Bürokratieabbau in der Pflege

Die Landesregierung wird gebeten,

1. in Zusammenarbeit mit dem Landespflegeausschuss sowie den Heimträgern in ganz Niedersachsen die Entbürokratisierung der Pflegedokumentation voranzutreiben;

2. gemeinsam mit den Einrichtungs- und Kostenträgern zu überprüfen, wie sich durch den verstärkten Einsatz moderner Technologien in der Pflegedokumentation der Verwaltungsaufwand verringern lässt;

3. darauf hinzuwirken, dass unklare Rechtszustände beseitigt werden, wie sie sich aus Überschneidungen der Regelungsgegenstände in verschiedenen Gesetzen ergeben;

4. darauf hinzuwirken, dass Doppelprüfungen in Heimen vermieden werden, wie sie derzeit etwa durch zum Teil identische Prüfinhalte des Medizinischen Dienstes der Kassen (MDK) sowie der Heimaufsicht bestehen. Nach Möglichkeit sollten die erforderlichen Heimüberprüfungen künftig aus einer Hand bzw. am selben Tag erfolgen können, um den zeitlichen und personellen Aufwand für Pflegeheimbetreiber zu minimieren. Die Ankündigungsfrist von Stichprobenprüfungen im Rahmen der regelmäßigen Qualitätskontrolle soll im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Verbänden der Einrichtungsträger gestaltet werden;

5. darauf hinzuwirken, dass die durch die Novellierung des Heimgesetzes vorgesehene stärkere Kostentransparenz und die verbesserten Mitwirkungsrechte der Heimbeiräte und Heimfürsprecher durch möglichst einfache Verfahrensregelungen umgesetzt werden können, sofern sichergestellt ist, dass hierdurch kein weiterer bürokratischer Aufwand entsteht;

6. ggf. eine entsprechende Bundesratsinitiative vorzubereiten.

Die Landesregierung sieht in einem Bürokratieabbau in der Pflege eine Aufgabe von besonderer Bedeutung und Dringlichkeit. Dies entspricht auch dem in der Koalitionsvereinbarung vom 01.03.2003 durch die niedersächsischen Parteien von CDU und FDP geäußerten politischen Willen. Danach wurde angekündigt, gemeinsam mit den Kommunen das Niedersächsische Pflegegesetz zu überprüfen und neue Lösungen zu erarbeiten, um überflüssige Bürokratie für Betroffene und ungeklärte Rechtszustände abzuschaffen.

Die Novelle zum Niedersächsischen Pflegegesetz ist bereits mit Wirkung zum 01.01.2004 in Kraft getreten. Im Zuge der Novellierung wurde die Förderung von Investitionskosten von Pflegediensten und Pflegeheimen auf die Förderung der Dienste und Einrichtungen der häuslichen pflegerischen Versorgung konzentriert. Weitere Vorgaben des Gesetzes wurden gestrichen oder für die Anwendung vereinfacht. Damit wurde wieder Rechtsklarheit geschaffen und der Aufwand zur Durchführung des Gesetzes für die Einrichtungsträger und die Förderbehörden bei den Landkreisen und kreisfreien Städten sowie bei den Bezirksregierungen als Förderbehörden für kommunale Pflegeeinrichtungen und als Fachaufsichtsbehörden maßgeblich verringert.

Auch im Hinblick auf eine qualitätsvolle Pflege lässt sich die Landesregierung von dem Ziel leiten, Bürokratie zurückzudrängen, damit mehr Zeit für Zuwendung geschaffen wird. Dieser Herausforderung begegnet die Landesregierung mit zahlreichen Aktivitäten. Sie reichen zum Teil über die in der Landtagsentschließung genannten hinaus. So wurde auf Veranlassung der Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit in Abstimmung mit den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege und den Verbänden der privaten Träger von Pflegediensten und Pflegeheimen eine Arbeitsgruppe Bürokratieabbau in der Pflege im MS eingerichtet. Im Zentrum der Beratungen dieser Arbeitsgruppe stehen Verfahrensfragen bei der Verordnung und Abrechnung von häuslicher Krankenpflege nach dem SGB V, der Datenerhebung und Datenübermittlung durch die Kranken- und Pflegekassen, der aus den Bestimmungen des Arbeitsschutzes, der Arbeitshygiene, der Versorgung mit Heilund Hilfsmitteln resultierenden Umsetzungs- und Nachweisaufwände sowie Fragen der Zusammenarbeit der für Pflegedienste und Pflegeheime relevanten zahlreichen Prüfinstanzen. Die zuständigen Institutionen, insbesondere die Landesverbände der Kranken- und Pflegekassen, werden im Rahmen ihrer jeweiligen thematischen Betroffenheit an den Beratungen beteiligt.

Niedersachsen ist zudem Mitglied der Arbeitsgruppe III Bürokratieabbau in der Pflege beim Runden Tisch Pflege auf Bundesebene. Dies eröffnet zum einen bei Fragen, die Bundesrecht betreffen oder durch Bundesrecht den Spitzenverbänden der Leistungsträger oder der Leistungserbringer oder anderen Gremien der so genannten Selbstverwaltung vorbehalten sind, wie z. B dem Gemeinsamen Ausschuss der Ärzte und Krankenkassen, die Möglichkeit der Problemanzeige auf Bundesebene. Zum anderen können auf Landesebene nutzbringende Erkenntnisse des Runden Tisches in die vorgenannte Arbeitsgruppe zurückgespiegelt und dort auf ihre Anwendbarkeit in Niedersachsen geprüft werden. Ergebnisse des Runden Tisches werden für das 1. Quartal 2005 erwartet.

Unter Aspekten des damit verbundenen Aufwandes, unter fachlichen Gesichtspunkten und im Blick auf eine uneinheitliche Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen zwischen den zuständigen Behörden auf kommunaler Ebene wird von Heimträgern auch immer wieder der vorbeugende Brandschutz thematisiert. Dies gilt besonders im Blick auf neuzeitliche Heimkonzepte in Gestalt von Wohngruppen; sie gelten fachlicherseits als besonders geeignet für die Betreuung und Pflege altersdementer Menschen. Durchschnittlich zwei Drittel aller Bewohnerinnen und Bewohner von Altenpflegeheimen weisen entsprechende Krankheitsbilder auf. Die Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz hat sich im laufenden Jahr vor diesem Hintergrund mit einer Empfehlung zu „Brandschutzanforderungen an den Bau und Betrieb von Altenpflegeheimen mit Gruppenwohnbereichen" befasst. Das MS ist Mitglied in der Kommission und hat an der Erarbeitung der Empfehlung aktiv mitgewirkt. Der vorliegende Entwurf der Empfehlung soll im 1. Quartal 2005 durch die Fachkommission abschließend behandelt werden. Nachfolgend ist beabsichtigt, mit den Verbänden der Einrichtungsträger und den nachgeordneten Brandschutzbehörden in den Dialog über deren Umsetzung in Niedersachsen zu treten. Ziel ist, durch landeseinheitliche Maßstäbe Genehmigungsverfahren für Neu- oder Umbauten von Altenpflegeheimen mit Wohngruppenstruktur zu vereinfachen und landesweit diesbezüglich eine einheitliche Anwendung der Brandschutzbestimmungen zu gewährleisten.

Bei der auf Landes- und auf Bundesebene diskutierten Vielzahl und Differenziertheit von rechtlichen Regelungen und Ausführungs- und Prüfbestimmungen und dem daraus resultierenden Aufwand für die Träger von Diensten und Einrichtungen und die Pflegekräfte handelt es sich überwiegend um sehr komplexe und oft auch verschiedene Zuständigkeiten berührende Sachverhalte.

Messbare Erfolge bei einer solchen komplexen Thematik bedürfen insoweit einer gewissen zeitlichen Dimension, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Interessenlagen der am Pflegeprozess beteiligten Akteure aus verschiedensten Gründen häufig nicht deckungsgleich sind. Der Bundesgesetzgeber hat zudem im SGB XI und SGB V das Verhältnis zwischen den Leistungserbringern und den Leistungsträgern als Vertragsparteien klar im Sinne einer Selbstverwaltung geregelt, in der die Parteien zu partnerschaftlichem Handeln verpflichtet sind. Staatlicherseits bestehen keinerlei rechtliche Einflussmöglichkeiten; die Landesregierung ist auf eine moderierende Rolle beschränkt. Dies gilt auch für Streitfälle. Auf die überwiegende Zahl der von den Verbänden der Leistungserbringer in Niedersachsen vorgebrachten Klagen über verzichtbare oder unnötig aufwendige Vorgaben bei der Umsetzung rechtlicher Bestimmungen trifft dieser Sachverhalt zu.

Die Aktivitäten sind insofern noch nicht abgeschlossen. Der Landesregierung ist aber daran gelegen, dass angedachte Lösungen, sofern sie auf Landesebene umsetzbar sind, zeitnah in der Praxis realisiert werden.

Dies vorausgeschickt, berichtet die Landesregierung zur Ausführung der Landtagsentschließung wie folgt:

Zu 1: Der Auftrag ist erfüllt.

Der niedersächsische Landespflegeausschuss hat in seiner Sitzung am 28.10.2004 einvernehmlich eine Empfehlung zu „Grundprinzipien und Leitlinien der Pflegedokumentation" in Niedersachsen abgegeben. Grundlage dieser Empfehlung bildet eine Ausarbeitung der vom Landespflegeausschuss auf Anregung des MS eingesetzten Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern ambulanter und stationärer Pflegedienste der freien Wohlfahrtspflege und der privaten Leistungsanbieter, der Aus-, Fort- und Weiterbildung in der Pflege, der Heimaufsicht und des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN).

Die Empfehlung zeigt Möglichkeiten auf, die Pflegedokumentation zu vereinfachen und zu straffen, ohne dass diese an Aussagewert verliert. Die Landesregierung sieht darin einen wichtigen Beitrag zum Bürokratieabbau in der Pflege.

Um eine landesweite Information über die Empfehlung und deren nachfolgende Anwendung zu sichern, werden die im Landespflegeausschuss vertretenen Organisationen der Leistungsanbieter und der Kostenträger umgehend für eine Weitergabe an ihre Mitglieder oder nachgeordneten Stellen Sorge tragen und die Anwendung bei den Pflegediensten und in den Pflegeheimen empfehlen.

Der MDKN ist aufgefordert, die Empfehlungen bei seinen Prüfungen der Einrichtungen als Maßstab zugrunde zu legen. Die Geschäftsstelle des Landespflegeausschusses beim MS hat darüber hinaus in Zusammenarbeit mit dem MK die Empfehlung allen Trägern der Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Pflegeberufen übermittelt und um ihre Einbringung in die Lehrpläne gebeten. In Kenntnis gesetzt wurden zudem die im Niedersächsischen Pflegerat zusammengeschlossenen Berufsverbände und berufsständischen Vereinigungen sowie der Landesarbeitskreis und die Leitstelle der „Personalinitiative Pflege". Die Empfehlung wurde unter www.ms.niedersachsen.de (Suchbegriff Landespflegeausschuss) in das Internet eingestellt. Die Mitglieder des Landtagsausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit haben die Empfehlung ebenfalls erhalten.

Zu 2: Die Möglichkeiten zur Verringerung von Verwaltungsaufwand in der Pflegedokumentation durch den verstärkten Einsatz moderner Technologien ist durch das MS in der Arbeitsgruppe Bürokratieabbau in der Pflege eingeführt und mit den Vertreterinnen und Vertretern der Verbände der freien Wohlfahrtspflege und der privaten Einrichtungsträger unter Beteiligung von Praktikern aus der ambulanten und der stationären Pflege ausführlich erörtert worden.

Nach dortiger Auffassung kann danach durch den Einsatz neuer Technologien in der Pflegedokumentation durchaus eine nachhaltige Verringerung des Verwaltungsaufwandes erreicht werden.

Hierzu müssen im Vorfeld jedoch gewisse Rahmenbedingungen geschaffen werden, die allein in der Eigenverantwortung des Einrichtungsträgers und insbesondere der leitenden Pflegefachkräfte liegen. Ebenso wenig wie - fachlich unbestritten - Qualität in der Pflege nicht in Einrichtungen hineingeprüft werden kann, ist auch der Einsatz von DV-gestützten Dokumentationsverfahren nur im Wege interner Motivations- und Fortbildungsprozesse erfolgreich einzuführen und dauerhaft anzuwenden. Die räumliche Möglichkeit zur Verrichtung administrativer Tätigkeiten ist dabei ebenso zu berücksichtigen wie die Qualifikation des Personals, die Sicherstellung des Kommunikationsflusses und die auf den Pflegeprozess ausgerichtete Arbeitsorganisation. Hierbei sind nach den Erfahrungen der Praxis in der ambulanten Pflege andere Maßstäbe anzusetzen als bei der stationären Betreuung. Nicht für alle Dokumentationen erscheint bei gegebenem technischen Standard zudem eine EDV-technische Lösung zweckmäßig, so z. B. für die Abfassung des Pflegeberichtes nach erfolgter pflegerischer Intervention. Als durchaus hilfreich erscheint hingegen der Einsatz von DVgestützten Verfahren im Rahmen der Pflegeprozessplanung, des Controllings und der Leistungsaufzeichnung und -abrechnung.