Löschungsfristen bei personenbezogenen Daten
Die Löschungsfristen bei personenbezogenen Daten, die in der gemeinsamen Datei gespeichert werden, ergeben sich aus dem NVerfSchG. Alle gespeicherten personenbezogenen Daten werden mit einem Aussonderungsprüfdatum versehen. Steht der Ablauf eines solchen Datums bevor, wird durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des „GIAZ-Niedersachsen" auf der Grundlage des NVerfSchG einzelfallbezogen geprüft, ob die personenbezogenen Daten gelöscht werden oder die Speicherfrist verlängert wird.
Zu 9: Die Übermittlung von Daten an andere Bundes- und Landesbehörden erfolgt auf der Grundlage der Vorschriften des Nds. SOG und des NVerfSchG.
Zu 10: Ja. Insbesondere durch den Ausschuss für Verfassungsschutzangelegenheiten.
Zu 11: Durch das GIAZ werden insbesondere die Kommunikationswege zwischen der Polizei und dem Niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz deutlich verkürzt. Die unmittelbare Erörterung relevanter Sachverhalte im GIAZ ermöglicht insbesondere aufgrund der direkten Rückkopplungsmöglichkeiten eine schnellere und qualitativ bessere Bewertung der vorliegenden Informationen.
Daneben kann sich das GIAZ intensiv Projekten widmen, die sich für eine gemeinsame Bearbeitung besonders eignen. Hier möchte ich beispielhaft folgende Einzelprojekte nennen:
Der Arbeitsschwerpunkt „Brennpunkte des Islamismus in Niedersachsen" als Auslöser zur Einrichtung des „GIAZ-Niedersachsen" stellt einen wichtigen Beitrag zur ganzheitlichen Terrorismusbekämpfung dar. Das „GIAZ-Niedersachsen" trägt dazu bei, islamistische Strukturen in Niedersachsen aufzuhellen, Schlüsselfiguren der islamistischen Szene frühzeitig zu erkennen, dem Verfassungsschutz Ansätze für neue Beobachtungsschwerpunkte zu geben und Strafverfahren und Gefahrenermittlungsvorgänge durch die Polizei zu initiieren.
So tragen die im „GIAZ-Niedersachsen" aufbereiteten Erkenntnisse beispielsweise zur Zielauswahl bei anlass- und verdachtsunabhängigen Kontrollmaßnahmen gemäß §12 Abs. 6 Nds. SOG bei.
Im Mittelpunkt des Projekts „Subkulturell geprägte, also in erster Linie Skinheads, und sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten, Hooligans und Rocker" steht die Frage, inwieweit Kontakte von Angehörigen rechtsextremistischer Kameradschaften und bekannten Skinheads zu polizeilich relevanten Rockergruppen und Hooligans bestehen und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind.
Im Hinblick auf die FIFA-Weltmeisterschaft 2006 wurden zunächst Daten niedersächsischer Hooligans und rechter Gewalttäter analysiert. Diese Personenkreise waren bereits im Vorfeld dieses sportlichen Großereignisses näher zu betrachten, um gezielte Maßnahmen zur Verhinderung von Straftaten und Gefahrenlagen treffen zu können. So hat das „GIAZ-Niedersachsen" Datenbestände von über 2.300 Personen aufbereitet und im Ergebnis Erkenntnisse zu 1 655 bekannten Gewalttätern aus dem Sportbereich bzw. dem rechtsextremistischen Spektrum an die Polizeidirektionen weitergemeldet. Die sachbearbeitenden Dienststellen waren so im Vorfeld der WM in der Lage, gefahrenabwehrende Maßnahmen, wie Gefährderansprachen, Meldeauflagen und Betretungsverbote, zu initiieren. Erstmalig wurde so ein vollständiger Überblick über den Personenkreis, der aufgrund polizeilicher und nachrichtendienstlicher Erkenntnisse für Maßnahmen dieser Art in Frage kommt, geschaffen. Die Analyseergebnisse „GIAZ-Niedersachsen" führten in den Polizeidirektionen im Vorfeld der FIFA-Weltmeisterschaft 2006 zur Erweiterung des Personenkreises, bei dem polizeiliche Maßnahmen (u.a. sog. Gefährderansprachen) initiiert und durchgeführt wurden.
Die Ergebnisse des „GIAZ-Niedersachsen" haben auch zur Durchführung von retrograden DNAErfassungen bei Gewalttätern aus dem Sportbereich beigetragen.
Der friedliche Verlauf dieses sportlichen Großereignisses in Niedersachsen ist sicher auch auf diese Maßnahmen zurückzuführen.
Zu 12 und 13:
Die Einrichtung des „GIAZ-Niedersachsen" und seine Tätigkeit stehen nicht im Widerspruch zum Trennungsgebot. Das Gebot der Trennung von Polizei und Verfassungsschutzbehörden ist in § 2 Abs. 2 und § 5 Abs. 4 NVerfSchG verankert. Das Trennungsgebot beinhaltet zum einen die Pflicht, Polizei und Verfassungsschutz institutionell und organisatorisch zu trennen, d. h. Verfassungsschutzämter dürfen polizeilichen Dienststellen (und umgekehrt) nicht angegliedert werden. Weiterhin verlangt das Gebot eine befugnisbezogene Trennung des Inhalts, dass den Verfassungsschutzämtern keine polizeilichen Befugnisse mit Zwangscharakter zustehen dürfen und sie auch nicht die Polizei um diese exekutiven Maßnahmen im Wege der Amtshilfe ersuchen dürfen.
Die Schaffung des „GIAZ-Niedersachsen", in der Bedienstete sowohl des LKA NI als auch des NLfV tätig sind, bedeutet keine Angliederung und damit - vor dem historischen Hintergrund betrachtet - keine Verzahnung der jeweiligen Behörden, die vielmehr ihren jeweiligen Aufgabenbereich in eigener Zuständigkeit ohne Einflussnahme der anderen Behörde behalten. Das NLfV erhält mit der Einrichtung des „GIAZ-Niedersachsen" gleichfalls keine Exekutivbefugnisse und kann sich auch nicht der Polizei im Wege der Amtshilfe bedienen, um mittelbar Maßnahmen durchführen zu können, zu denen es selber nicht befugt ist.
Das Trennungsgebot fordert im Übrigen nicht, dass Polizei und Verfassungsschutz unterschiedliche Betätigungsfelder zugewiesen werden müssen.
Ein informationelles Trennungsgebot, das einer gemeinsamen Datei von Polizei und Verfassungsschutz entgegenstünde, existiert nicht. Vielmehr ist für das Funktionieren der Sicherheitsbehörden gerade ein intensiver Informationsaustausch unerlässlich. Dieser wird durch das „GIAZNiedersachsen" effektiver gestaltet, der Kreis der Daten, die zwischen Polizei und Verfassungsschutz ausgetauscht werden dürfen, wird dadurch jedoch nicht erweitert.
Zu 14: Im Unterschied zum „GIAZ-Niedersachsen" besteht das „GTAZ" aus zwei organisatorisch und räumlich getrennten Arbeitsbereichen, der „Polizeilichen Informations- und Analysestelle (PIAS)" des Bundeskriminalamtes und der „Nachrichtendienstlichen Informations- und Analysestelle (NIAS)" beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Diese Trennung erfordert zusätzliche Kooperationsforen und beinhaltet Schnittstellenprobleme. Solange die Aufteilung in polizeiliche und nachrichtendienstliche Einheiten fortbesteht, kann das GTAZ die Funktion eines einheitlichen Zentrums nur eingeschränkt erfüllen. Eine stärkere Vernetzung von NIAS und PIAS würde die Qualität der erzielten Ergebnisse sowohl bezüglich gemeinsamer Analyseprojekte als auch im konkreten Austausch von Informationen verbessern.
Zur Arbeit des „GTAZ" und den gewonnenen Erfahrungen im Hinblick auf die Stärkung der behördenübergeifenden Zusammenarbeit im Sinne des „Ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes" ist festzustellen, dass es zur weiteren Steigerung des operativen Mehrwerts darauf ankommt, die vertrauensvolle Zusammenarbeit insbesondere zwischen Polizei und Nachrichtendiensten stetig zu verbessern und den Informationsaustausch fortgesetzt zu intensivieren.
Der Grad der Vertrauensbildung zwischen den im „GTAZ" eingebundenen Polizei- und Verfassungsschutzbehörden ist aus Sicht der Landesregierung weiter fortzuentwickeln.
Zu 15: Siehe Beantwortung zu Frage 11.
Zu 16: Einen weiteren Arbeitsschwerpunkt stellt der „Heisenhof bzw. der Rechtsextremist Rieger und (linksextremistische) Gegenaktionen" dar. Beim „Heisenhof" handelt es sich um eine ehemalige, von der „Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Limited" mit Sitz in London im April 2004 erworbene Bundeswehrliegenschaft in Dörverden/LK Verden. Hinter der Gesellschaft nach englischem Recht steht der Hamburger Rechtsextremist Rieger, der seinerzeit angab, dort ein Fruchtbarkeitszentrum aufbauen zu wollen. Es war zu befürchten, dass ein Zentrum für Neonazis mit überregionaler Bedeutung wie seinerzeit in Hetendorf entsteht. Das „GIAZ-Niedersachsen" bereitet in diesem
Zusammenhang alle einschlägigen Informationen auf und stellt diese der örtlich zuständigen Polizeidirektion Oldenburg und allen beteiligten Behörden im Rahmen der gesetzlichen Übermittlungsvorschriften zur Verfügung, so dass diese konsequent und zielgerichtet vorgehen können.
Nach anfänglichen ernsthaften Aktivitäten der rechtsextremistischen Szene zum Ausbau des „Heisenhofes" sind diese gegenwärtig erfolgreich blockiert worden.
Dieser Erfolg ist auf die vielfältigen Aktionen und den starken demokratischen Protest aus der Region, auf das konstruktive Zusammenwirken örtlicher und überregionaler Behörden und die intensive Beobachtung durch den Verfassungsschutz sowie das konsequente Einschreiten der Landespolizei mit Unterstützung des „GIAZ-Niedersachsen" zurückzuführen.
Das „GIAZ-Niedersachsen" ist wesentlicher Bestandteil bei der präventiven und repressiven Bekämpfung extremistischer und strafrechtlich bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlich relevanter Aktivitäten im Zusammenhang mit dem „Heisenhof". Die vom „GIAZ-Niedersachsen" erstellten Analysen und Lagebilder verschaffen der Polizei und dem Verfassungsschutz einen ständig aktuellen und umfassenden Gesamtüberblick über die Aktionen der rechten Szene und extremistisch motivierter Gegenbestrebungen. Die Bewertungen des „GIAZ-Niedersachsen" dienen auch der zielgerichteten Umsetzung eines speziellen polizeilichen Maßnahmenkonzepts zum „Heisenhof", das u. a. anlassbezogene Kontroll- und Einsatzmaßnahmen vorsieht.
Zu 17: Das Projekt „GIAZ-Niedersachsen" hat sich bewährt. LKA NI und NLfV sind heute enger verzahnt und informationell zusammengerückt. Das „GIAZ-Niedersachsen" ist insgesamt als „Servicecenter" für die Linienorganisationen der Polizei und des Verfassungsschutzes anzusehen. Den niedersächsischen Polizeibehörden und dem Verfassungsschutz werden zur jeweiligen Aufgabenerfüllung bzw. zwecks Durchführung von Maßnahmen in eigener Zuständigkeit zielgerichtet aufbereitete Analyseprodukte zur Verfügung gestellt.