Für eine strukturelle Binnenreform der Justiz - Richteraufgaben in Betreuungsangelegenheiten auf den Rechtspfleger übertragen

I. Der Landtag fordert die Landesregierung auf, durch Rechtsverordnung in Anwendung der in § 19 Rechtspflegergesetz vom Bundestag geschaffenen Öffnungsklausel folgende vom Richter wahrzunehmende Geschäfte den Rechtspflegern zu übertragen:

1. Auswahl und Bestellung des Betreuers- auch in Verbindung mit § 1908 a BGB- sowie die damit verbundenen Entscheidungen nach §§ 1897 bis 1900 BGB,

2. Entscheidungen nach § 1908 b BGB (Entlassung des Betreuers),

3. Entscheidungen nach § 1908 c BGB (Bestellung eines neuen Betreuers).

II. Der Landtag fordert die Landesregierung ferner auf,

1. Die Bevölkerung verstärkt auf die Nutzung der Vorsorgevollmachten hinzuweisen,

2. angesichts der Verlängerung der Überprüfungsfrist von fünf auf sieben Jahre die Möglichkeiten zeitlich befristeter vorläufiger Betreuungen zu stärken,

3. soweit sich aus der Zuständigkeitsänderung bei der Übertragung der in obiger Ziffer I. genannten Aufgaben die Notwendigkeit weiterer verfahrensrechtlicher Regelungen ergibt, nach § 200 FGG landesrechtliche Ausführungsbestimmungen zu erlassen.

Begründung:

Der Bundestag hat am 18.02.2005 nach intensiver Beratung das zweite Betreuungsänderungsgesetz beschlossen. Das Gesetz tritt mit allen Regelungen zum 01.07.2005 in Kraft. Ein wesentlicher Bestandteil des Gesetzes ist die Stärkung der Vorsorgevollmachten und deren Verbreitung zur Vermeidung von Betreuungen. Abstand genommen worden ist hingegen von der vom Bundesrat vorgeschlagenen Regelung einer gesetzlichen Vertretungsmacht von Angehörigen in der Vermögens- und Gesundheitssorge wegen nicht auszuschließender Missbrauchsgefahr, jedoch auch deshalb, weil die Möglichkeit, eigenverantwortlich Vorsorge zu treffen, durch die gesetzliche Vertretungsmacht konterkariert und geschwächt worden wäre. Auf die Möglichkeit der Vorsorgevollmacht sollte daher von Seiten der Landesregierung zukünftig noch stärker hingewiesen werden.

Über die Öffnungsklausel des § 19 RPflG werden die Landesjustizverwaltungen ermächtigt, die bisher dem Richter zugewiesene Auswahl, Bestellung und ggf. Entlassung des Betreuers auf den Rechtspfleger zu übertragen. Einer der Gründe dafür ist, dass der Rechtspfleger durch seine die Betreuung begleitende Tätigkeit die Eignung der Betreuer besser zu beurteilen und zu kontrollieren vermag. Nicht von der Öffnungsklausel erfasst werden die auch weiterhin dem Richter zugewiesenen Grundentscheidungen über die Anordnung der Betreuung, die Festsetzung und Erweiterung der Aufgabenkreise, die Verlängerung und Aufhebung der Betreuung.

Die Überprüfungsfrist ist von fünf auf sieben Jahre verlängert worden. In vielen Fällen wird dadurch der Verfahrensaufwand erheblich verringert. Angesichts dieser verlängerten Frist sollte aber möglichst oft von der Möglichkeit vorläufiger Betreuungen Gebrauch gemacht werden. Sie ist in einer großen Anzahl von Verfahren ein geeigneter Weg, Betreuungen auf den gleichzeitig notwendigen und kürzest möglichen Zeitraum zu begrenzen.

§ 19 Absatz 3 RPflG sieht zur Vermeidung von Regelungslücken bzgl. der Grundentscheidungen der Richter die Anwendung der §§ 65 ff. FGG vor. Sollten gleichwohl noch zusätzliche Regelungen notwendig werden, sind gemäß § 200 FGG landesrechtliche Ausführungsbestimmungen möglich.