regelungen des Immissionsschutzes:

Die bestehenden Regelungen zum Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen berücksichtigen alle Umwelteinwirkungen umfassend.

Der Länderausschuss für Immissionsschutz hat sich in den vergangenen Jahren mehrfach mit immissionsschutzrechtlichen Fragen zur Windenergie auseinandergesetzt.

So entstanden die „Hinweise zur Beurteilung von Windenergieanlagen im Genehmigungsverfahren", die mit Erlass des MU vom 15.01.2001 in Niedersachsen eingeführt wurden, sowie die „Hinweise zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von Windenergieanlagen" (Erlass des MU vom 27.05.2002).

Offshore-Entwicklung:

Die Verfahren zur Entwicklung der Offshore-Windenergienutzung werden weiterhin betrieben.

Im Dezember 2003 wurde das Raumordnungsverfahren für den Windpark Nordergründe (vor Wilhelmshaven/Bremerhaven) mit der landesplanerischen Feststellung abgeschlossen. Damit wurde die Vereinbarkeit mit den Erfordernissen der Raumordnung für bis zu 25 Windenergieanlagen mit je maximal fünf Megawatt Nennleistung und einer Höhe bis zu rund 170 Metern festgestellt. Offen ist noch das Verfahren zur Netzanbindung.

Im Anschluss wird das immissionsschutzrechtliche Verfahren durchgeführt. Bisher wurden keine Anträge gestellt, weil nicht sicher war, dass für den Strom die höhere Offshore-Vergütung gezahlt wird. Diesbezüglich hat sich Niedersachsen mit Erfolg im Verfahren zur Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) eingesetzt. Der Bundesrat hat am 09.07.2004 abschließend über das Gesetz beschlossen, das am 01.08.2004 in Kraft getreten ist.

Für das Projekt Riffgat (vor Borkum) wurde von der Bezirksregierung Weser-Ems im Februar 2004 der sachliche und räumliche Untersuchungsrahmen für das Raumordnungsverfahren festgelegt.

Eine Klage der Stadt Borkum wurde als unzulässig abgewiesen.

Das Verfahren zur Änderung des Landes-Raumordnungsprogramms soll in Kürze abgeschlossen werden. Der Entwurf für das Beteiligungsverfahren sieht zwei Eignungsgebiete zur Erprobung der Offshore-Windnutzung unter gleichzeitigem Ausschluss dieser Nutzung in der übrigen 12-Seemeilenzone vor.

Für die Genehmigung der Windparks in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) ist der Bund zuständig. Genehmigt sind bisher vier Pilotphasen, davon drei in der „ersten Reihe" (im Verkehrstrennungsgebiet) vor der niedersächsischen Küste (Borkum West, Borkum Riffgrund und Borkum Riffgrund West). Deren Netzanbindung wird über die niedersächsische Küste erfolgen. In einem von der Bezirksregierung Weser-Ems durchgeführten Raumordnungsverfahren wurde die Netzanbindung für die Pilotphasen für raumordnerisch vertretbar festgestellt. Darüber hinaus sind für die Kabelverlegung wasserrechtliche Genehmigungen, Befreiungen von naturschutzrechtlichen Vorschriften und Vereinbarungen zur Nutzung der Flächen erforderlich. Die Verfahren werden zurzeit durchgeführt.

Für die Leistungsphasen der „ersten Reihe" und weitere Pilotphasen werden zurzeit gemeinschaftlich vorbereitende Überlegungen angestellt.

An Land muss das Stromnetz ausgebaut und verstärkt werden. Die Firma E.ON Netz GmbH hat einige Ausbaumaßnahmen angekündigt.

Die Windland Energieerzeugungs GmbH plant die Errichtung einer durch den Weser-Ems-Bezirk in Nord-Süd-Richtung verlaufenden 380 kV-Höchstspannungsfreileitung zur Anbindung der Seekabel mit bestehenden Freileitungen im südwestlichen Niedersachsen. Vorgesehen ist eine Y-förmige Freileitungsverbindung zwischen zwei Einspeiseorten bei Dornum und Wilhelmshaven im Norden und im Raum Osnabrück im Süden. Im Februar 2004 hat die Antragskonferenz zur Vorbereitung des Raumordnungsverfahrens stattgefunden.

Für alle Verfahren gilt nach wie vor die Zusage der Landesregierung, dass eine Abwägung mit anderen öffentlichen Belangen wie Schutz der Bevölkerung, Tourismus, Fischerei und Naturschutz stattfinden muss.

Vergütung für die Einspeisung von Strom aus Offshore-Windenergie

Die erhöhte Anfangsvergütung für Strom aus Offshore-Anlagen wird gemäß der geänderten Regelung des EEG für Anlagen gewährt, die bis einschließlich 31.12. 2010 in Betrieb genommen werden.

Abbau überhöhter Förderung

Im Verfahren zur Änderung des EEG wurden verschiedene Vorstöße gemacht, das derzeitige Vergütungsmodell gegen wettbewerbsfähigere Instrumente zu ersetzen.

Im ersten Beratungsdurchgang des Bundesrats fand eine Entschließung eine Mehrheit, wonach das Gesetz effizientere Anreize zur weiteren Verbesserung der Technologien und zur Senkung der Produktionskosten bieten müsste. Außerdem wurde beschlossen, dass das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Rahmen seiner Berichtspflicht auch eine Bewertung vornehmen sollte, inwieweit der Stand der Markteinführung und die Entwicklung der Stromgestehungskosten es rechtfertigen, dass an Stelle einer gesetzlichen Anpassung der Vergütungen und ihrer Degression mit dem Ziel einer kostengünstigeren Lösung bei gleichem Umwelteffekt eine Regelung mit Festlegung des Umfangs der zu benutzenden Elektrizität aus erneuerbaren Energien mit freier Preisbildung sowie offenem Markt angewendet werden kann.

Der Bundestag hat diese Beschlüsse nicht aufgegriffen.

Im zweiten Beratungsdurchgang hat der Bundesrat am 14.05.2004 den Vermittlungsausschuss angerufen. Die Anrufungsgründe bewegten sich angesichts der Tatsache, dass es sich bei dem EEG lediglich um ein Einspruchsgesetz handelt, der Bundesrat also vom Bundestag mit gleicher Mehrheit überstimmt werden kann, in der vorgegebenen Systematik.

Die Förderung der Windenergie sollte bereits mit dem Regierungsentwurf insofern gekürzt werden, als die Vergütungspflicht für Anlagen entfällt, die an dem geplanten Standort nicht mindestens 65 % des Referenzertrages erzielen können.