Was hat die „Fitnesslandkarte Niedersachsen" für die Schülerinnen und Schüler bewirkt?

Die mit Erlass vom 07.10.2005 eingeführte „Fitnesslandkarte Niedersachsen" ist in den Schulen, bei Sportpädagogen und in der Elternschaft auf breite Ablehnung gestoßen. Kernpunkt der Kritik war, dass zwar der Iststand der Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler festgestellt werde, zur Behebung von festgestellten Defiziten aber keinerlei Maßnahmen vorgesehen seien.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung, jeweils bezogen auf die Schulen der Stadt Göttingen:

1. Wie hoch war der bewertbare Rücklauf der Fitnesstests von den Schulen?

2. Wie ist, differenziert nach den beteiligten Schulen, die Fitness der Kinder zu beurteilen?

3. Welche konkreten Maßnahmen sind für Schulen/Klassen/Schülerinnen und Schüler geplant, die bei der Erhebung der Fitness nicht mit vergleichbar „guten" Ergebnissen abgeschlossen haben, bzw. mit welchen Maßnahmen wird konkret an den Schulen die Fitness der Schülerinnen und Schüler verbessert?

4. Wie hoch war der auswertbare Rücklauf der Fragebögen, die parallel zum Fitnesstest ausgefüllt werden sollten?

5. Welche belastbaren Aussagen können aus der Beantwortung der Fragebögen gezogen werden?

6. Welche konkreten Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus der Auswertung der Fragebögen?

Die Daten des im November 2005 in Niedersachsen erstmalig flächendeckend durchgeführten Fitnesstests liegen vor und können unter der Internetadresse der Fitnesslandkarte (www.fitnesslandkarte-niedersachsen.de) eingesehen werden. Für die Lehrkräfte, die Eltern und jede einzelne Schülerin und jeden einzelnen Schüler bieten sich bisher nicht da gewesene Abfrage- und Vergleichsmöglichkeiten nach selbst zusammen gestellten Parametern in einem datenrechtlich geschützten Raum. Ebenso beispiellos ist die Möglichkeit für die interessierte Öffentlichkeit, regionale und kommunale Informationen über die sinkende körperliche Leistungsfähigkeit unserer Kinder und Jugendlichen zu bekommen.

Die Durchführung des Fitnesstests ist zwar von einigen Seiten kritisiert, von anderen aber ausdrücklich begrüßt worden. Es sei auf die von Herrn Professor Wildor Hollmann, weltbekannter Sportmediziner, erhobene, Jahrzehnte alte Forderung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach flächendeckenden Erhebungen zur motorischen und gesundheitlichen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen verwiesen.

Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages übernimmt diese Forderung aktuell in ihrer Stellungnahme zum Thema „Kinder und Sport" vom 29. Juni 2006. Der als Experte in der WHO mitwirkende Gesundheitsforscher Herr Professor Dr. Klaus Hurrelmann befürwortete ausdrücklich den neuen und innovativen Ansatz des Projektes „Fitnesslandkarte Niedersachsen".

Die von unterschiedlichen Stellen vorgebrachten Zweifel an der Sicherstellung der Anonymität der Daten konnten ausgeräumt werden.

Eine Intention der Fitnesslandkarte Niedersachsen ist die Anregung der Übernahme von Eigenverantwortung und Eigeninitiative für die individuelle Situation und deren Verbesserung. In gleicher Weise sollen Eltern, Lehrkräfte und andere verantwortlich Handelnde eingebunden werden und im Setting Schule weiteres Engagement und Initiative entfalten.

Mit der Erhebung ist es gelungen, den Blick aller Betroffenen und Beteiligten für die gesundheitliche Bedeutung von Bewegung und Sport zu schärfen.

In Antwort auf die vorliegenden Ergebnisse und bevor über weitere Erhebungen entschieden wird, erarbeitet das Kultusministerium derzeitig gemeinsam mit dem LandesSportBund einen „Masterplan 500 000 Euro". Ab dem Jahr 2007 sollen neben zusätzlichen Kooperationen zwischen Schulen und Vereinen flächendeckend besondere Maßnahmen der Bewegungsförderung zum Zwecke der Gesundheitserziehung im Schulwesen angeboten und eingeführt werden.

Das Niedersächsische Institut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (NiLS) bietet im ersten Schulhalbjahr 2006/2007 flächendeckend Fortbildungen zur täglichen Bewegungszeit in den Grundschulen an. Mit den geplanten 70 Fortbildungen werden im Herbst 2006 bis zu 1 500 Grundschullehrkräfte in den 17 Fortbildungsregionen des Landes mit den an alle Grundschulen verteilten Handreichungen vertraut gemacht. In Vorbereitung sind entsprechende Veranstaltungen für Sportlehrkräfte zum Umgang mit den Ergebnissen der Fitnesslandkarte und diesbezüglicher Unterrichtsgestaltung. Dazu liegen von der AOK-Niedersachsen zur Verfügung gestellte didaktische Arbeitsmappen vor, deren Konzept von Experten aus Schulen und Verbänden erarbeitet wurde und bei den niedersächsischen Sportfachberatern auf große Akzeptanz gestoßen ist.

Zur begleitenden Unterstützung der aus den Ergebnissen der Fitnesslandkarte Niedersachsen abzuleitenden Folgerungen haben die Schulen folgende Materialien erhalten:

­ „ChipListe" zur Nährwertinformation (Poster und Leporello in Deutsch, Türkisch und Russisch) in allen Schulen,

­ Handreichungen für die tägliche Bewegungszeit „Leichter lernen durch Bewegung" für alle Grundschulklassen,

­ Broschüre „Fit und gesund durch Bewegung und richtige Ernährung" für den Sekundarbereich.

Unter http://www.fitnesslandkarte-niedersachsen.de/content/angebot/materialien.php sind dazu detaillierte Angaben zu finden bzw. Downloads möglich.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1:

Bis auf zwei Schulen liegen verwertbare Datensätze für den Bereich der Stadt Göttingen vor.

Zu 2: Für die einzelnen Schulen liegen keine Auswertungen vor. Einem entsprechenden Ranking sollte nicht Vorschub geleistet werden.

Die Möglichkeiten der Auswertung der Daten durch die Fitnesslandkarte Niedersachsen sind sehr vielfältig und differenziert. Zum Beispiel liegen die ausgewerteten Antworten der Schülerinnen und Schüler zu den einzelnen Fragen im Fragebogen vor, die aufgeschlüsselt sind nach Geschlecht, Jahrgangsgruppen und Schulformen. Gleiches gilt für die Ergebnisse im Fitnesstest. Da keine spezifischen Fragen hierzu gestellt werden, ist als Anlage eine tabellarische Auswertung für den Landkreis Göttingen beigefügt (Anlage 1), die in dieser zusammengefassten Form bislang noch nicht veröffentlicht wurde.

Ein Landesranking innerhalb der Schulformen eines Landkreises oder einer Kommune ist der Homepage der Fitnesslandkarte (www.fitnesslandkarte-niedersachsen.de), Menüpunkt „Die Fitnesslandkarte Niedersachsen", zu entnehmen. Exemplarisch ist für den Bereich der Grundschulen der Stadt Göttingen ein Ausdruck über Fitnesswerte beigefügt. Daraus ist ersichtlich, dass diese im Landesvergleich - bei einem durchschnittlichen Sportpensum - unterdurchschnittlich sind. Der Organisationsgrad der Grundschülerinnen und Grundschüler in Sportvereinen ist im Bereich der Stadt Göttingen eher gering (Anlage 2).

Die Lieblingssportarten von Jungen und Mädchen sind, wie ebenfalls aus der Anlage ersichtlich, unterschiedlich. Während bei den Jungen das Fußballspiel deutlich als Wunschsportart führt, ist bei den Mädchen der Schwimmsport sehr beliebt.

Zum Vergleich ist eine Darstellung der Sportinfrastruktur aller Landkreise und kreisfreien Städte in Niedersachsen (Anlage 3) beigefügt.

Zu 3: Alle beteiligten Lehrkräfte haben einen verschlüsselten Zugang erhalten und können für ihre Arbeit die erforderlichen gesundheitserzieherischen Maßnahmen ableiten. Für die Sportlehrkräfte ergibt sich die Möglichkeit, Rückschlüsse für ihren Fachunterricht zu ziehen und in der gemeinsamen Betrachtung des individuellen Ergebnisses mit den Schülerinnen und Schülern und auch mit deren Eltern die Bedeutung von Bewegung und Gesundheit zu erörtern und individuelle Maßnahmen anzuregen.

Die pädagogische Beratung kann auf der Basis einer extern erstellten Bewertung, des Fitnessprofils, eine besondere Wirksamkeit entfalten. Außerdem liegen unterstützende Materialien zur Bewegungsförderung und Ernährungsinformation in den Schulen vor (s. Vorbemerkung).

Die Fitnesslandkarte beinhaltet die Chance, jedes einzelne Kind durch den Vergleich mit anderen herauszufordern, für sich einen besseren Status von Fitness zu erreichen und zu bewahren.

Wie Schulen, Lehrkräfte, Eltern und Schülerinnen und Schüler mit den vorliegenden Ergebnissen und Materialien im Einzelnen umgehen, liegt in ihrer eigenverantwortlichen Entscheidungskompetenz. Das Ziel des Projekts war nicht zuletzt, die Motivation zur Eigeninitiative und Übernahme der Verantwortung für die individuelle Situation zu stärken.

Im Weiteren wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

Zu 4: Der auswertbare Rücklauf der Fragebögen innerhalb der verwertbaren Datensätze beläuft sich im Bereich des Landkreises Göttingen auf rund 84 %.