Flugroutenverlegung

Im Zuge der Erstellung eines Lärmgutachtens zum Nachtflugverkehr am Flughafen HannoverLangenhagen wurde bekannt, dass sich die Abflugrouten in Ost- und Westrichtung ca. 1997 geändert haben, ohne dass hierzu das MW als Aufsichtsbehörde, die Fluglärmkommission oder die Gemeinden angehört bzw. benachrichtigt wurden. Bis Herbst 2004 wurden sogar vom Flughafen und von der Flugsicherung (DFS) Änderungen bestritten! Für viele Anwohner hat sich durch diese Maßnahme die Lärmbelastung erheblich erhöht.

Da das MW die flugrechtliche Aufsichtsbehörde ist, frage ich die Landesregierung:

1. Wann wurden die Flugrouten geändert?

2. Welche Institutionen wurden informiert?

3. Warum wurden die Fluglärmkommission und das MW übergangen?

4. Wie erfolgte der Abwägungsprozess hinsichtlich der Interessen der Anwohner?

5. Welche Argumentation hat zur Verlegung der Flugrouten über bewohnte Gebiete geführt?

6. Wann und wo wurde die Änderung veröffentlicht?

7. Wie ist der „normale Weg" einer Flugroutenänderung?

8. Wie ist der rechtliche Staus der erfolgten Änderung?

In der Sitzung der Kommission zum Schutz gegen Fluglärm und gegen Luftverunreinigungen durch Luftfahrzeuge für den Flughafen Hannover-Langenhagen (Fluglärmschutzkommission) am 31.08.2004 wurde anlässlich eines Beitrags der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) festgestellt, dass die im Lärmgutachten für die neue Nachtflugregelung für den Verkehrsflughafen HannoverLangenhagen zugrunde gelegten Abflugrouten in Teilen von den seitens der DFS dargestellten Abflugrouten abweichen. Vom Gutachter wurden daraufhin in Zusammenarbeit mit der DFS sämtliche An- und Abflugrouten überprüft und die Berechnungen erneut durchgeführt. Die „alten" und „neuen" An- und Abflugstrecken sind im Flugstreckenplan (Anhang A) des Lärmgutachtens vom 08.10. dargestellt.

Die in Anhang A des Gutachtens erkennbaren Abweichungen sind nur teilweise auf von der DFS vorgenommene Änderungen zurückzuführen. Diese werden im Einzelnen unten gesondert behandelt. Im Übrigen sind die Abweichungen dadurch bedingt, dass die Beschreibung der Abflugstrecken bei der Erstellung des Lärmgutachtens auf der Grundlage des „Datenerfassungssystems für die Ermittlung von Lärmschutzbereichen an zivilen Flugplätzen nach dem Gesetz zum Schutz ge gen den Fluglärm vom 30.03.1971 (DES)" erfolgte. Im DES werden die Flugstrecken nach bestimmten Vorgaben geometrisch-mathematisch beschrieben. Eine 100%ige Deckung mit der von der DFS angewandten Beschreibung, die auf Basis der einschlägigen, international gültigen Bestimmungen der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) erfolgt, wurde so nicht erreicht.

Diese Problematik konnte im abschließenden Lärmgutachten behoben werden, da die DFS seit kurzer Zeit über eine spezielle Software verfügt, die es erlaubt, die so genannte „Verfahrensplanung", d. h. die regelkonforme Festlegung von Standard-Abflugstrecken der Verkehrsflughäfen, in CAD-gestützter, digitaler Form und in Projektion auf topografische Karten vorzunehmen. So konnten die nunmehr bei der DFS vollständig in digitaler Form vorliegenden Streckenbeschreibungen in ihrer exakten topografischen Lage vom Gutachter übernommen und dargestellt werden. Somit ergaben sich im Flugstreckenplan (Anhang A) offensichtliche Abweichungen der aktuellen, tatsächlichen Abflugstrecken von den bisher im DES beschriebenen Strecken, denen aber keine tatsächlichen Änderungen der Flugstrecken zugrunde liegen.

Die DFS wurde auf Grundlage des § 31 b Luftverkehrsgesetz (LuftVG) vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen mit der Wahrnehmung der in § 27 c LuftVG genannten Aufgaben beauftragt, d. h. die DFS ist mit der hoheitlichen Aufgabe beliehen, die sichere, geordnete und flüssige Abwicklung des Luftverkehrs durchzuführen. Dabei unterliegt sie nicht der Aufsicht der Luftfahrtbehörden der Länder. Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (MW) ist also nicht Aufsichtsbehörde über die DFS und ist auch nicht mit den Regelungen und Verfahren zur Verkehrslenkung befasst. Die nachfolgenden Ausführungen zu den einzelnen Fragen basieren daher auf Angaben der DFS.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: In Richtung Osten erfolgte die letzte Änderung einer Abflugstrecke im Nahbereich des Flughafens durch die DFS zum 05.01.1995 (Änderung a).

Die letzten Änderungen der Abflugstrecken in Richtung Westen durch die DFS erfolgten zum 05.01.1995 (zwei Strecken, Änderungen b und c, zum 19.06.1997 (Änderung d) und zum 30.11.2000 (Änderung e).

Zu 2 und 3: Über die Änderungen a, b und c wurde die Fluglärmschutzkommission in ihrer Sitzung am 04.10.1994 informiert.

Über die Änderung d wurde die Fluglärmschutzkommission nicht informiert, da es sich um eine rein verfahrenstechnische Änderung aufgrund von ICAO-Vorgaben handelte, die für die eigentliche Streckenführung nicht von Bedeutung war und somit auch keine Auswirkungen auf die Lärmverteilung hatte.

Die Änderung e, die die nach Westen in Richtung Osnabrück führende Abflugstrecke von der Nordbahn betraf, war durch die Einführung von GPS/FSM R/NAV-Verfahren (Satelliten gestützte Navigation) bedingt und hatte eine Verschiebung des Drehpunktes um 1,3 nautische Meilen nach Osten zur Folge. Da sich die Verschiebung innerhalb der Abflugbereiche der beiden Parallelbahnen bewegte, waren Auswirkungen auf die Lärmverteilung nicht erkennbar, so dass eine Beteiligung der Fluglärmschutzkommission nicht erfolgte.

MW war nur über die Teilnahme an den Sitzungen der Fluglärmschutzkommission informiert. Eine gesonderte Beteiligung des MW als Genehmigungsbehörde des Flughafens bei der Festlegung von Flugverfahren sehen das LuftVG und die auf dessen Grundlage ergangenen Verordnungen nicht vor.

Zu 4: Sofern Interessen der Anwohner betroffen waren, erfolgte der Abwägungsprozess bei der DFS und in der Fluglärmschutzkommission.

Zu 5: Die Änderung b erfolgte mit Zustimmung der Fluglärmschutzkommission zur Entlastung der Gemeinde Resse. Bei der Änderung c handelte es sich um eine als Folge der innerdeutschen Grenzführung eingerichtete neue Streckenführung die südwestlich an Hannover vorbei zum Funkfeuer Leine (DLE) führt. Diese neue Streckenführung wurde nach langer und intensiver Erörterung in der Fluglärmschutzkommission festgelegt. Die Änderungen a und d hatten keine Änderung der tatsächlichen Streckenführung zur Folge. Die Änderung e war erforderlich, um der Einführung der Satelliten gestützten Navigationsverfahren Rechnung zu tragen. Diese Verschiebung führte aber nicht zu einer zusätzlichen Belastung bewohnter Gebiete, da sie sich innerhalb der Abflugbereiche der beiden Parallelbahnen bewegte. Dies wird auch durch die Flugspuraufzeichnungen der DFS bestätigt.

Zu 6: Die Änderungen wurden im Januar 1995, Juni 1997 und Oktober 2000 jeweils in den „Nachrichten für Luftfahrer" und im „Luftfahrthandbuch Deutschland" veröffentlicht.

Zu 7: Flugstrecken werden von der DFS unter Beachtung international festgeschriebener Standards erarbeitet und durch das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) als Rechtsverordnung veröffentlicht. Bei der Festlegung bzw. Änderung von An- und Abflugstrecken im Nahbereich von Verkehrsflughäfen wird auf der Grundlage von § 32 b LuftVG die örtliche Fluglärmschutzkommission beteiligt. Die Kommission wird über geplante Änderungen unterrichtet, sofern diese lärmrelevant sind. Sie selbst kann Vorschläge machen.

Zu 8: Die Luftfahrzeugführer haben die vom LBA durch Rechtsverordnung festgelegten Flugverfahren zu befolgen, sofern die zuständige Flugverkehrskontrollstelle keine abweichende Flugverkehrskontrollfreigabe erteilt.