Wann kommt ein Gesamtsanierungskonzept für die Altlasten aus Bergbau- und Hüttenwesen im Harz?

Im Jahr 2000 wurde auf Initiative des damaligen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel die vom Niedersächsischen Umweltministerium geführte Arbeitsgruppe „Umweltbelastung im Raum Oker/Harlingerode" ins Leben gerufen. Teilnehmer der Arbeitsgruppe waren u. a. die Vertreter der Firma Harzmetall, der Preussag AG, des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts Braunschweig, des Landkreises Goslar, der Städte Goslar und Bad Harzburg sowie der Bezirksregierung Braunschweig, des Niedersächsischen Landesamts für Ökologie und des Niedersächsischen Landesamts für Bodenforschung.

Die Arbeitsgruppe tagte im Jahr 2000 mehrfach in dieser Zusammensetzung und in Form von Unterarbeitsgruppen. Das Protokoll der Abschlusssitzung am 17.11.2000 im Niedersächsischen Umweltministerium erbrachte für den Bereich Verkehr keine zusätzliche Fördermöglichkeit nach Maßgabe des Städtebauförderungsgesetzes. Für die Immissionsbelastung durch betriebliche Probleme des Blei-Zink-Recyclings wurden weitere Untersuchungen des damaligen Niedersächsischen Landesamts für Ökologie zugesagt. Durch Teilbetriebsschließungen in den letzten Jahren sind diese Immissionsbelastungen auch zurückgegangen und wurden vom NLÖ auch so dokumentiert. Probleme bestehen nach wie vor durch Immissionsbelastungen, durch Gerüche und eine Gewässersituation im Raum Oker/Harlingerode mit hohen Metallfrachten aus Oberflächengewässern. Auch sind nach wie vor hohe Bodenbelastungen durch Schwermetalle zu verzeichnen.

Zur Haldensituation kam die Arbeitsgruppe zu dem Ergebnis, dass die Halden zwar liegen bleiben können, aber dass umfangreiche Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind. Zwischenzeitlich sind auch im Sinne des durch diese Arbeitsgruppe in Verbindung mit dem von der Harzmetall beauftragten Ingenieurbüro Hartung entsprechende Anträge zur Sanierung der Brandhalde, der Räumaschenhalden und der Betriebsdeponie gestellt worden. Jedoch lassen diese Anträge ein Gesamtkonzept, wie es von der Arbeitsgruppe im Jahr 2000 angedacht war, vermissen. Insbesondere besteht kein Konzept für die Beseitigung des Kunststoffanteils der Betriebsdeponie, der nach wie vor ein erhebliches Brandrisiko und durch das Auftreten von thermophilen Bakterien und damit verbundenen Erwärmungen und Emissionen ein ungelöstes Umweltproblem darstellt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie gedenkt sie den im Jahr 2000 angestoßenen Prozess, der anscheinend ins Stocken geraten ist, zielgerichtet wieder auf den Weg eines langfristigen und festgelegten Sanierungskonzepts zu bringen?

2. Wie gedenkt sie zu gewährleisten, dass

a) kurzfristig der Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser unterbunden wird,

b) der kurzfristige bzw. längerfristige Übergriff von Feuer auf die Kunststoffhalde nicht die Region bis Schladen, Vienenburg, Bad Harzburg gefährdet,

c) die Kunststoffhalde grundsätzlich beseitigt wird,

d) kurzfristig die Abwehungen von belastetem Staub in Wohngebiete unterbunden werden,

3. In welcher Weise will die Landesregierung, sowohl durch „herzögliche und königliche Altlasten" verpflichtet als auch aufgrund weiterbestehender Verpflichtungen der Preussag/TUI, ein

Gesamtsanierungskonzept für die Altlasten aus Bergbau- und Hüttenwesen im Harz auf den Weg bringen?

4. Wie gedenkt sie kurzfristig zu gewährleisten, dass

a) eine Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen durch immer wieder geänderte Firmenanträge nicht weiter hinausgezögert wird,

b) der Betreiber durch Einzelanträge und Teilgenehmigungen ständig neue Tatsachen schafft?

5. Welche Möglichkeit sieht die Landesregierung, durch gemeinsame Vorgehensweise mit der Bundesregierung ein Sanierungskonzept für Harzer Altlasten auf den Weg zu bringen?

a) Welche Unterstützung hat sie von der Bundesrepublik Deutschland eingeworben?

b) Welche finanziellen Forderungen bezüglich finanzieller Beteiligung sind an die Preussag (heute TUI) und den heutigen Betreiber gestellt?

c) Welcher Finanzrahmen vonseiten des Landes Niedersachsen bezüglich Planung, Umsetzung und Controlling ist bereitgestellt?

d) Wie gedenkt die Landesregierung die Städte Bad Harzburg und Goslar in das Verfahren verantwortlich mit einzubeziehen?

Nach dem Ergebnis der Arbeitsgruppe „Umweltbelastung im Raum Oker/Harlingerode" können die Halden vor Ort verbleiben; jedoch ist eine Sanierung nach dem Stand der Technik notwendig. Der Begriff Sanierung umfasst im Sinne des § 2 Abs. 7 des Bundes-Bodenschutzgesetzes sowohl Dekontaminations- als auch Sicherungsmaßnahmen.

Die geplanten Sanierungsmaßnahmen berücksichtigen alle Teilbereiche; somit wird an einem Gesamtkonzept zur Sanierung des Standortes gearbeitet. Wie bei solch komplexen Sanierungen üblich, müssen die Maßnahmen dem sich im Laufe der Bearbeitung verändernden Kenntnisstand angepasst werden. Zusätzlich ist, im Hinblick auf die sich ergebenden Kosten, die finanzielle Leistungsfähigkeit der Beteiligten zu berücksichtigen. Die inzwischen vorliegenden Anträge zur Sanierung der Brandhalde und des Räumasche-Zwischenlagers sind Teile dieses Gesamtkonzepts. Aufgrund der Temperatursituation ist eine Sanierung des Sodaschlackenteils der Betriebsdeponie zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich; an einem Konzept für die Sanierung des Kunststoffbereiches der Betriebsdeponie wird gearbeitet. Die Aufteilung in die Teilbereiche Brandhalde, RäumascheZwischenlager und Betriebsdeponie ist durch die unterschiedlichen Zuständigkeiten für die einzelnen Teile des Haldenkomplexes begründet. Für die Brandhalde (Bodenschutzrecht) ist der Landkreis Goslar, für die Betriebsdeponie (Abfallrecht) und das Räumasche-Zwischenlager (Immissionsschutz- und Bodenschutzrecht) das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig zuständig.

Sanierungspläne nach Bodenschutzrecht für die Brandhalde und das Räumasche-Zwischenlager sind zwischenzeitlich bei den zuständigen Behörden eingereicht worden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Der Prozess ist nicht ins Stocken geraten. Das durch die Arbeitsgruppe initiierte „Konzept zur Sicherung der Halden auf dem Gelände der Harz-Metall GmbH in Oker/Harlingerode" wurde Mitte

2002 vorgelegt. Parallel hat sich die Landesregierung an der Erstellung eines Gesamtkonzepts für die Bearbeitung der Altlastensituation im Bereich der Okeraue zwischen Harlingerode und Oker beteiligt. Dieses Gesamtkonzept (Endbericht vom Februar 2005) berücksichtigt nicht nur die Halden im Raum Oker/Harlingerode, sondern noch zahlreiche weitere Altlasten im Bereich der Okeraue.

Des Weiteren plant die Landesregierung Maßnahmen im Zeitraum von 2007 bis 2009 (auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen).

Zu 2 a:

Die Haldenbereiche „Betriebsdeponie" und „Räumasche-Zwischenlager" verursachen Grundwasserbeeinträchtigungen. Diese sind im Verhältnis zum Austrag aus der Brandhalde aber als gering zu bezeichnen. Sanierungsmaßnahmen werden daher zunächst im Bereich der Brandhalde vorgenommen. Hier ist eine Verringerung des Schadstoffeintrages in das Grundwasser durch die begonnene Sanierung zu erwarten. Die für 2007 geplante Einbringung einer Spundwand soll in Kombination mit einer Dränage sowie einer Sickerwasserbehandlungsanlage zu einer weiteren Verringerung des Austrages beitragen.

Zu 2 b:

Es ist zu unterscheiden zwischen dem verdeckten Brand im Sodaschlackenteil der Betriebsdeponie und den exothermen Reaktionen im Kunststoffbereich der Betriebsdeponie. Der verdeckte Brand ist zurzeit unter Kontrolle (s. auch Antwort zu Frage 3). Im Bereich der Kunststoffhalde laufen, bedingt durch Reaktionsprodukte von „thermophilen Bakterien", exotherme Prozesse ab, die jeweils zu kleineren Brandnestern in der Kunststoffhalde und im Böschungsbereich dieser Halde geführt haben. Dem ist jeweils durch Abdeckungsmaßnahmen begegnet worden. Aufgrund der Oberflächengestaltung der Halde sind hier zurzeit nur kleinräumige Abdeckungen mit Boden möglich. Das installierte Temperaturüberwachungssystem sichert eine umfassende Kontrolle des Temperaturverhaltens dieses Deponieteiles.

Zu 2 c:

Die Kunsthoffhalde ist Teil der Betriebsdeponie der Harzmetall GmbH und nach Abfallrecht zugelassen. Im Rahmen der für 2007 bis 2009 geplanten Maßnahmen ist eine Prüfung vorgesehen, inwieweit die Kunststoffe stofflich oder thermisch verwertet werden können.

Zu 2 d:

Soweit es die Betriebsdeponie und das Räumasche-Zwischenlager betrifft, können Abwehungen von belastetem Staub nur in geringem Umfang stattfinden. Das Räumasche-Zwischenlager ist fast vollständig eingegrünt. Der noch existierende „Tagebau" im Bereich der Räumasche wird bei der Sanierung ebenfalls beseitigt. Die Betriebsdeponie ist überwiegend mit Boden abgedeckt. Die Brandhalde wird momentan mit Wälzschlacke profiliert, wodurch die Abwehungen belasteten Staubes reduziert werden.

Zu 3: Inwieweit das Land Niedersachsen und die Preussag/Bergbau Goslar GmbH neben der Harzmetall GmbH als Eigentümerin für die einzelnen Halden verantwortlich sind, ist bisher nicht abschließend geklärt. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, anstelle langwieriger juristischer Grundsatzkonflikte den Weg der Kooperation zu beschreiten und bei konkreten Maßnahmen, wie etwa der 2001 begonnenen Erstellung eines Sanierungskonzepts für die Halden, die Harzmetall GmbH durch die o. g. Beteiligten zu unterstützen.

Das Land hat sich auch an der Erarbeitung eines Gesamtkonzepts für die Bearbeitung der Altlastensituation im Bereich der Okeraue zwischen Harlingerode und Oker finanziell beteiligt. Zusätzlich wurden die Arbeiten durch eine fachliche Begleitung seitens der damaligen Niedersächsischen Landesämter für Ökologie und Bodenforschung unterstützt.

Für die Zukunft plant das Umweltministerium, vorbehaltlich der Zustimmung durch den Niedersächsischen Landtag, gemeinsam mit der Preussag/Bergbau Goslar GmbH und der Harzmetall GmbH Schritte zur weiteren Minimierung des Gefährdungspotenzials in den Jahren von 2007 bis 2009 durchzuführen. In einem ersten Schritt soll eine Brandschutzwand zwischen dem Räumasche

Zwischenlager und der Betriebsdeponie errichten werden (s. a. Antwort zu Frage 2 b hinsichtlich der vorgesehenen Brandschutzmaßnahmen), während in einem zweiten Schritt die Kunststoffhalde saniert werden soll.

Zu 4 a und b: Grundsätzlich ist es jedem Unternehmer freigestellt, Projekte zu beantragen und seinen Antrag zu ändern. Die wesentlichen Gründe für die Verzögerungen bei der Sanierung der Brandhalde sind die Zeitdauer des Genehmigungsverfahrens zum Bau der Spundwand auf dem Bahngelände der Strecke Oker - Bad Harzburg (nördlich der Brandhalde) beim Eisenbahnbundesamt und die Umstellung der Produktion auf basische Wälzschlacke, die als Baustoff für die Gestaltung der Brandhalde dient.

Zu 5 a:

Das Umweltministerium führt noch Gespräche mit dem Bundesumweltministerium über eine Unterstützung bei der Sanierung der Kunststoffhalde.

Zu 5 b und c:

Die Preussag/Bergbau Goslar GmbH, die Harzmetall GmbH und das Land Niedersachsen beabsichtigen, zunächst 3,6 Mio. Euro für die bei der Antwort zu Frage 3 genannten Maßnahmen bereitzustellen. Die angestrebten Maßnahmen stehen unter dem Vorbehalt der Entscheidung der zuständigen Gremien.

Zu 5 d:

Der Landkreis Goslar ist als zuständige untere Bodenschutzbehörde und die Stadt Goslar als zuständige untere Wasserbehörde in dem Verfahren verantwortlich beteiligt. Die Landesregierung wird, sobald konkrete Vereinbarungen getroffen werden, die zuständigen Behörden in das Verfahren einbeziehen. Dies gilt auch für die Stadt Bad Harzburg, soweit sie betroffen ist.