Modelwohnungen

Senator Dr. Böse: Ich bitte um Entschuldigung, das wird sich auch noch, hoffe ich jedenfalls, einschleifen. Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte gern, weil dies, ich glaube, in unser aller Augen, ein sehr wichtiges Thema ist, hier diesen Bericht des Senats kurz erläutern.

Meine Damen und Herren, Frauenhandel und Zwangsprostitution sind, wie Sie wissen, an Menschenverachtung und Skrupellosigkeit kaum zu überbieten. Tausende von jungen Frauen werden im Rahmen der international agierenden organisierten Kriminalität durch skrupellose Menschenhändler in unser Land gebracht. Die Frauen werden in ihren Heimatländern, das sind vor allem osteuropäische Länder, aber auch asiatische, südostasiatische Länder, entführt ­ man kann diese Worte in diesem Zusammenhang kaum verstehen ­, verkauft, oder sie werden sehr häufig mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt. Hier werden sie dann nach der Ankunft unter Androhung, häufig auch der Anwendung von Gewalt zur Prostitution gezwungen oder als billige Arbeits- und Servicekräfte ausgebeutet.

Die in Bremen in der Vergangenheit noch auf wenige Örtlichkeiten konzentrierte Ausübung der Prostitution hat sich, wie in anderen Großstädten auch, in den letzten Jahren immer mehr in die so genannten Modelwohnungen verlagert. Das heißt, die Vermarktung der Ware Frau findet nicht nur in Bordellen und bordellähnlichen Betrieben statt, sie verbreitet sich wie ein Krebsgeschwür in diesen Modelwohnungen in der Freien Hansestadt Bremen. Dieser kriminelle Bereich soll nunmehr in einer konzentrierten und konzertierten Aktion aller betroffenen Verwaltungen ausgetrocknet werden.

(Beifall bei der CDU)

Um dieses im Verborgenen ­ aber wenn man die Anzeigen sieht, ist es ja so verborgen auch nicht ­ wirkende Kriminalitätsphänomen stärker an das Tageslicht zu bringen, wurde auf Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD die Konzeption der Verbesserung der Situation der Opfer von Frauenhandel und Zwangsprostitution von einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe unter Federführung des Senators für Inneres, Kultur und Sport, der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Gesundheit, des Senators für Justiz und Verfassung sowie der Senatskommissarin für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau erstellt und dem Senat am 24. April vorgelegt und beschlossen.

Die polizeilichen Maßnahmen des Landeskriminalamtes zur Bekämpfung des Frauenhandels und der Zwangsprostitution konzentrieren sich auf zirka - in Bremen existierende Modelwohnungen, aber auch die klassischen Nachtbars, Bordelle und bordellähnliche Betriebe werden in die Ermittlungen einbezogen. Wir werden diese Kontrollen in absehbarer Zukunft erheblich durch die Einrichtung einer so genannten ergebnisorientierten Steuerungsgruppe des Landeskriminalamtes verstärken, die sich nur mit Frauenhandel befasst.

Aufgrund der Entwicklung dieses Kriminalitätsbereiches werden die Modelwohnungen von dem zuständigen Fachkommissariat der Kriminalpolizei intensiv überprüft. Zirka 60 000 Prostituierte sind in Deutschland offiziell registriert. Nach vorsichtigen Schätzungen von Experten liegt die Zahl der in Deutschland der Prostitution nachgehenden Frauen bei zirka 400 000.

Die Umsätze im deutschen Rotlichtmilieu werden auf zwölf bis 70 Milliarden DM pro Jahr taxiert. Im Zusammenhang mit den der Polizei und Justiz zur Verfügung stehenden Strafverfolgungsinstrumentarien wird ein besonderes Augenmerk auf die Vermögensbeschlagnahme und auf die Gewinnabschöpfung gelegt, um den Lebensnerv des Frauenhandels zu treffen. Menschenhändler sind am empfindlichsten und wirkungsvollsten über die schnelle Abschöpfung ihres durch Straftaten erwirtschafteten kriminellen Gewinns zu treffen. Auch hier wird es eine Intensivierung bei der Bremer Polizei geben, gibt es sie schon, wird es sie weiter geben.

Darüber hinaus sind Betreuungsleistungen von einer Fachberatungsstelle für die Opfer des Menschenhandels, des Frauenhandels zu gewährleisten, psychosoziale Betreuung und Begleitung potentieller Opfer während des Ermittlungsverfahrens, aber auch von Frauen, die sich in Abschiebehaft befinden, die sich selbst an eine Beratungsstelle wenden, die von anderer Seite an die Beratungsstelle vermittelt werden. Die psychosoziale Betreuung und Beratung entspricht der individuellen Situation der betroffenen Frau. Die Inhalte werden sein: psychische Unterstützung von traumatisierten Frauen, Stabilisierung, Entwicklung von Handlungskompetenzen, Begleitung bei Ämter- und Behördengängen und bei Arztbesuchen, Kontakte mit den zuständigen Behörden und Institutionen, die mit der Problematik Menschenhandel befasst sind, Vermittlung rechtlicher Informationen, Betreuung während des Strafverfahrens, Rückkehrhilfe, Partnerschafts- und Angehörigenberatung und im überfassenden Sinn ein Informationsaustausch über Angebote, die vorhanden sind.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass der Kampf gegen Menschenhandel von uns allen in der letzten Zeit intensiviert wurde und auch noch zu intensivieren ist. Wir müssen weiterhin Zeugenschutzprogramme der Polizei ausweiten. Im Vordergrund steht dabei der Schutz der gefährdeten Person.

Das erstreckt sich nicht nur auf Deutschland, meine Damen und Herren. In früheren Jahren kamen die Prostituierten schwerpunktmäßig aus asiatischen Ländern, heute kommen sie aus Ländern, die sehr viel näher liegen, Polen, Tschechien, Weißrussland.

Hier sind die Einwirkungsmöglichkeiten der Kriminellen auf die Familien vor Ort im Sinne einer Einschüchterung sehr viel größer, als das früher der Fall war, wenn die Prostituierten aus Thailand oder anderen Ländern kamen. Das bedeutet auch eine Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit zwischen den Polizeien, um den Familien der Opfer vor Ort zu helfen. Für die Opfer des Menschenhandels, die nicht in das polizeiliche Zeugenschutzprogramm aufgenommen werden, müssen die Angebote intensiviert werden, die ich Ihnen eben genannt habe.

Wir, die einzelnen Verwaltungen, verteilen hier Handzettel mit den Hinweisen und helfen den betroffenen Frauen.

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang möchte ich auf den Dringlichkeitsantrag der Grünen eingehen. Die Vorlage, die wir Ihnen vorgelegt haben, ist in Abstimmung mit den einzelnen Senatsverwaltungen entstanden. Die Senatsverwaltung für Soziales hat in dieser Arbeitsgruppe, die wir gebildet haben, geltend gemacht, dass die Behörde, für die sie zuständig ist, das Amt für Soziale Dienste, hier sicherstellen kann, dass die Opfer geschützt untergebracht werden und eine psychosoziale Betreuung erhalten.