Polizeikommissariate

Vor der Umorganisation der Polizei gab es Polizeiinspektionen mit integrierten Polizeikommissariaten (landesweit 26) und Inspektionen mit einem separaten Polizeikommissariat am Ort (landesweit 14). Daneben bestanden besondere Strukturen in Hannover, Oldenburg, Osnabrück-Stadt und -Land, Göttingen und Wilhelmshaven, wo jeweils mehrere Kommissariate bzw. kein Kommissariat am Sitz der Polizeiinspektion eingerichtet war. Eine weitere Sondersituation bildete die alte Polizeidirektion Braunschweig, wo zwischen Behörde und den Kommissariaten keine Polizeiinspektion eingerichtet war.

Grundsätzlich haben sich eigenständige Polizeikommissariate am Sitz einer Polizeiinspektion und daraus resultierend Parallelstrukturen von Kriminal- und Ermittlungsdiensten und Zentralen Kriminaldiensten an einem Ort nicht bewährt. Es bestanden insbesondere Nahtstellenproblematiken und Doppelzuständigkeiten sowie überlappende Führungsverantwortlichkeiten. Mit den weitestgehend selbständigen Polizeikommissariaten am Sitz - teilweise sogar im gleichen Gebäude - der Inspektion waren in der täglichen Ablauforganisation viele Schnittstellen auszumachen, die den Koordinierungs- und Abstimmungsbedarf im Vergleich zur heutigen Integration eher erhöht als erleichtert haben.

So hatte bereits die damalige Landesregierung in ihrer Antwort auf eine Große Anfrage zur Umsetzung der Polizeireform 1994 (Drs. 13/2069) mit dem Hinweis auf einen erforderlichen Modifizierungsbedarf bilanziert, dass sich Schnittstellenprobleme dort herausgestellt hätten, wo am Ort einer Polizeiinspektion ein Polizeikommissariat mit eigenständiger Leitung eingerichtet worden ist und man dem erkannten Modifizierungsbedarf schrittweise entsprechen werde, was in der Folge jedoch unterblieb.

Im Zuge der im Jahr 2004 erfolgten Umorganisation wurden die Polizeikommissariate am Ort der Polizeiinspektion in diese integriert. Hierdurch wurden eine Führungsebene entbehrlich und die Gesamtverantwortlichkeit sowie die Leistungsfähigkeit am Ort gestärkt. Für die Großstädte Braunschweig und Hannover wurden gesonderte Regelungen getroffen. Die Integration hat sich weit überwiegend bereits jetzt bewährt und insbesondere zu folgenden Vorteilen geführt:

­ (Führungs-)Verantwortlichkeiten sind genauer geregelt und liegen in einer Hand. Es wurden klare, straffere Strukturen mit kürzeren Entscheidungswegen geschaffen; Fachkompetenz wurde gebündelt, die Arbeitsabläufe wurden durch Schnittstellenreduzierung optimiert, der Koordinierungsaufwand wurde minimiert.

­ Die Zusammenlegung der Ermittlungsführung der vormals organisatorisch getrennten Kriminalund Ermittlungsdienste und Zentralen Kriminaldienste minimiert bei der Kriminalitätsbekämpfung Schnittstellen und Koordinierungsaufwand. Es kann schneller und lageangepasst (re-)agiert werden, z. B. durch vereinfachte Bildung von Ermittlungsgruppen/Sonderkommissionen. Zusätzlich hat sich der interne Informationsaustausch verbessert. So waren in der Altstruktur beispielhaft für die Stadt Oldenburg drei Organisationseinheiten (zwei Kriminal- und Ermittlungsdienste und der Zentrale Kriminaldienst) mit unterschiedlichen räumlichen Zuständigkeiten und schnittstellenbehafteten Bearbeitungszuständigkeiten betraut; mit der Aufhebung dieser aufbauorganisatorischen Trennung erfolgt nun eine Kriminalitätsbekämpfung aus einer Verantwortlichkeit.

­ Die Integration des Einsatz- und Streifendienstes in den Bereich „Einsatz" vereinfacht die Koordination auch in diesem Aufgabenfeld wesentlich durch beispielsweise schnelleres Umsetzen von taktischen Maßnahmen. Der Leiter Einsatz koordiniert die Einsatzlagebewältigung vor Ort direkt mit dem jeweiligen Leiter Einsatz- und Streifendienst ohne eine zwischengeschaltete Führungsebene. Dem erhöhten Einsatzaufkommen in den Inspektionen mit mehreren Einsatz- und Streifendiensten am Ort (Göttingen, Oldenburg, Osnabrück) wurde insoweit Rechnung getragen, als dass dort im Sachgebiet „Einsatz" neben dem Leiter Einsatz zur Einsatzkoordination eine weitere Funktion des höheren Polizeivollzugsdienstes eingerichtet worden ist und jedem Einsatz- und Streifendienst ein Leiter vorsteht. Inwiefern der Aufgabenzuwachs in den drei Städten auf diesem Weg angemessen kompensierbar ist, wird in der anstehenden Evaluation besonders betrachtet werden.

­ Bei der Aufgabenwahrnehmung des Innendienstes und der Verwaltung hat die Umstrukturierung zu schlankeren Strukturen (z. B. durch Zusammenlegung von Geschäftszimmern) und Synergieeffekten geführt, wodurch auch Personal für andere Aufgaben freigesetzt werden konnte.

­ Aus externer Sicht ergibt sich ein weiterer Vorteil dergestalt, dass durch den Wegfall einer Führungsebene nur noch ein polizeilicher Partner am Ort vorhanden ist. Das Ansprechen der Polizei ist damit erleichtert, die vormals mitunter erforderliche Suche nach dem konkret „Zuständigen" ist entbehrlich geworden.

Aus der Zusammenführung der vormals getrennten Dienststellen ergibt sich teilweise ein stärkeres Koordinationserfordernis zwischen dem Einsatz- und Ermittlungsbereich. Ob es an dieser Nahtstelle lediglich einer veränderungsimmanenten längeren Anlaufzeit oder einer Nachsteuerung bedarf, wird in der bevorstehenden Evaluation genauer zu analysieren sein.

Zu 4: Vor der Umorganisation wurde bei den Polizeikommissariaten unterschieden zwischen solchen mit Wechselschichtdienst, sogenannte A-Kommissariate und Kommissariaten ohne Wechselschichtdienst, sogenannte B-Kommissariate. Die Polizeikommissariate waren gleichrangige eigenständige Polizeidienststellen, unabhängig davon, ob sie rund um die Uhr Dienst oder nur einen Bedarfsdienst versehen haben und auch davon, ob sie über die für eine eigenverantwortliche Arbeit erforderliche umfassende polizeiliche Ermittlungskompetenz verfügten. Einige der Polizeikommissariate

- A - deckten funktional (z. B. im Bereich der Ermittlungskompetenz) oder zeitlich (außerhalb der Bedarfszeiten der PK - B -) deren Bereiche mit ab. Aus der Struktur erwuchs eine überbetonte Eigenverantwortlichkeit der Polizeikommissariate - B -. Auch hatte die möglichst dezentrale Aufgabenwahrnehmung mit einem stark generalistischen Ansatz mitunter zu Qualitätseinbußen gerade in spezialisierten Aufgabenbereichen geführt; zudem ergaben sich Schnittstellen durch überlagernde Verantwortlichkeiten.

Mit der Umorganisation der Polizei wurde daher für die Einrichtung eines Polizeikommissariats als Mindeststandard festgelegt, dass die Dienststelle zur Gewährleistung einer flächendeckenden Polizeipräsenz eigenständig im Einsatz- und Streifendienst „Rund-um-die-Uhr-Dienst" zu versehen und über einen Kriminal- und Ermittlungsdienst zu verfügen hat, bei dem in jedem Aufgabenfeld qualifizierte Sachbearbeiter vorhanden sind. Zusätzlich zu diesen Merkmalen muss auch in polizeitaktischer Hinsicht, etwa aufgrund der örtlichen Strukturen, aufgrund besonderer Erfordernisse der Kriminalitäts-/Verkehrsunfallbekämpfung oder zur Sicherstellung der Präsenz in der Fläche, die Notwendigkeit für die Einrichtung einer derartigen Dienststelle bestehen. Bisherige Polizeikommissariate, bei denen dieser Standard nicht erforderlich war, wurden zu Polizeistationen umgewandelt.

Unabhängig davon kann allerdings auch in Polizeistationen ein „Rund-um-die-Uhr-Dienst" versehen werden.

Die Umbenennung der Polizeikommissariate - B - in Polizeistationen hatte keineswegs zur Folge, dass in den dortigen Bereichen nachts keine Polizeibeamtinnen und -beamten mehr Dienst versehen. Die Gewährleistung der „Rund-um-die-Uhr-Präsenz" liegt in der Gesamtverantwortung des zuständigen Kommissariates bzw. der zuständigen Inspektion. In Abhängigkeit von der Größe einer Polizeistation erfolgt die „Rund-um-die-Uhr-Präsenz" im dortigen Bereich eigenständig durch die Polizeistation, im Verbund mit anderen Polizeistationen bzw. der vorgesetzten Dienststelle oder durch den Einsatz- und Streifendienst der zuständigen Dienststelle.

Im Vergleich zum 01.10.2004 wird lediglich in den folgenden vier zu Polizeistationen umgewandelten Polizeikommissariaten kein eigenständiger „Rund-um-die-Uhr-Dienst" mehr geleistet. Hierbei handelt es sich ausschließlich um Großstädte, in denen aufgrund der Struktur ortsnah eine mehrere andere Polizeidienststellen die Aufgaben in der Stadt auffangen:

­ 3. Polizeikommissariat Braunschweig/jetzt Polizeistation Querum, 4. Polizeikommissariat Braunschweig/jetzt Polizeistation Heidberg, Polizeikommissariat Kleefeld/jetzt Polizeistation Kleefeld (Hannover), 2. Polizeikommissariat Wilhelmshaven/jetzt Polizeistation Fedderwardergroden.

Hingegen wird in den folgenden acht bisherigen Polizeikommissariaten - B - erst seit der Umorganisation ein eigenständiger „Rund-um-die-Uhr-Dienst" geleistet:

­ Polizeikommissariate Bad Salzdetfurth, Meine, Meinersen, Stolzenau und Wittingen sowie

­ Polizeistationen Damme, Rastede und Wietze.

Zudem plant die Polizeidirektion Braunschweig die Einrichtung eigenständiger „Rund-um-die-UhrDienste" in den Polizeistationen Fallersleben und Vorsfelde.

An den sechs bisherigen Polizeikommissariaten - B - und jetzigen Polizeistationen in Bad Bentheim, Emlichheim, Friedland, Haren, Herzberg und Stadtoldendorf sowie den beiden bisherigen Polizeikommissariaten - B - und jetzigen Polizeikommissariaten Elze und Uslar wird wie bisher „Rund-um-die-Uhr-Dienst" geleistet.

In allen übrigen bisherigen Polizeikommissariaten - B - und jetzigen Polizeistationen wurde bisher und wird auch derzeit kein eigenständiger „Rund-um-die-Uhr-Dienst" geleistet.

Es widerspricht nicht den Zielen der Präsenzerhöhung und bürgernaher Polizeiarbeit, dass einzelne Dienststellen in Polizeistationen umgewandelt wurden. Gerade außerhalb der Regeldienstzeiten ist der wesentliche Aspekt für die Erreichbarkeit der Polizei nicht die Anzahl der vorhandenen eigenständigen Dienststellen, sondern die Verfügbarkeit von Funkstreifen, die Reaktionszeit und die Anzahl des für polizeiliche Operativaufgaben zur Verfügung stehenden Personals. Die in der zweiten Frage enthaltene Unterstellung ist insofern unzutreffend.

Im Übrigen siehe Vorbemerkungen zu Abschnitt III.

Zu 5: In den aus Polizeikommissariaten umgewandelten Polizeistationen haben sich nach Mitteilung der zuständigen Polizeidirektionen folgende Veränderungen in der Vollzugsstärke ergeben.