Nicht veranschlagungsreife LKH-Erlöse führen zur Verfassungswidrigkeit des Haushaltsplanentwurfs

Der Landtag stellt fest, dass der vorliegende Haushaltsplanentwurf 2006 (Drs. 15/2111) nicht beratungsfähig ist, da er aufgrund der fehlenden Veranschlagungsreife der LKH-Verkaufserlöse in Einnahmen und Ausgaben nicht ausgeglichen ist und somit gegen die Grundsätze des Haushaltsausgleichs und der Haushaltswahrheit verstößt. Im zuständigen Fachausschuss hat auch die Sozialministerin die Veranschlagung des Komplexes LKH für nicht etatreif gehalten.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf, unverzüglich, spätestens aber bis zum 19.10.2005, eine Ergänzungsvorlage oder eine Korrektur zum Haushaltsplanentwurf 2006 einzubringen, der die nicht veranschlagungsreifen Einnahmen aus dem Verkauf der Landeskrankenhäuser durch reale Einnahmen ersetzt.

Begründung:

Der Haushaltsplanentwurf 2006 der Landesregierung verstößt gegen Artikel 65 Abs. 1 Satz 2 NV, da er in Einnahmen und Ausgaben nicht ausgeglichen ist. Der Einnahmetitel 133 11-8 im Kapitel 13 20 „Erlöse aus dem Verkauf von Aktien, Geschäftsanteilen usw. und aus der Liquidation von Unternehmen" ist nicht hinreichend belegt, da die darin enthaltenen Einnahmen aus dem Verkauf der Niedersächsischen Landeskrankenhäuser noch nicht veranschlagungsreif sind. Dementsprechend besteht im Haushaltsplanentwurf 2006 eine Unterdeckung von ca. 100 Mio. Euro.

Entgegen früheren Ankündigungen geht die Landesregierung offenbar nicht mehr davon aus, die Niedersächsischen Landeskrankenhäuser an einen Bieter verkaufen zu können. Die Sozialministerin hat am 16.09.2005 im Plenum ausgeführt, dass der Verkauf aus kartellrechtlichen Gründen an mindestens zwei Träger erfolgen muss. Auch eine höhere Zahl von Trägern sei nicht ausgeschlossen, sagte die Ministerin. Es ist daher davon auszugehen, dass der Verkaufserlös nun geringer sein wird, als im Fall eines En-bloc-Verkaufs.

Dem geplanten Verkauf könnten auch rechtliche Einwände entgegenstehen. Es gebe durchaus unterschiedliche juristische Beurteilungen der Frage, ob der Maßregelvollzug überhaupt auf ein privates Unternehmen übertragbar ist, sagte die Ministerin ebenfalls im Plenum.

Bisher ist die Landesregierung aber davon ausgegangen, dass auch der Maßregelvollzug auf einen privaten Träger zu übertragen ist, so Nr. 3 d der Anlage „Beschlüsse der niedersächsischen Landesregierung in ihrer Haushaltsklausurtagung am 04. 05.07.2005 in Hildesheim" zur Presseinformation vom 05.07.2005 der Staatskanzlei.

Die Landesregierung trägt sich also gegenwärtig selbst mit verfassungsrechtlichen Zweifeln an ihrem Plan der Veräußerung der Landeskrankenhäuser.

Der Artikel 65 Abs. 1 Satz 1 NV beinhaltet den Grundsatz zur Haushaltswahrheit. Die Haushaltswahrheit ist jedoch nur gegeben, wenn ausschließlich Einnahmen in den Haushaltsplanentwurf ein gestellt werden, die voraussichtlich auch tatsächlich erzielt werden können. Im Fall der Landeskrankenhäuser ist es aber aus juristischer, wie aus wirtschaftlicher Sicht völlig offen, ob ein Verkauf erfolgen kann. Damit ist ebenso offen, ob und in welcher Höhe Verkaufserlöse erzielt werden können.

Die Landesregierung verstößt damit erneut gegen den Grundsatz der Haushaltswahrheit. Auch im Fall des im Haushaltsplan 2004 abgebildeten Verkaufs der Domänen sind Einnahmen in den Haushalt eingestellt worden, die in 2004 nicht geflossen sind. Ein Einnahmerest wurde nicht gebildet. Ein geschlossener Verkauf an die Klosterkammer hat sich zerschlagen; der etatisierte Kaufpreis von 152 Mio. Euro hat sich als unrealistisch erwiesen. Die Landesregierung erwartet die für 2004 eingestellten Verkaufserlöse nach der aktuellen Mipla nun anteilig bis zum Jahr 2009.

Auch beim Verkauf der Spielbanken Niedersachsen GmbH durch die Hannoversche Beteiligungsgesellschaft konnte der anvisierte Kaufpreis nicht erzielt werden. Statt der etatisierten Einnahmen von 100 Mio. Euro konnte das Land nur einen Verkaufserlös in Höhe von 90,6 Mio. Euro erzielen.

Es ist daher an der Landesregierung, den Haushaltsplanentwurf zu korrigieren oder gemäß § 32 LHO eine Ergänzungsvorlage einzubringen. Der Verstoß des gegenwärtigen Haushaltsplanentwurfs gegen das Gebot der Haushaltswahrheit kann nicht durch einen Änderungsantrag der Regierungskoalition geheilt werden, da die Landesregierung eine Initiativpflicht innehat, einen ordnungsgemäßen Haushaltsplanentwurf einzubringen, der in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen ist.

Bereits in der Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen vom 21.09.2005 ist die Landesregierung durch die SPD-Fraktion aufgefordert worden, umgehend eine Ergänzungsvorlage in den Landtag einzubringen. Dieser Antrag ist jedoch mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt worden.