Wachkoma-Patienten in Rheinland-Pfalz

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele Wachkoma-Patienten gibt es derzeit in Rheinland-Pfalz in welchen Pflegestufen?

2. In welchen Einrichtungen in Rheinland-Pfalz werden diese Patienten versorgt?

3. Ist die Versorgung von Wachkoma-Patienten in Rheinland-Pfalz langfristig sichergestellt?

4. Wie beurteilt die Landesregierung die aktuelle Einstufungspraxis des MDK von Wachkoma-Patienten?

5. Sieht die Landesregierung in der Höhe der vereinbarten Pflegesätze eine langfristige solide Basis für die Einrichtungsträger, diese Wachkoma-Patienten sowohl fachlich wie wirtschaftlich versorgen zu können?

6. Sind der Landesregierung Entwicklungen bekannt, dass sich Einrichtungsträger aus der Versorgung von Wachkoma-Patienten zurückziehen wollen?

Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 7. Oktober 2002 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Eine Aussage zu der Frage, wie viele Wachkoma-Patienten es derzeit in welchen Pflegestufen in Rheinland-Pfalz gibt, ist nicht möglich.

Die Pflegekassen sind rechtlich nicht dazu verpflichtet, die Anzahl der Wachkoma-Patientinnen und -Patienten, für die Pflegegeld gezahlt wird, zu melden.

Statistiken, die eine Unterscheidung zwischen den Ursachen der Pflegebedürftigkeit vornehmen, liegen nicht vor.

Zu 2.: Wachkoma-Patientinnen und -Patienten (Phase F) werden in folgenden Einrichtungen versorgt: Einrichtung Ort Platzzahl Seniorenhaus Waldpark Blankenrath maximal 12 Plätze Mennonitisches Alten- und Pflegeheim Enkenbach-Alsenborn maximal 4 Plätze St. Josefshaus Hausen 39 Plätze Pflegezentrum Idar-Oberstein maximal 15 Plätze Seniorenzentrum Kastellaun Kastellaun maximal 12 Plätze Ambulantes Hilfezentrum „St. Nikolaus" Landstuhl maximal 4 Plätze Einrichtung Ort Platzzahl Seniorenresidenz Nieder-Olm Nieder-Olm maximal 5 Plätze Alten- und Pflegeheim „Bethanien" Pirmasens maximal 3 Plätze Seniorenheim „Charlottenhöhe" Thalfang maximal 10 Plätze Alten- und Pflegeheim „Maria Rosenberg" Waldfischbach-Burgalben maximal 3 Plätze Wohn- und Dienstleistungszentrum des DRK Weilerbach maximal 4 Plätze Seniorenzentrum der Arbeiterwohlfahrt Weißenthurm maximal 2 Plätze Pro Seniore Amandusstift II Worms maximal 3 Plätze Alten- und Pflegeheim „Sophienstift" Worms maximal 2 Plätze Medias Pflegeheim GmbH Ransbach-Baumbach derzeit noch 6 Plätze

In der Praxis werden nicht beatmungspflichtige Wachkoma-Patientinnen und -Patienten auch in anderen geeigneten Einrichtungen ohne Zusatzversorgungsvertrag gepflegt.

Zu 3.: Die Versorgung von Wachkoma-Patienten im Akutbereich, in der Frührehabilitation und in der Rehabilitation ist in Rheinland Pfalz sichergestellt. Im Akutbereich (Phase A) sind die Akutkrankenhäuser, insbesondere deren neurochirurgische und unfallchirurgische Abteilungen zuständig. Für die neurologische Frührehabilitation (Phase B) bestehen in neurologischen Abteilungen besondere Untereinheiten für schwer schädelhirnverletzte Patientinnen und Patienten, die noch der Akutversorgung zugeordnet sind. Auch im Bereich der Phase C, die die medizinische Rehabilitation im Anschluss an die Behandlung im Akutkrankenhaus beinhaltet, stehen qualifizierte Einrichtungen zur Verfügung.

Genaue Aussagen über die künftige Finanzierung insbesondere der Phase B sind im Akutbereich auf Grund des schrittweisen Übergangs zu einem neuen vollpauschalierten Vergütungssystem derzeit nicht möglich.

Für den Pflegebereich (Phase F) kann festgestellt werden, dass die Nachfrage nach Pflegeplätzen gedeckt werden kann. Sofern sich eine Bedarfssteigerung ergibt, sind Plätze in bestehenden Einrichtungen hinzuzugewinnen, um die Versorgung sicherzustellen.

Zu 4.: Die Einstufung von Patientinnen und Patienten mit der Diagnose „Wachkoma" erfolgt nach den Pflegebedürftigkeits-Richtlinien und den Begutachtungsrichtlinien von Pflegestufe II bis zur Feststellung der Kategorie „Härtefall". Dies hängt im Einzelfall auch von zusätzlichen, die Pflege erschwerenden Faktoren ab.

Die Pflegestufe II wird dann zuerkannt, wenn pflegeerleichternde Faktoren festgestellt werden, sodass der für die Pflege anfallende Zeitansatz reduziert ist.

Im Einzelfall, insbesondere bei beatmeten Patientinnen und Patienten ist von einem erheblichen Umfang an Behandlungspflege auszugehen. Dieser ist jedoch bei der Feststellung von Pflegebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen.

Die Landesregierung geht davon aus, dass der Medizinische Dienst der Krankenkassen die Stufen der Pflegebedürftigkeit entsprechend den vorgenannten Vorschriften zuordnet.

Zu 5.: Nach einer Untersuchung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen konnte die Behandlungsqualität im Bereich der neurologischen Frührehabilitation (Phase B) insgesamt als gut bis befriedigend bezeichnet werden. Ein zusätzlicher Bedarf an Plätzen im Bereich der neurologischen Frührehabilitation konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Es gibt Bestrebungen von Einrichtungen, die im Bereich der Phase C tätig sind, auch im Bereich der Phase B Leistungen zu erbringen.

In den vergangenen Jahren hat sich bundesweit und auch im Land Rheinland-Pfalz die Tendenz entwickelt, auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen den Sozialhilfeträgern und den Pflegekassen für den Personenkreis der Wachkoma-Patientinnen und -Patienten einen täglichen Zuschlag zu den Pflegesätzen zu gewähren.

Dieser Zuschlag beträgt 25,56 Euro pro Tag pro Patientin/Patient. Voraussetzung für den Abschluss dieser Vereinbarung ist, dass die Einrichtung sächlich und personell in der Lage ist, auch beatmungspflichtige Wachkoma-Patientinnen und -Patienten zu versorgen. Des Weiteren muss eine entsprechende Bestätigung der zuständigen Heimaufsicht vorliegen, dass die Einrichtung die notwendigen Voraussetzungen für die Versorgung dieser Patientengruppe erfüllt. Der genannte Zuschlag ist auf die einzelne Patientin und den einzelnen Patienten bezogen und wird nur dann gezahlt, wenn der Medizinische Dienst der Krankenkassen feststellt, dass ein erhöhter behandlungspflegerischer Bedarf vorliegt. Die Landesregierung hält diese Finanzierungsform für ausreichend.

Ob die für die zuständigen Abteilungen zwischen den Leistungserbringern und den Kostenträgern vereinbarten Pflegesätze, die auch eine Vielzahl von anderen Erkrankungen erfassen können, die entstehenden Kosten im Einzelfall abdecken können und insgesamt langfristig eine solide Basis für die Behandlung von Wachkoma-Patientinnen und -Patienten darstellen, kann von Außen stehenden nicht beurteilt werden. Krankenhäuser vereinbaren derzeit noch Budgets für die Gesamtleistungen des Krankenhauses.

Die Entgelte für einzelne Leistungen müssen nicht immer deren Kostenaufwand entsprechen. Im Übrigen ist diese Beurteilung Aufgabe der einzelnen Leistungserbringer, die ihre interne betriebswirtschaftliche Kalkulation in diesem Bereich nicht offen legen müssen.

Zu 6.: Seit dem Bestehen der oben genannten Vereinbarung hat bislang nur eine Einrichtung die Vereinbarung gekündigt und sich aus der Versorgung zurückgezogen. Dies erfolgte allerdings auf Drängen der Heimaufsicht und der Landesverbände der Pflegekassen, da die Qualität der Versorgung ­ insbesondere des Personenkreises der Wachkoma-Patientinnen und -Patienten ­ nicht zufriedenstellend gewährleistet wurde.

Auch ist der Landesregierung bekannt, dass ein Träger ­ die Medias Pflegeheim GmbH in Ransbach-Baumbach ­ derzeit die Kapazitäten für den Personenkreis der Wachkoma-Patientinnen und -Patienten (Phase F) abbaut. Ziel der Einrichtung ist es, die vorhandenen Kapazitäten in herkömmliche Pflegeplätze umzuwandeln, so dass dort in Zukunft keine Wachkoma-Patientinnen und -Patienten (Phase F) mehr aufgenommen werden.

Im Akut- und Rehabereich (Phase A bis C) sind keine Tendenzen bekannt, die Versorgungsstruktur zu reduzieren.