Zukunft der Jugendwerkstätten

Das Land Niedersachsen fördert nach der Richtlinie über Gewährung von Zuwendungen zu den Ausgaben von Jugendwerkstätten im Rahmen der Jugendsozialarbeit (RdErl. d. MFAS vom 09.05.2001 - 303-51 742/6-) Jugendwerkstätten.

Die Zuwendung zu den Jugendwerkstätten umfasst die persönlichen und sächlichen Ausgaben (80 % Förderung durch das Land), die Pauschale für die Schulpflichterfüllung und die Integrationspauschale. Bei den Pauschalen für Schulpflichterfüllung und der Integrationspauschale muss der Träger mindestens 5 % der Ausgaben aus anderen Finanzierungsmitteln decken.

Nach einer Mitteilung des Niedersächsischen Landesjugendamtes vom 21.12.2004 an die Träger der Jugendwerkstätten sollen die im Rahmen der Zuwendungen vorgesehenen Integrationspauschalen für Teilnehmer/innen nicht mehr gewährt werden, die ab 01.04.2005 in eine Maßnahme der Jugendwerkstatt eintreten und die Arbeitslosengeld II beziehen.

Die Integrationspauschalen sind Ausgaben für die Unterstützung für die einzelnen jungen Menschen, um ihre Integration zu ermöglichen.

In den „Grundsätzen für die Arbeit in Jugendwerkstätten in Niedersachsen" ist unter Punkt 5 - Partizipation - die Verwendung der Integrationspauschale erläutert.

Dort heißt es: „Zum Leitbild der Jugendwerkstätten gehören die Berücksichtigung der Lebensentwürfe und Stärken der einzelnen jungen Menschen und die Förderung der Entwicklung zu Selbstständigkeit und Entscheidungsfähigkeit. Die jungen Menschen werden bei der Entscheidung über Inhalt und Ziel ihrer Qualifizierung beteiligt. Hierzu sind konzeptionelle Festlegungen zu treffen, die den einzelnen jungen Menschen in geeigneter Form im Rahmen der individuellen Förderplanung über den Einsatz und die Verwendung der Integrationspauschalen mitentscheiden lassen. Die Verwendung der Integrationspauschalen zur direkten individuellen Förderung (z. B. Qualifizierungszuschüsse) und von im Rahmen des Projektzusammenhangs aufgewendeten Mitteln oder Anteilen (z. B. Materialaufwendungen, Gruppenangebote) der Integrationspauschalen ist unter Beteiligung des einzelnen jungen Menschen zu entscheiden."

Unter Punkt 6.2 - Marktliche Orientierung - ist die Arbeitsweise der Jugendwerkstatt in der praktischen Qualifizierung umrissen. Dort heißt es: „Die berufspraktische Qualifizierung in den Jugendwerkstätten ist betriebsförmig zu gestalten. Dies erfolgt insbesondere durch qualifizierende Auftragsarbeiten in marktlichen oder marktnahen Zusammenhängen und Arbeitsabläufen mit Betriebscharakter."

Eine Streichung der Integrationspauschale verschlechtert die Finanzlage der Jugendwerkstätten und damit die Qualifizierungsmöglichkeiten durch notwendige Kürzungen beim Materialeinkauf, der Wegfall der Qualifizierungszuschüsse verringert die Motivation der Jugendlichen, an der Maßnahme teilzunehmen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie begründet sie diese Mittelkürzung?

2. Stellt das Land die eingesparten Mittel den Kommunen für die Finanzierung der Integrationspauschalen zur Verfügung?

3. Welche Jugendwerkstätten haben noch keine Finanzierungszusage der zuständigen Stellen für die zukünftige Gewährung der Investitionspauschale?

4. Welche Jugendwerkstätten werden durch die Kürzungen in ihrer Existenz gefährdet?

5. Gelten die Qualifizierungsplätze für ALG II-Bezieher in der Jugendwerkstatt als Arbeitsgelegenheiten nach § 16 SGB II, und können die Jugendlichen, die ALG II bekommen, eine Mehraufwandsentschädigung erhalten?

6. Gelten die von den Jugendwerkstätten erledigten Auftragsarbeiten gemäß den Grundsätzen für die Arbeit in den Jugendwerkstätten als zusätzlich und im öffentlichen Interesse liegend?

Das Land fördert in Niedersachsen 109 Jugendwerkstätten und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und der Jugendberufshilfe. Die Jugendwerkstätten arbeiten auf Grundlage der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zu den Ausgaben von Jugendwerkstätten im Rahmen der Jugendsozialarbeit" und der „Grundsätze für die Arbeit in Jugendwerkstätten in Niedersachsen" (Nds. MBl. S. 448 Nr. 21/2001 und S. 649 Nr. 28/2001). Das Förderprogramm hat gem. § 13 SGB VIII zum Ziel, sozial benachteiligten und individuell beeinträchtigten jungen Menschen durch berufliche und soziale Qualifizierungsangebote eine Integration in Ausbildung und Beruf zu ermöglichen.

Die Jugendwerkstätten werden durch Zuwendungen zu den Ausgaben für Personalkosten (sozialpädagogische Fachkräfte und berufspädagogische Anleiterinnen bzw. Anleiter) im Jahr 2005 mit in der Regel bis zu 138 000 Euro gefördert. Dafür werden im Haushaltsjahr 2005 insgesamt rund 14 Mio. Euro (Landes- und ESF-Mittel) eingesetzt. Diese „Strukturförderung" der Jugendwerkstätten ist durch Bescheid für die gesamte Dauer der ESF-Förderperiode bis 2006 bewilligt.

Darüber hinaus können zusätzlich Zuwendungen in Höhe von 820 Euro pro Teilnehmerin Teilnehmer gewährt werden, um ihre Integration zu unterstützen (Integrationspauschalen für z. B. Qualifizierungszuschüsse, Fahrtkosten, Materialkosten, Miete, Leasing etc.). Diese Zuwendung wird jeweils jährlich auf Antrag gewährt. Im Jahr 2004 sind Integrationspauschalen in Höhe von insgesamt 2,75 Mio. Euro bewilligt worden.

Mit dem In-Kraft-Treten des SGB II und der damit verbundenen geänderten Aufgabenerledigung ist eine Anpassung der Förderung der Jugendwerkstätten vorgenommen worden, da ab 01.01. die Träger von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II die Bundesagentur für Arbeit oder die zugelassenen kommunalen Träger sind. Dieser Personengruppe sind etwa die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Jugendwerkstätten zuzuordnen.

Zur Anpassung an die Regelungen des SGB II ist daher die Änderung vorgenommen worden, dass im Rahmen der Landesförderung die Integrationspauschalen nicht mehr für solche jungen Men schen gewährt werden können, die einen vorrangigen Anspruch auf diese Integrationsleistungen nach dem SGB II haben.

Den Jugendwerkstätten ist eine Übergangsphase von drei Monaten eingeräumt worden, in der insbesondere mit den Arbeitsgemeinschaften bzw. den zugelassenen kommunalen Trägern über die Durchführung von Maßnahmen für SGB II-Berechtigte verhandelt werden kann. Für Jugendliche, die nicht zu diesem Personenkreis gehören, werden weiterhin die Integrationspauschalen gewährt.

Mit dieser Änderung wird aber auch der Vorschrift nach § 5 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum SGB II Folge geleistet, wonach das Land verpflichtet ist, Einsparungen an die Kommunen weiterzugeben, die aus der geänderten Aufgabenzuordnung im Bereich der Eingliederungsleistungen tatsächlich entstehen.

Zur Neuorientierung und Erweiterung des Hilfeangebotes sind die Jugendwerkstätten Anfang des Jahres informiert worden, dass auf der Grundlage der Jugendwerkstätten-Richtlinie in den Jahren 2005 und 2006 innovative Vorhaben gefördert werden. Die neuen Schwerpunkte sollen vor allen auf Angebote zur Zusammenarbeit mit Schulen, zur stärkeren Marktorientierung sowie zur Verbesserung der beruflichen Eingliederung von Migrantinnen und Migranten ausgerichtet werden.

Die Zuwendung beträgt für 2005 und 2006 maximal 25 000 Euro pro Jahr und Jugendwerkstatt.

Um das Jugendhilfeangebot der Jugendwerkstätten in Niedersachsen uneingeschränkt weiterzufördern, ist eine ergänzende Regelung getroffen worden, nach der die Integrationszuschüsse sowie Zuwendungen für innovative Maßnahmen für SGB II-Leistungsberechtigte dann gewährt werden können, wenn es sich um originäre Maßnahmen der Jugendberufshilfe im Sinne des SGB VIII handelt und diese Leistungen nach dem SGB II nicht gefördert werden können.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Das Land nimmt insgesamt keine Mittelkürzung bei der Förderung der Jugendwerkstätten vor, im Gegenteil, das Finanzvolumen wird im Haushaltsjahr 2005 aufgestockt. Durch die Erhöhung der Pauschalen für innovative Maßnahmen von 15 000 auf 25 000 Euro sowie die Förderung von zusätzlich 200 Teilnahmeplätzen zur Schulpflichterfüllung mit einer Pauschale von jeweils 5 400 Euro werden zusätzliche Mittel in Höhe von rund 2 Mio. Euro zur Verfügung gestellt.

Integrationspauschalen werden weiterhin gewährt, mit Ausnahme für solche Eingliederungsleistungen, für die ein Leistungsvorrang nach dem SGB II besteht. Bieten Jugendwerkstätten originäre Jugendhilfeangebote im Rahmen des SGB VIII an, die durch das SGB II nicht gefördert werden, können Integrationspauschalen auch weiterhin für SGB II-Leistungsberechtigte gewährt werden.

Zu 2: Der Vorschrift von § 5 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum SGB II wird Folge geleistet. Einsparungen, die sich aus der veränderten Ausgabenzuordnung tatsächlich ergeben, werden den niedersächsischen Kommunen zur Verfügung gestellt.

Zu 3: „Investitionspauschalen" werden im Rahmen des Jugendwerkstätten-Programms nicht gewährt.

Sollten im Text der Kleinen Anfrage die „Integrationspauschalen" gemeint sein, ist festzustellen, dass Finanzierungszusagen für Maßnahmen, die ab 01.04.2005 von den geänderten Finanzierungsmodalitäten betroffen sind, noch nicht erteilt werden konnten.

Die Jugendwerkstätten sind von der Bewilligungsbehörde aufgefordert worden, bis zum 01.03. neue Finanzierungspläne vorzulegen, aus denen die künftige Maßnahmefinanzierung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer hervorgeht.

Nach Vorliegen der Anträge auf Integrationspauschalen einschließlich der entsprechenden Finanzierungspläne können die Zuwendungen bewilligt werden.

Laufende Maßnahmen sowie Eintritte in Maßnahmen bis zum 31.03.2005 sind von der neuen Regelung nicht betroffen.

Zu 4: Mitteilungen von Jugendwerkstätten, die durch die Änderung bei der Förderung von Integrationspauschalen in existenzielle Schwierigkeiten geraten werden, liegen nicht vor.

Zu 5: Jugendwerkstätten können im Auftrage der Leistungsträger des SGB II Arbeitsgelegenheiten gemäß § 16 Abs. 3 SGB II durchführen, um durch berufliche und soziale Qualifizierung benachteiligte junge Menschen beim Übergang in Ausbildung und Beruf zu unterstützen. Grundsätzlich gilt, dass die Arbeitsgelegenheiten für diese Zielgruppe integrierte Qualifizierungsanteile enthalten sollen.

Die Mehraufwandsentschädigungen sowie Qualifizierungskosten der Arbeitsgelegenheiten sind Eingliederungsleistungen nach dem SGB II.

Zu 6: Träger von Jugendwerkstätten sind freie und öffentliche Träger der Jugendhilfe gem. §§ 69 und 75 SGB VIII. Sie arbeiten grundsätzlich gemeinnützig. Dem entsprechend sind auch die unter Punkt der „Grundsätze für die Arbeit in Jugendwerkstätten in Niedersachsen" aufgeführten Arbeitsaufträge zuzuordnen. Danach dienen Einnahmen, die im Rahmen von Arbeitsaufträgen erzielt werden, der Gesamtfinanzierung der Jugendwerkstatt und sind keine Gewinne.

Die Arbeiten einer Jugendwerkstatt sind gem. der Definition von § 261 Abs. 2 und 3 SGB III zusätzlich und im öffentlichen Interesse, da es weder rechtliche Verpflichtungen zur Durchführung der Arbeiten gibt, noch erwerbswirtschaftliche Interessen vorherrschen.