Wohnhaus

Die Etatansätze des Polizeihaushaltes sind durch den Nachtragshaushalt 2006 den sachlichen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten angepasst worden. Die Aufgabenerledigung der Polizei war somit in keiner Phase des Haushaltsjahres 2006 eingeschränkt.

Zu 9: Mit der Umorganisation der Polizei ist die Zahl der 5. Fachkommissariate von 20 auf 28 erhöht worden, wodurch grundsätzlich mehr kriminaltechnische Kompetenz in personeller wie materieller Hinsicht auf die Fläche verteilt wurde. Für eine qualifizierte Spurensuche und -sicherung stehen nunmehr aktuell neben den 180 hauptamtlichen Kriminaltechnikerinnen und -technikern 460 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der „spezialisierten Tatortaufnahme" zur Verfügung. Diese Veränderungen gehen einher mit qualitätssichernden Maßnahmen wie dem Implementieren einer Qualitätssicherung vor Ort durch Einrichten von Dienstposten „Sachbearbeiter/-in Kriminaltechnik/Qualitätssicherung" in den 5. Fachkommissariaten der Zentralen Kriminaldienste.

Die Polizeidirektionen und das Landeskriminalamt Niederachsen berichten durchgängig, dass sich die festgelegten Zuständigkeiten in Bezug auf die „zentrale Tatortaufnahme" (gemeint ist die „spezialisierte Tatortaufnahme") bewährt haben.

Als positiv hat sich insbesondere auch die „Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit" von spezialisiertem Personal erwiesen. Die Qualität der kriminalistischen Arbeit sowie die Vorgangserstellung haben sich deutlich verbessert. Allerdings wird der Zeitfaktor bei einzelnen Flächeninspektionen durchaus als relevante Größe angesehen.

Die Polizeidirektion Göttingen erachtet die „spezialisierte Tatortarbeit" als ein wichtiges Instrument für Tataufklärungen. Die dort mit den Tatortgruppen gemachten Erfahrungen werden aufgrund der hier vorhandenen fachlichen Kompetenzen als durchweg positiv erachtet, die über Kennzahlenerhebungen quantitativ und qualitativ belegbare Steigerungen des Spurenaufkommens - als Indiz einer zunehmenden Professionalisierung - erkennen lassen.

Eine im April dieses Jahres für den Bereich der Polizeidirektion Oldenburg durchgeführte Evaluation der Tatortgruppen, die über eine Befragung sowohl der Tatortgruppen als auch der Dienstbereiche erfolgte, die mit den Tatortgruppen zusammenarbeiten (Dienststellen/Einsatz- und Streifendienste ohne Tatortgruppe) bzw. die mit den Ergebnissen der Tatortgruppe weiterarbeiten (Zentrale Kriminaldienste), führte im Ergebnis zu außerordentlich positiven Bewertungen bei den verschiedenen Gruppen.

Die Polizeidirektion Osnabrück verzeichnet eine deutliche Steigerung der Aufklärungsquoten speziell bei den spurenträchtigen Tatorten, wie z. B. Einbruchsdiebstählen, sowie eine Qualitätsverbesserung bei der Aufnahme von Todes- und Brandursachenermittlungen. Ebenso wird hervorgehoben, dass Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen auf die Kräfte konzentriert werden können, die dann täglich mit der behandelten Materie umzugehen haben, so dass sich auch hier eine notwendige Arbeitsroutine entwickelt.

Die Polizeidirektion Hannover hat bereits im Jahr 2001 - zunächst im Rahmen eines Pilotprojekts „Zentrale Tatortarbeit" - die Tatortarbeit beim Kriminaldauerdienst des Zentralen Kriminaldienstes zentralisiert und aufgrund der äußerst positiven Erfahrungen diese Zentralisierung nach einem Jahr in die Alltagsorganisation überführt. Die Richtigkeit dieser Entwicklung wird sowohl durch die positiven Spurenstatistiken als auch dadurch verdeutlicht, dass sich die Aufklärungsquote für Delikte, die in die Bearbeitungszuständigkeit des Zentralen Kriminaldienstes fallen, kontinuierlich erhöht (2004

= 60,11 %; 2005 = 67,42 %).

Auch wenn das Landeskriminalamt Niedersachsen keine unmittelbaren Erfahrungen bzw. Berührungspunkte mit der „spezialisierten Tatortaufnahme" hat, kommt es bezüglich der dort eingehenden kriminaltechnischen Untersuchungsvorgänge ebenfalls zu einer positiven Bewertung. Die Maßnahmen haben insgesamt zu einer Steigerung der Qualität der von den Dienststellen zugehenden Untersuchungsanträge und zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt geführt.

Auf einer kürzlich im Landeskriminalamt Niedersachsen durchgeführten Tagung mit den für die Kriminalitätsbekämpfung zuständigen Dezernatsleitern der Polizeidirektionen wurde die derzeitige Organisation der „qualifizierten Tatortaufnahme" ausdrücklich befürwortet.

Zu 10: Die Polizei des Landes verfügte vor der Umorganisation an 48 Standorten über Leitstellen bzw. Lage- und Führungszentralen (ohne Ministerium und Landeskriminalamt). Darüber hinaus wurden an mehr als 90 Standorten dezentrale Einrichtungen zur Notrufannahme betrieben. Die Bedienung der dezentralen Notrufabfrageeinrichtungen auf Kommissariatsebene erfolgte zulasten anderer Aufgaben durch Personal der Einsatz- und Streifendienste. Die Vielzahl der Notrufannahmeplätze sowie insbesondere die Verschiedenartigkeit der Leitstellen führten in der Altstruktur mitunter zu Informationsdefiziten und unterschiedlichen Qualitätsstandards der Einsatzbewältigung.

Mit der Umorganisation der Polizei wurden daher auch hier einheitliche Rahmenstrukturen geschaffen. Mit Ausnahme der Polizeiinspektionen am Sitz der Polizeidirektion, wo diese Aufgaben die Lage- und Führungszentrale wahrnimmt, wurde in jeder Polizeiinspektion eine Leitstelle als integraler Bestandteil des Einsatz- und Streifendienstes mit räumlicher Zuständigkeit für den Inspektionsbereich eingerichtet. Den Leitstellen obliegen polizeiliche Führungs- und Koordinationsaufgaben sowie allgemeine Unterstützungsleistungen. Diese umfassen unter anderem die Notrufannahme und -bearbeitung, die Entgegennahme und Bearbeitung von Soforteinsätzen unter Festlegung von Führungsaufgaben, die Koordination und Führung bei Inspektionslagen, die Tatortbereichsfahndungen sowie nicht zuletzt die Einsatzdokumentation. Die Aufgaben werden von entsprechend qualifizierten Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern wahrgenommen.

Wenngleich der Prozess zur Verlagerung der Notrufannahme und zum Aufbau und Betrieb der Leitstellen noch nicht in allen Polizeiinspektionen abgeschlossen ist, zeigen die ersten praktischen Erfahrungen folgende Verbesserungen:

­ höhere Professionalität im Notruf- und Einsatzmanagement (Koordination, Disposition) durch die Häufigkeit und Routine der Einsatzannahme,

­ Entlastung der Polizeikommissariate,

­ effektiverer Personaleinsatz,

­ Kostenersparnis durch Zentralisierung der Abfrageeinrichtungen (u. a. auch bei der Leitungsmiete),

­ Reduzierung des technischen Betreuungsaufwandes.

Die in den kommenden Jahren anstehende Einführung des Digitalfunks stellt für die Gefahrenabwehrbehörden eine Basisinnovation dar. Die Landesregierung verfolgt daher das Ziel, die Leitstellenlandschaft durch eine sinnvolle Verbindung von Einsatzleitrechnertechnologien und Digitalfunk sowohl durch weitere Konzentration der Standorte als auch durch die Zusammenlegung mit Leitstellen von Feuerwehr und Rettungsdienst zu sogenannten Kooperativen Regionalleitstellen modernen und wirtschaftlichen Grundorientierungen anzupassen.

Zu 11.

Nach den vorliegenden Berichten der Polizeibehörden ist es aufgrund der Notrufzusammenschaltung mehrerer Landkreise in der polizeilichen Einsatzbewältigung grundsätzlich zu keinen nennenswerten Hindernissen gekommen.

Lediglich aus dem Bereich der Polizeidirektion Oldenburg ist ein Fall berichtet geworden, in dem es zunächst zu Irritationen über den Einsatzort kam. Die nachträgliche Auswertung der Notrufaufzeichnung hat jedoch ergeben, dass der Anrufer derart unpräzise Angaben über den Unfallort gemacht hatte, dass selbst ortskundige Kräfte erhebliche Probleme gehabt hätten, den genauen Ort zu lokalisieren. Dieser Vorfall hätte sich von daher auch bei einer anderen Organisationsform ereignen können und lässt sich nicht zwingend auf die Zentralisierung der Notrufleitungen zurückführen.

Zu 12: Voranzustellen ist, dass nicht zwangsläufig jede Polizeiinspektion „entfernt gelegen" ist; dies ist von der räumlichen Größe und dem geografischen Zuschnitt des betreffenden Landkreises bzw. Zuständigkeitsbereiches einer Polizeiinspektion abhängig.

Die Anforderung von Ermittlern aus einer Polizeiinspektion erfolgt immer dann, wenn spezielle fachspezifische Kenntnisse erforderlich sind. Dies gilt beispielsweise für die Bereiche Wirtschaftskriminalität, Staatsschutz oder für herausragende Kapitaldelikte.

Die dreijährige Fachhochschulausbildung stellt für die Polizeibeamtinnen und -beamten eine Grundqualifizierung dar, die im folgenden Berufsleben durch Erfahrungswissen und gezielte Fortbildung erweitert werden muss. Zwar unterscheiden sich Tatortaufnahmen, Vernehmungen oder andere Ermittlungshandlungen nicht in ihren Grundzügen, sie sind bei den herausragenden Deliktsbereichen jedoch in dem spezialisierten Gesamtkontext zu sehen, der vor allem durch rechtliches, fachbezogenes und kriminaltaktisches wie kriminologisches Wissen gekennzeichnet ist. Dies ist insbesondere Voraussetzung für die Entwicklung professioneller Ermittlungsstrategien.

Das im dreijährigen Fachhochschulstudium vermittelte Grundwissen kommt in der Regel zunächst in den Bereichen des Einsatz- und Streifendienstes und der geschlossenen Einheiten in der Zentralen Polizeidirektion/Landesbereitschaftspolizei zur Anwendung und wird erst im Anschluss - je nach Verwendung (z. B. im Kriminal- und Ermittlungsdienst oder im Zentralen Kriminaldienst) durch Qualifizierungsmaßnahmen erweitert. Folgende Fortbildungen werden dazu u. a. Bestimmte Aufgaben fordern mithin zusätzliche Fortbildungsmaßnahmen und praktische Erfahrungen. Konkret sind dies u. a.:

­ Tatortaufnahmen, die spezielle Spurensicherungsmaßnahmen erfordern, wie dies häufig z. B. bei Wohnhauseinbrüchen der Fall ist (Sichtbarmachung und Sicherung latenter Schuhspuren, Sicherung von Mikro- und DNA-Spuren),

­ Befundaufnahme bei Todesermittlungen,

­ Befundaufnahme bei Brandermittlungen,

­ Aufnahme von schwerwiegenden Sexualstraftaten (Vernehmung der Opferzeugen, Spurensuche und -sicherung am Opfer und am Tatort),

­ Befundaufnahme bei Betäubungsmitteldelikten,

­ Befundaufnahme bei schwerwiegenden Fällen des Raubes (Vernehmung der Opferzeugen, Spurensuche/-sicherung an Opfer und Tatort),

­ Befundaufnahme und Sicherung von Daten in Fällen der Internetkriminalität (z. B. Kinderpornografie),

­ Befundaufnahme in Fällen von Wirtschaftskriminalität und bei schwerwiegenden Betrugsfällen.