Versicherung

Werkstätten für seelisch Behinderte

Die Werkstätten für seelisch behinderte Menschen wurden von den Besuchskommissionen überwiegend positiv bis sehr gut beurteilt. So wird von einem gut gelungenen Konzept der WFB in Lohne berichtet, die über ein vielfältiges Angebot an Arbeitsmöglichkeiten verfügt.

Problematisiert wurde, dass in Werkstätten für seelisch behinderte Menschen wie in einer Werkstatt in Hannover, Teilzeitbeschäftigungen nicht vorgesehen waren. Die Erwartung, dass chronisch psychisch kranke Menschen im Allgemeinen einen ganzen Arbeitstag mit Anfahrt bewältigen können, ist für schwerer Erkrankte zu hochschwellig.

4. Stationäre Versorgung und allgemeine Psychiatrie

Das Betriebsklima in den psychiatrischen Landeskrankenhäusern war 2006 durch die Verunsicherung der Mitarbeiter geprägt, die angespannt die beabsichtigte Veräußerung der Landeskrankenhäuser verfolgten und die damit verbundenen Konsequenzen zu antizipieren versuchten.

Im Niedersächsischen Landeskrankenhaus Hildesheim wurde sowohl von der Leitung des Hauses als auch von den Mitarbeitern eine Personalausdünnung im Pflegebereich beschrieben, die auch der Besuchskommission auffiel. Durch die mangelhafte Besetzung, die sich auf der besuchten Station auch im ärztlichen Bereich bemerkbar machte, konnten bezugstherapeutische Konzepte nur ansatzweise umgesetzt werden. Da auf der besuchten Station auch eine Maßregelvollzugspatientin untergebracht war, konnte die Station seit mehr als einem halben Jahr nicht mehr offen geführt werden. Hintergründe für diese Belegung und die personelle Ausdünnung wurden nicht bekannt. Kritikwürdig war, dass die Patienten ihre Handys abgeben mussten, obwohl ein ungestörtes Telefonieren bei der Platzierung des öffentlichen Telefons auch für freiwillig behandelte Patienten nicht möglich war. Wenn nicht Ausnahmetatbestände dagegen sprechen, muss nach § 25 NPsychKG auch den untergebrachten Patienten die Möglichkeit gegeben werden, Telefonate frei, ohne Einschränkung und Überwachung, zu führen.

Im Klinikum Wahrendorff wurden von der zuständen Besuchskommission die gerontopsychiatrischen Stationen und eine geschlossene allgemeinpsychiatrische Station besucht. Kritisiert wurden die ungünstigen räumlichen Voraussetzungen mit wenig freundlichem Charakter. Es war fachlich nicht nachvollziehbar, warum Fixiergeschirre in offenbar demonstrativer Weise präsent waren. Für die Fixierungen von mehrfach regelmäßig fixierten Patienten fehlten richterliche Genehmigungen. Die Besuchskommission stellte einen unsensiblen und unreflektierten Umgang mit Fixierungen und den damit verbundenen erheblichen Einschränkungen der Freiheit der Bewegung fest.

Ebenfalls bedrückend bezeichnete die Besuchskommission Hannover den baulichen Zustand der Station 53 B der MHH. Neben der Renovierungsbedürftigkeit der wenig wohnlichen Räume, wurde auch die ungünstige Lage des Patiententelefons beklagt. Auch war das Angebot von Ergotherapie und sonstigen therapeutischen Maßnahmen unzureichend.

Bei den besuchten tagesklinischen Stationen stellte die Besuchskommission Hannover erneut den Trend fest, dass dort zunehmend weniger Menschen mit chronisch verlaufenden Psychosen als vielmehr Menschen mit Anpassungsstörungen, Depressionen und Angstkrankheiten behandelt wurden.

Die Tageskliniken des Klinikums Wahrendorff und des St. Annenstift in Twistringen hinterließen einen insgesamt guten bis vorbildlichen Eindruck. Allerdings schienen chronisch psychisch kranke Menschen mit Psychosen von dieser Behandlungsform weitgehend ausgeschlossen zu sein.

Die von der Besuchskommission Braunschweig besuchten Stationen der Privatnervenklinik Dr. Fontheim befanden sich z. T. in einer Umbauphase. Insgesamt erschien die personelle und räumliche Ausstattung ausreichend.

Von der Besuchskommission Weser/Ems Süd wurde der Suchtbereich des Niedersächsischen Landeskrankenhauses Osnabrück besucht. Speziell die Station S 5 wurde durch die Renovierung deutlich aufgewertet. Nachteilig und lähmend machten sich aber die hohen Temperaturen, die im Sommer entstanden, bemerkbar (im Dienstzimmer Temperaturen bis zu 45 Grad Celsius). Neben baulichen Problemen, auch bei der Nutzung von Außenbereichen wirkte sich auf die Behandlung besonders problematisch aus, dass einige Kassen bereits 3 Tage nach Aufnahme der Patienten die Kostenzusage infrage stellten.

Die Paracelsus-Berghof-Klinik in Bad Essen und die St. Josef-Stift-Fachklinik in Holte/Lastrup wurden von der zuständigen Besuchskommission sehr positiv beurteilt. Von den Kliniken selbst wurde der ständig steigende Verwaltungsaufwand beklagt. Die besuchte Paracelsus-Wittekind-Klinik in Bad Essen konnte umständehalber noch nicht ausreichend beurteilt werden.

Über die Planung der Zusammenlegung des Grafschafter Klinikum und des Marienkrankenhauses Nordhorn und der damit verbundenen Verlegung der Psychiatrie in die Hannoverstraße in Nordhorn wurde bereits im 21. Ausschussbericht berichtet. Auch unter Berücksichtigung der geltend gemachten Argumente, dass durch eine Verlegung der psychiatrischen Klinik die gewachsenen Strukturen zu den anderen medizinischen Disziplinen zerschlagen würde, und unter Berücksichtigung der Eingaben ehemaliger Patienten, sah sich der Ausschuss nicht in der Lage, eindeutig gegen die beabsichtigte Verlegung zu votieren. Er schloss sich vielmehr der Sicht der Besuchskommission Weser/Ems Süd an, die eine rasche abgestimmte Planung zur Weiterentwicklung der psychiatrischen Klinik forderte.

Die Besuchskommission Weser/Ems Nord stellte fest, dass die Forderung der Europäischen Besuchskommission zur Überwachung von fixierten Patienten im Reinhard-NieterKrankenhaus Wilhelmshaven und im Klinikum Emden nicht so durchgeführt wurden, dass fixierte Patienten durch Sitzwachen hätten entlastet und beruhigt werden können. Vielmehr waren Stationszimmer entweder mit Glasfenstern versehen worden oder die Patienten wurden fixiert auf Klinikflure geschoben, um gleich mehrere fixierte Patienten durch eine Sitzwache überwachen zu lassen.

Die vom Ausschuss bereits mehrfach monierte Praxis der Unterbringung von Jugendlichen in der Erwachsenenpsychiatrie wurde erneut ohne erkennbare Lösung für das Reinhard25

Nieter-Krankenhaus in Wilhelmshaven, für die Ubbo-Emmius-Klinik (Norden) und für das Klinikum Emden berichtet.

5. Stationäre kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung

Weil es sich um den Tätigkeitsbericht des Ausschusses handelt, werden nicht insgesamt Entwicklungen und Planungen eines Gebietes beschrieben. Aus den einzelnen Gebieten werden vielmehr diejenigen Angelegenheiten aufgeführt, mit denen sich der Ausschuss befasst hat.

Der Ausschuss hat in seiner Sitzung am 13.12. 2006 ­ ausgehend von den Problemen bei der Versorgung von Jugendlichen mit Fremdgefährdung durch Auswirkungen schwerwiegender psychischer Störungen ­ sich Zeit für eine allgemeine Erörterung von Fragen der Kooperation und präventiver Strategien genommen, allerdings ohne konkrete Ergebnisse.

Ambulante Versorgung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie

Seit Ende des Berichtsjahres bieten außer den Ersatzkrankenkassen auch die Gesetzlichen Krankenversicherungen in Niedersachsen (so wie schon des längeren in fast allen Bundesländern) den Fachärzten für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Vertragsarztpraxen /Medizinischen Versorgungszentren die Möglichkeit einer Sozialpsychiatrie-Vereinbarung an. Der Ausschuss hatte in den vergangenen Jahren wiederholt die darauf abzielenden Bemühungen der Landesgruppe des Berufsverbandes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie unterstützt. Von den 69

Fachärzten für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Vertragsarztpraxen nehmen inzwischen 54 (aus 43 Praxen bzw. MVZ) an der Sozialpsychiatrie-Vereinbarung teil.

Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienste gem. § 7 Abs. 2 NPsychKG nehmen in der Region Hannover, in Wolfsburg und im Landkreis Soltau vielseitige Aufgaben der Versorgung sowie der Unterstützung und Beratung in Kooperationszusammenhängen wahr.

Institutsambulanzen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie sind an 14 der 15 stationären Einrichtungen (Fachkrankenhäuser bzw. Abteilungen) vorhanden und werden in erheblichem Umfang in Anspruch genommen.

Stationäre Versorgung auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie

An den 15 stationären Einrichtungen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Niedersachsen standen Ende des Berichtsjahres 594 Betten und 107

Tagesklinikplätze zur Verfügung. Weniger als 25 Betten haben die 5 Einrichtungen in Göttingen, Holzminden, Oldenburg und Wilhelmshaven, mehr als 50 Betten haben die vier Einrichtungen in Hannover, Hildesheim, Ganderkesee und Neuenkirchen.