Altenheim

Beim Besuch eines Pflegeheimes des DRK Helmstedt ergab sich eine grundsätzliche kontroverse Diskussion darüber, ob der Besuch statthaft ist. Die Besuchskommission sah daraufhin die Grundlage für die Fortsetzung des Besuches an diesem Tag nicht gegeben.

Trotz positiver Wahrnehmung des Engagements der Mitarbeiter und des Betriebsklimas wurde die Personalausstattung im Haus Oelber der Diakonische Werke Himmelsthür in Baddeckenstedt für unzureichend angesehen. Die räumliche Situation im Haus Triangel der Diakonischen Werke Himmelsthür in Sassenburg wurde als erheblich verbesserungsbedürftig bewertet.

Für die Evangelische Stiftung Neuerkerode, einer Einrichtung mit 823 geistig und z. T. geistig/seelisch behinderten Bewohnerinnen und Bewohnern, wurde nach eigenen Berechnungen ein Fehlbedarf von etwa 190 Stellen angegeben.

Für die Besuchskommission Hannover hat sich ein Heim für seelisch Behinderte in Bockenem als beratungsresistent erwiesen. Unverändert fand die Besuchskommission die seit Jahren monierten, unhaltbaren Zustände vor. Im Vergleich zu anderen Einrichtungen waren die Bewohner weder baulich angemessen untergebracht, noch war eine ausreichende Tagesstruktur erkennbar. Die massiven Beanstandungen vergangener Jahre hatten trotz Einschaltung der Heimaufsicht zu keinen wesentlichen Konsequenzen geführt. Es war fraglich, ob das Heim die mit dem Kostenträger vereinbarten Eingliederungshilfeleistungen überhaupt erbringt und auf Auflagen reagiert. Inzwischen wurde dem Betreiber der Betrieb des Heimes mit sofortiger Wirkung am 23.04.2007 untersagt.

Auch die geschlossene Frauenstation sowie die geschlossene Außenwohngruppe in Grasdorf, zugehörig zum Heimbereich des Klinikum Wahrendorff, blieben trotz der seit Jahren geäußerten Beanstandungen beratungsresistent. Demonstrativ sichtbar aufgehängte Fixierungsgurte auf der geschlossenen Frauenstation bestätigten den Eindruck der geringen Förderungsbemühungen. Auch die räumliche Ausstattung des Gutshofes gab Anlass zur Wiederholung der Beanstandungen.

Dem gegenüber hob die Besuchskommission positiv das inzwischen voll sanierte Haus 7 des Klinikums Wahrendorff hervor. Der Besuchskommission fiel auf, dass die positive räumliche Gestaltung eine positive Auswirkung auch auf die Haltung der Mitarbeiter und Bewohner zu haben schien.

Ein Heim in Polle für Menschen, die sowohl an einer Suchtkrankheit als auch an einer Psychose leiden, beurteilte die Besuchskommission nicht positiv. Neben unzureichender Tagesstruktur fehlten entsprechende Förderpläne und Zielvorgaben für die Bewohner.

Während die erfreuliche Entwicklung für das Wohnheim Haus Mohmühle registriert wurde, strich die Besuchskommission einen durchweg positiven Eindruck für die Heimstatt Röderhof in Diekholzen bei Hildesheim heraus, das den Bewohnern optimale Bedingungen bot.

Durch ein direktes Gespräch mit der Geschäftsführung für ein DRK Pflegeheim in Hannover konnte erreicht werden, dass seit Jahren beanstandete Missstände angesprochen werden konnten und erhebliche Verbesserungen einschließlich verbesserter Fortbildungen für die Mitarbeiter durchgeführt werden konnten.

Ein Heim für Demenzkranke in Bad Nenndorf ließ Zweifel an der fachlichen Kompetenz der Betreuung aufkommen. Die Gestaltung der Räume und der Zugang zum Garten waren überhaupt nicht alters- oder behindertengerecht hergerichtet. Hinweise für eine Tagesstrukturierung fehlten. Trotz gegenteiliger Bekundung lagen keine richterlichen Genehmigungen für die geschlossenen Unterbringungen der Bewohner vor.

Problematisch erschien der Besuchskommission Lüneburg die Zusammensetzung der Bewohner eines Heimes in Kirchlinteln. Die Diagnosen reichten vom Down-Syndrom bis zur endogenen Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, von der geistigen Behinderung bis zu schweren psychischen Störungen. Fraglich war, ob den sehr unterschiedlichen Anforderungen der Bewohner überhaupt Rechnung getragen werden kann.

Für eine Einrichtung für geistig behinderte Menschen in Lilienthal wurden die Hilfebedarfsgruppen nach dem HMB-Verfahren problematisiert, da mit diesem Verfahren zeitaufwendige Verhaltensstörungen nicht berücksichtigt würden. Im Übrigen wurde vermerkt, dass von der Autorin des Verfahrens eine Pflegesatzzuordnung nicht vorgesehen war.

Die Besuchskommission Weser-Ems/Süd beurteilte die besuchten Wohnheime in Osnabrück, Melle, Steinfeld, Nordhorn und die betreute Wohngruppe in Papenburg weitgehend positiv und registrierte ein aufgeschlossen engagiertes Personal.

Problematisiert wurde das Betreute Wohnen in Meppen, bei dem der Trägerverein sowohl als Anbieter des Betreuten Wohnens als auch als Vermieter der Räumlichkeiten auftrat.

Insgesamt blieben bei der neuen Organisationsform viele Fragen offen, die zukünftig zu klären sind.

Während die Besuchskommission Weser-Ems/Nord die Entwicklung des Seniorenwohnzentrums in Brake positiv erwähnte, weil die früher festgestellten Mängel zwischenzeitlich behoben werden konnten, wurden bei einem Seniorenpflegeheim in Wiefelstede unklare Unterbringungsverhältnisse der Bewohner angetroffen. So waren die Aufnahmegründe und die Pflegedokumentation für Außenstehende nicht nachvollziehbar, ebenso wenig konnte erkannt werden, ob für regelmäßige Fixierungen eine richterliche Genehmigung vorlag.

Die problematische Unterbringung eines 17-jährigen Jugendlichen in einem Heim in Dornum konnte mit dem zuständigen Sozialdezernenten des Landkreises Aurich besprochen werden.

Dabei gab der Landkreis die Zusage bis März 2007 einen geeigneten Hilfeplan für diesen Jugendlichen zu erstellen und umzusetzen.

Besonders positiv hob die Besuchskommission Weser-Ems/Nord die neuen Wohnmodelle der Seniorenwohngemeinschaft Friedrichsfehn und des Seniorenparks in Norden hervor.

Auch ein Altenheim auf der Insel Langeoog zeichnete sich durch die individuell an der spezifischen Beeinträchtigung alter Menschen orientierten Betreuungsleistung aus, die ein selbstständiges Wohnen, soweit dies möglich war, sicher stellten.

8. Ausblick

Die Folgen des Verkaufs der Niedersächsischen Landeskrankenhäuser wird man in Zukunft genau beobachten müssen. Das davon ausgehende Signal verstärkt einen Trend, der sich bereits vorher ankündigte. Marktwirtschaftliche und wettbewerbsorientierte Kriterien spielen eine zunehmend dominante Rolle in der psychiatrischen Versorgungslandschaft. Das kann im positiven Sinne dazu führen, dass bisher fehlende Angebote eingerichtet und bereits bestehende Angebote zu Gunsten der Betroffenen flexibel weiter verbessert und optimiert werden können.

Aber die Entwicklung ist nicht sicher absehbar und noch nicht ausreichend klar darzustellen.

Denn die Dominanz marktwirtschaftlicher und wettbewerbsorientierter Ansätze kann auch bedeuten: Expansion durch Kundengewinnung und anschließende Kundenbindung, ohne dass der Integrationsansatz weiter verfolgt wird. Im Allgemeinen werden Kunden durch Komfortversprechen gewonnen und durch entsprechende Konstruktionen und Vertragsgestaltungen gebunden. Dabei besteht die Gefahr, dass der personenzentrierte Ansatz der Sozialpsychiatrie durch einen produktorientierten Ansatz ersetzt wird. Dann wird nicht mehr die Leistung erbracht, die der Patient tatsächlich benötigt, sondern das Leistungsbündel, das die größte Wertschöpfung verspricht. Gemacht wird das, was bezahlt wird! Nach wie vor problematisch sind die Gewöhnung an Unselbstständigkeit und der Verlust an Fähigkeiten durch die Abnahme von Selbstverantwortung und Selbstbestimmung.

Komfortable Angebote können durchaus dazu verführen, die Frage nach der Notwendigkeit oder nach Alternativen nicht mehr zu stellen. Im normalen Konsumentenalltag ist diese Frage geradezu überflüssig evident. Häufig kommen die komfortableren Angebote aber nicht den „Kränkesten", die z. B. an einer schweren Psychose erkrankt sind, zu Gute, sondern einer größer werdenden Gruppe eher psychoreaktiver Störungen.

Zu recht werden psychiatrische Versorgungsangebote infrage gestellt, die ihr meist schwerkrankes und hilfloses Klientel vernachlässigen oder sogar misshandlungsnah agieren.

Insgesamt zeichnet sich ein noch nicht klar zu differenzierender Trend ab. Psychische Störungen nehmen in den Bereichen zu, wo den höher werdenden gesellschaftlichen Normerwartungen an Effektivität und Effizienz des Einzelnen nicht mehr entsprochen werden kann und damit die soziale Anerkennung ausbleibt. Es sind vor allem Anpassungsstörungen, Angststörungen und depressive Störungen. Der nicht selten blande und reversible Beginn entwickelt sich bei der bestehenden Angebotslage und den gesellschaftlichen Bedingungen zu einer schweren Störung, die Erwerbsunfähigkeit und Invalidisierung zur Folge haben kann.

Man ist andererseits immer wieder überrascht, wie sich Krankheitsdefinitionen an ökonomischen Schemata und Kategorien orientieren. Da wird ein vergleichsweise „leichtes" Störungsbild deutlich pathologischer definiert, um die Finanzierung der an und für sich notwendigen therapeutischen Leistung zu erlangen. So wird aus einer depressiven Reaktion oder einer leichten depressiven Episode, die ambulant keine zeitnahe Hilfe fand, stationär mindestens eine mittelschwere, wenn nicht schwere depressive Episode mit allen Symptomen, die dazu gehören.

Marktwirtschaftliche Konstruktionen verlangen nach einem stimmigen Anschein, zumindest auf dem Papier, ohne dass eine realitätsgerechte Rückkopplung vorausgesetzt werden kann.

Ökonomische Konstruktionen funktionieren eine zeitlang durchaus allein als Konstrukt. Die Dominanz marktwirtschaftlicher Vorgaben führt auch im psychiatrischen Bereich dazu, dass gesellschaftliche Wirklichkeit so konstruiert wird, dass sie schließlich in marktwirtschaftliche Schemata passt. Innovationen können sich im Bereich neuer Hilfeangebote, aber auch im Bereich neuer Krankheitskonstruktionen niederschlagen. Dabei drängt sich die Frage auf:

Wo bleibt der personenzentrierte Ansatz? Wie zwingend ist die marktwirtschaftliche Dominanz? Kann ein maßvoller Pragmatismus gefunden werden?

Die Dominanz von Wettbewerb und Marktwirtschaft hat bereits in einigen Sozialpsychiatrischen Verbünden die konstruktive, kooperative und inhaltliche Arbeit blockiert.