Alternativen zum „Sonderopfer" für das Studentenwerk Clausthal?

Mit Beschluss des Landtages vom 22.01.2003 ist die Landesregierung u. a. aufgefordert worden, die bisher vom Studentenwerk Clausthal wahrgenommenen Aufgaben einem benachbarten Studentenwerk zu übertragen. Zuvor hatte der Landesrechnungshof im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung 2000 festgestellt, dass die Vorhaltung eines eigenständigen Studentenwerks am Standort Clausthal wegen der geringen Anzahl der von ihm zu betreuenden Studierenden unwirtschaftlich ist.

Die Landesregierung unterrichtete den Landtag am 03.03.2005 über den Stand der Angelegenheit.

Die durch das MWK eingesetzte Projektgruppe „Umstrukturierung und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der niedersächsischen Studentenwerke", besetzt mit Vertretern der Hochschulen, der Studentenwerke, des LRH sowie der Landesastenkonferenz, hatte danach als grundsätzliche Möglichkeiten einer Steigerung der Wirtschaftlichkeit die Fusion mit dem Studentenwerk Braunschweig, die Integration in das Studentenwerk Göttingen oder Integration in die Universität Clausthal erörtert.

Wegen der Komplexität der Materie und wegen der Höhe des sich abzeichnenden Investitionsbedarfs in Clausthal, für den das Studentenwerk keine Rücklagen gebildet hat, konnte noch kein Ergebnis vorgelegt werden. Die Erörterungen sollten weiter fortgeführt werden.

Anfang August 2005 ist innerhalb des Wissenschaftsministeriums offenkundig entschieden worden, eine „Studentenwerkslösung" nicht weiterzuverfolgen, sondern die Aufgaben des Studentenwerks Clausthal auf die TU Clausthal zu übertragen. Dies ist den Studentenwerken Anfang November 2005 mitgeteilt worden.

Im Rahmen einer Dienstbesprechung am 02.02.2006 wurden die Studentenwerke dann durch das Wissenschaftsministerium darüber informiert, dass beabsichtigt sei, das Studentenwerk Clausthal zum 01.01.2009 aufzulösen und die Aufgaben auf die TU Clausthal zu übertragen. Durch die dadurch entstehenden Synergieeffekte könne die Finanzhilfe für Clausthal von 950 000 Euro im Jahr 2007 auf 400 000 Euro im Jahr 2011 verringert werden.

Das MWK erwarte für die Brandschutzmaßnahmen in Clausthal von den Studentenwerken einen Solidarbeitrag von 1 Mio. Euro pro Jahr für die Dauer von fünf Jahren, die aus dem Studentenwerkshaushaltsansatz vorab aufgebracht werden sollen. Der seit 2002 von 17,2 Mio. Euro auf heute 14 Mio. Euro gekürzte Haushaltsansatz für Finanzhilfe würde sich damit auf 13 Mio. Euro verringern.

Verschärft wird die Situation weiter dadurch, dass vonseiten des MWK offenkundig die Absicht besteht, die bisherigen Finanzhilfeparameter zu verändern, was hinsichtlich der Verteilung der Belastungen für das Sonderopfer Clausthal unter den Studentenwerken zu einseitigen Be- bzw. Entlastungen führen würde.

Die Geschäftsführer der Studentenwerke Braunschweig und Clausthal hatten dem MWK gegenüber bereits im Februar 2004 die Synergieeffekte und Einsparpotenziale im Fall einer Zusammenführung der beiden Studentenwerke dargestellt und nachgewiesen, dass die in Clausthal notwendigen Sanierungsmaßnahmen damit ohne weitere Belastungen des Landeshaushalts bewältigt werden könnten. Geschäftsführung und Vorstand des Studentenwerks Braunschweig haben dies Anfang des Jahres 2006 nochmals bekräftigt und darauf hingewiesen, dass vonseiten des MWK für die Behauptung, die Größe eines vereinigten Studentenwerks Braunschweig/Clausthal würde zur „Unregierbarkeit" führen, keinerlei Begründungen genannt wurden und diese auch nicht nachvollziehbar seien.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Falls das MWK die Übertragung der Aufgaben des Studentenwerks auf die TU Clausthal als wichtigen Baustein zur Stärkung des Standortes Clausthal ansieht: Warum werden die notwendigen Baumaßnahmen nicht zusätzlich aus dem Landeshaushalt finanziert, und welche Begründung gibt es, die anderen Studentenwerke über ein „Sonderopfer" an der Finanzierung zu beteiligen?

2. Warum wird der Beschluss des Landtages vom 22.01.2003, die Aufgaben des Studentenwerks Clausthal einem benachbarten Studentenwerk zu übertragen, trotz der nach Auffassung der beiden Geschäftsführer der Studentenwerke Clausthal und Braunschweig gegebenen Wirtschaftlichkeit nicht weiterverfolgt?

3. Aus welchem Grund ist Anfang August 2005 vom MWK entschieden worden, eine „Studentenwerkslösung" für Clausthal nicht weiterzuprüfen und stattdessen eine Übertragung der Aufgaben auf die Universität Clausthal vorzunehmen?

4. Werden die durch dieses Modell nach Auffassung des MWK zu erzielenden Synergieeffekte hinsichtlich der Finanzhilfezahlungen (von 950 000 Euro in 2007 auf 400 000 Euro in 2011) vonseiten des Studentenwerks Clausthal für realistisch gehalten?

5. Wenn nein, wie hoch wird das Einsparpotenzial bei diesem Modell mittel- bzw. langfristig vom Studentenwerk Clausthal eingeschätzt?

6. Weshalb wird durch das MWK eine Lösung verfolgt, die alle niedersächsischen Studentenwerke in unterschiedlicher Höhe mit einem „Sonderopfer" für den Standort Clausthal von insgesamt 5 Mio. Euro belastet, wenn nach Auffassung der Geschäftsführer der Studentenwerke Clausthal und Braunschweig durch eine Fusion eine interne Lösung ohne Belastung der anderen Studentenwerke möglich ist?

7. In welcher Höhe würden die einzelnen Studentenwerke unter Zugrundelegung der bisher gültigen Finanzhilfeparameter mit dem „Sonderopfer" Clausthal belastet?

8. Wie hoch wäre die Belastung für die einzelnen Studentenwerke unter Zugrundelegung des am 02.02.2006 den Studentenwerken vorgestellten MWK-Modells?

9. Wie beurteilen die niedersächsischen Studentenwerke das Vorhaben des MWK, das Studentenwerk Clausthal aufzulösen und die Aufgaben der Universität zu übertragen?

10. Sind die niedersächsischen Studentenwerke der Auffassung, das „Sonderopfer" für den Standort Clausthal erbringen zu können, ohne die Leistungen an den jeweiligen Standorten einschränken bzw. Einnahmeerhöhungen vornehmen zu müssen?

Der Landtag hat im Jahr 2003 aufgrund einer Prüfungsfeststellung des Landesrechnungshofs (Drs. 14/3982, Haushaltsrechnung 2000) die Landesregierung aufgefordert, „Initiativen mit dem Ziel einzuleiten, die bisher vom Studentenwerk Clausthal wahrgenommenen Aufgaben einem benachbarten Studentenwerk zu übertragen und insgesamt die Strukturen der Aufgabenwahrnehmung der Studentenwerke zu verbessern und so Einsparungen zu erreichen". Über den unter dem 03.03.2005 vorgelegten Bericht (Drs. 15/1735) hinaus hat sich nunmehr folgender Sachstand ergeben:

Das Studentenwerk Göttingen hat mit Schreiben vom 14.02.2005 eine Übernahme des Studentenwerks Clausthal abgelehnt, da die derzeitige wirtschaftliche Situation, die finanziellen Altlasten sowie die wirtschaftlichen Risiken das Studentenwerk Göttingen in seiner Wirtschaftskraft überfordern würde.

Eine Übernahme des Studentenwerks Clausthal durch das Studentenwerk Braunschweig ist als Option eingehend geprüft worden. So hatten die Geschäftsführer beider Studentenwerke in ihrem Papier vom 20.02.2004 die möglichen Einsparungen durch Synergieeffekte auf rund 77 000 Euro p. a. bis 2011 und ab 2012 auf rund 205 000 Euro p. a. geschätzt. Dazu hatten sie unterstellt, dass zumindest für einen Zeitraum von fünf Jahren die Finanzhilfe „für das Studentenwerk Clausthal" in der gewohnten Höhe gezahlt und ferner das Problem des Sanierungsrückstaus gelöst würde.

Am 06.06.2005 hat das Bauordnungsamt des Landkreises Goslar für nahezu 50 % des gesamten Wohnraumbestandes in Clausthal (468 Wohnheimplätze) umfangreiche Brandschutzauflagen verfügt. Die Höhe der Brandschutzsanierungskosten hat die Oberfinanzdirektion Hannover am 23.11.2005 auf knapp 5 Mio. Euro beziffert. Entsprechende Rücklagen konnte das Studentenwerk Clausthal nicht bilden.

Weder in den Gremien des Studentenwerks Braunschweig noch in den Gremien des Studentenwerks Clausthal wurde ein Organbeschluss gefasst, in dem eine Fusion der beiden Studentenwerke unterstützt wird. Vielmehr haben sich im Laufe des Jahres 2005 die Studierendenschaft der TU Clausthal, das Studentenwerk Clausthal und die TU Clausthal gegen eine Fusion mit dem Studentenwerk Braunschweig und für eine Integration des Studentenwerks Clausthal in die TU Clausthal ausgesprochen, da erhebliche Einsparungen mittelfristig auch auf diesem Weg erreicht werden könnten.

Mit der TU Clausthal und dem Studentenwerk Clausthal sind daraufhin die Möglichkeiten von Einsparungen durch Synergieeffekte bei der Zusammenarbeit im Verwaltungsbereich sowie durch outsourcing der Mensabetriebe, ggf. auch der Wohnheime bei einer Integration des Studentenwerks in die Hochschule erörtert worden.

Die sich durch eine „Hochschullösung" ergebenden Synergieeffekte, bezogen auf den Standort Clausthal, sind nach Einschätzung des MWK tragfähiger als diejenigen bei einer Integration in das Studentenwerk Braunschweig, da die seinerzeitigen Vorstellungen beider Geschäftsführer weder den regulären noch den brandschutzbedingten Sanierungsbedarf berücksichtigten und von einer zunächst unverminderten Weitergewährung der Finanzhilfe für das Studentenwerk Clausthal ausgingen. Hingegen sind Synergieeffekte bei der „Hochschullösung" bereits ab 2007 realisierbar und führen zu einer nachhaltigen Rückführung der Finanzhilfe, mit entsprechenden positiven Effekten für die anderen Studentenwerke.

Mit Schreiben vom 22.09.2005 hat der Sprecher der niedersächsischen Studentenwerke, ausdrücklich auch für die anderen Studentenwerke, eine solidarische Mitwirkung bei der Finanzierung der notwendigen Brandschutzsanierung angeboten unter den Bedingungen, dass die finanzielle Handlungsfähigkeit der Studentenwerke für die Zukunft erhalten bliebe und eine „Studentenwerkslösung", d. h. die Integration des Studentenwerks Clausthal in ein anderes Studentenwerk, erfolgen werde.

In einer Besprechung im MWK am 02.02.2006 hat sich kein Studentenwerk gegen den Vorwegabzug einer separat für Clausthal angesetzten (degressiven) Finanzhilfe ausgesprochen. Die Studentenwerke haben ihr Angebot zur Beteiligung an der Brandschutzsanierung konkretisiert auf einen Betrag von 1 Mio. Euro p. a., d. h. 5 Mio. Euro für den Zeitraum 2007 bis 2011, unter der Voraussetzung, dass zur Gewährleistung von Planungssicherheit der Gesamtbetrag der Finanzhilfe von 14 Mio. Euro für den Zeitraum 2007 bis 2011 festgeschrieben wird.

MWK strebt daher folgende Lösung an:

­ Integration des Studentenwerks Clausthal in die TU Clausthal,

­ Festschreibung der Finanzhilfe für die Studentenwerke für den Zeitraum 2007 bis 2011 auf einen Betrag von 14 Mio. Euro p. a..