Unzureichende Wirtschaftlichkeit der Telearbeit

Beschlüsse des Landtages

a) vom 17.11.2004 (Nr. 18 der Anlage zu Drs. 15/1400)

b) vom 08.11.2006 (II Nr. 2 a der Anlage zu Drs. 15/3283)

c) vom 13.12.2007 (II Nr. 2 a der Anlage zu Drs. 15/4300 - nachfolgend nochmals abgedruckt)

Die Landesregierung wird gebeten, den Landtag bis spätestens zum 31.12.2007 über den Sachstand zu unterrichten.

Antwort der Landesregierung vom 05.12.

Die Antwort der Landesregierung vom 13.03.2005 in der Drs. 15/1744 wird wie folgt abschließend ergänzt:

Die Landesregierung hat mit den Gewerkschaften eine Vereinbarung gemäß § 81 NPersVG über Telearbeit in der Landesverwaltung (Nds. MBl. 2005 S. 160) zum 01.01.2005 abgeschlossen.

Dabei wurden folgende Ziele bestimmt:

­ Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf,

­ Steigerung der Effizienz und Motivation,

­ Steigerung der Produktivität der Sachbearbeitung,

­ Ergebnisorientiertes Führungsverhalten durch Zielvereinbarungen,

­ Einsparung von Sachmitteln,

­ Ökologischer Effekt durch Reduzierung des Berufsverkehrs.

Das MI wurde beauftragt, den weiteren Ausbau von Telearbeit in der niedersächsischen Landesverwaltung zu unterstützen.

Das wichtigste Ziel der Landesregierung, durch die Telearbeit eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu realisieren, ist erreicht. Die Telearbeit ist eine Arbeitsform, mit der diesem Ziel in hohem Maße Rechnung getragen wird. Auch die weiteren in der Vereinbarung genannten Ziele werden erfüllt. Durch die größere Flexibilität und Zeitsouveränität sowie eine ruhigere Arbeitsatmosphäre ist ein höheres Leistungspotenzial, eine höhere Arbeitszufriedenheit und eine Steigerung der Effizienz und der Effektivität zu beobachten. Durch die Möglichkeit der alternierenden Telearbeit sparen die Telearbeitenden Fahrkosten und vor allem Fahrzeiten und der Berufsverkehr wird verringert.

Auch das Führungsverhalten ändert sich. Zwischen den Telearbeitenden und den Telemanagerinnen und Telemanagern werden Vereinbarungen geschlossen, um die anfallenden Arbeiten zu erledigen. Das Führungsverhalten orientiert sich nicht mehr an formalen Kriterien wie z. B. der Kontrolle der Anwesenheit, sondern entwickelt sich zu einem ergebnisorientierten Führungsverhalten.

In seiner koordinierenden und unterstützenden Funktion achtet das MI nach wie vor darauf, dass bei der Verfolgung der beschriebenen Qualitätsziele so wirtschaftlich wie möglich verfahren wird, weil die in der Vereinbarung genannten Ziele den Aspekt der Wirtschaftlichkeit einbeziehen. Mit dem Inkrafttreten der „81er-Vereinbarung" entfiel daher die Zahlung der Aufwandsentschädigung, und die Arbeitszeitmöglichkeiten der Telearbeitenden wurden geregelt.

Um den Aspekt der Wirtschaftlichkeit systematisch zu verfolgen, wurden vom MI, Stabsstelle Verwaltungsmodernisierung, mit drei Modellbehörden in Niedersachsen Zielvereinbarungen abgeschlossen. Diese Behörden haben im Verlauf von über zwei Jahren Telearbeit eingeführt, um die genannten Ziele zu verwirklichen.

Eine Modellbehörde für Telearbeit ist die Niedersächsische Schulinspektion in Bad Iburg. Dort werden die Schulinspektorinnen und Schulinspektoren landesweit in mobiler Telearbeit tätig. Die Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften in Hannover hat als zweite Modellbehörde die alternierende Telearbeit - konzentriert in einem Aufgabengebiet - eingeführt, um schwerpunktmäßig bestehende räumliche Probleme zu lösen. Die dritte Modellbehörde ist das Finanzamt Leer, wo Telearbeit im Zusammenhang mit der Einführung von Gesundheitsmanagement realisiert wurde, um Einsparungen bei den Mietkosten zu erreichen. Aus Sicht dieser Behörden stellt sich die wirtschaftliche Zielerreichung ausschließlich erfolgreich dar.

Darüber hinaus wurde beim MI, Stabsstelle Verwaltungsmodernisierung, ein Einzelarbeitsplatz als Telearbeitsplatz eingerichtet, um zu überprüfen, ob es auch in Einzelfällen möglich ist, die genannten Ziele zu erreichen. Das Ergebnis wird beispielhaft in der Anlage beschrieben.

In allen Modellbehörden konnten Möglichkeiten zur Vermeidung von Mehrkosten von Telearbeit und Produktivitätssteigerungen nachgewiesen werden. Eine Einsparung von Personalkosten durch die Produktivitätssteigerungen der Telearbeiten ergibt sich jedoch nicht. Dies wäre möglich, wenn die Anzahl der Telearbeitenden im Verhältnis zu den in konventioneller Arbeitsform Tätigen in der niedersächsischen Landesverwaltung einen nennenswerten Umfang hätte und Telearbeitsplätze für einen bestimmten (planbaren) Zeitraum eingerichtet werden könnten. Dieses ist jedoch nicht der Fall. Bislang wird die Telearbeit in den Dienststellen überwiegend in Einzelfällen praktiziert. Hinzu kommt, dass Telearbeitsplätze nicht auf Dauer oder für einen bestimmbaren Zeitraum eingerichtet werden, sondern vonseiten der Telearbeitenden oder von der Dienststelle jederzeit beendet werden können. Insofern ist eine konkrete und zuverlässige Planung hinsichtlich der Einsparung von Personalkosten durch die Produktivitätssteigerungen der Telearbeiten gegenwärtig nicht zu realisieren.

Bei der Niedersächsischen Schulinspektion wurde die Personalplanung von vornherein darauf ausgerichtet, dass alle Schulinspektorinnen und Schulinspektoren ihre Inspektionen und die damit verbundenen Berichte in Telearbeit erledigen. Hier war es schon bei der Planung möglich, eine Einsparung von Personalkosten zu erzielen und zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der vom LRH angesprochenen Produktivitätssteigerungen, die durch die Realisierung der Telearbeit entstehen können, ist zu bedenken, ob es nicht sinnvoller und auch wirtschaftlicher ist, die Produktivität hemmenden Faktoren im betrieblichen Bereich zu erkennen und durch organisatorische oder personelle Maßnahmen zu mindern, sodass höhere Leistungsanforderungen nicht nur an die Telearbeitenden, sondern mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung an alle Beschäftigten gerichtet werden können. Dadurch wird es zu Produktivitätssteigerungen kommen, die zu messbaren Einsparungen im Bereich der Personalkosten führen werden. Dies ist aber Aufgabe aller Behörden.

Die Modellbehörden haben erfolgreich nachgewiesen, dass durch Telearbeit die vereinbarten Ziele auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erreicht werden können. In allen beteiligten Dienststellen hat die Einführung von Telearbeit einen Lern- und Entwicklungsprozess ausgelöst, an dem nicht nur die Telearbeitenden und ihre Telemanagerinnen und Telemanager beteiligt waren, sondern die gesamte Dienststelle. Telearbeit ist insofern ein Instrument zur Optimierung der Geschäftsprozesse und zur Teamentwicklung. In diesem Sinn wird die Landesregierung den weiteren Ausbau der Telearbeit in der Landesverwaltung unterstützen.

Anlage Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport - Stabsstelle Verwaltungsmodernisierung Wirtschaftlichkeit der Telearbeit bei einem Einzelarbeitsplatz:

Bei der Stabsstelle Verwaltungsmodernisierung wurde ein Einzelarbeitsplatz als Telearbeitsplatz eingerichtet, um zu überprüfen, ob es auch in Einzelfällen möglich ist, Telearbeitsplätze wirtschaftlich zu gestalten.

Der Sachbearbeiter dieses Arbeitsplatzes hätte für den Fall, dass Telearbeit auf diesem Arbeitsplatz nicht möglich gewesen wäre, seine Arbeitszeit auf die Hälfte reduziert, um sein Kind betreuen zu können. Wegen der Einführung der Telearbeit auf diesem Arbeitsplatz wurde die Arbeitszeit nicht reduziert und die Kosten für eine notwendige Personalneubeschaffung sind entfallen. Die Kosten für eine notwendige Personalneubeschaffung in der Entgeltgruppe 11 TV-L liegen im Mittelwert bei ca. 23 000 Euro.

Für die Einrichtung des Arbeitsplatzes entstanden einmalige Kosten der technischen Einrichtung in Höhe von 425 Euro. Dieser geringe Kostenfaktor ergibt sich, weil die Büroeinrichtung selbst beschafft worden war und zusätzlich keine „dienstlichen" Einrichtungsgegenstände angeschafft werden mussten. Somit entstand durch die Telearbeit eine einmalige Einsparung von 22 575 Euro.

Die laufenden Kosten stellen sich wie folgt dar: Für die Hard- und Software und die Verbindungskosten müssen monatlich ca. 100 Euro aufgewendet werden. Wegen der Einrichtung des Telearbeitsplatzes wurde das Büro in der Dienststelle von einem Einzelbüro in ein Büro umgewandelt, das jetzt von zwei Mitarbeitern genutzt wird. Durch dieses „desk-sharing" ergeben sich monatliche Einsparungen bei Miete, Reinigung, Strom etc. in Höhe von 182 Euro.

Insgesamt ergibt sich somit eine monatliche Einsparung von 82 Euro.

Selbst wenn man den Kostenfaktor der Bruttopersonalkosten für eine Wiedereinstellung (Mittelwert 23 000 Euro) außer Acht lassen würde, wäre die Wirtschaftlichkeit dieses Telearbeitsplatzes durch die monatlichen Einsparungen sichergestellt. Eine noch höhere Einsparquote wäre durch eine konsequente Umsetzung von „desk-sharing" bei Telearbeitenden und Teilzeitkräften möglich. Hierzu wäre jedoch ein konkretes Raummanagement erforderlich.

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass auch Einzelarbeitsplätze, die mit einem oder einer Telearbeitenden besetzt werden, wirtschaftlich gestaltet werden können. Der Grad der Wirtschaftlichkeit hängt dabei von der konsequenten Umsetzung einzelner Einsparpotenziale ab.

lt. Tabellen der standardisierten Personalkostensätze für die Durchführung von Gesetzesfolgenabschätzungen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen, der Durchschnittssätze für die Veranschlagung der Personalausgaben sowie der Durchschnittssätze für die Berechnung der haushaltswirtschaftlichen Auswirkungen der Altersteilzeit aus RdErl. d. MF vom 29.03.2005 (Nds. MBl. S. 274)