Besetzung der Zivil- und Strafkammern beim Landgericht Frankenthal

Ich frage die Landesregierung:

1. Sind alle Zivil- und Strafkammern im Moment komplett besetzt?

2. Wenn nein, in welchem Umfang liegt eine Unterbesetzung ­ aufgeteilt nach Kammern ­ vor?

3. Wann wird die ggf. vorhandene Unterbesetzung beseitigt?

4. Sind noch weitere Einsparungen bei Richterstellen absehbar?

5. Ergeben sich Verfahrensverlängerungen aufgrund der vorhandenen Situation und wenn ja, wie lange?

6. Ergibt sich momentan eine erhöhte Belastung der Richter und hält die Landesregierung diese auf Dauer für vertretbar?

7. Ergeben sich Nachteile für die rechtsuchenden Bürger durch mögliche Verfahrensverlängerungen?

Das Ministerium der Justiz hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 2. September 2002 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1: In den §§ 75, 76 des Gerichtsverfassungsgesetzes ist geregelt, dass die Zivilkammern mit drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden, die Strafkammern als große Strafkammern mit drei Richtern einschließlich Vorsitzenden und zwei Schöffen, die Strafkammern als kleine Strafkammern mit dem Vorsitzenden und zwei Schöffen zu besetzen sind. Hiervon zu trennen ist die Frage der gerichtsorganisatorischen Über- oder Unterbesetzung eines Spruchkörpers. Das Gerichtsverfassungsgesetz geht dabei von dem ungeschriebenen Grundsatz aus, dass im Normalfall jedem Spruchkörper mindestens so viele Richter mit ihrer vollen, ungeteilten Arbeitskraft zuzuteilen sind, wie dies der vorstehend genannten gesetzlichen Vorgabe entspricht.

Zurzeit sind alle allgemeinen Zivilkammern mit Ausnahme der Beschwerdekammern sowie die großen Strafkammern des Landgerichts Frankenthal mit einem Vorsitzenden und mindestens zwei Beisitzern, die dort jeweils mit voller Arbeitskraft eingesetzt sind, besetzt.

Zu Frage 2: Im gerichtsorganisatorischen Sinn unterbesetzt sind die 1. und 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal. In der 1. Zivilkammer (Beschwerdekammer) sind der Vorsitzende, der zugleich Präsident des Landgerichts ist, mit 10 % seiner Arbeitskraft, ein Beisitzer mit 45 % sowie ein weiterer Beisitzer mit 60 % ihrer jeweiligen Arbeitskraft eingesetzt. Im Übrigen sind die genannten Richter in der Gerichtsverwaltung tätig. Der Vorsitzende der 8. Zivilkammer (Beschwerdekammer) ist mit 67 % seiner Arbeitskraft dort tätig, im Übrigen ist er Vorsitzender der 1. Kammer für Handelssachen. Soweit noch Beschwerdeverfahren nach Maßgabe der Zivilprozessordnung in der bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Fassung die Mitwirkung von drei Richtern erfordern, sind der 8. Zivilkammer noch zwei Beisitzer zugewiesen, die im Übrigen anderen Kammern zugeordnet sind.

Der Vorsitzende der 5. (kleinen) Strafkammer ist mit 70 % seiner Arbeitskraft dort eingesetzt, mit 15 % seiner Arbeitskraft ist er Vorsitzender der 3. Strafkammer (Beschwerde- und Jugendauffangkammer) sowie mit weiteren 15 % seiner Arbeitskraft Vorsitzender der 7. (kleinen) Strafkammer.

Zu Frage 3: Die bestehenden gerichtsorganisatorischen Unterbesetzungen resultieren einerseits aus dem Geschäftsanfall, der in den jeweiligen Spruchkörpern nicht den Einsatz einer Arbeitskraft zu 100 % rechtfertigt. Andererseits sind die Vorhaltung bestimmter Spruchkörper sowie die richterliche Tätigkeit des Landgerichtspräsidenten gerichtsverfassungsmäßig vorgeschrieben.

Zu Frage 4: Die Anzahl der einem Gericht zugewiesenen Richter hängt von mehreren Faktoren ab.

Maßgeblich sind hier insbesondere der Geschäftsanfall bei dem Gericht sowie die Geschäftsbelastung der Richter im Oberlandesgerichtsbezirk. Die Geschäftsentwicklung beim Landgericht Frankenthal im laufenden Jahr lässt sich derzeit noch nicht beurteilen. Es ist deshalb noch nicht absehbar, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dort weitere Einsparungen bei Richterstellen erfolgen.

Damit hat sich 2001 die durchschnittliche Verfahrensdauer gegenüber 1997 bei den Kammern für Handelssachen sowie in Berufungsstrafsachen nicht verändert. Bei Zivilsachen erster Instanz, Berufungen in Zivilsachen sowie Strafsachen erster Instanz ist eine Verkürzung der Verfahrensdauer zu konstatieren.

Für das Jahr 2002 liegen noch keine Vergleichszahlen vor.

Zu Frage 6: Im Verlauf des Jahres 2002 ist beim Landgericht Frankenthal ein zivilrichterliches Dezernat aufgelöst worden. Die dort anhängigen Verfahren sind auf alle Zivilrichter des Landgerichts verteilt worden. Ob dies zu einer erhöhten Belastung dieser Richter geführt hat, hängt von der Geschäftsentwicklung des laufenden Jahres in Zivilsachen insgesamt ab. Im Verhältnis zu 1997 hat der Geschäftsanfall in Zivilsachen im Jahr 2001 beim Landgericht Frankenthal um 10,0 %, in Strafsachen um 7,9 % abgenommen.

Im Rahmen der Personalbedarfsberechnung für das kommende Geschäftsjahr wird dem aktuellen Geschäftsanfall beim Landgericht Frankenthal Rechnung getragen werden.

Zu Frage 7: Es lässt sich statistisch nicht belegen, dass eine erhöhte Geschäftsbelastung zwangsläufig zu einer längeren Verfahrensdauer führen muss. Die Verfahrensdauer wird von einer Reihe von Faktoren beeinflusst. Neben der individuellen Arbeitsweise des zuständigen Richters bzw. der zuständigen Richterin sind hierfür häufig auch prozessuale oder verfahrenstechnische Gründe maßgeblich, beispielsweise die Verfügbarkeit von Zeugen oder Sachverständigen. Auch eine Umverteilung richterlicher Geschäfte führt aus den genannten Gründen nicht zwingend zu Verfahrensverlängerungen. Es kann deshalb nur im Einzelfall beurteilt werden, ob damit Nachteile für den rechtsuchenden Bürger verbunden sind.