Träger der Sozialhilfe
Die Beschränkung des Landes auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eröffnet den örtlichen Trägern der Sozialhilfe einen breiteren sozialplanerischen Gestaltungsspielraum.
Satz 2 legt fest, dass die Übertragung der Aufgabe durch Verordnung des für die Sozialhilfe zuständigen Ministeriums erfolgt. Gleichzeitig wird dieses Ministerium ermächtigt, in der Verordnung Regelungen zur Dauer der Übertragung der Aufgaben und zur Sicherstellung der Finanzierung zu treffen. § 4 Abs. 1 Satz 2 NGO sowie § 2 Abs. 2 Satz 1 der NLO sehen vor, dass neue Pflichten den Gemeinden nur durch Gesetz auferlegt werden können oder dass den Landkreisen neue Aufgaben nur durch Gesetz zugewiesen werden können. Dementsprechend stellt Satz 1 die gesetzliche Grundlage für die Aufgabenübertragung dar. Satz 2 enthält ergänzend die Ermächtigung für die erforderliche konstitutive Verordnung.
Der mit § 6 Abs. 5 verfolgte Zweck liegt darin, im Bereich der Hilfen für Personen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten exemplarisch neue Formen der Aufgabenwahrnehmung und -verteilung zwischen den örtlichen Trägern und dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe zu erproben. Aus dem Charakter einer Experimentierklausel folgt, dass die Änderung der sachlichen Zuständigkeit zunächst nur befristet erfolgen soll. Um fundierte Erkenntnisse zu gewinnen, die später in landesweite Regelungen umgesetzt werden können, wird die Befristung jedoch mindestens einen Zeitraum von drei Jahren umfassen müssen. Der Wortlaut der Regelung beinhaltet die Option einer Verlängerung oder Überführung in eine Dauerregelung.
§ 4 Abs. 1 Satz 2 NGO sieht vor, dass bei der Übertragung neuer Aufgaben auf Gemeinden gleichzeitig die Aufbringung der Mittel sicherzustellen ist. Für Landkreise regelt § 2 Abs. 2 Satz 2 NLO, dass hierbei zugleich Bestimmungen über die Kosten zu treffen sind. Auch diesen Anforderungen trägt Satz 2 Rechnung.
Zu § 7: § 7 Abs. 1 regelt, dass die örtlichen Träger der Sozialhilfe die ihnen angehörenden Gemeinden und Samtgemeinden zur Durchführung ihrer Aufgaben heranziehen können. Diese Regelung übernimmt im wesentlichen den Inhalt des § 4 Abs. 1 Nds. AG BSHG. Außerdem ersetzt sie § 3
Sätze 1 und 2 1. Teilregelung Nds. AG GSiG, ohne dass dies inhaltliche Änderungen zur Folge hätte. Inhaltlich neu ist gegenüber § 4 Abs. 1 Nds. AG BSHG lediglich, dass in § 6 Abs. 1 Satz 1 auch die Region Hannover und die regionsangehörigen Gemeinden ausdrücklich mit aufgenommen worden sind. Hierbei handelt es sich um eine Folge der Änderung des § 1.
§ 7 Abs. 2 regelt die Heranziehung für Aufgaben des überörtlichen Trägers. Gegenüber § 4 Abs. 2 Nds. AG BSHG ergeben sich insofern Änderungen, als neben den örtlichen Trägern der Sozialhilfe nicht mehr alle kreisangehörigen Gemeinden und Samtgemeinden, sondern nur noch die Landeshauptstadt Hannover, die Stadt Göttingen und die großen selbständigen Städte zur Durchführung der Aufgaben des überörtlichen Trägers herangezogen werden können. Auf kommunale Körperschaften, die aufgrund ihrer Größe den Status einer großen selbständigen Stadt nicht erreichen, würden im Bereich des überörtlichen Trägers so geringe Fallzahlen entfallen, dass eine wirtschaftlich vertretbare Aufgabenwahrnehmung nicht mehr sicher gestellt werden könnte. Aus diesem Grund waren bereits in § 1 der Verordnung über die Heranziehung kommunaler Körperschaften für Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe vom 25. August 2001 (Nds. GVBl. S. 599) nur die Landeshauptstadt Hannover, die Stadt Göttingen und die großen selbständigen Städte zur Durchführung der Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe herangezogen worden. § 7 Abs. 2 überträgt also nur die bereits jetzt bestehende Praxis in den Entwurf des Nds. AG SGB XII.
Außerdem werden in Absatz 2 gegenüber dem Text des § 4 Abs. 2 Nds. AG BSHG redaktionelle Änderungen ohne weitere inhaltliche Auswirkungen vorgenommen.
Absatz 3 übernimmt den vollständigen Wortlaut des § 4 Abs. 3 Nds. AG BSHG.
Zu § 8: § 8 legt die Ziele und den Umfang der Heranziehung fest. Diese Vorschrift übernimmt wesentliche Teile des § 5 Nds. AG BSHG. § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 3 bis 4 ersetzen zugleich § 3 Satz 2 2. Teilregelung Nds. AG GSiG.
Inhaltlich neu sind in diesem Paragrafen weite Teile des Absatzes 1 Sätze 1 und 2. Satz 1 trägt dem zentralen Anliegen des SGB XII Rechnung, dass möglichst weitgehend alle Leistungen nach diesem Gesetz aus einer Hand erbracht werden sollen (Begründung zu § 92 Regierungs-Entwurf zum SGB XII, BR-Drs. 559/03, S. 211). Diese Vorschrift soll dem Bürger vermeidbare Wege zu verschiedenen Verwaltungsbehörden ersparen und die ganzheitliche Bearbeitung des Leistungsfalles sicherstellen. Außerdem erleichtert die Zusammenfassung der Entscheidungszuständigkeit in einer Hand den Wechsel zwischen stationären und ambulanten Leistungen.
Damit ermöglicht erst diese Vorschrift insbesondere im Bereich der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen eine gezielte Steuerung der mit diesen Leistungen bezweckten Rehabilitation und damit einen bestmöglichen Erfolg der Maßnahmen. Sie soll also gerade in besonders kostenintensiven Bereichen der Sozialhilfe einen entscheidenden Beitrag zu einem weitestgehend wirtschaftlichen und zielgenauen Einsatz finanzieller und personeller Ressourcen bei gleichzeitig bestmöglicher Verwirklichung der Rechte der betroffenen Menschen leisten.
Absatz 1 Satz 1 übernimmt außerdem das bisher in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nds. AG BSHG verankerte Prinzip der „ortsnahen Leistungsgewährung". Absatz 1 Satz 2 setzt gegenüber § 5 Abs. 1 Satz 1 Nds. AG BSHG einen deutlich anderen Akzent, da er ein Schwergewicht auf die eigenverantwortliche Aufgabenerledigung durch die herangezogene kommunale Körperschaft setzt und nicht mehr die Wahrung des Einflusses des Trägers der Sozialhilfe programmatisch in den Vordergrund stellt. Dies ist ein bewusster Paradigmenwechsel, mit dem entsprechende Ansätze der Verwaltungsreform in Niedersachsen aufgegriffen werden.
Absatz 1 Satz 3 übernimmt § 5 Abs. 1 Satz 2 Nds. AG BSHG. Absätze 2 und 3 übernehmen die Absätze 2 und 3 des § 5 Nds. AG BSHG. Aus Gründen der Gesetzessystematik stehen diese allgemeinen Vorschriften, die sowohl die örtlichen wie den überörtlichen Träger der Sozialhilfe betreffen, abweichend vom bisherigen Aufbau des § 5 Nds. AG BSHG vor den Regelungen, die jeweils nur speziell für eine dieser Trägerebenen gelten.
Die Absätze 4 und 5 des Gesetzentwurfs enthalten die besonderen Regelungen für einzelne Trägerebenen, wobei alle Regelungen für die örtlichen und für den überörtlichen Träger in jeweils getrennten Absätzen konzentriert werden. Weitere Abweichungen von § 5 Nds. AG BSHG ergeben sich insofern, als in § 8 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 Sätze 2 und 3 Aussagen zur Zuständigkeit für das Widerspruchsverfahren aufgenommen worden sind. Diese Regelungen dienen dazu, den Beschluss der Landesregierung umzusetzen, Vorverfahren auf das nach Bundesrecht unverzichtbare Mindestmaß einzuschränken.
§ 8 Abs. 4 Satz 1 entspricht dem Wortlaut des bisherigen § 5 Abs. 1 Satz 4 Nds. AG BSHG, der aber an die Nummerierung der Paragrafen nach diesem Gesetzentwurf angepasst worden ist.
§ 8 Abs. 4 Satz 2 übernimmt die für den Landesgesetzgeber nicht disponible Regelung des § 99 Abs. 1 SGB XII, aus der sich ergibt, dass der örtliche Träger der Sozialhilfe ein Vorverfahren durchzuführen hat. Diese Regelung ersetzt zugleich § 3 Satz 3 AG GSiG, ohne diesen inhaltlich zu verändern.
§ 8 Abs. 5 Satz 1 übernimmt unter Vornahme der erforderlichen redaktionellen Anpassungen an diesen Gesetzentwurf § 5 Abs. 1 Satz 3 Nds. AG BSHG. § 8 Abs. 5 Satz 2 führt für den Bereich des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe ein einstufiges Vorverfahren ein, indem er vorschreibt, dass die herangezogenen kommunalen Körperschaften den Widerspruchsbescheid erteilen. Er greift damit den Landesrechtsvorbehalt des § 99 Abs. 2 SGB XII auf. Wie sich aus der Begründung zu § 96 Abs. 2 BSHG ergibt, der in diesem Punkt wort- und inhaltsgleich in § 99 Abs. 2 SGB XII übernommen worden ist, wird ein Vorverfahren im Bereich der Sozialhilfe als obligatorisch angesehen, wobei § 96 Abs. 2 BSHG oder § 99 Abs. 2 SGB XII dem Landesgesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, ein einstufiges Vorverfahren einzuführen. Er beinhaltet jedoch nicht die Möglichkeit, das Vorverfahren selbst abzuschaffen (BR-Drs. 52/99 S. 4; BR-Drs. 559/03 S. 212). Die Einführung eines einstufigen Vorverfahrens stärkt die Eigenverantwortung der herangezogenen kommunalen Körperschaften. Sie korrespondiert insofern mit einem der wesentlichen Grundsätze der Heranziehung, der in § 8 Abs. 1 Satz 2 vorgesehen ist.
Aus § 8 Abs. 5 Satz 3 ergibt sich, dass das einstufige Verfahren nur für die Widersprüche eingeführt wird, die die herangezogene Gebietskörperschaft nach erfolgter Begründetheitsprüfung bis zum Tage des In-Kraft-Tretens des Satzes 2, d. h. nach Artikel 4 Abs. 2 (s. dort) dem Tag nach der Verkündung des Gesetzes, noch nicht dem überörtlichen Träger vorgelegt hat. Wenn auch Fälle, in denen der Widerspruch bereits an die Widerspruchsbehörde abgegeben worden ist, von der Einführung des einstufigen Verfahrens betroffen wären und damit an die Ausgangsbehörde zurückgegeben werden müssten, würde dies dem Grundsatz eines ökonomischen Verwaltungsverfahrens widersprechen. Im Interesse der Rechtssicherheit der Widerspruchsführer, und um Unsicherheiten über die Zuständigkeit zwischen der bisher zuständigen Widerspruchsbehörde und den herangezogenen kommunalen Körperschaften zu vermeiden, ist es unter diesen Prämissen erforderlich, ein objektiv nachprüfbares Kriterium als Anknüpfungspunkt für den Übergang der Zuständigkeit zu bestimmen. Ein solches Kriterium ist der Zeitpunkt des Eingangs des vorgelegten Widerspruchs beim überörtlichen Träger der Sozialhilfe.
Gleichzeitig soll durch die vorgesehene Regelung sichergestellt werden, dass die Verfahren durchgeführt werden können, ohne dass zeitliche Erwägungen im Zusammenhang mit bereits absehbaren Änderungen der Zuständigkeit Einfluss auf den Zeitpunkt der Einlegung und den Fortgang von Rechtsbehelfen gewinnen. Aus diesem Grund sieht Artikel 4 Abs. 2 (s. dort) vor, dass diese Regelungen bereits am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten.
Eine weitere Abweichung gegenüber der derzeitigen Gesetzeslage ergibt sich daraus, dass der bisherige § 5 Abs. 3 Satz 3 Nds. AG BSHG nicht in das AG SGB XII übernommen wird. § 5 Abs. 3 Satz 3 Nds. AG BSHG legt die Aufgaben fest, die die Heranziehung durch den überörtlichen Träger mindestens umfassen muss. Die in § 5 Abs. 3 Satz 3 Nds. AG BSHG getroffenen Regelungen bleiben bereits heute deutlich hinter dem tatsächlich bestehenden Umfang der Heranziehung zurück. Sie sind aus diesem Grund entbehrlich geworden.
Zu § 9: § 9 ist inhaltlich neu. Diese Regelung eröffnet die Möglichkeit, die Heranziehung einzelner kommunaler Körperschaften zu erweitern. Sie schafft die Möglichkeit, exemplarisch neue Formen der Aufgabenwahrnehmung und -verteilung zwischen dem überörtlichen Träger und den von ihm herangezogenen Gebietskörperschaften zu erproben. Die auf dieser Regelung basierenden Versuche könnten im Ergebnis sowohl in eine Erweiterung der Heranziehung für alle vom überörtlichen Träger herangezogenen Gebietskörperschaften, als auch in eine Übertragung von weiteren Aufgaben in den eigenen Wirkungskreis der örtlichen Träger der Sozialhilfe einmünden. Denkbar wäre z. B., auf diesem Wege festzustellen, welche Auswirkungen auf die Entwicklung eines differenzierteren Leistungsangebotes eine Heranziehung für Aufgaben des überörtlichen Trägers aus dem Bereich der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII und die damit verbundene Zusammenführung der Vereinbarungszuständigkeit für ambulante und stationäre Leistungen in kommunaler Hand entfalten würde.
Aus dem Charakter einer Experimentierklausel folgt, dass die Erweiterung der Heranziehung auf einzelne kommunale Gebietskörperschaften begrenzt bleiben und zunächst auch nur befristet erfolgen soll. Der Zeitraum der Befristung wird dabei je nach dem Inhalt der übertragenen Aufgabe unterschiedlich lang zu wählen sein. Um fundierte Erkenntnisse zu gewinnen, die später in landesweite Regelungen umgesetzt werden können, wird jedoch mindestens an einen Zeitraum von drei Jahren zu denken sein. Der Wortlaut der Regelung eröffnet auch bereits die Option einer Verlängerung oder Überführung in eine Dauerregelung.
Durch eine - voraussichtlich zunächst auf wenige Kommunen begrenzte - Erweiterung der Heranziehung werden für die betroffenen einzelnen herangezogenen Gebietskörperschaften besondere Belastungen begründet werden. Dies kann, wenn der mit dieser Regelung verfolgte Zweck erreicht werden soll, gemeinsam neue Wege in der Sozialhilfe zu erproben, nur mit Einverständnis der betroffenen Gebietskörperschaften und im Falle der Heranziehung von kreis- oder regionsangehörigen Gemeinden und Samtgemeinden zusätzlich auch nur mit Einverständnis des örtlichen Trägers der Sozialhilfe erfolgen. Außerdem sind nach § 2 Abs. 2 NLO oder § 5 Abs. 1 NGO die mit der Aufgabe verbundenen finanziellen Belastungen auszugleichen. Da es sich um Sonderlasten einer begrenzten Zahl von herangezogenen Gebietskörperschaften handelt, die zudem zunächst nur befristet auftreten werden.