Fortbildung

Zweifel an der Verfassungstreue oder für einen Verstoß gegen die Pflicht zur politischen Mäßigung vor, werden gegen Beschäftigte dienst- oder arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet. Dabei handelt es sich um im Einzelfall zu treffende Entscheidungen und Maßnahmen, infolgedessen sind diese der Landesregierung nicht vollständig bekannt.

Eine Prüfung der im MI vorliegenden Disziplinarurteile der letzten Jahre ergab lediglich eine Disziplinarverfügung aus dem Jahr 1996, mit der eine Geldbuße gegen einen Beamten verhängt wurde, der 1992 alkoholisiert den „Hitlergruß" gezeigt und rechtsextremistische Parolen ausgesprochen hatte.

Darüber hinaus sind dem LKA NI im Zeitraum von 1994 bis 2004 im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes „Politisch motivierte Kriminalität" zwei Fälle bekannt geworden, bei denen Angehörige niedersächsischer Behörden wegen eines Deliktes aus dem Phänomenbereich PMK rechts- in Erscheinung getreten sind. Es handelte sich hierbei jeweils um eine Straftat gem. § 130 StGB (Volksverhetzung).

Auf eine Abfrage bei allen Personalstellen des Landes wurde angesichts der geringen Zahl der bekannten Vorkommnisse verzichtet.

Zu 5: Der Landesregierung liegen nur vereinzelte Erkenntnisse vor, in denen rechtsextremistische Gruppierungen versucht haben oder versuchen, an Orten, die von Jugendlichen besucht werden, Einfluss zu nehmen. Gegenmaßnahmen zur Verhinderung wurden unverzüglich eingeleitet.

In der Zeit von November 2003 bis Mai 2004 wurde eine Verteilung von NPD/JN-Flugblättern vor Schulen im Bereich des Landkreises Verden in 13 Fällen durchgeführt. Der Inhalt der Flugblätter war strafrechtlich nicht relevant und bezog sich auf allgemeinpolitische Themen. Bei diesen Verteilaktionen war die Polizei präsent und hat alle rechtlich zur Verfügung stehenden Mittel bei geringer Einschreitschwelle genutzt, um eine Verteilung zu verhindern.

In Einzelfällen wurden die Verteiler vom Schulgelände verwiesen. In einem Fall wurde eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet. Die meisten Aktionen fanden jedoch im öffentlichen Verkehrsraum statt. Soweit es dort zu Gefahrenlagen gekommen ist, wurden Platzverweise erteilt.

In Kooperation zwischen dem zuständigen Fachkommissariat der Polizei Verden und der Beauftragten für Jugendsachen wird dem bestehenden präventiven Gesprächs- und Handlungsbedarf in Form von Aufklärungsarbeit Rechnung getragen. Die Problematik der Verteilaktionen wurde in Gesprächen mit Elternvertretern und Lehrern im ständigen Kontakt zwischen den Schulen und der Polizei im Landkreis Verden erörtert und thematisiert. Für Informationsabende für Lehrer und Eltern zum Thema „Rechtsextremismus" (insbesondere zur aktuellen Problematik der Flugblattverteilung an Schüler) wurden sechs Termine für den Zeitraum zwischen Mitte Juni bis Ende September 2004 anberaumt. Dabei wird das gesamte Spektrum der Schulen erfasst. Die Veranstaltungen werden von der Polizei Verden gemeinsam mit dem NLfV durchgeführt.

Die Aktionen der NPD/JN haben in der Bevölkerung sowie innerhalb der Schülerschaft bisher weder Beachtung noch positive Resonanz hervorgerufen. Erfolgreiche Anwerbungen junger Menschen für die Belange der NPD/JN durch die Flugblattverteilungen sind nach hiesigen Erkenntnissen bislang nicht zu verzeichnen.

Anfang diesen Jahres wurde bekannt, dass Personen aus dem Spektrum der „Freien Nationalisten" bundesweit die Verteilung eines CD-Samplers in einer Auflagenstärke von 50 000 bis 200 000 Exemplaren an Schulen im Sommer 2004 planen (Verteilaktion „Projekt Schulhof").

Der Inhalt der CD besteht aus einer Ansprache und 19 Musikstücken von rechtsextremistischen Bands, die in der Szene über einen hohen Bekanntheitsgrad verfügen. Ein großer Anteil der jeweiligen Bandmitglieder ist bereits staatsschutzrelevant durch die Begehung von Straftaten in Erscheinung getreten. Nachdem mehrere Versuche zur Herstellung der CDs durch die Polizei verhindert werden konnten, ist mittlerweile die Produktion einer multimedialen CD mit einer Auflage von 50 000 Exemplaren erfolgt.

Die Liedtexte der CD erfüllen zumindest den Anfangsverdacht einer Straftat nach dem Jugendschutzgesetz (Vorrätighalten eines schwer jugendgefährdenden Trägermediums), ein allgemeiner Beschlagnahmebeschluss liegt vor.

Die niedersächsische Polizei wird unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten die Verteilung dieser CDs zu verhindern suchen. Darüber hinaus wurden in ressortübergreifender Zusammenarbeit weitere präventive Maßnahmen ergriffen.

Im Übrigen liegen der Landesregierung keine Hinweise auf die Einflussnahme von rechtsextremistischen Gruppierungen auf Jugendliche vor, die z. B. Jugendzentren, Clubs, Vereine oder Diskotheken besuchen. Das gilt nicht für rechtsextremistische Szene-Treffs.

Zu 6: Im Bereich des Polizeilichen Staatsschutzes wird die Aufgabe der Bekämpfung der PMK -rechts- in der Abteilung vier des LKA NI sowie auf Ebene der Polizeiinspektionen in den Fachkommissariaten vier und bei den Polizeidirektionen in den Kriminalfachinspektionen vier wahrgenommen. In diesen Organisationseinheiten versehen fachlich besonders qualifizierte Polizeibeamtinnen und -beamte ihren Dienst.

Die „Rahmenkonzeption der niedersächsischen Polizei zur Intensivierung der Bekämpfung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und sonstiger Politisch motivierter Kriminalität -rechts-" (vgl. Antwort zu Frage 2, Buchstabe e), 2. Spiegelstrich) sieht als eine Maßnahme zur konsequenten und qualifizierten Beweissicherung das verstärkte Einsetzen von Sonderkommissionen und Ermittlungsgruppen vor. Diese werden anlassbezogen gebildet und eingesetzt.

Ungeachtet dessen ist die Bekämpfung der PMK -rechts- keine Aufgabe des Polizeilichen Staatsschutzes allein. Jede Polizeibeamtin und jeder Polizeibeamte wirkt bei der repressiven und präventiven Bekämpfung im Phänomenbereich -rechts- mit, z. B. auch im Rahmen des Einsatz- und Streifendienstes.

Das rechtsmotivierte Straftatenaufkommen sank im zweiten Jahr in Folge um jeweils rund 200 Delikte auf 1 246 Taten im Jahr 2003 (2002: 1 473). Die Propagandadelikte machen dabei fast 90 % aus. Die Gewalttaten gingen um über ein Viertel (auf 94 Taten) zurück.

Die Straftaten im Zusammenhang mit verbotenem, rechtsextremistischem Liedgut gingen um fast 30 % zurück. Anzeichen für terroristische Strukturen liegen, wie in den vergangenen Jahren, nicht vor. Auch die Taten, die von „Rechten" vor einem antisemitischen oder fremdenfeindlichen Tathintergrund begangen wurden, gingen deutlich zurück.

Der Rückgang der rechtsmotivierten Delikte in Niedersachsen ist nicht zuletzt auf die konsequente Einsatzlinie der Polizei zurückzuführen, die geprägt ist durch einen hohen Repressionsdruck und die Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten, z. B. im Zusammenhang mit dem Verbot von Skinheadkonzerten und anderen Veranstaltungen der rechten Szene. Polizeiliches Handeln orientiert sich nach wie vor an den Leitlinien der Rahmenkonzeption und ist durch niedrigschwelliges Einschreiten im Zusammenhang mit Aktivitäten der rechten Szene gekennzeichnet.

Um Entwicklungen und neue Strategien in diesem Phänomenbereich zu erkennen und rechtzeitig polizeilich entgegenwirken zu können, betreibt die Polizei eine intensive und fortdauernde Erkenntnisgewinnung. Diese bezieht auch neonazistische Kameradschaften, die Skinheadszene und lokale Treffpunkte der rechten Szene ein.

Die Bekämpfung der PMK -rechts- hat hohe Priorität in der gesamten niedersächsischen Polizei.

Um die Aktivitäten der rechten Szene auch weiterhin auf einem niedrigen Niveau eingrenzen zu können, wird an der bisher erfolgreichen Strategie festgehalten und die PMK -rechts- intensiv verfolgt.

In der präventiven und repressiven Bekämpfung des Phänomenbereichs -rechts- sieht die Polizei eine fortdauernde und verantwortungsvolle Aufgabe.

Zu 7: Nein.

Zu 8: Unter den rund 7 000 Gefangenen in den niedersächsischen Justizvollzugsanstalten nehmen die rechtsextremistischen Gefangenen eine kleine, aber nicht exakt zu bestimmende Größe ein. Neben dem zweifelsfrei identifizierbaren „harten Kern" gibt es eine nicht genau bezifferbare Anzahl von Gefangenen, die in unterschiedlicher Weise dem Rechtsextremismus zuneigen oder in ihm verwurzelt sind.

Zu 8 a: Rechtsextremistische Strukturen in den niedersächsischen Vollzugsanstalten sind nicht bekannt.

In den Anstalten und in der Einweisungsabteilung wird darauf geachtet, Tatkomplizen voneinander getrennt unterzubringen und rechtsextremistische Gefangene voneinander zu trennen. Im Zuge der Behandlungsuntersuchung und Vollzugsplanung werden individuelle Maßnahmen zur Förderung der Ausstiegsbereitschaft bei Gefangenen des „harten Kerns" erarbeitet und angeboten. Entsprechend wird mit Gefangenen verfahren, die gegenüber dem Rechtsextremismus erkennbar gefährdet sind. Dabei wird eng mit der „AussteigerhilfeRechts" (siehe auch Antwort zu 10, Buchstaben f bis i) zusammengearbeitet.

Nicht mitarbeitsbereite Gefangene werden mit restriktiven Vollzugsformen konfrontiert, die namentlich in einer besonders intensiven Kontrolle und Reglementierung sämtlicher Außenkontakte, bis hin zu Besuchsverboten sowie einer aufmerksamen Beobachtung innerhalb des Vollzuges und einer konsequenten disziplinar- und strafrechtlichen Ahndung von Verstößen gegen Verhaltensvorschriften bestehen. Versuche von Gefangenen, rechtsextremistisches Gedankengut zu verbreiten oder eine rechtsextremistische Haltung beispielsweise durch das Tragen entsprechender Bekleidungsstücke offen zur Schau zu stellen, werden in den Anstalten gezielt unterbunden.

Mitarbeitsbereite Gefangene werden nach Kräften gefördert, indem sie insbesondere in Behandlungsmaßnahmen vermittelt sowie mit dem Ziel einer raschen Wiedereingliederung und vorzeitigen Entlassung unterstützt werden.

Zu 8 b:

Einzelne Gefangene lassen sich rechtsextremistische Publikationsorgane mit zum Teil antisemitischen Inhalten zuschicken, die von den Justizvollzugsbediensteten überprüft und unter Ausschöpfung der gesetzlichen Befugnisse ganz oder teilweise angehalten werden. Briefe von rechtsextremistischen Organisationen an rechtsextremistische Gefangene werden selten, an bislang unauffällige Inhaftierte so gut wie nie festgestellt; meistens lässt die Rechtslage ein „Anhalten" der Briefe zu. Breit angelegte und gezielte propagandistische Maßnahmen von rechtsextremistischen Organisationen sind im Justizvollzug nicht bekannt. Bei Kontrollmaßnahmen innerhalb des Vollzuges werden gelegentlich rechtsextremistische Materialien in Hafträumen und antisemitische Schmierereien an den Wänden vorgefunden. Diese Feststellungen können in der Regel einzelnen Gefangenen zugeordnet werden, so dass auch individuell reagiert werden kann.

Zu 8 c:

Der Umgang mit rechtsextremistischen Gefangenen wird in der Aus- und Fortbildung der Justizvollzugsbediensteten thematisiert. Um rechtsextremistische Medien erkennen zu können, verfügen die Justizvollzugsanstalten über verschiedene Informationsschriften, die von den Polizei- und Verfassungsschutzbehörden herausgegeben worden sind. Gewonnene Erkenntnisse sind zudem Gegenstand des regelmäßigen Erfahrungsaustausches der Anstalten. Mit den Polizeibehörden, der „AussteigerhilfeRechts" sowie dem NLfV besteht eine enge Kooperation. So hat die „AussteigerhilfeRechts" seit 2002 in nahezu sämtlichen Einrichtungen des niedersächsischen Justizvollzuges ihre Arbeit vorgestellt und Bedienstete als Multiplikatoren bzw. „Vermittler" gewonnen. Diese sprechen von sich aus rechtsextremistische Inhaftierte an und informieren über das Projekt „AussteigerhilfeRechts" und dessen Möglichkeiten.