Boxen im außerunterrichtlichen Schulsport

In der DOSB-Presse vom Oktober 2006 wird von einem bundesweiten Pilotprojekt Boxen im Schulsport berichtet. Auf der Internetseite des Kultusministeriums steht mit Datum vom 15.02.2007 unter der Überschrift „Boxen im außerunterrichtlichen Schulsport", Niedersachsen sei „das bisher einzige Bundesland, in dem das Boxtraining als Teil des schulischen Sportangebotes zugelassen wurde".

Zu den Regelungen, die dieses Projekt kennzeichnen gehören laut Internetseite die Vermeidung von Körperkontakt, die zusätzliche Betreuung durch Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter sowie die sportliche Leitung durch besonders qualifizierte Trainerinnen und Trainer an Landesstützpunkten des Boxsportverbandes Niedersachsen. Als Grund für die Einführung des Boxtrainings an Schulen wird genannt, dass das Boxtraining die Auge-Hand-Koordination, Körperkoordination, Reaktion sowie Körperspannung schule, dass die Projektschulen einen Teil der Alltagskultur ihrer Schülerinnen und Schüler aufgriffen und sie damit ernst nähmen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. In welchen Bundesländern wird Boxen im Schulsport angeboten?

2. Wann und mit welchem Beschluss hat die KMK ihre bisherige Beschlusslage, dass Boxen im Schulsportunterricht nicht zugelassen ist, geändert?

3. Was genau ist unter „außerunterrichtlichem Schulsport" zu verstehen? In wessen inhaltlicher und finanzieller Verantwortung findet dieser Unterricht statt?

4. Mit welchen Finanzmitteln werden die zusätzlich benötigten Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter finanziert?

5. Kann sich die Landesregierung vorstellen, die Ziele des Projekts wie Schulung von AugeHand-Koordination, Körperkoordination, Reaktion sowie Körperspannung mit geringerem Aufwand zu erreichen?

6. Schulen greifen generell die Alltagskultur ihrer Schülerinnen und Schüler auf, werten und wählen aus. Kampfsport gehörte bisher nicht zu den zu vermittelnden Werten. Welche weiteren Kampfsportarten oder über die bisherigen erzieherischen Werte hinausgehende Inhalte will das Kultusministerium noch in den Schulen einführen?

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat in der Zusammenarbeit mit der „Kommission Sport" der Kultusministerkonferenz (SpoKo) kontinuierlich die Forderung nach einer Berücksichtigung des Boxsports im schulsportlichen Angebot vertreten.

Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Gewaltexzesse an Schulen hat Niedersachsen als erstes Bundesland diese Forderung aufgegriffen.

Seit 2006 wird in einem Modellversuch überprüft, ob und inwieweit ein boxsportliches Angebot im außerunterrichtlichen Schulsport ermöglicht werden kann. Dazu wurde im Kultusministerium eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sowohl den organisierten Sport, die Sportwissenschaft und die Sportmedizin als auch die polizeiliche Präventionsarbeit mit ihren Erfahrungen in dem bekannten Projekt „Kraft gegen Gewalt" einbezogen hat. Auf der Grundlage dieser Beratungen gibt es jetzt in

Niedersachsen ein Pilotprojekt zum Boxsport im außerunterrichtlichen Schulsport. Dem Modellprojekt liegt ein überzeugendes Konzept mit klaren Regelungen zugrunde.

In Anbetracht des Interesses des organisierten Sports und der dort bereitgestellten besonderen boxsportlichen und trainingspädagogischen Fachkompetenz bezieht sich der Modellversuch grundsätzlich auf Angebote im Rahmen des Aktionsprogramms Schule - Sportverein. An fünf ausgewählten Standorten des Boxsports finden mit zehn Schulen Kooperationen mit den örtlichen Vereinen in boxsportlichen Arbeitsgemeinschaften im außerunterrichtlichen Schulsport statt. Es handelt sich um sparringfreies Boxtraining, dessen sozialpädagogische Begleitung jeweils von einer örtlichen Schulsozialarbeiterin oder einem örtlichen Schulsozialarbeiter gewährleistet wird. Die Eltern der teilnehmenden Jugendlichen sind informiert worden und haben ihr Einverständnis zur Teilnahme unter diesen Rahmenbedingungen schriftlich erteilt.

Mit dem Sportinstitut der Universität Hannover wird eine Evaluation vorbereitet.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: In einigen Eliteschulen des Sports in den neuen Bundesländern findet Boxen im Rahmen der Leistungssportförderung statt. Deshalb gibt es auch Vorgaben in den Einheitlichen Prüfungsanforderungen für die Abiturprüfung im Leistungsfach Sport (EPA Sport). Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

Zu 2: Aktuell ist eine Arbeitsgruppe der Sportkommission der KMK mit der Überprüfung und Erörterung der bestehenden Beschlusslage beauftragt.

Zu 3: Der außerunterrichtliche Schulsport ersetzt keinen Unterricht, sondern ergänzt den curricularen Schulsport als schulisches Angebot. Er findet gleichwohl unter Berücksichtigung der Grundsätze für den Schulsport in inhaltlicher Verantwortung der Fachkonferenz Schulsport bzw. der Schulleitung statt. Finanzierungsfragen werden vor Ort geklärt. Kooperationen sind möglich und erwünscht. Eine Bezuschussung im Rahmen des Aktionsprogramms Schule-Verein ist gewährleistet.

Zu 4: Die in den Standorten der Modellschulen vorhandenen Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter werden in dem Pilotprojekt eingesetzt. Deshalb werden keine zusätzlichen Finanzmittel benötigt.

Zu 5: Vor dem Hintergrund der genannten Zielsetzungen und der ersten positiven Resonanz auf das Pilotprojekt ist der mit dem Projekt verbundene Aufwand sinnvoll und angemessen. Das Ergebnis der Evaluation bleibt im Übrigen abzuwarten.

Zu 6: Kampfsport gehört nach wie vor nicht zu den geforderten Inhalten. Was das Erfahrungs- und Lernfeld „Kämpfen" diesbezüglich beinhaltet, ist im Kerncurriculum Sport für den Sekundarbereich I (Anhörfassung) ausgeführt und muss im curricularen Sportunterricht grundsätzlich berücksichtigt werden. Sportarten, die sich hier nicht einordnen lassen, bedürfen nach den Grundsätzen zum Schulsport einer besonderen Überprüfung und Genehmigung, bevor sie im Schulsport vermittelt oder angeboten werden dürfen. Anträge dafür liegen zurzeit weder in den Abteilungen der Landesschulbehörde noch im Kultusministerium vor.