Wohlfahrt

Es ist typisch für das Problem der Mischfinanzierung, dass der vom Bund gesetzte finanzielle Anreiz das Land oder seine Kommunen zu Ausgaben veranlasst, die sie selbst im Rahmen ihrer Verantwortung für die Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben und der hierfür zu setzenden Prioritäten nicht, nicht zu diesem Zeitpunkt oder in anderer Weise getätigt hätten. Die vom Bund zur Verfügung gestellten Gelder lösen vielmehr einen politischen Zwang114 aus, diese Mittel keinesfalls verfallen oder gar anderen Ländern zugute kommen zu lassen. Kommt, wie im vorliegenden Fall, hinzu, dass sich Bund und Länder über die Förderung aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht einig waren, so führt der letztlich gefundene Kompromiss zu einer überhasteten Förderung und damit zu Fehlanreizen und zu einer Kettenreaktion an Fehlsteuerungen in den nachgeordneten staatlichen Ebenen, beginnend mit unzureichenden Förderrichtlinien bis hin zur fehlenden Kontrolle des Erfolgs der finanziellen Förderung. Ebenso typisch ist, dass eine solche Mischfinanzierung die klare Aufgabenteilung und -verantwortung zwischen dem Bund und den Ländern verwischt, das Budgetrecht und die Budgetverantwortung des Landtages schmälert, letztlich auch Mitnahmeeffekte begünstigt und das Problem der Folgelasten den Ländern oder, wie im vorliegenden Fall, den Kommunen überlässt.

Fehlende Finanzierungskompetenz des Bundes?

Die vorstehenden Bedenken gegen das Bundesprogramm verdichten sich, weil zumindest zweifelhaft ist, ob der Bund überhaupt die Kompetenz für ein solches Investitionsprogramm hatte.

Initiator der Investitionsförderungen im Ganztagsschulbereich war der Bund. Seine Finanzierungskompetenz leitete er aus Artikel 104 a Abs. 4 GG in der im Jahr 2003 noch geltenden Fassung ab, der ihm eine Finanzierungskompetenz für Investitionshilfen zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft im Bundesgebiet sowie zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums einräumte.

Neben Niedersachsen hatten mehrere Länder bereits in der Planungsphase der Verwaltungsvereinbarung Kritik an der beabsichtigten Förderung geübt, weil sie nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes keine Finanzierungskompetenz des Bundes für schulische Angelegenheiten sahen. In der Tat sind im Förderrahmen

Bundesverfassungsgerichtsentscheidung (BVerfGE) 39, 96, 110. des Artikels 104 a Abs. 4 GG Investitionen nur für die darin genannten Zwecke erlaubt, jedoch nicht dann, wenn bildungspolitische Ziele im Vordergrund stehen, die allein von den Ländern zu verantworten sind1. Letztere finden sich jedoch ausdrücklich in der Präambel der Bund-Länder-Vereinbarung, während sie zu den Voraussetzungen des Artikels 104 a Abs. 4 GG schweigt.

Der Bund hielt trotz dieser gewichtigen verfassungsrechtlichen Bedenken an dem geplanten Finanzierungsweg fest, dem sich die Länder mit dem Abschluss der Verwaltungsvereinbarung letztlich anschlossen.

Auf eine solche, mit Artikel 104 a Abs. 4 GG kaum zu vereinbarende Finanzierung von Länderaufgaben durch den Bund hatte der LRH bereits im Jahresbericht 2002 hingewiesen.

Die Landesregierung hatte daraufhin im Rahmen der parlamentarischen Beratung dieses Jahresberichts zugesagt, „bei einer seitens des Bundes in Aussicht gestellten Finanzhilfe nach Art. 104 a Abs. 4 GG auch in Zukunft unter allen Gesichtspunkten zu prüfen, ob die angebotene Finanzhilfe durch die Bestimmungen des Art. 104 a Abs. 4 GG gedeckt ist bzw. die übrigen Normen des Grundgesetzes zur Finanzierung der staatlichen Ebenen beachtet werden".

Dem LRH sind eine solche Prüfung und deren Ergebnis trotz der ursprünglich vom Kultusministerium selbst geäußerten Kritik an dem Vorhaben des Bundes aber auch im vorliegenden Fall nicht bekannt geworden.

Vgl. bereits BVerfGE 39, 96; Winterhoff, Finanzielle Förderung von Ganztagsschulen und Juniorprofessuren durch den Bund?, JuristenZeitung 2005, 59; Stettner, Kollusives Zusammenwirken von Bund und Ländern beim Ganztagsschulprogramm, Zeitschrift für Gesetzgebung (ZG) 2003, 315.

31. Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten - überhöhte Ausgaben für ambulante Hilfeangebote Einzelplan 05 - Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit Kapitel 05 30 - Sozialhilfe

Die vom Land mit den Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege im Bereich der Nichtsesshaftenhilfe für ambulante Hilfeangebote vereinbarten Vergütungen entsprechen nicht den Grundsätzen sparsamen und wirtschaftlichen Verwaltungshandelns.

Ungeeignete Abrechnungsparameter führen zu erheblichen Mehrausgaben.

Allgemeines:

Als überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist das Land zuständig für die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67, 68 SGB XII - Sozialhilfe -), für den gesamten Personenkreis des § 67 SGB XII bei stationären und teilstationären Leistungen, für Nichtsesshafte auch bei ambulanten Leistungen und bei der Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 Nds. AG SGB XII116).

Nach § 13 Abs. 1 SGB XII haben grundsätzlich ambulante Leistungen Vorrang vor teilstationären und stationären. In Niedersachsen wird deshalb bei der Hilfe nach den §§ 67, 68 SGB XII ein abgestuftes Hilfeangebot mit so genannten Tagesaufenthalten, Beratungsstellen für die ambulante flächenorientierte Hilfe und (im Anschluss an eine stationäre Maßnahme) mit einer nachgehenden ambulanten Hilfe vorgehalten. Das Land erbringt diese Leistungen nicht selbst, sondern durch Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege. Die Ausgaben für die dafür zu zahlenden Vergütungen belasteten das Land 2005 mit rund 10,87 Millionen.

Diese nach §§ 75 ff. SGB XII zu vereinbarenden Vergütungen sind nach den Feststellungen des LRH deutlich überhöht.

Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des SGB XII.