Gastgewerbe

3. Rechtliche Rahmenbedingungen

Auf den niedersächsischen Gewässern ist das Nutzungsrecht durchaus komplex geregelt.

Für die niedersächsische Nordsee gilt in erster Linie die Seeschifffahrtsstraßenordnung, daneben gelten besondere Befahrensregelungen etwa für den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Das Binnenschifffahrtsrecht sieht neben den allgemein gültigen Vorschriften für alle Binnenschifffahrtsstraßen auch regionale Regelungen vor, die insbesondere die Nutzung von Sport- und Kleinfahrzeugen betreffen.

Führerscheinpflicht

Die Führerscheinpflicht für Sportboote ist bundeseinheitlich geregelt und verlangt einen Führerschein für das Führen von Sportbooten ab einer Motorleistung von 3,68 kW. Diese starre Regelung ist von Touristikern und Fachverbänden als Hinderungsgrund für die weitere wassertouristische Entwicklung in Deutschland eingeschätzt worden. Der Bund hat im Rahmen eines Modellprojekts dahingehend Lockerungen erprobt, dass auf gefahrlos zu befahrenden Gewässern mit einem sogenannten Charterschein gemietete Sportboote geführt werden dürfen. Die Bootsgeschwindigkeit wird dabei auf max. 12 km/h und die Personenzahl auf zehn Personen begrenzt. Grundsätzlich vergleichbare Regelungen gibt es z. B. in anderen wassertouristisch interessanten Ländern wie Irland, Großbritannien, Niederlande und Skandinavien. Mit dem Charterschein gibt es in den Modellregionen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern außerordentlich positive Erfahrungen. Der Bund prüft daher im Rahmen einer Novellierung der Sportbootvermietungsverordnung-Binnen die Einführung einer entsprechenden Dauerregelung, die Ausweitung des Geltungsbereiches und die Erweiterung der zugelassenen Bootstypen.

Naturschutz

Dem Erhalt und Schutz von Natur und Landschaft wird in der Praxis durch eine Vielzahl von Maßnahmen zur Konfliktminimierung begegnet. In erster Linie wird durch geeignete Lenkungsmaßnahmen und bessere Information versucht, die Wassersportlerinnen und Wassersportler in unkritischen Bereichen zu halten. Weitere Möglichkeiten sind zeitlich befristete Sperrungen (etwa zu Brutzeiten), die Sperrung besonders sensibler Teilbereiche oder die Vollsperrung schützenswerter Gewässer. Es kommen auch Ausnahmeregelungen wie Pegelstände, Kontingentierungen oder Beschränkungen hinsichtlich der Bootsgrößen in Betracht.

Besondere Anforderungen an die Konfliktlösung zwischen Naturschutz und wassertouristischer Nutzung ergeben sich auch durch FFH-Gebietsausweisungen. Durch intensive Zusammenarbeit und Qualifizierung der touristischen Leistungsanbieter und frühzeitige Einbindung der Interessenvertreter lassen sich im Regelfall von allen Seiten akzeptierte Kompromisse erzielen.

4. Wirtschaftliche Bedeutung des Wassertourismus Größe und Bedeutung des wassertouristischen Marktes lassen sich anhand einiger vorliegender Kennziffern zwar skizzieren, das tatsächliche Nachfragevolumen ist derzeit weder für Deutschland noch für Niedersachsen quantifizierbar (vgl. auch BTE, dwif 2003). Eine quantitative Bewertung der wassertouristischen Nachfrage in Deutschland bzw. Niedersachsen ist nur über eine entsprechende Repräsentativbefragung zu erreichen.

Der Anteil der wassertouristisch motivierten Urlauber und Tagesausflügler wird statistisch nicht erfasst. Die touristische Bedeutung des Themas für Niedersachsen wird von Touristikern und Marktforschungsinstituten als durchaus hoch eingestuft.

Das Marktvolumen und die wirtschaftliche Bedeutung des Segmentes Wassertourismus kann durch folgende Daten zumindest angedeutet werden:

Die Zahl der Wassersportler liegt nach relativen Aussagen aus Befragungen (mit unterschiedlicher Methodik und Herangehensweise) zwischen 1,85 Mio. in Sportvereinen organisierter Wassersportler (DGF 2000) und 17,1 Mio. Wassersportler, die in Freizeit und Urlaub

Wassersport ausüben. Der Bundesverband Wassersportwirtschaft hat im Jahr 2000 eine Zahl von 6,34 Mio. Wassersportlern ermittelt.

Der Bundesverband Wassersportwirtschaft geht für das Jahr 2005 von einem Branchenumsatz für maritime Güter und Dienstleistungen von 1,68 Mrd. Euro in Deutschland aus. Die Hauptumsatzbringer sind Gebrauchtboote, Treib- und Schmierstoffe, Reparatur und Service, Neuboote, Ausrüstung und Zubehör, Dienstleistungen, Marinas und Bootscharter.

Zur wirtschaftlichen Bedeutung des Kanutourismus hat die Bundesvereinigung Kanutouristik e. V. in einer Grundlagenuntersuchung für den bundesdeutschen Kanumarkt (BKT 2005) folgende Eckdaten ermittelt:

­ 1,3 Mio. Kanuten gibt es in Deutschland,

­ davon sind 985 000 aktive Kanuten (69 000 aktive Vereinskanuten) und rund 330 000

Kanuten, die eher selten zum Paddel greifen.

­ 383 000 besitzen ein eigenes Boot, 533 000 sind Mieter bei touristischen Anbietern, die über ca. 28 000 Boote verfügen.

­ Jeder Kanute verbringt im Durchschnitt 9,7 Tage auf dem Wasser,

­ das ergibt 12,7 Mio. Personentage pro Jahr bezogen auf alle Nutzergruppen und

­ Ausgaben in Höhe von 31,5 Euro pro Person und Tag (ohne Bootsmiete),

­ und letztendlich hochgerechnet einen Bruttoumsatz von 409 Mio. Euro (Personentage x durchschnittliche Tagesausgaben),

­ Ausgaben für Ausrüstung/Zubehör der Kanutouristen in Höhe von 387 Mio. Euro (315 Euro pro Kanute), zusammen 48 Mio. Euro durch die Kanuanbieter,

­ macht zusammen 845 Mio. Euro,

­ nach Abzug der MwSt. verbleiben knapp 740 Mio. Euro touristischer Nettoumsatz,

­ 17 626 Vollzeitarbeitsplätze sind davon abhängig.

Es profitieren:

­ Gastgewerbe, Einzelhandel, Dienstleister,

­ Baubranche, Bootshersteller,

­ indirekt: Zulieferer von Vorleistungen,

­ qualitativ: weitere touristische Anbieter beleben ein schon attraktives Wasserrevier, der Freizeit- und Erlebniswert für die Bevölkerung steigt,

­ Kommunen profitieren von Ausgaben der Touristen, aber auch von den Gewerbe- und Einkommensteuern aus touristischen Aktivitäten.

Wachstum ist auch im Bereich „Bootsferien ohne Führerschein" zu erwarten. In Mecklenburg-Vorpommern ist der Umsatz im Bootschartertourismus nach der Deregulierung von 2000 bis 2005 um 41 % gestiegen. In Niedersachsen liegen diese Potenziale wegen der geltenden Führerscheinregelung noch weitgehend brach. Der Bundesverband Wassersportwirtschaft, ADAC (Bereich Sportbootschifffahrt) und der Deutsche Boots- und Schiffbauerverband haben gemeinsam ein Deregulierungskonzept entwickelt, das am 30.10. anlässlich der Hanseboot der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Um den Charterboottourismus in Niedersachsen zu stärken, sollte den Deregulierungsempfehlungen gefolgt werden. Die Beratungsbüros BTE Tourismusmanagement, Regionalentwicklung, Berlin, und dwifConsulting GmbH, Berlin, weisen bereits in der im Auftrag des Deutschen Tourismusverbandes Grundlagenuntersuchung Wassertourismus in Deutschland (2003) auf die durchweg positiven Erfahrungen des bundesdeutschen Pilotprojekts zum Charterschein und die langjährigen positiven Erfahrungen im europäischen Ausland hin. Dafür erscheinen in Niedersachsen die Gewässer Aller, Elbe, Elbe-Seitenkanal, Mittelandkanal, Oste, Oste-Hamme

Kanal, Schwinge und Medem grundsätzlich geeignet zu sein. Eine Entwicklung dieses Bereiches ist allerdings auch an ein entsprechendes Investoreninteresse geknüpft und lässt sich nicht allein über den Aufbau der wassertouristischen Infrastruktur in Gang setzen.

5. Wassertouristische Projekte in Niedersachsen

Wassertouristische Projekte im Bereich der Regierungsvertretung Oldenburg

Wasserwanderplan Ostfriesland-Emsland

Insbesondere im gesamten Raum Ostfriesland/Emsland ist die Entwicklung des Wassertourismus in den letzten Jahren intensiv vorangetrieben worden. Die Tourismusregion ist bemüht, sich mit der Förderung des Wassertourismus einen weiteren zukunftsträchtigen Markt im Hinterland der Küste zu erschließen. MW hat entsprechende Aktivitäten immer unterstützt. Von den ostfriesischen und emsländischen Gebietskörperschaften (Landkreise Ammerland, Aurich, Cloppenburg, Emsland, Friesland, Leer und Wittmund und den kreisfreien Städten Emden und Wilhelmshaven) ist mit einer Landesförderung in Höhe von 50 % (80 443,52 Euro aus Ziel 2) ein Konzept zur Entwicklung eines gemeinsamen überregionalen Wasserwanderwegenetzes erarbeitet worden. Ziel dieses Konzepts war eine inhaltliche und abgestimmte Entwicklung eines Netzwerkes von Wasserwanderwegen sowie die Koordinierung und Bündelung der regionalen Aktivitäten. Es ist die Funktionsfähigkeit des jetzigen Wasserwegenetzes für das Wasserwandern analysiert worden. Darüber hinaus ist ein Maßnahme- und Finanzierungsplan abgeleitet worden, der die erforderlichen Baumaßnahmen (insgesamt mehr als 350 gelistete Maßnahmen) im Einzelnen darstellt.

Für den Teilraum Emden-Aurich ist die Entwicklung bereits mit ersten Umsetzungsschritten vorangetrieben worden. Die Stadt Emden und der Landkreis Aurich haben für das Projekt „Attraktivierung der Schleusen Borssum und Rahe mit Begleitmaßnahmen zur touristischen Nutzung" eine Projektförderung in Höhe von 95 % (7 409 000 Euro aus Ziel 2, Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und Wirtschaftsförderfonds) erhalten. Damit wurde u. a. die touristische Entwicklung der Raher Schleuse am Ems-Jade-Kanal und der Borssumer Schleuse am Emder Hafen ermöglicht und die Funktionsfähigkeit des jetzigen Wasserwanderwegenetzes auf Dauer sichergestellt.

Im Landkreis Leer sind aus dem Wasserwanderplan einige Maßnahmen umgesetzt sind in Planung, so z. B. die Höherlegung der Brücke in Poghausen am Nordgeorgsfehnkanal (Gemeinde Uplengen) und die Errichtung einer Schleuse an der Einmündung des Nordgeorgsfehnkanals in die Jümme bei Stickhausen. Beide Maßnahmen sind von erheblicher Bedeutung, um die Durchgängigkeit des Rundkurses Ems-Jade-Kanal - Nordgeorgsfehnkanal - Jümme - Leda und Ems sicherzustellen und Vernetzungen in die Niederlande oder z. B. dem Fehntjer Tief, Barßeler Tief, Lange Maar nachhaltig zu verbessern. Ein Konzept wurde bereits durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küstenund Naturschutz erstellt.

Erklärtes Ziel ist es, gemeinsam mit den Landkreisen und Städten weitere Bausteine des Wasserwanderwegekonzeptes Ostfriesland/Emsland umzusetzen. Dabei wird allerdings nicht zuletzt wegen der Kofinanzierungsproblematik der Ausbau der wassertouristischen Infrastruktur (Anleger, Ein- und Auslassstellen, Ver- und Entsorgungsstellen, Rastplätze, Beschilderung usw.) im Fokus stehen. Hierbei ist im Gegensatz zu Investitionen in gewässertechnische Anlagen wie Schleusen oder Brücken mit wesentlich geringeren Investitionssummen zu rechnen.

Paddel und Pedal

Dieses Projekt gilt bundesweit als Vorzeigeprojekt im Bereich Wassertourismus. Ausgehend von vier Stationen im Landkreis Leer 1997 sind bis heute 19 Stationen eingerichtet worden und zwar in

­ Apen-Augustfehn am Aper Tief/Augustfehnkanal (05/2002),

­ Aurich am Ems-Jade-Kanal (07/2005),