Beifall Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau

Scherf.

(Beifall)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Wilts.

Abg. Frau Wilts (SPD): Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, verehrter Präsident des Senats! Wenn Sie an Bremens größtem Bierproduzenten vorbeifahren, sehen Sie riesige Mengen von Leergut, auf dem Gelände der Brauerei gelagert. Hier scheint das Pfandsystem seit langer Zeit gut zu funktionieren. Niemand kommt auf die Idee, einen Kasten Bier zu kaufen und ihn dann anschließend irgendwo in der Landschaft stehen zu lassen.

Immerhin gibt es 6,60 DM zurück, und das lohnt sich ja schon.

Beim Mineralwasser ist es ähnlich, da ist der Pfandpreis fast so hoch wie der des Inhalts der Flaschen. Auch hier kommt kaum jemand auf die Idee, leere Mineralwasserpfandflaschen irgendwo liegen zu lassen. Heute stand sogar im Weser-Kurier, dass 99 Prozent der Mineralwasserpfandflaschen zurücklaufen, und zwar 50 Mal während ihrer Lebensdauer. Das ist schon eine ganze Menge. Übrigens überlege ich ja immer wieder, ob man bei der hervorragenden Qualität des Trinkwassers im Lande Bremen überhaupt zu Mineralwasser greifen muss, weil es fast aus den gleichen Quellen kommt.

Wir haben uns also an das Pfandsystem für Getränkeflaschen gewöhnt und sind sogar bereit, für Kunststoff-Colaflaschen, ich habe mich da erkundigt, ich trinke so etwas nicht, 70 Pfennig Pfand zu bezahlen, wenn da nicht der kleine innere Schweinehund wäre, der uns immer wieder verlockt, Getränke in Verpackungen zu kaufen, ich muss mich da leider gelegentlich mit einschließen, die man nicht zurückbringen muss. Auch das Entsorgungsproblem scheint viele von uns nicht davon abzuhalten, die Verpackung schlicht fallen zu lassen und sie sofort danach zum herrenlosen Gut zu erklären, wie man auch am Sonnabend in der Nordsee-Zeitung im Landkreisteil als Resultat einiger Kohlwanderungen in diesem Jahr sehen konnte.

Der Verpackungsmüll hat in den letzten Jahren auf 50 Kilogramm pro Kilometer Landstraßenstrecke und 100 Kilogramm pro Kilometer Bundesstraßenstrecke zugenommen. Die Verlockung, Einweggetränke zu kaufen, ist wahrhaftig groß. Wenn man Kunde bei einer der größten Supermarktketten ist und nur wegen der allmittwochlichen Schnäppchen in den Laden geht, um zum Beispiel einen äußerst preiswerten Computer zu erstehen, kommt man zunächst am Getränkesortiment vorbei. Da gibt es alles, was der Mensch an Getränken dringend braucht, in Dosen, Pappkartons und Einwegflaschen zu Preisen, die erheblich unter denen für Pfandgetränke liegen. Da wandert gewiss das eine oder andere Gebinde bei fast jedem Käufer in den Einkaufswagen.

Leider muss festgestellt werden, Bier- und andere Getränkedosen verdrängen mehr und mehr Pfandflaschen und verschandeln die Umwelt. Nachdem vor zehn Jahren eine freiwillige Vereinbarung gescheitert war, wurde, wie Frau Dr. Mathes eben schon erklärte, die Verpackungsverordnung von der vorherigen Regierung 1991 eingeführt. Das Pflichtpfand ist in der noch geltenden Verpackungsverordnung für den Fall vorgesehen, dass Mehrweganteile vom Markt verschwinden. Das ist geschehen! Die Getränkewirtschaft hat diese Fehlentwicklung zugelassen. Jetzt muss sie die Konsequenzen tragen.

Die Dumpingpreise der Dosen dürfen Mehrwegflaschen nicht länger verdrängen.

Nun hat die neue Bundesregierung entschieden, zu Beginn des kommenden Jahres ein Pflichtpfand für ökologisch nachteilige Getränkeverpackungen einzuführen. In einer gemeinsamen Erklärung haben der Umwelt- und der Wirtschaftsminister am 31. Januar 2001 die Eckpunkte für eine neue Verpackungsverordnung vorgestellt. Ab 2002, Frau Dr. Mathes hat es eben schon erwähnt, sollen Einwegflaschen und Getränkedosen mit einem Pfand von 25 Cent beziehungsweise 50 Cent je nach Volumen belegt werden. Nach wie vor gilt allerdings, Mehrwegsysteme sind die ökologisch beste Verpackung.

Mit der Kartonverpackung hat Mehrweg einen vergleichbaren Begleiter bekommen, alle anderen Verpackungsarten können sich kein gutes Prädikat anheften. Auch das Arbeitsplatzargument, das sicherlich gleich noch von den Kollegen der CDU kommen wird, ist fragwürdig. Etwa 250 000 Menschen arbeiten im Mehrwegsektor. Da der Markt für Getränke nicht mehr beliebig wächst ­ wir geben uns alle Mühe, aber das reicht nicht aus ­, wird der Kampf zunehmend über die Form der Verpackung geführt. Beim Bier ist dies ganz deutlich zu sehen.

Ohne wirksamen Schutz stoßen die Anteile des Mehrwegs an eine wirtschaftliche Grenze. Dann brechen Arbeitsplätze weg, vor allem auch Arbeitsplätze hier in Bremen.

Über 80 Prozent der Bevölkerung, und die vertreten wir ja hier, befürworten Pfand bei Dosen, wie eine Umfrage im Oktober 2000 ergab. Sie haben erkannt, dass die Vermeidung der Verschandelung der Städte und der Landschaft nur durch die Rückführung der Dosen in den Stoffkreislauf geschafft werden kann. Die Einführung des Pfandes hilft dabei, ich möchte nur noch einmal an die Halden von Flaschenleergut bei Bremens größter Brauerei erinnern, die jeder sehen kann.

Die Rücknahme der Dosen kann über Automaten erfolgen, wie sie bereits in anderen Ländern, zum Beispiel in Schweden, üblich ist. Dabei sind Investitionen erforderlich, die wiederum Arbeitsplätze schaffen. Solange wir allerdings einerseits an der Tankstelle Wasser kaufen können, das nach dem Namen unserer ehemaligen Bundeshauptstadt klingt und dessen Kunststoffhülle einmal eben in der Kurve zur Autobahnauffahrt entsorgt wird, andererseits selbst gemachter Holundersaft aus aufbewahrten Flaschen etwas ganz Besonderes ist, müssen wir weiter darüber nachdenken, wie ernst wir eigentlich Nachhaltigkeitnehmen.

In einer Neufassung der Verpackungsverordnung wird von ökologisch vorteilhaften Verpackungen gesprochen. Damit ist der Weg für jede andere vernünftige Verpackungsart offen, durch neue Entwicklungen mit Mehrweg gleichzuziehen. Gleichzeitig ist dies ein Ansporn für die Mehrwegsysteme, noch attraktiver zu werden.

Die Umweltminister, das hat Frau Dr. Mathes vorhin schon erwähnt, von Bund und Ländern haben sich, mit einer Ausnahme, schon im vergangenen Oktober auf gemeinsame Eckpunkte geeinigt. Bei den Landwirtschaftsministern ist noch einige Überzeugungsarbeit zu leisten, die haben allerdings zurzeit ja auch noch andere Probleme zu bewältigen.

Trotzdem sollten sie auf ihre Landwirte hören, die meinen, Zitat aus der Nordsee-Zeitung vom Landkreisteil letzten Samstag, mit Erlaubnis des Präsidenten: Die Pfanddose wird mit Sicherheit dazu beitragen, dass weniger Dosen in der Landschaft deponiert werden.

In Zukunft soll mit dem Zwangspfand ab 2002 das Verursacherprinzip gelten. Dann ist nicht mehr das Duale System Deutschland mit dem gelben Sack für die Verwertung der Dosen zuständig, sondern Hersteller und Händler. Gibt es beim Händler Pfand zurück, landet automatisch weniger Abfall im gelben Sack. Große Einbußen werden allerdings von den Entsorgungsbetrieben nicht erwartet, wie man der Zeitung in diesen Tagen entnehmen konnte. Im Ergebnis ändert sich also nichts. Jetzt kommen nur die Dosen nicht mehr in den gelben Sack, sondern unmittelbar von den Händlern in den Betrieb und werden dort recycelt. Der Bundesrat muss der neuen Verordnung zustimmen. Die SPD-Fraktion würde es sehr begrüßen, wenn Bremen dort positiv abstimmen würde.

Eine Überweisung des Antrags an die Umweltdeputation gibt uns Gelegenheit, das Thema noch einmal ausführlich zu beraten. Die Bürger des Landes Bremen und wir hier, die Abgeordneten, die die Bürger des Landes Bremen vertreten, müssen dringend unseren Umgang mit den Getränkeverpackungen überdenken. ­ Schönen Dank! Präsident Weber: Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Mull.

Abg. Frau Mull (CDU): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben lange und kontrovers in der CDU-Fraktion über diesen Antrag diskutiert und debattiert. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass dieser vom Bündnis 90/Die Grünen gestellte Antrag an die Deputation für Umwelt und Energie sowie an die Deputation für Wirtschaft, Frau Wilts, überwiesen werden sollte, also an beide Deputationen, wenn ich Sie da korrigieren darf.

Zur Ausgangssituation! Mit einer Mehrwegquote fördert die Verpackungsverordnung ökologisch vorteilhafte Mehrwegsysteme. Fällt der Anteil für Mehrwegverpackungen für Getränke ­ Bier, Mineralwasser, Erfrischungsgetränke, Fruchtsaft und Wein ­, das ist allen bekannt, bundesweit unter 72 Prozent, ist ein Pflichtpfand in Höhe von 50 Pfennig auf Einwegverpackungen für die Getränkebereiche zu erheben, die für den Quotenverfall verantwortlich sind. Dies kann also bedeuten, dass unterschiedliche Getränke mit gleichen Verpackungsmaterialien verschieden behandelt werden. Obwohl diese Regelung den Groß- und Konzernbetrieben in Brau-, Brunnenindustrie und Lebensmittelhandel sehr wohl bekannt war, ist der Anteil der Mehrwegverpackungen, wie wir alle in den letzten Monaten lesen und hören konnten, in den vergangenen Jahren weiter zurückgegangen.

Eine Umsetzung der derzeit geltenden Verpackungsverordnung hätte also zur Folge, dass ab Mitte 2001, in der aktuellen Diskussion wird jetzt ja gesagt, ab 1. Januar 2002, die beiden Getränkesorten Bier und Mineralwasser bepfandet werden und alle anderen Dosen nicht beziehungsweise jetzt gerade in der Modifizierung oder in der Idee zu modifizieren, dass alle anderen Getränkesorten auch bepfandet werden sollen. Hier stimmen wir mit Bündnis 90/Die Grünen überein, nur diese beiden Getränkebereiche zu bepfanden ist keine optimale Lösung.

Ich sagte es bereits, es gibt eine riesige Diskussion darüber, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn man die Verordnung in geltender oder auch überhaupt in modifizierter Form umsetzt. Es stellt sich nun die Frage, ob es zeitgemäße Alternativen zur Einführung eines Zwangspfandes gibt, um zur Förderung ökologisch vorteilhafter Getränkemehrwegsysteme und ökologisch vorteilhafter Einweggetränkeverpackungen irgendwie beizutragen.

Dies ist eine sehr wichtige Frage, wenn man bedenkt, dass sich die Kosten für die Anschaffung von Automaten und Behältern sowie auch für bauliche Maßnahmen und die Einrichtung eines dann notwendigen bundesweiten Clearing- und Finanzierungssystems auf geschätzt bis zu 2,6 Milliarden DM, manche sprechen auch nur von 800 Millionen DM, und jährliche Betriebskosten von 1,5 Milliarden DM belaufen würden. Dies würde den Mittelstand voraussichtlich unter erheblichen wirtschaftlichen Druck setzen, denn immerhin müssten zirka 50 000 Einzelhandelsgeschäfte mit einem oder vielleicht auch mit mehreren Rücknahmeautomaten für Getränkeverpackungen ausgestattet werden.

Meine Damen und Herren, eine Studie des Bundesumweltamtes bewertet das geplante Zwangspfand positiv. Das Pfand ist nach der Untersuchung ein geeignetes Mittel, den Anteil der bequemen Exund-hopp-Einwegverpackungen zu reduzieren beziehungsweise Mehrwegverpackungen zu stabilisieren. Glaubt man allerdings der Studie der Unternehmensberatung Roland Berger, wird das Pflichtpfand dem weiteren Vormarsch der Dose und Wegwerfflasche den Weg ebnen.

Wenn wir jetzt allerdings eine Umfrage unter der Bevölkerung machen, und das ist etwas anderes als das, was Frau Wilts eben gerade gesagt hat, sehen die meisten Menschen darin nicht die Lösung, die Flut der ökologisch nachteiligen Getränkeverpackungen im Verbrauch zu stoppen, denn die 50 Pfennig gibt es ja anschließend zurück, und man kann also lustig und munter weiter diese Verpackungsart nutzen. Das bedeutet nicht automatisch, dass man von Einweg auf Mehrweg umsteigt.

Viele Menschen sehen darin aber eine Möglichkeit, das so genannte Littering, wie Frau Wilts es auch schon ansprach, in den Griff zu bekommen, denn die Vermüllung unserer Innenstädte, Straßengräben, Raststätten und Parkplätze ist ein großes Problem, insbesondere, das weiß jeder von uns, im Sommer ärgert man sich darüber, wie Spiel- und Liegewiesen in Parkanlagen, auch wenn man einmal an den Osterdeich schaut, aussehen. Mit einer Bepfandung müsste die Einwegverpackung nunmehr wie eine Mehrwegverpackung zum Verkaufsort zurückgebracht werden.

Meine Damen und Herren, ich sprach aber ja an, man sollte sich auch nach Alternativen zum Zwangspfand umsehen. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, dass man das Ganze neu aufschlüsselt und differenziert in ökologisch vorteilhafte und ökologisch nicht vorteilhafte Getränkeverpackungen, also nicht mehr zwischen Einweg- und Mehrweg. Bisher hieß es immer: Einweg ist schlecht, Mehrweg ist gut. Aber wenn man jetzt einmal schaut, wie die neuesten Produkte sind, erkennt man zum Beispiel an den Kartonverpackungen durchaus, dass diese es mit den Mehrwegverpackungen aufnehmen können. Dies ergibt ja auch die Ökobilanz II, die Studie für Getränkeverpackungen, die man dann entsprechend natürlich anpassen müsste.

Außerdem könnte man die Mindestabfüllmenge auch verändern und sagen, wir differenzieren jetzt nicht mehr von der zurzeit festgelegten Quote von 72 Prozent, sondern setzen eine neue ordnungsrechtliche Zielgröße von zum Beispiel einer Mindestabfüllmenge von 20 Milliarden Litern ein. Hiermit würde sich für die Abfüller durchaus ein weiterer nutzbarer Spielraum ergeben, das heißt, bis zu 2,5

Milliarden Liter könnten von Mehrweg auf Einweg gewechselt werden.

Statt eines Zwangspfandes könnte zum Beispiel auch eine Abgabe als Lenkungssonderabgabe auf ökologisch nachteilige Getränkeverpackungen durch die einzelnen Bundesländer erhoben werden. Eine weitere Möglichkeit wäre dann, das Abgabeaufkommen zweckgebunden einzusetzen, beispielsweise zur Förderung von Maßnahmen zur Reduzierung des vorhin angesprochenen Litterings oder zur Förderung der Entwicklung vorteilhafter Verpackungen.

Auch darüber könnten wir uns Gedanken machen, allerdings sehen hierin viele einen Eingriff in die freie Marktwirtschaft. Andere wiederum sehen dies aber auch als eine Möglichkeit, um zu sagen, erst der hohe Preis macht die Dose unbeliebt, und man könnte dann vielleicht davon ausgehen, dass man damit schon Bewegung in das Kaufverhalten eines Einzelnen bringen würde. Man könnte aber auch generell auf eine Festsetzung verzichten und stattdessen die Umweltkosten, die mit dem jeweiligen Verpackungssystem verbunden sind, unmittelbar den jeweiligen Verursachern belasten. Das heißt also, die jeweilige Verpackung müsste dabei umso teurer sein, je größer die mit ihrer Herstellung, ihrem Transport, ihrer Reinigung und ihrer Entsorgung verbundene Umweltbelastung ist.

Meine Damen und Herren, es gibt noch sehr viele weitere Alternativen zur Einführung eines Zwangspfandes, dies waren nur einige Beispiele. Es gilt also nun, eine praktikable Lösung zu finden. Manche sind in ihrer Effizienz überprüfungswürdig, andere lassen sich schnell verwerfen. Hiermit wollen wir uns also in den zuständigen Fachdeputationen kurzfristig auseinandersetzen.

Man muss natürlich auch bedenken, dass es hierbei nicht nur grundsätzlich kontroverse Auffassungen zwischen den Bereichen Umwelt und Wirtschaft gibt, auch spielen bei den derzeitigen Diskussionen die unterschiedlichen Interessen der einzelnen Bundesländer eine erhebliche Rolle. Ein Bundesland mit vielen kleinen Privatbrauereien, die wenig oder gar keine Dosenabfüllung betreiben, wird wahrscheinlich eine andere Diskussion betreiben als ein Land, in dem eine große Brauerei mit einer hohen Dosenabfüllquote ansässig ist.

Unser Ziel ist es, unsere Umwelt schonend zu behandeln, und die Abfallvermeidung muss weiter vorangetrieben werden. Ein großer Fehler ist es deshalb meines Erachtens, Umweltmaßnahmen immer nur als Kostenfaktor zu betrachten. ­ Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU) Präsident Weber: Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Wischer.