Dolmetscherpool

Die Polizeidirektion Hannover beschäftigt sieben tarifwidrig in Vergütungsgruppe II a BAT eingruppierte „Dolmetscher". Durch die nicht tarifgerechte Bezahlung entsteht dem Land ein dauerhafter Schaden.

Vorbemerkung:

Am 01.09.1999 begann das Pilotprojekt „Dolmetscherpool" bei der Polizeidirektion Hannover. Bis zum Abschluss des Projekts am 31.12.2001 beschäftigte die Polizeidirektion Hannover insgesamt acht „Dolmetscher", von denen sie sechs unbefristet als Angestellte übernahm. Eine weitere „Dolmetscherin" wird - nach vorheriger Befristung - seit dem 01.08.2004 auf unbestimmte Zeit beschäftigt.

Einsatz der „Dolmetscher"

Nach der Tätigkeitsdarstellung und -bewertung der Polizeidirektion Hannover vom 11.12.2002 üben die „Dolmetscher" fünf Einzeltätigkeiten mit unterschiedlichen Zeitanteilen an der Gesamtarbeitszeit aus: Einzeltätigkeiten Anteil an der gesamten Arbeitszeit in v. H. 1 Dolmetschen bei Telefonüberwachungen 80

2 Dolmetschen bei Vernehmungen 10

3 Dolmetschen bei sonstigen strafprozessualen Maßnahmen, wie z. B. Durchsuchungen, Besuchsüberwachungen, polizeilichen Großeinsätzen 2,5

4 Übersetzung von Schriftgut im Rahmen eines Strafverfahrens, der Gefahrenabwehr, der Prävention sowie des dienstlichen Schriftverkehrs

5 Dolmetschen bei sonstigen polizeilichen Ereignissen 2,5

Nach den Prüfungsfeststellungen des LRH leisten die bei der Polizeidirektion Hannover angestellten „Dolmetscher" ihre Arbeit noch über die Tätigkeitsdarstellung und -bewertung hinaus ganz überwiegend im Rahmen von Telefonüberwachungsmaßnahmen. Aufgabe der „Dolmetscher" ist es, die aufgezeichneten fremdsprachlichen Telefongespräche abzuhören und die für die Ermittlungsverfahren relevanten Inhalte übersetzt zu protokollieren.

Eingruppierung der „Dolmetscher"

Die bei der Polizeidirektion Hannover angestellten „Dolmetscher" sind nach der o. g.

Tätigkeitsdarstellung und -bewertung in die Vergütungsgruppe II a des Teils IV Abschnitt A (Angestellte im Fremdsprachendienst der Länder) Unterabschnitt I (Konferenzdolmetscher) der Anlage 1 a zum BAT eingruppiert.

Die Tarifbestimmungen des Teils IV Abschnitt A (Angestellte im Fremdsprachendienst der Länder) Unterabschnitt I (Konferenzdolmetscher) der Anlage 1 a zum BAT gehen für die Vergütungsgruppe II a von folgenden Voraussetzungen aus: Vergütungsgruppe II a Angestellte mit einschlägiger wissenschaftlicher Abschlussprüfung oder langjähriger Berufserfahrung als Dolmetscher, die aus einer fremden Sprache ins Deutsche und umgekehrt dolmetschen. (Hierzu Protokollnotiz Nr. 1)

Als „Angestellte mit einschlägiger wissenschaftlicher Abschlussprüfung" haben Dolmetscher eine wissenschaftliche Abschlussprüfung in (mindestens) einer fremden Sprache abgelegt, und zwar in der Einsatzsprache. Unter wissenschaftlicher Abschlussprüfung wird die „Abschlussprüfung an einem Universitätsinstitut für Dolmetscher oder Übersetzer, aber auch die Abschlussprüfung an der Philosophischen Fakultät einer Hochschule in einer fremden Sprache" verstanden.

Sechs von den sieben bei der Polizeidirektion Hannover angestellten „Dolmetschern" verfügen nicht über diese Qualifikation.

Die siebente „Dolmetscherin" hat zwar eine wissenschaftliche Abschlussprüfung an einem Universitätsinstitut für Übersetzer abgelegt, aber auch sie ist wie die übrigen sechs nicht als Dolmetscher im Tarifsinne tätig.

Vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT-Kommentar, VerGOBL, Band 2, Erläuterung 11 zu Teil III Abschnitt A Unterabschnitt I der Anlage 1 a zum BAT.

Der Dolmetscher ist der Mittelsmann zur Verständigung mehrerer Personen und hat demgemäß mündliche Äußerungen von Personen in eine fremde Sprache zu übertragen. Das mündliche Übertragen taucht in der Protokollnotiz Nr. 1 zu den Vergütungsgruppen des Teils IV Abschnitt A (Angestellte im Sprachendienst der Länder) Unterabschnitt I (Konferenzdolmetscher) der Anlage 1 a zum BAT auf, indem in Abs. 2 und Abs. 3 konsekutives Dolmetschen und simultanes Dolmetschen definiert wird: „- mit richtiger und sprachlich einwandfreier mündlicher Übertragung von den Ausführungen in eine Sprache unmittelbar anschließend in eine andere Sprache - der Angestellte muss zusammenhängende Ausführungen von etwa 10 Minuten Dauer übertragen können - bzw. mit Hören von Ausführungen eines Redners über eine technische Anlage und gleichzeitig inhaltlich richtig und sprachlich einwandfreier mündlicher Übertragung in eine andere Sprache."

Die Tätigkeiten der bei der Polizeidirektion Hannover angestellten „Dolmetscher" erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Selbst bei dem ohnehin nur gelegentlichen Dolmetschen bei Vernehmungen, Durchsuchungen, Besuchsüberwachungen, polizeilichen Großeinsätzen und sonstigen polizeilichen Ereignissen geht es lediglich um Routineabläufe in Rede und Gegenrede. Es werden die Personalien aufgenommen und es wird versucht, Sachverhalte durch Befragen von Menschen aufzuklären.

Diese Art der mündlichen Übertragung kürzerer zusammenhängender Ausführungen in eine fremde Sprache und umgekehrt unterfällt tariflich der Tätigkeit eines Übersetzers nach Fallgruppe 2 der Vergütungsgruppe IV a des Teils IV Abschnitt A (Angestellte im Fremdsprachendienst der Länder) Unterabschnitt II (Überprüfer und Übersetzer) der Anlage 1 a zum BAT. Die ganz überwiegenden Tätigkeiten im Rahmen von Telefonüberwachungsmaßnahmen - von der Polizeidirektion Hannover in der o. g. Tätigkeitsdarstellung und -bewertung irrtümlich mit „Dolmetschen" bezeichnet - erfahren keine andere tarifliche Bewertung. Übersetzern obliegt die Übertragung schriftlich vorgegebener Texte in eine andere Sprache und es macht keinen Unterschied, ob sie - wie im Falle von Telefonüberwachungsmaßnahmen - den Inhalt akustisch vorgegebener Texte in eine andere Sprache übertragen.

Vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.05.2004 - 4 AZR 379/03 - ZTR 2005, 32, 34.