Verkauf der Spielbanken Niedersachsen GmbH

Verkauf der Spielbanken Niedersachsen GmbH

Sehr geehrter Herr Präsident, ich bitte folgenden Beschluss des Niedersächsischen Landtages herbeizuführen: „Der Landtag stimmt gemäß § 63 Abs. 2 i. V. m. § 65 Abs. 7 der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung (LHO) der Veräußerung der über die Hannoversche Beteiligungsgesellschaft mbH gehaltenen Beteiligung an der Spielbanken Niedersachsen GmbH an die Casinos Austria International Holding GesmbH (CAI) nach Maßgabe dieser Vorlage zu." Des Weiteren wird gebeten, das Verfahren nach § 39 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung des Niedersächsischen Landtages anzuwenden.

Die Spielbanken Niedersachsen GmbH (SNG) ist hervorgegangen aus der am 13.11.1987 gegründeten Hannoverschen Spielbanken GmbH (HanSG) und besteht nach Umfirmierung seit dem 25.08.1995. Das Stammkapital in Höhe von 5 113 000 Euro wird zu 100 % von der HanBG gehalten. Schrittweise wurden die zuvor von Privaten betriebenen Spielbanken von der HanSG übernommen: die Spielbanken Hannover/Bad Pyrmont (1989), Bad Harzburg/Hittfeld (14.03.1990) und Bad Bentheim/Bad Zwischenahn (13.11.1990). Die Nordseespielbanken kamen am 28.04. hinzu. Seither werden alle öffentlichen Spielbanken in Niedersachsen durch die SNG und damit mittelbar vom Land Niedersachsen betrieben, wie dies § 1 Abs. 2 des derzeit geltenden Niedersächsischen Spielbankgesetzes (NSpielbG) vorsieht.

Die Landesregierung hat unter Berücksichtigung der in der Koalitionsvereinbarung festgelegten Grundsätze im Jahr 2003 beschlossen, die Spielbanken in Niedersachsen wieder in private Trägerschaft zu überführen, weil der Betrieb von öffentlichen Spielbanken nicht zum Kernbereich der staatlichen Aufgaben gehört und deshalb die mittelbare Landesbeteiligung im Sinne von § 63 Abs. 3 LHO nicht mehr zur Erfüllung von Aufgaben des Landes benötigt wird. Inhaltsgleiche Feststellungen hat der Niedersächsische Landesrechnungshof zur Haushaltsrechnung des Jahres 2001 vom 21.05.2003 (Drs. 15/180) getroffen. In seinem Bericht hat der Landesrechnungshof ausgeführt, dass ein wichtiges Landesinteresse gemäß § 65 LHO an der Aufrechterhaltung der Beteiligung an der SNG nicht mehr gegeben ist und dem Land deshalb empfohlen, sich alsbald von dieser Beteiligung zu trennen.

Die HanBG hat in der Zeit vom November 2003 bis April 2004 eine europaweite Ausschreibung zur Suche eines externen Dienstleisters zur rechtlichen Beratung und Begleitung der Privatisierung der SNG durchgeführt. Den Zuschlag für die ausgeschriebene Dienstleistung erhielten am 14.04. die Ernst & Young Corporate Finance Beratung GmbH und die Luther Menold Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.

Das Privatisierungsverfahren zum Verkauf sämtlicher GmbH-Anteile an der SNG durch die HanBG wurde im Mai 2004 eingeleitet mit einer europaweiten Ausschreibung eines Interessenbekundungsmit anschließendem strukturiertem Bieterverfahren im EU-Amtsblatt und flankierenden Anzeigen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Am Verfahren beteiligten sich 24 Bieter aus dem In- und Ausland. Nach umfassender Auswertung der abgegebenen verbindlichen Angebote hat sich CAI als der am besten geeignete Bieter zur Übernahme der Gesellschaftsanteile der SNG erwiesen, weil dieser Bieter nach Prüfung aller eingegangenen verbindlichen Angebote das wirtschaftlichste und überzeugendste Angebot unterbreitet hat.

CAI ist eine 100%ige Tochter der Casinos Austria AG. Eigentümer der Casinos Austria AG sind zu 34% die Münze Österreich (eine Tochter der Österreichischen Nationalbank), zu 34% die Medial Beteiligungs GmbH (ein Konsortium aus Banken und Versicherungsunternehmen unter dem Haupteinfluss des Raiffeisensektors), zu 26% private Aktionäre, welche ihre Anteile seit 1967 halten, sowie zu 6% das Bankhaus Schellhammer & Schattera, deren Haupteigentümer Einrichtungen der katholischen Kirche sind. Die Unternehmensgruppe verfügt über eine ca. 70jährige Erfahrung im Betrieb von öffentlichen Spielbanken. Sie betreibt derzeit 67 Casinos in 15 Ländern. Mit ca. 9 100 Mitarbeitern wurde 2003 ein Umsatz von 2,324 Mrd. Euro erwirtschaftet.

CAI strebt an, die niedersächsischen Spielbanken durch eine gezielte Wachstums- und Investitionsstrategie aufzuwerten. Das bestehende Tisch- und Automatenspielangebot soll dabei umfassend modernisiert und durch zeitgemäße Restaurations- und Veranstaltungsmöglichkeiten ergänzt werden. Wie bisher sollen in Niedersachsen auch weiterhin zehn Spielbanken betrieben werden, von denen zwei bis drei zu so genannten Flagship Casinos (Leitbetrieben) mit umfangreichem Entertainmentangebot ausgebaut werden sollen. Wachstum und Investitionen sollen u. a. dazu führen, Arbeitsplätze in Niedersachsen zu sichern, die im NSpielbG vorgesehenen Abgabensenkungen innerhalb weniger Jahre wieder zu kompensieren und das Abgabeaufkommen des Landes nachhaltig zu steigern.

CAI ist in der Lage, die in Österreich bereits seit einigen Jahren zugelassene und erfolgreich betriebene Internetspielplattform win2day in angepasster Form kurzfristig auch in Niedersachsen anzubieten. Sobald die rechtlichen Voraussetzungen für das Internetspiel in Niedersachsen geschaffen sind, kann erstmals ein legales und sicheres Online-Spielangebot über das Internet bereitgestellt werden.

CAI verfügt über umfassende Erfahrungen und Ressourcen im Bereich Spielerschutz und Sicherheit. CAI genügt u. a. den hohen Anforderungen der Spielbankenregulierung in Österreich und der Schweiz, die neben denjenigen in Deutschland zu den strengsten weltweit gehören. Sowohl für den sensitiven Sicherheitsbereich als auch zur Gewährleistung eines verantwortungsvollen Umgangs mit spielsuchtgefährdeten Gästen hat die Casinos Austria-Gruppe eigene Unternehmensabteilungen eingerichtet. Damit liegen die Voraussetzungen vor, die bereits heute bei der SNG bestehenden Sozial- und Sicherheitskonzepte in Zukunft zu erhalten und weiter zu entwickeln.

Der verbindlich angebotene Kaufpreis für sämtliche Geschäftsanteile der SNG beträgt 90,6 Mio. Euro. Mit diesem im wettbewerblichen Verfahren höchsten Kaufpreisangebot von CAI wird sichergestellt, dass die Veräußerung der SNG-Beteiligung gemäß § 63 Abs. 4 LHO zum vollen Wert erfolgt. Die Zahlung des Kaufpreises ist durch eine Bankbürgschaft der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG abgesichert.

Das Angebot der CAI sieht ein langfristiges Engagement in Niedersachsen über das Jahr 2014 hinaus vor. CAI hat sich zusätzlich zur Kaufpreiszahlung verpflichtet, in den nächsten Jahren Investitionen in Höhe von insgesamt 40,5 Mio. Euro in die niedersächsischen Spielbankbetriebe zu tätigen.

Für unterlassene Investitionen ist der entsprechende Betrag an die HanBG zu entrichten.

Die für dieses Angebot notwendige Planungssicherheit erreicht CAI dadurch, dass wesentliche Bedingungen des zukünftigen Spielbetriebs auch hinsichtlich ihrer zeitlichen Geltungsdauer vertraglich abgesichert werden. Die HanBG soll daher in dem Kauf- und Abtretungsvertrag u. a. folgende Verpflichtungen übernehmen:

1. Die HanBG ist gegenüber CAI zu Schadensersatz verpflichtet, falls das Land Niedersachsen bis zum 31.08.2024 mehr als zehn Spielbankenkonzessionen gewährt, soweit nicht hierzu ei ne Verpflichtung seitens des Landes Niedersachsen aufgrund höherrangigen Rechts oder aufgrund rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung besteht.

2. Die HanBG stellt die SNG bis zum 31.08.2024 von allen vom Land Niedersachsen erhobenen Abgaben frei, die über diejenigen Abgaben hinausgehen, die in dem Entwurf des NSpielbG vorgesehen sind, sofern das Land Niedersachsen nicht aufgrund höherrangigen Rechts oder aufgrund rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung zur Erhebung dieser Abgaben verpflichtet ist.

3. Für den Fall, dass das Land Niedersachsen im Bereich des Automatenspiels durchgängige Ausweiskontrollen einführen sollte, ersetzt die HanBG der CAI einen Teil der hieraus resultierenden Ergebnisrückgänge der SNG bis zur Höhe von 2,8 Mio. Euro p.a. für 5 Jahre.

4. Falls das Land Niedersachsen die Rahmenbedingungen für das Internetspiel nicht bis zum 01.07.2005 schaffen sollte, ist CAI berechtigt, für jeden angefangenen Monat der Verzögerung bis zum 30.06.2006 von der HanBG 50 000 Euro zurückzuverlangen. Ein Kaufpreisbestandteil in Höhe von 7,3 Mio. Euro ist zurückzuerstatten, wenn nicht bis zum 01.07.2006 die Rahmenbedingungen für das Internetspiel in Niedersachsen geschaffen sind.

Die Ersatzpflicht der HanBG wegen Ansprüchen der CAI ist - mit Ausnahme des Garantieversprechens hinsichtlich der Anzahl der Spielbankkonzessionen und der Abgabenhöhe (siehe oben Ziffern 1 und 2) - beschränkt auf einen Betrag in Höhe von 25 % des Kaufpreises. Im Übrigen kann die Summe aller geltend gemachten Ersatzansprüche den Kaufpreis nicht überschreiten (Haftungsdeckelung).

Mit Annahme durch notarielle Erklärung der HanBG kommt gemäß dem ausverhandelten Angebot ein Kauf- und Abtretungsvertrag über alle Geschäftsanteile an der SNG zustande. Die Wirksamkeit des Verkaufs der Geschäftsanteile an der SNG ist von dem kumulativen Eintritt nachfolgender aufschiebender Bedingungen abhängig:

­ Zustimmung des Niedersächsischen Landtages gemäß § 63 Abs. 2 i. V. m. § 65 Abs. 7 der LHO,

­ In-Kraft-Treten der Änderung des Niedersächsischen Spielbankgesetzes (Drs. 15/1276),

­ Zustimmung bzw. Freigabe des Zusammenschlusses durch die zuständige Kartellbehörde,

­ Zustimmung der Gesellschafterversammlung der HanBG,

­ Bekanntgabe der gemäß des Niedersächsischen Spielbankgesetzes (Drs. 15/1276) erforderlichen Zustimmung zur Übertragung der GmbH-Anteile durch das Niedersächsische Finanzministerium.

Der Gesellschafterwechsel bei der SNG bedarf nach In-Kraft-Treten des NSpielbG (Drs. 15/1276) der Zustimmung der Aufsichtsbehörde (Finanzministerium). Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn der Bieter in einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 7 des derzeitigen Entwurfs des NSpielbG ermittelt wurde. Die Zustimmung der Aufsichtsbehörde ist in Niedersachsen öffentlich bekannt zu machen.

Die HanBG wird den Veräußerungsgewinn nach Abzug von Steuern sowie von Aufwendungen für das Privatisierungsverfahren im Rahmen der Gewinnausschüttung für das Jahr 2004 im Jahr 2005 dem Niedersächsischen Landeshaushalt zuführen.

Die Landesregierung hat in Ihrer Sitzung am 30.11.2004 dem beabsichtigten Verkauf der SNG nach Maßgabe dieser Vorlage zugestimmt.