Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs

Eigener Wirkungskreis der örtlichen Träger der Sozialhilfe

Die kreisfreien Städte, die Landkreise und die Region Hannover führen die Aufgaben der örtlichen Träger der Sozialhilfe im eigenen Wirkungskreis durch.

§ 2

Überörtlicher Träger der Sozialhilfe Überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist das Land.

§ 3

Zusammenarbeit mit anderen Stellen, Beirat

(1) Die örtlichen und der überörtliche Träger der Sozialhilfe sowie die Verbände der freien Wohlfahrtspflege, der privaten Träger und die Vereinigungen von Leistungsberechtigten arbeiten zum Wohl der Leistungsberechtigten partnerschaftlich zusammen.

Bei dem für die Sozialhilfe zuständigen Ministerium wird ein Beirat gebildet.

Diesem gehören die Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses nach § 5 sowie Vertreterinnen und Vertreter der in Absatz 1 genannten Verbände und Vereinigungen an.

Die Mitglieder sind ehrenamtlich tätig.

Der Beirat tritt mindestens einmal im Jahr zusammen.

Der Beirat soll den Informationsaustausch, die Abstimmung und die Zusammenarbeit zwischen den Sozialhilfeträgern sowie den in Absatz 1 genannten Verbänden und Vereinigungen fördern.

Hierzu zählt insbesondere

1. die Verständigung über politische, gesellschaftliche und fachliche Entwicklungen, die Einfluss auf die Ausgestaltung der Leistungen und die Ausgabenentwicklung in der Sozialhilfe haben können,

2. die Unterrichtung über die Ergebnisse von Verhandlungen über Vergütungen nach den §§ 75 bis 79 SGB XII und

3. die Mitwirkung bei der Weiterentwicklung von Leistungen der Sozialhilfe nach § 97 Abs. 5 SGB XII.

(4) Das für die Sozialhilfe zuständige Ministerium erlässt für den Beirat eine Geschäftsordnung.

§ 4

Zusammenarbeit der Sozialhilfeträger

Die örtlichen und der überörtliche Träger der Sozialhilfe tragen für die finanzielle und fachliche Entwicklung der Sozialhilfe gemeinsame Verantwortung.

Sie arbeiten eng zusammen, unterstützen sich gegenseitig und unterhalten einen ständigen Erfahrungsaustausch.

Insbesondere bemühen sie sich, die Qualität, Wirksamkeit sowie Wirtschaftlichkeit der Sozialhilfeleistungen zu sichern sowie die hierfür erforderlichen Verfahren und Instrumente zu entwickeln.

§ 5

Gemeinsamer Ausschuss

(1) Der überörtliche Träger und die örtlichen Träger der Sozialhilfe bilden einen paritätisch besetzten Gemeinsamen Ausschuss, der neben den sich aus § 10 Abs. 2, 11 Abs. 2 Satz 5, §§ 12 und § 15 ergebenden Aufgaben insbesondere

1. die Entwicklung der Aufwendungen nach § 10 Abs. 2 ständig überwacht,

2. die aufgabengerechte Verteilung der Lasten überprüft sowie

3. dem überörtlichen Träger und den örtlichen Trägern der Sozialhilfe Empfehlungen zur Steuerung der Ausgabenentwicklung sowie zur Zusammenarbeit und fachlichen Weiterentwicklung der Leistungen der Sozialhilfe gibt.

Beschlüsse zu § 10 Abs. 2 Nr. 2 und § 12 Abs. 2, 3 sowie 6 Sätze 2 und 5 bedürfen der Mehrheit der Stimmen der Mitglieder, Beschlüsse zu § 12 Abs. 6 Satz 3 der Stimmen aller Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses.

Das für die Sozialhilfe zuständige Ministerium regelt das Nähere über die Zahl der Mitglieder, die Bestellung, die Amtsdauer, die Amtsführung, die Geschäftsführung, das Verfahren und die Beschlussfassung des Gemeinsamen Ausschusses durch Rechtsverordnung.

§ 6

Sachliche Zuständigkeit

(1) Die örtlichen Träger der Sozialhilfe sind zuständig, soweit nicht nach den Absätzen 2 bis 4 die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe besteht.

(2) Der überörtliche Träger ist zuständig

1. für teilstationäre und stationäre Leistungen

a) der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach den §§ 53 bis 60 SGB XII sowie

b) der Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 bis 66 SGB XII, wenn diese Leistungen wegen der Behinderung oder des Leidens der Leistungsberechtigten in Verbindung mit den Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich sind,

2. für die Hilfe zum Besuch einer Hochschule im Rahmen des § 54 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII,

3. für die Blindenhilfe nach § 72 SGB XII,

4. bei Leistungsberechtigten mit besonderen sozialen Schwierigkeiten

a) für teilstationäre und stationäre Leistungen nach den §§ 67 bis 69 SGB XII sowie

b) für die Hilfe zum Lebensunterhalt und für ambulante Leistungen nach den §§ 67 bis 69 SGB XII, wenn die Leistungen dazu bestimmt sind, Nichtsesshaften bei der Überwindung ihrer besonderen sozialen Schwierigkeiten zu helfen, und

5. für die Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach § 24 SGB XII.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nrn. 1 bis 4 endet die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers mit dem Beginn des Monats, der auf die Vollendung des 60. Lebensjahres der Leistungsberechtigten folgt.

Abweichend von Absatz 2 Nr. 1 ist der überörtliche Träger nicht zuständig, wenn Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung (§ 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII) für den Besuch von Schulen in freier Trägerschaft gewährt wird.

Für Menschen mit einer Sehbehinderung, Hörbehinderung oder Sprachbehinderung im Ausmaß des § 1 Satz 2 Nrn. 4 bis 6 der Eingliederungshilfe-Verordnung in der Fassung vom 1. Februar 1975 (BGBl. I S. 433), zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes zur Eingliederung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), sowie für geistig oder seelisch behinderte Menschen (§§ 2 und 3 der EingliederungshilfeVerordnung) ist der überörtliche Träger abweichend von Satz 1 zuständig, wenn stationäre Leistungen erforderlich sind.

Die Zuständigkeit für die in Absatz 2 Nr. 4 genannten Aufgaben kann einem örtlichen Träger der Sozialhilfe mit seinem Einverständnis im Rahmen seiner örtlichen Zuständigkeit als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises übertragen werden.

Die Übertragung erfolgt durch Verordnung des für die Sozialhilfe zuständigen Ministeriums, die insbesondere Regelungen zur Dauer der Übertragung der Aufgaben und Sicherstellung der Aufbringung der Mittel enthalten muss.

§ 7

Heranziehung:

Die Landkreise und die Region Hannover können zur Durchführung der ihnen als örtlichen Trägern der Sozialhilfe obliegenden Aufgaben durch Satzung oder öffentlich-rechtlichen Vertrag kreis- oder regionsangehörige Gemeinden und Samtgemeinden heranziehen.

Darin müssen Regelungen über die Erstattung der notwendigen Aufwendungen enthalten sein.

Vor Erlass einer Satzung über die Heranziehung sind die Gemeinden und Samtgemeinden zu hören.

Das für die Sozialhilfe zuständige Ministerium wird ermächtigt, durch Verordnung die örtlichen Träger der Sozialhilfe sowie die Landeshauptstadt Hannover, die Stadt Göttingen und die großen selbständigen Städte zur Durchführung der Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe heranzuziehen.

Die Erstattung der Aufwendungen dieser Städte erfolgt im Rahmen des Absatzes 1 Satz 2.

Die nach Absatz 2 herangezogenen Körperschaften treffen die organisatorischen Vorkehrungen, die für die ordnungsgemäße Durchführung der Aufgaben aufgrund einer Heranziehung erforderlich sind.

Insbesondere stellen sie die erforderlichen Dienstkräfte und Einrichtungen zur Verfügung.

Die Verwaltungskosten werden im Rahmen der Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises nach den Bestimmungen des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich gedeckt.

Hat eine herangezogene Körperschaft eine Maßnahme aufgrund einer Weisung des Trägers der Sozialhilfe getroffen und wird die Maßnahme aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen aufgehoben, so erstattet der Träger der Sozialhilfe alle notwendigen Kosten, die ihr durch die Ausführung der Weisung entstanden sind.

§ 8

Zweck und Umfang der Heranziehung:

Bei der Entscheidung über die Heranziehung und bei deren Ausgestaltung ist zu beachten, dass die Hilfen für die Leistungsberechtigten möglichst umfassend aus einer Hand und ortsnah gewährt werden sollen.

Eine möglichst weitgehende eigenverantwortliche Aufgabenerledigung durch die herangezogene kommunale Körperschaft ist anzustreben.

Bei der Heranziehung von Gemeinden und Samtgemeinden soll deren unterschiedliche Verwaltungskraft berücksichtigt werden.

(2) Der zuständige Träger der Sozialhilfe kann der herangezogenen kommunalen Körperschaft Weisungen erteilen.

In der nach § 7 zu treffenden Regelung über die Heranziehung sind die Aufgaben im einzelnen zu bezeichnen.

Für bestimmte Aufgaben oder Fallgruppen kann vorgesehen werden, dass dem Träger der Sozialhilfe

1. die Anerkennung seiner sachlichen Zuständigkeit,

2. die Entscheidung über den Inhalt der Hilfe dem Grunde.