Großzügige Gewährung von Sonderurlaub für Lehrkräfte

Die Gewährung von Sonderurlaub für Lehrkräfte führte an einigen Schulen zu erheblichen Unterrichtsausfällen und beruhte teilweise auf einer Genehmigungspraxis, die den rechtlichen Vorgaben nicht entsprach.

Sonderurlaub für Zwecke der Fortbildung sollte nur gewährt werden, wenn kein Unterricht ausfällt.

Der Landesrechnungshof schlägt vor, die Niedersächsische Sonderurlaubsverordnung dahingehend zu ändern, dass Lehrkräfte für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen außerschulischer Träger Sonderurlaub nur noch beantragen können, wenn Vertretungskräfte verfügbar sind und kein Unterricht ausfällt.

Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen hält es im Interesse der Unterrichtsversorgung und angesichts der haushaltswirtschaftlichen Notwendigkeit, Personalressourcen wirtschaftlich einzusetzen, nicht für vertretbar, Lehrkräften während der Unterrichtszeit Sonderurlaub zur Teilnahme an Aus- und Fortbildungsmaßnahmen außerschulischer Träger zu gewähren.

Der Ausschuss erwartet vom Kultusministerium, den Vorschlag des Landesrechnungshofs, die Niedersächsische Sonderurlaubsverordnung dahingehend zu ändern, dass Lehrkräfte für Aus- und Fortbildungsveranstaltungen außerschulischer Träger keinen Sonderurlaub mehr beantragen können, in Abstimmung mit dem Ministerium für Inneres und Sport zu prüfen und hierüber bis zum 31.03.2005 zu berichten.

Bereits nach der aktuellen Regelung des § 2 Nr. 1 der Niedersächsische Sonderurlaubsverordnung (Nds. SUrlVO) kann Urlaub für die Teilnahme an beruflichen Aus- und Fortbildungsveranstaltungen lediglich erteilt werden, wenn die Teilnahme für die dienstliche Tätigkeit von Nutzen ist und dienstliche Gründe nicht entgegenstehen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die erste Voraussetzung vorliegt, d. h. ob eine Veranstaltung für die dienstliche Tätigkeit von Nutzen ist, ist darauf abzustellen, ob sie der konkreten dienstlichen Tätigkeit der Beamtin oder des Beamten förderlich ist bzw. die gewonnenen Erkenntnisse für die Ausübung der Dienstgeschäfte hilfreich sind.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass diverse internationale Vergleichsstudien, wie PISA, deutlich gemacht haben, dass deutsche Schulen erhebliche qualitative Anstrengungen unternehmen müssen, um die Qualität des Unterrichts und damit die Leistungen der Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Dazu ist es unter anderem erforderlich, den Schulen ein funktionales Unterstützungssystem an die Hand zu geben, wobei die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte ein wesentliches Element dieses Systems darstellt.

Aus fachlicher Sicht ist es weiterhin notwendig, dass Schulen auch Angebote externer Anbieter in Anspruch nehmen können, weil allein die Angebote dienstlicher Fortbildung innerschulischer Träger oder des Landes die für die Entwicklung der Schulen notwendigen Themen nicht abzudecken ver(Ausgegeben am) mögen. Ein alle möglichen Nachfragen befriedigendes Angebot der dienstlichen Fortbildung kann nicht gewährleistet werden und wird auch in Zukunft nicht gewährleistet werden können. Zwar werden bereits viele Veranstaltungen der dienstlichen Fortbildung in Kooperation mit Universitäten, Unternehmen, Verbänden und anderen externen Anbietern entwickelt und durchgeführt (und damit in die dienstliche Fortbildung integriert), jedoch ist dieses Verfahren vor dem Hintergrund der Schulverwaltungsreform und vor allem aufgrund stark eingeschränkter Haushaltsmittel sowie eng bemessener Personalressourcen nicht auszuweiten.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass, sofern die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung zu Unterrichtsausfällen führt bzw. die Unterrichtsversorgung nicht adäquat gewährleistet ist, auch nach der bestehenden Regelung Sonderurlaub nicht gewährt werden darf, da in einem solchen Fall dienstliche Gründe entgegenstehen. Es ist also stets zu prüfen, ob die Erfordernisse des Dienstes im Einzelfall als vorrangig anzusehen sind. Das Abstellen auf diese Tatbestandsvoraussetzung ist ein geeignetes und bewährtes Mittel, um die ordnungsgemäße Erledigung der Dienstgeschäfte zu gewährleisten und um mit dem auch Lehrkräften zustehenden Anspruch auf Sonderurlaub unter Berücksichtigung der Belange der Unterrichtsversorgung verantwortungsbewusst umzugehen.

Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist darüber hinaus eine Abwägung vorzunehmen, ob das Interesse des Dienstherrn an einer reibungslosen Erfüllung der Aufgaben hinter dem Interesse der Beschäftigten an einer Beurlaubung zurückstehen kann.

Zudem wird keine Notwendigkeit gesehen, eine Sonderregelung für den Lehrerbereich einzuführen.

Der Anwendungsbereich der Nds. SUrlVO umfasst nach deren § 1 Beamtinnen und Beamte im Sinne des § 1 Niedersächsisches Beamtengesetz. Eine einseitige Einschränkung der Tatbestandvoraussetzungen für die Teilnahme an Aus- und Fortbildungsveranstaltungen und Änderung der Nds. SUrlVO allein für den Lehrerbereich erscheint im Hinblick auf die Gesetzessystematik nicht geboten und insoweit auch nicht sachgerecht.

Vielmehr ist im Rahmen der Umsetzung und Anwendung der Norm darauf hinzuwirken, dass die für die Genehmigung des Sonderurlaubs zuständigen Dienststellen eindringlich auf die gewissenhafte und pflichtbewusste Prüfung der Sonderurlaubsanträge unter Berücksichtigung der Belange der Unterrichtsversorgung hingewiesen werden - ggf. durch Aufnahme entsprechender ausdrücklicher Hinweise für den Lehrerbereich in die noch zu erlassenden Durchführungsvorschriften zur Nds. SUrlVO -.

Auch unter Beibehaltung der zurzeit geltenden Nds. SUrlVO kann sichergestellt werden, dass die Teilnahme von Lehrkräften an Fortbildungsveranstaltungen externer Anbieter während der Unterrichtszeit dem wirtschaftlichen Einsatz von Ressourcen entspricht. Dabei ist abzuwägen zwischen Steigerung der Unterrichtsqualität nach Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme und einem möglichen Unterrichtsausfall.

In der Zukunft wird es erforderlich sein, dass Schulen ein Fortbildungsbudget erhalten und ein eigenes Fortbildungskonzept entwickeln, das an den Schwerpunkten des Schulprogramms, den besonderen Belangen der einzelnen Mitglieder der Schulgemeinschaft und der gesamten Organisation auszurichten sein wird. Die Schulen werden diese Konzepte kontinuierlich qualitätsorientiert zu überprüfen, fortzuschreiben und zu verbessern haben.

Es ist davon auszugehen, dass nach Einführung entsprechender Regelungen Anträge auf Gewährung von Sonderurlaub zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen aus dem systemischen Blickwinkel der Schule gestellt, beurteilt, beschieden werden und nicht individuelle Nutzen im Vordergrund stehen werden.

Durch derartige Umstellungen wird der wirtschaftliche Einsatz von Lehrerstunden sichergestellt werden. Seit 2004 erhalten die öffentlichen allgemein bildenden Schulen, mit Ausnahme der Schulen, die am Modellversuch Personalkostenbudgetierung teilnehmen, Landeshaushaltsmittel für die Durchführung der schulinternen Lehrerfortbildung (SchiLF) als Budget zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung im Rahmen der geltenden Vorschriften zu ihrer Verfügung. Es ist beabsichtigt, ebenfalls die Mittel für regionale Fortbildung den Schulen zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zu überlassen.