Strafvollzug

Ausländergesetz hier die Fristen mit drei Monaten und in Ausnahmefällen sechs Monaten sehr kurz setzt.

Herr Herderhorst hat im Übrigen bereits darauf hingewiesen ­ dafür bin ich ihm sehr dankbar ­, dass die durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Abschiebegewahrsam bei zehn beziehungsweise elf Tagen liegt. Das ist selbstverständlich der Durchschnitt, hier gibt es Ausreißer nach oben und unten. Die Rechtssicherheit für Abschiebehäftlinge, deren Rechte und Pflichten gesetzlich klar definiert werden, muss meiner Ansicht nach gegeben werden.

Sofern Abschiebehäftlinge in den Justizvollzugsanstalten untergebracht sind, Herr Herderhorst hat ja darauf hingewiesen, dass das in mehreren Bundesländern so ist, gilt das Strafvollzugsgesetz. Immer mehr Länder haben diese Regelungen übrigens im Bereich Inneres, was auch, glaube ich, seine nachvollziehbaren Gründe hat, weil es in der Tat nicht um verurteilte Straftäter geht, die ihre Haft absitzen, sondern um freie Menschen, die hier zum Zwekke der Durchsetzung der Ausreisepflicht in Gewahrsam genommen werden. Das ist, glaube ich, schon ein Unterschied. Deswegen finde ich es auch nicht richtig, dass sie in Justizvollzugsanstalten untergebracht werden. In vielen Bundesländern ist dies aber noch der Fall. In diesen Fällen gilt also das Strafvollzugsgesetz. Parallel dazu sollte in Abschiebeeinrichtungen, die in der Verantwortung einer Innenverwaltung stehen, so ein Gesetz zum Abschiebegewahrsam eingeführt werden.

Wir haben in diesem Gesetz eindeutige Regelungen gefunden, die zum Beispiel die Unterbringung und Verpflegung, die Besuchsmöglichkeiten und Besuchserlaubnisse, den Urlaub und Ausgang, Post, Telefon, Mediennutzung, medizinische und soziale Betreuung betreffen und bezüglich der Unterrichtung der Abschiebungshäftlinge über ihre Rechte und Pflichten in der Gewahrsamseinrichtung und über den vorgesehenen Ausreisezeitpunkt. Das sind, glaube ich, alles sehr wichtige und praktische Punkte, die umzusetzen sind.

Sie haben dies teilweise ebenfalls in Ihrem Gesetzentwurf. Sie haben aber darüber hinaus andere Punkte aufgeführt, dass nämlich Urlaub und Ausgang hier zu gewähren sind. Meine Damen und Herren, wenn Sie Abschiebehäftlingen, die zum Zwecke der Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung im Abschiebegewahrsam sind, Urlaub geben, dann werden sie untertauchen. Das ist dann doch etwas, was das Gesetz ad absurdum führt. Es gab einmal in Brandenburg in Eisenhüttenstadt ein offenes Abschiebegewahrsam. Ich weiß nicht, wie viele sie abgeschoben haben, aber ich glaube, die Zahl war gering, weil alle anderen weg waren. Sie haben es dann auch geändert.

Meine Damen und Herren, Urlaub und Ausgang können nicht gewährt werden. Die Abschiebehaft kann nur dann angeordnet werden, das ist bereits gesagt worden, wenn der behördlichen Aufforderung zur Ausreise nicht nachgekommen wurde. Urlaub und Ausgang gefährden deshalb den Zweck der Abschiebehaft. Die Möglichkeit zu einer bezahlten Arbeit, wie Sie es fordern, ist nicht realisierbar, weil erstens kein Ausgang gewährleistet werden kann, wie ich schon sagte, und zum anderen bei einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von elf Tagen, glaube ich, die Möglichkeit, in einem Abschiebegewahrsam Arbeit zu schaffen, auch wenig sinnvoll ist.

Meine Damen und Herren, ich finde es sehr wichtig, dass Einzelheiten der medizinischen Betreuung geregelt werden, aber bitte nicht im Gesetz, weil es hier auf den Einzelfall ankommt. Sie sollen durch einen Erlass flexibler geregelt werden. Dieser Erlass wird, Herr Kleen, das sage ich auch gern, dann auch durch die Innendeputation verabschiedet werden. Die Innendeputation wird hier beteiligt werden.

Das ist ein ganz sensibler Punkt, der auch entsprechend geregelt werden muss. Entscheidend ist, dass die notwendige Betreuung in vollem Umfang gewährt wird und Einzelheiten der Leistungserbringung an die jeweilige Lage anzupassen sind.

Ich will nur ein Beispiel nennen, meine Damen und Herren, weil immer so getan wird, als wären wir Unmenschen bei diesen hier im Gewahrsam Einsitzenden. Natürlich wird eine muslimische Frau, die krank ist, nicht von einem Arzt des Polizeigewahrsams oder des polizeilichen Dienstes untersucht, wenn sie dies nicht will, sondern wenn sie eine Ärztin haben will. Das versteht sich doch eigentlich von selbst. Das braucht man nicht im Gesetz zu regeln, sondern wir werden das hier, wie gesagt, in einem Erlass regeln. Unser Vorschlag folgt der Devise, so menschlich wie möglich, aber auch so effektiv wie notwendig.

Meine Damen und Herren, damit möchte ich überleiten auf den anderen Antrag Abschiebungshaft vermeiden. So effektiv wie notwendig! Herr Dr. Güldner, unser Problem heute ist nicht, die Abschiebehaft zu vermeiden, unser Problem ist, dass wir eine erhebliche Zahl von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern haben, die eben nicht ausreisen. Jeder, der hier in Abschiebehaft genommen wird, hat die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise. Er nutzt sie nicht. Andere, die durch viele Erlasse, Verwaltungsgerichtsentscheidungen und so weiter vollziehbar ausreisepflichtig sind, tauchen unter, und das regelt nun das Bundesgesetz, das Ausländergesetz, dass sie dann in Abschiebehaft genommen werden müssen.

Die Unterstellung, die ich diesem Antrag entnehme, dass die Abschiebehaft zu früh und zu häufig angeordnet wird, möchte ich auf das Schärfste zurückweisen.

(Beifall bei der CDU)

Hier wird ein streng rechtsstaatliches Verfahren nach Richterentscheidung durchgeführt, Herr Herderhorst hat bereits darauf hingewiesen. Die Ausländerbehörde stellt ja nur den Antrag. Aus dem Text Ihres Antrages geht es so hervor, als würde die Ausländerbehörde über die Haft entscheiden. Das macht natürlich ein Richter. Schon dadurch ist hier ein streng rechtsstaatliches Verfahren gewährleistet. Die Persönlichkeits- und Freiheitsrechte der Betroffenen werden in Bremen sehr gewissenhaft beachtet.

Ihre weiteren Vorschläge hier entsprechen entweder ohnehin der ständigen Praxis, oder die Ausländerbehörden sind aufgrund bundesgesetzlicher Vorgaben verpflichtet, hier bestimmte Dinge durchzuführen, oder aber Ihre Vorschläge sind darüber hinaus sogar unzulässig.

Im Einzelnen: Es entspricht bereits jetzt ständiger Verwaltungspraxis, dass es einen Vorrang der freiwilligen Ausreise gibt, es gibt die Vorladung bei der Ausländerbehörde zur Besprechung der Ausreisemodalitäten, bei der nochmals Gelegenheit zur kurzfristigen freiwilligen Ausreise gegeben wird. Ich sage es noch einmal, jeder, der in Abschiebehaft genommen wird, hat die Möglichkeit, freiwillig auszureisen. Er wird beraten, wie er das machen kann, er bekommt Hinweise, und wenn er es dann nicht tut, so sagt das Ausländergesetz, muss er in Abschiebehaft genommen werden, die Ausländerbehörde muss einen entsprechenden Antrag stellen und der Richter entscheidet.

Sie haben in Ihrem Antrag auch die Regelung zu besonderen Personengruppen enthalten. Diese Praxis ist, nachdem die Verwaltungsvorschriften zum Ausländergesetz erlassen wurden, nicht mehr möglich, meine Damen und Herren. Wenn es um die Minderjährigen geht, die das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, um Ausländer, die das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet haben, oder um schwangere Mütter innerhalb der gesetzlichen Mutterschutzfristen, dann bestehen detaillierte Regelungen zu deren Schutz, und eine Abschiebehaft kann dann auch in diesen Fällen nicht mehr angeordnet werden.

Aus vielen Gründen sind die Vorschläge, die Sie gemacht haben, nicht realisierbar, weil sie das Bundesrecht betreffen und die Bremische Bürgerschaft aufgrund bundesgesetzlicher Vorschriften im Ausländerrecht auch nicht die Möglichkeit hat, entsprechend anders zu entscheiden.

Meine Damen und Herren, unabhängig davon, wie sinnvoll und praktikabel Ihre Vorschläge, ich habe ja gesagt, dass sie bereits weitgehend durchgesetzt sind, ansonsten noch sein mögen, meine ich, dass aus Rechtsgründen das, was Sie darüber hinaus vorgeschlagen haben, nicht durchsetzbar ist.

Zur Praktikabilität, Herr Dr. Güldner, der weitere

Antrag Verbesserung der Situation in der Abschiebehaft Bremen-Vahr: Meine Mitarbeiter haben mir hier sehr gewissenhaft zu jedem einzelnen Ihrer Vorschläge aufgeschrieben, wie der Stand ist. In fast 80 Prozent der Fälle ist das, was Sie fordern, bereits in die Praxis umgesetzt oder eingeleitet worden oder ist, wenn es um Mobiliar oder andere Dinge geht, nur im Moment noch nicht realisierbar, wird aber realisiert, oder es liegt nicht in der Macht der Ausländerbehörde oder vielmehr der Polizei, die für das Abschiebegewahrsam zuständig ist. Wenn es zum Beispiel um das Kartentelefon geht, liegt es daran, dass die Telekom hier so etwas nicht mitmacht.

Herr Dr. Güldner, ich möchte noch einmal folgende Fragen ansprechen: Sie sagen, dass die Tapezierung statt einer Kachelung vorgenommen werden soll. Ich habe mir das dort einmal angeschaut. Das ist in zwei Zellen getestet worden, hat sich aber nicht bewährt, weil die Tapeten nach einer Woche so aussahen, dass man sie anderen Abschiebehäftlingen, die dort dann danach hineinkamen, nicht mehr zumuten konnte, weil zum Beispiel dort Zeitungen mit Honig oder Butter an die Wand geklebt wurden. Das ist auch alles dokumentiert. Wir haben uns dann entschieden, doch bei der Kachelung zu bleiben.

Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt auf die einzelnen Dinge, die ich hier aufgeschrieben bekommen habe, nicht eingehen, weil das, wie gesagt, in fast 80 Prozent der Fälle realisiert ist, es angestoßen wurde oder aus Gründen, die die Abschiebehafteinrichtung nicht zu verantworten hat, nicht möglich ist. ­ Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU) Präsident Weber: Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Abg. Dr. Güldner (Bündnis 90/Die Grünen) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich begrüße an dieser Stelle auch noch einmal ausdrücklich, dass wir Sie, Herr Innensenator, in dieser grundsätzlichen Frage, ob diese Art des Freiheitsentzuges auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden muss oder nicht, die seit zehn Jahren in Bremen immer wieder vertagt wurde ­ und ich glaube, ich habe es vorhin auch nicht anders dargestellt, als ich jetzt auch sage ­, an unserer Seite wissen. Aber ein Gesetzentwurf in einer Schublade, zu dem der Senator verkündet, wir machen ihn nicht mehr in dieser Legislaturperiode, nützt nun aber niemandem. Es ist nun Tatsache, dass wir das heute erst durch diese Initiative hier auf dem Tisch haben und beschließen. Das ist nun einmal so.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zur freiwilligen Ausreise und zur Haftvermeidung, Herr Senator! Sie schildern einen theoretischen Zustand, nämlich dass alle diese Dinge in Bremen bereits gemacht würden. Das deckt sich allerdings überhaupt nicht mit den Erfahrungen und Berichten aus der Praxis. Ich selbst war ja auch öfter vor Ort und habe mit vielen Leuten gesprochen. Ich habe diesen Fall des Mannes aus den Philippinen geschildert. Man kann ja sagen, das könnte ein Einzelfall sein. Wir haben aber definitiv sehr viele Menschen, die nicht wegen irgendwelcher komischer Sachen, sondern aus reinem Eigeninteresse natürlich der freiwilligen Ausreise den Vorzug vor einer Abschiebung mit den entsprechenden Stempeln im Pass und Begleitung des Bundesgrenzschutzes in ihr Heimatland geben. Das ist logisch, das würden wir an dieser Stelle auch so tun. Daran gibt es überhaupt nichts zu deuteln.

Die Praxis in Bremen ist völlig anders, als Sie das jetzt hier eben wieder dargestellt haben. Ich würde Ihnen noch einmal empfehlen, doch noch etwas ausführlicher und vielleicht auch aus anderen Quellen in dieses System hineinzuhorchen. Es wird in vielen Fällen eben nicht informiert. Viele haben noch nie in einer Sprache, die sie entweder verstehen oder lesen können, irgendeine Information zu ihrem Zustand, geschweige denn ein Angebot zur freiwilligen Ausreise erhalten. Ich glaube, dass die Haftvermeidung in diesem Fall der Schlüssel nicht nur zur Kostenfrage ist, sondern der Schlüssel für eine Lösung mit Vorteilen für alle Seiten, seien es nun die Betroffenen selbst, aber auch die Beamten der Polizei, die ja nun auch etwas anderes zu tun haben, aber auch eben die Kosten. Das ist der Schlüssel.

Hier sind wir noch lange nicht auf einem guten Weg.

Es gibt kommunale Vorbilder, die durchexerziert werden, die in etwa dem entsprechen, was wir hier in unserem Antrag gefordert haben. In Berlin hat die jetzige rotgrüne Regierung in ihrer kurzen Amtszeit in zwei Paketen im Wesentlichen Dinge durchgesetzt, die nun dem entsprechen, was wir hier vorgelegt haben. Das auch noch einmal an die Adresse der SPD, das heißt, es geht doch, wenn man will!

Man kann diese Dinge sowohl im Bereich der Verbesserung der konkreten Haftbedingungen durchführen als auch bei dem Schlüssel ­ für mich der Schlüssel nach wie vor ­, bei der Möglichkeit zur Vermeidung der Abschiebehaft unter Wahrung des gesetzlichen Rahmens und der rechtsstaatlichen Vorschriften. ­ Danke sehr!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Präsident Weber: Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Herderhorst.

Abg. Herderhorst (CDU) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich muss ja meine Androhung von vorhin wahr machen, deswegen die erneute Wortmeldung. Zunächst noch einmal zu dem Letzten, Herr Dr. Güldner: Es mag ja richtig sein, dass bei manchen Ausländern die Botschaft, dass sie von sich aus ausreisen können, nicht ankommt. Ich denke aber, auf der anderen Seite wird über Schrift, Wort und Dolmetscher sehr viel getan, das will ich auch einmal sagen, dass die Ausländer in ihrer Sprache angesprochen und auf ganz bestimmte Dinge hingewiesen werden. Es ist ja nicht so, dass jeder Ausländer aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten oder anderer Ängste hier nicht an solche Informationen kommen könnte und insbesondere dann nicht, wenn es darum geht, einer Ausreisepflicht nachzukommen.

Ich hoffe, dass es die zusätzliche Botschaft unserer Debatte heute ist, dass die Ausländer, die sich hier in der Situation befinden, nach letztendlicher Entscheidung ausreisen zu müssen, diese Botschaft vielleicht auch empfangen und wir zukünftig hoffentlich dann weniger Abschiebehäftlinge haben werden.

An dieser Stelle darf ich auch die Forderung äußern, dass die Verfahren über dieses Bleiberecht oder die Ausreise zeitlich verkürzt werden müssen. Ein Jahr wäre nach meiner Auffassung angemessen, um definitiv über Bleiberecht oder Ausreisepflicht zu entscheiden. Je länger sich Ausländer in Deutschland aufhalten, desto größer wird verständlicherweise die Erwartungshaltung, hier bleiben zu können.

Ich hoffe, dass im Rahmen von Zuwanderungslösungen eine Regelung getroffen wird.

Wir werden also, ich habe das gesagt, dem Gesetzentwurf, den der Senat hier vorgelegt hat, zustimmen. Nicht zustimmen können wir dagegen den Anträgen der Opposition, sowohl der vorgelegten Gesetzesalternative als auch den Anträgen Abschiebungshaft vermeiden sowie Verbesserung der Situation in der Abschiebungshaft.

Meine Damen und Herren, schon der vorgelegte Gesetzentwurf enthält juristische wie regelungstechnische Stolpersteine, so dass es nicht lohnt, im Detail darauf einzugehen. Der grüne Faden dieses Entwurfs ist, der Häftling bestimmt, wie der Vollzug gestaltet wird. Unter anderem heißt es da in Paragraph 2: Die Räume in der Abschiebungshaft sind wohnlich auszustatten, oder den Häftlingen sind Schlüssel zu ihren Räumen auszuhändigen. Damit verbinde ich eben diesen von mir zitierten Hotelcharakter.

Dann heißt es im Paragraphen 5, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: Haftlockerung und Urlaub: Abschiebehäftlinge erhalten mit Zustimmung des Freiheitsentziehungsrichters Urlaub unter den von diesem zu bestimmenden Auflagen. Sie haben Anspruch auf Ausführungen aus wichtigen Anlässen. Der Leiter des Abschiebungsgewahrsams kann den Abschiebungshäftlingen bis zur Dauer von einer Woche auch ohne richterliche Verordnung Urlaub aus der Abschiebungshaft bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gewähren.