Asylbewerber

Oft können sie sich mit dem Aufsichtspersonal noch nicht einmal verständigen. Dann erfolgt die Abschiebung ohne Vorbereitung und meistens ohne finanzielle Mittel. Über diese Zustände haben wir Grünen nicht nur des Öfteren berichtet, sondern wir haben auch deren Veränderung gefordert. Würden sich hier nicht ehrenamtliche Helferinnen wie der Verein Grenzenlos um diese Frauen kümmern, wäre die Situation in der Abschiebehaft für die Frauen noch unmenschlicher.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir alle hier im Hause müssen dazu beitragen, dass die vom Menschenhandel Betroffenen trotz ihrer Verstöße gegen die Vorschriften des Ausländerrechts nicht vorrangig als Täterinnen, sondern als schutzbedürftige Opfer behandelt werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Deshalb sollten auch Zeuginnen, die den Mut bewiesen und zur Aufdeckung organisierter Kriminalität beigetragen haben, nach Abschluss des Verfahrens nicht nur einen Abschiebeschutz, sondern bei erheblicher Gefährdung im Herkunftsland auch ein Bleiberecht erhalten können. Das wäre ein aktiver Opferschutz, meine Damen und Herren!

Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD im Bundestag haben im Juli einen Antrag vorgelegt. Im Antrag sind verschiedene Maßnahmen genannt, die auf nationaler Ebene sowie auf EU-Ebene zur Prävention und Bekämpfung des Frauenhandels ansetzen. Ebenfalls sind einige Forderungen aufgeführt, die die Bundesländer betreffen. Ich möchte hier nur zwei Beispiele herausgreifen.

Erstens: Die Bundesländer sollten dafür eintreten, dass die betroffenen Frauen, die aussagen, einen gefestigten Aufenthaltsstatus bekommen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Erfahrungsgemäß dauern diese Prozesse Jahre. Sie hätten dann die Chance, während dieser Zeit eine Aus- oder Weiterbildung zu machen.

Zweitens: Ein Teil der abgeschöpften Vermögenswerte muss für die Betreuung und Unterstützung sowie für die Rückkehr der Opfer des Menschenhandels bereitgestellt werden, ebenso ein Überbrückungsgeld, so dass sie bei der Rückkehr in ihre Heimat nicht mittellos sind. Die 50 bis 200 DM, die zurzeit in Bremen gezahlt werden, sind wirklich lächerlich.

Meine Damen und Herren, wir müssen hier grundlegend etwas ändern, deshalb fordert Bündnis 90/Die Grünen Sie auf, stimmen Sie unserem Antrag zu, und setzen Sie sich auf Bundesebene für eine Definition des Frauenhandels ein, die neben der Zwangsprostitution auch den Heiratshandel und die Arbeitsverhältnisse unter sklavereiähnlichen Bedingungen einschließt!

Sprüche wie Dieser Sumpf muss ausgetrocknet werden! sind nur Verbalakrobatik aus einem schlechten Zirkus. Ich denke, es ist Zeit, damit Schluss zu machen. Wir brauchen keine Aussagen, die vielleicht Eindruck auf Nichtbetroffene machen.

Den Opfern helfen hier keine Sprüche, hier sind Taten gefordert.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Defizite in Ihrer Mitteilung und in Ihrer Konzeption sind nicht nur uns aufgefallen. Uns ist gestern auch ein Schreiben der Evangelischen Kirche vorgelegt worden, die gerade diese Punkte kritisiert.

Sie sehen, es ist also nicht nur eine einseitige Sichtweise von uns Grünen.

Ich denke, wir haben hier einen konkreten Antrag vorgelegt, der der Einstieg in die Verbesserung der Opfersituation ist. Deshalb bitte ich Sie noch einmal, diesem Antrag zuzustimmen! ­ Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Präsident Weber: Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Wulff.

Abg. Frau Wulff (SPD): Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frauenhandel und Zwangsprostitution sind besonders schwerwiegende Erscheinungsformen organisierter Kriminalität, die seit langem sowohl national als auch international vor allem von Nichtregierungsorganisationen thematisiert worden sind. Mit der Öffnung der mittel- und osteuropäischen Grenzen Anfang der neunziger Jahre erfuhr das Geschäft mit dem organisierten Handel nichtdeutscher Frauen zum Zweck der sexuellen Ausbeutung auch im Bundesgebiet einen erheblichen Anstieg. Das große Geschäft mit der Angst, insbesondere osteuropäischer Frauen, die unter Vortäuschung falscher Tatsachen als Touristinnen nach Deutschland gelockt und zur Prostitution gezwungen werden, findet auch in Bremen und Bremerhaven statt.

In einer ganzseitigen Reportage des Kurier am Sonntag vom 10. Juni dieses Jahres ist anhand von Einzelschicksalen eindrucksvoll geschildert worden, wie die Ausbeutung der Frauen erfolgt. Letzte Woche gab es im Fernsehen bei N 3 eine Reportage, Frau Windler hat es schon angesprochen, über das Thema, wie die Frauen aus Litauen nach Deutschland geschleust werden. Auch diese Reportage war sehr eindrucksvoll und hat noch einmal plastisch deutlich gemacht, wie wichtig es ist, dass wir auch in Bremen und Bremerhaven auf diesem Gebiet verschärft tätig werden.

Die Bremische Bürgerschaft hat noch in der letzten Legislaturperiode einen Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD zur Verbesserung der Situation der Opfer des Frauenhandels und der Zwangsprostitution verabschiedet. Dieser Antrag ist im Grunde genommen erst mit der Mitteilung des Senats, die aus dem April dieses Jahres stammt und uns heute zur Beratung vorliegt, in die Praxis umgesetzt worden. Wir haben von Herrn Senator Dr. Böse einen Bericht zum aktuellen Stand gehört, und wir haben ja auch die schriftliche Vorlage. Ich meine, das Konzept ist noch etwas mehr zu konkretisieren. Ich hoffe, dass wir dann vom Senat bald hören, wie er sich die soziale Beratung der Opfer des Frauenhandels genau vorstellt.

Wir wissen, dass es im Bereich der Polizei in Bremen ein Fachkommissariat gibt, das sich mit diesem Thema gesondert befasst, ebenso gibt es bei der Polizei in Bremerhaven eine Abteilung, die sich mit der so genannten Milieukriminalität befasst, sie bezieht sich also auf das Rotlichtmilieu. Gestern habe ich mit dem dortigen Polizeichef gesprochen. Er sagte mir, dass der Frauenhandel auch einen Schwerpunkt der Arbeit in dieser Abteilung bildet. Wie in Bremen findet natürlich auch in Bremerhaven eine soziale Betreuung statt, die zurzeit nach dem Konzept des Senats vom Amt für Soziale Dienste und mit freien Trägern, das ist unter anderem der Verein Nitribitt, organisiert wird, und ich weiß von der Evangelischen Kirche, dass dort auch eine solche Arbeit stattfindet. Die Frage ist jetzt, wie dies in der Stadt Bremen koordiniert wird, und natürlich ­ wir sind hier im Landtag ­ geht es auch darum, was eigentlich in Bremerhaven passiert.

Frau Hoch, mich hatte Ihr Antrag etwas überrascht, der ja erst am 28. August 2001, also vor zwei Tagen, von den Grünen eingebracht worden ist. Den Bericht des Senats kennen wir ja schon seit April 2001. Ich kritisiere natürlich, dass der Senat drei Jahre gebraucht hat, bis er einen Bericht vorgelegt hat, aber ich kritisiere auch Bündnis 90/Die Grünen, dass sie immer öfter mit Dringlichkeitsanträgen ad hoc irgendwelche Vorschläge machen. Obwohl: Das Thema ist ernst genug, dass wir uns damit befassen. Wir haben uns eben gerade am Rande der Debatte mit den Fraktionen geeinigt, dass wir Ihren Antrag an den Ausschuss für die Gleichberechtigung der Frau überweisen wollen, um dort noch einmal intensiv zu erörtern, welche Beratungsform denn angemessen ist.

Sie erinnern sich, dass wir die Vertreterinnen des Vereins Nitribitt bereits einmal bei uns im Ausschuss gehört haben, das war aber allgemein zum Thema Betreuung von Prostituierten, es ging nicht um das spezielle Thema des Frauenhandels. Sie haben uns erklärt, sie hätten Interesse, diese Arbeit auch zu übernehmen, aber sie könnten es nicht mit ihren derzeit vorhandenen Kapazitäten. Es müsste also eine Aufstockung personeller Art in irgendeiner Form erfolgen. Ich meine, wir müssen ernsthaft über eine solche Beratungsstelle nachdenken. Sie oder wir gemeinsam müssen dann Anträge zum Haushalt stellen, das ist so im Moment nicht darstellbar, und es ist auch die Frage, ob es sinnvoll ist.

Frau Hoch, weil Sie ja aus Bremerhaven kommen, ich habe auch noch einmal versucht, mich dort zu informieren. Aus Bremerhaven ist mir keine Forderung nach einer solchen unabhängigen Beratungsstelle bekannt. Mir ist berichtet worden, dass dort die ZGF die Arbeit zusammen mit dem Gesundheitsamt und sozialen Einrichtungen und freien Trägern koordiniert. Ich glaube, es gibt noch Beratungsbedarf zu diesem Thema. Es wäre gut, wenn wir Ihren

Antrag an den Ausschuss für die Gleichberechtigung der Frau überweisen und uns noch einmal detailliert damit befassen.

Insgesamt meine ich, es ist gut, dass die rotgrüne Bundesregierung in letzter Zeit überhaupt bei diesem Thema aktiv geworden ist. Menschenhandel ist ja ein Thema von internationaler Bedeutung. Im Rahmen des nationalen Aktionsplans der Bundesregierung gegen Gewalt an Frauen, in dem auch das Thema häusliche Gewalt, das wir gestern hier im Plenum diskutiert haben, eine Rolle spielt, nimmt auch das Thema Frauenhandel wichtigen Raum ein.

Es gibt bereits seit langem eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Thema Frauenhandel. In dieser Arbeitsgruppe werden einige Programme entwickelt, und es wäre gut, wenn Bremen bei der praktischen Umsetzung auch zu weiteren konkreten Schritten kommt. Es ist allerdings auch sehr wichtig, dass der Polizei die Vermögensabschöpfung bei diesen organisierten Kriminellen gelingen möge. Ich fände es eine gute Sache, wenn die dort abgeschöpften Gewinne nicht einfach nur in den Staatssäckel fließen ohne konkrete Definition wofür, sondern dass sie dann auch für die Opfer des Frauenhandels ausgegeben werden können. Präsident Weber: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Abg. Tittmann (DVU): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus der Mitteilung des Senats, Drucksache 15/692, geht für mich eindeutig hervor, dass das vorgestellte Konzept gegen Zwangsprostitution und Frauenhandel völlig ungenügend ist, zumal Ihnen das Problem des Bremer Rotlichtmilieus schon seit Jahren hinreichend bekannt ist. Hier hat der Senat geschlafen.

Sie hätten schon vor Jahren effektivere Maßnahmen gegen diese Zwangsprostitution und den Frauenhandel ergreifen müssen. Es ist Ihnen doch nicht erst seit heute bekannt, dass jedes Jahr Tausende von Frauen Opfer des Menschenhandels werden und diese Frauen von skrupellosen Kriminellen im Herkunftsland mit falschen Versprechungen angelockt werden, um dann hier in Deutschland unter Zwang illegal ihrem Gewerbe nachgehen zu müssen.

Meine Damen und Herren, mit der Handelsware Frau ist ein stetig expandierender globaler Markt entstanden. Man schätzt, dass allein in Deutschland zirka 400 000 Frauen der Prostitution nachgehen.

Allein die Einschätzung der Umsatzspanne im deutschen Rotlichtmilieu wird auf sage und schreibe 70

Milliarden DM beziffert. Es versteht sich von selbst, dass diese organisierte Form des Verbrechens fast ausschließlich in ausländischer Hand ist. Ich weiß, das hören Sie nicht gern, aber die Tatsache müssen Sie nun einmal endgültig zur Kenntnis nehmen, denn Zahlen und Fakten sprechen hier, aber nicht nur in diesem Bereich, eine eindeutige und klare Sprache.

Tatsache ist aber auch, dass sehr viele Frauen ­ und gerade ausländische Frauen ­ mit Drogen und unter Drogeneinfluss gezwungen werden, hier ihrem Gewerbe nachzugehen. Da Sie ja sonst immer so tolerant gegenüber unseren ausländischen Mitbürgerinnen sind, frage ich Sie: Haben ausländische Frauen etwa kein Recht, vor ausländischen und deutschen Zuhältern und Drogendealern geschützt zu werden? Dann verstehe ich Sie nicht, warum Sie meinen Antrag, die konsequente Abschiebung von straffälligen Asylbewerbern vorzunehmen, gestern hier abgelehnt haben. In diesem Antrag ging es nämlich um eine sofortige Abschiebung ausländischer Drogendealer und Menschenhändler.

Meine Damen und Herren, zwar reichten die Fraktionen von SPD und CDU schon am 25. September 1998 hier einen großspurigen Antrag mit der schaumschlägerischen Überschrift Verbesserung der Situation der Opfer von Frauenhandel und der intensiven Bekämpfung dieser Kriminalität und so weiter in den Landtag mit der großspurigen Forderung ein, gegen Menschenhändler mit aller Härte vorzugehen, dass Bordelle und bordellähnliche Betriebe noch stärker als bisher überprüft werden, dass ausländische kriminelle Menschenhändler konsequent ausgewiesen werden und so weiter ­ diese Forderungen hören sich ja alle sehr gut an ­, nur umsetzen müssen Sie sie auch!

Die Realität sieht doch anders aus. Es werden in diesem Gewerbe immer höhere Gewinne, Milliardengewinne erzielt. Der Frauenhandel floriert wie nie zuvor. Die Dunkelziffer der illegalen ausländischen Prostituierten steigt ins Unermessliche und der Drogenhandel insgesamt auch. Ich könnte hier noch stundenlang über solche traurigen Tatsachen berichten, ich habe aber leider nur eine begrenzte Redezeit, und darüber können Sie bloß froh sein.

(Abg. Frau Busch [SPD]: Ja, sind wir auch!)

Das weiß ich!

Sie sehen, außer Ihren großen Reden und Schauanträgen ist effektiv nichts passiert, ganz im Gegenteil, Sie haben auf der ganzen Linie versagt! Die ausländischen kriminellen Menschenhändler lachen Sie doch schon aus, und das zu Recht.

(Abg. Frau Hövelmann [SPD]: Haben Sie so gute Kontakte dahin, oder wie?)

Ich kann Ihnen aber versichern, bei einer maßgeblichen politischen Verantwortung der Deutschen Volksunion würde dieses kriminelle Gesindel nicht mehr über unseren Rechtsstaat lachen. Wir von der Deutschen Volksunion würden schon dafür sorgen, dass diesem kriminellen Gesindel das Lachen im Hals stecken bleiben würde, indem die DVU schnellstens ­ natürlich nach rechtsstaatlicher Form ­ dafür sorgen würde, dass diese kriminellen Subjekte dahin zurückbefördert werden, wo sie auch hergekommen sind, nämlich nach Westafrika oder sonst wo, und das sofort und rechtsstaatlich.

Ich kann Ihnen auch noch garantieren, dass diese kriminellen Subjekte nie wieder nach Deutschland einreisen können würden. Ich fordere Sie im Namen der Deutschen Volksunion auf, endlich effektive und durchgreifende Maßnahmen gegen Frauenhandel und Zwangsprostitution zu ergreifen! Reden Sie hier also nicht nur, sondern handeln Sie endlich einmal, denn es ist höchste Zeit, weil selbstverständlich auch ausländische Frauen ein Recht darauf haben, vor kriminellen Ausländern und deutschen Menschenhändlern geschützt zu werden!

Frau Hoch, Sie haben eben mitleiderregend erzählt und ausgeführt, dauerndes Bleiberecht für diese Frauen, dauerndes! Natürlich ist es so, dass dann, wenn es hier erst gang und gäbe ist, mehr Frauen hier herüberkommen werden, das ist ja ganz klar, und dass diese Frauen auch noch finanzielle Unterstützung bekommen sollen und so weiter. Sie haben dabei aber ganz vergessen, wie das alles zu bezahlen ist und wer das Ganze bezahlen soll. Ich nehme einmal an, wieder einmal der deutsche Steuerzahler. Das kann es ja wohl nicht sein, nicht mit der Deutschen Volksunion! ­ Ich bedanke mich!

Präsident Weber: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Herderhorst.