Zukunft der Finanz-IT - Was tut die Landesregierung für den IT-Standort Niedersachsen?

Die FinanzIT GmbH ist das Rechenzentrum der Sparkassen und Landesbanken in Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Berlin, im Saarland sowie der ostdeutschen Länder. Die Gesellschaft verfügt neben ihrem Hauptsitz in Hannover über Standorte in Berlin, Leipzig und Saarbrücken. Die FinanzIT kam 2006 auf 650 Millionen Euro Umsatz und beschäftigt rund 2 700 Mitarbeiter, davon 1 800 in Hannover. Die sich seit Monaten abzeichnende Fusion der FinanzIT mit der Sparkassen Informatik (SI), dem anderen noch verbliebenen Rechenzentrum der Sparkassenorganisation, scheint nunmehr festzustehen.

Bereits im Juli 2007 fragten wir die Landesregierung nach der Bedeutung und der Zukunft der FinanzIT und damit des IT-Standortes Niedersachsen.

Die Landesregierung antwortete am 12.07.2007: „Die Erhaltung des Standorts Hannover für Produktion und Anwendungsentwicklung sowie der Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze sind für den Sparkassenverband Niedersachsen, die NORD/LB und das Unternehmen FinanzIT eine unabdingbare Voraussetzung für einen Zusammenschluss und wird als Eckpunkt in die Gespräche eingebracht."

Die aktuelle Presseberichterstattung sieht die anstehende Entwicklung deutlich kritischer. Die HAZ kommentierte am 28.12.2007 die Auswirkungen der Fusion für Hannover mit der Überschrift „Unerfreulich" und schreibt weiter: „Das Vorhaben geht jetzt den auch vom Sparkassenverband Niedersachsen gewünschten Gang - und der wird für Hannover nicht erfreulich sein. Schließlich soll der geplante Zusammenschluss enorme Kostenersparnisse bringen. Ein beträchtlicher Teil davon dürfte in Form eines Stellenabbaus bei der FinanzIT realisiert werden. Vor allem aber verliert der in Sachen Hightech ohnehin schwachbrüstige Standort Hannover eine wichtige Unternehmenszentrale in diesem Bereich. Die Warnungen der Arbeitnehmervertreter vor dieser Lösung waren also nicht aus der Luft gegriffen. Von Verhandlungen auf Augenhöhe kann keine Rede mehr sein. Die Sparkassen Informatik sitzt am längeren Hebel - und das werden die Verantwortlichen zu nutzen wissen". Größte Gesellschafter der FinanzIT sind die Sparkassenverbände Niedersachsens sowie Ostdeutschlands mit jeweils 16,5 %, die Norddeutsche Landesbank (NORD/LB) mit 15,6 %, die Landesbank Berlin mit 15 % und die NORD/LB-Tochter Bremer Landesbank mit 10,4 %. Der Rest liegt bei anderen Sparkassenverbänden sowie Landesbanken. Finanzminister Möllring ist Aufsichtsratsvorsitzender der NORD/LB, die größte Gesellschafterin der FinanzIT ist.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie beurteilt sie die pessimistischen Prognosen der Presse für die Arbeitsplätze und das Know-how am Standort Hannover?

2. Ist sie der Auffassung, dass der Standort Hannover für die Produktion und vor allem für die Anwendungsentwicklung langfristig gesichert ist?

3. Wie beurteilt die Landesregierung nunmehr die angestrebte Fusion in Hinblick auf die 1 800 größtenteils hoch qualifizierten Arbeitsplätze in der Landeshauptstadt und Hannover als IT-Standort?

4. Was hat das Land - auch in seiner Eigenschaft als Miteigentümer eines wichtigen FinanzITGesellschafters - getan, um möglichst viele Arbeitsplätze und Know-how in Niedersachsen zu erhalten?

Der Sparkassenverband Niedersachsen und die NORD/LB haben sich sehr stark für einen Erhalt der FinanzIT in der heutigen Form (Stand-Alone-Lösung) eingesetzt.

Die Gesellschafterversammlung der FinanzIT, die neben Sparkassenverband Niedersachsen und Nord/LB neun weitere Gesellschafter umfasst, hat nach ausführlichen Beratungen dann aber entschieden, dass die Zukunftsfähigkeit der Automationstechnik für die Sparkassen nur durch einen Zusammenschluss der beiden verbliebenen IT-Dienstleister gewährleistet werden könne. Folgende Aspekte waren für diese Entscheidung maßgeblich:

1. Strategisch ist für die gesamte S-Finanzgruppe ein bundesweit einheitliches IT-System zukunftweisend. Über 40 Mio. Kunden können künftig bundesweit auf eine einheitliche Sparkassenlösung zurückgreifen.

2. Die Migrationskosten und die Synergiepotentiale werden in einer fairen Balance auf alle beteiligten Unternehmen der Gruppe verteilt.

3. Die vielfach, auch politisch eingeforderte Kosteneinsparung wird bei gleichzeitig sicheren und modernen IT-Dienstleistungen zu einer Stabilisierung der gesamten S-Finanzgruppe und damit zu Wettbewerbsvorteilen führen.

4. Der Hauptstandort der S-FinanzIT in Hannover wird dauerhaft qualitativ abgesichert.

5. Bis 2012 werden betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen.

Nur dadurch sei eine nachhaltige Überlebenschance der FinanzIT gesichert. Einig war sich die Gesellschafterversammlung, dass Produktion und Entwicklung in Hannover weiter durch qualifiziertes Personal wahrgenommen werden soll. Der Erhalt des Standortes Hannover ist nach Angabe des Sparkassenverbandes Niedersachsen und der Nord/LB gesichert.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Mit dem Zusammenschluss der FinanzIT mit der Sparkassen Informatik wird ein IT-Dienstleister geschaffen, der nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Sparkassen mit ihren über 24 000 Arbeitsplätzen in Niedersachsen verbessern wird. Gleichzeitig wird der so geschaffene, große IT-Dienstleister ein attraktiver und zukunftsorientierter Arbeitgeber sein.

Aufgrund von notwendigen strategischen Weiterentwicklungen in der Kernbankfunktionalität als auch bei der Kosteneffizienz ist die FinanzIT - nach eigener Aussage der Geschäftsführung - zukünftig darauf angewiesen, mit einem starken Partner zusammen zu arbeiten.

Bei der Auswahl eines Partners wurden verschiedene Optionen geprüft. Die Entscheidung für eine Zusammenführung der FinanzIT mit der Sparkassen Informatik stellt dabei die auch aus Sicht der Arbeitnehmer - aber auch der Sparkassen - mit Abstand sicherste und zukunftsträchtigste Alternative dar.

Der Standort Hannover wird dabei ein wichtiges Standbein der neuen Gesellschaft sein. Dies gilt für die Entwicklung von Software als auch für die Produktion der IT-Dienstleistungen und wurde in den Verhandlungen ausdrücklich für Hannover - als einzigen der heutigen Finanz-IT-Standorte schriftlich zugesagt.

Die Hauptvorteile eines Zusammengehens mit der Sparkassen Informatik sind in folgenden Punkten zu sehen:

­ Chance zum Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze am Standort Hannover,

­ die IT-Strategie für die Sparkassen bleibt innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe,

­ umfangreiche Synergien kommen zu 100 % den Sparkassen zugute und stärken ihre Wettbewerbsposition,

­ geringes Umsetzungsrisiko, keine Marktrisiken,

­ langfristiger Investitionsschutz,

­ Know-how-Bündelung.

Zu 2: Ja, der Standort Hannover wird für die Produktion und die Anwendungsentwicklung gesichert sein.

Dies hat die Sparkassen Informatik in den Verhandlungen ausdrücklich bestätigt. Bis zum Jahr 2012 wird es keine Standortschließungen über die bereits (vor den Fusionsverhandlungen) geplanten hinaus und auch keine betriebsbedingten Kündigungen geben.

Diese Rahmenbedingungen werden in der kommenden Phase der Detaillierung und Formulierung des Fusionsvertrages entsprechenden Eingang finden.

Abgesehen von den vertraglichen Regelungen muss auch betrachtet werden, dass in der gegenwärtigen Phase des IT-Fachkräftemangels ein großes Interesse des IT-Dienstleisters daran besteht, qualifizierte Mitarbeiter zu halten, auszubilden oder gar zu gewinnen.

Zu 3: Vor dem Hintergrund der eingangs beschriebenen Ausgangsituation und möglichen Handlungsalternativen der FinanzIT ist die angestrebte Fusion mit der Sparkassen Informatik die bestmögliche Lösung im Hinblick auf die Arbeitsplätze in Hannover:

­ Es erfolgt keine (teilweise oder vollständige) Veräußerung der FinanzIT z. B. an durch kurzfristige Gewinnziele geprägte internationale Investoren.

­ Es erfolgt kein „Weiter-wie-bisher" mit dem als sicher anzunehmenden Risiko der sukzessiven Abwanderung von Sparkassen als Kunden bzw. von Gesellschaftern der FinanzIT aus anderen Regionen mit der damit einhergehenden schrittweisen Ausdünnung der Geschäftsbasis.

­ Kostenoptimierungen wären auch ohne eine Fusion mit der Sparkassen Informatik erforderlich gewesen, um die Wettbewerbsfähigkeit des IT-Dienstleisters und dessen angeschlossener Sparkassen zu sichern.

­ Das neue Unternehmen wird wie zuvor die FinanzIT durch Sparkassen und Sparkassenverbände gesteuert.

­ Die Sparkassen Informatik hat konkrete Aussagen zum Erhalt des Standorts Hannover getroffen, sowohl hinsichtlich der Produktion als auch der Anwendungsentwicklung.

­ Der zu bildende IT-Dienstleister wird einer der Großen in Europa sein und attraktive und zukunftsorientierte Arbeitsplätze bieten.

Unter Berücksichtigung der beschriebenen Ausgangssituation, Rahmenbedingungen und Zusammenhänge ist daher die geplante Fusion der FinanzIT mit der Sparkassen Informatik als eine Handlung zur Standortsicherung und nicht der Standortgefährdung zu sehen.

Zu 4: Die Landesregierung hat die Entwicklung bei der FinanzIT stets aufmerksam verfolgt und begrüßt außerordentlich, dass es in den Verhandlungen gelungen ist, wesentliche und bedeutende Eckpunkte für eine Fusion der FinanzIT und der Sparkassen Informatik durchzusetzen, wie eine qualitative und quantitative Hauptstandortgarantie für Hannover und den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 2012.

Die Landesregierung steht in engem Kontakt mit den niedersächsischen Gesellschaftern der FinanzIT und hat sich zeitnah über die Entwicklung der Verhandlungen informiert und diese auch mit Vertretern der Beschäftigten der FinanzIT eingehend erörtert. Sie hat mit Nachdruck deutlich gemacht, wie wichtig der Standort Hannover für die IT-Technologie ist ohne dabei die berechtigten Interessen der betroffenen Sparkassen und Landesbanken aus den Augen zu verlieren.