Interessenquote und Sicherung der Qualität in der Jugendhilfe

Große kreisangehörige Städte mit eigenem Jugendamt und die betreffenden Landkreise verhandeln derzeit über die Ausgestaltung der Interessenquote gemäß § 25 Absatz 3 Landesfinanzausgleichsgesetz (LFAG).

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Aufgaben hat das Land als überörtlicher Träger der Jugendhilfe bzw. als Fachaufsicht in diesem Zusammenhang?

2. Welche Kriterien müssen aus ihrer Sicht in welchem Umfang bei der Festlegung der Interessenquote berücksichtigt werden?

3. Möglicherweise soll die Ausgestaltung der Interessenquote gerichtlich geklärt werden. Wir bewertet die Landesregierung ein solches Vorhaben?

4. Wie wird nach ihrer Einschätzung gewährleistet, dass in den betreffenden Regionen die Qualität der Jugendhilfe erhalten bleibt?

Das Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 27. November 2002 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1: § 25 Abs. 3 Landesfinanzausgleichsgesetz (LFAG) ist eine Konsequenz aus der Möglichkeit kreisangehöriger Städte, nach § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 des Landesgesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AGKJHG) eigene Jugendämter zu unterhalten.

Weder das Land als überörtlicher Träger der Jugendhilfe noch die oberste Landesjugendbehörde (vgl. § 82 SGB VIII) haben in diesem Zusammenhang eine Aufgabenzuständigkeit.

Zu Frage 2: Soweit eine kreisangehörige Gemeinde ein eigenes Jugendamt unterhält, hat der Landkreis der Gemeinde nach § 25 Abs. 3 Satz 1 LFAG die hierfür jährlich entstehenden Kosten unter Berücksichtigung einer angemessenen Interessenquote zu erstatten. Die sachliche Begründung für den vom Gesetz geforderten gemeindlichen Eigenanteil ergibt sich im Wesentlichen aus folgenden Umständen:

(1) Als Sitzgemeinde eines Jugendamtes in eigener Trägerschaft erwächst der betroffenen Gemeinde ein besonderer Vorteil gegenüber anderen kreisangehörigen Gemeinden, die nicht selbst Standort einer solchen Einrichtung sind und die nicht selbst die Jugendhilfeangelegenheiten vor Ort aufgrund eigener Trägerschaft selbstständig wahrnehmen können.

(2) Im Falle eines prinzipiellen Auseinanderfallens von Aufgaben- und Finanzverantwortung bedarf es eines ins Gewicht fallenden eigenen Finanzierungsanteils des Aufgabenträgers als notwendiges Korrektiv, um sicherzustellen, dass die Aufgabenwahrnehmung neben den fachlichen Erfordernissen auch dem Gebot einer sparsamen und wirtschaftlichen Aufgabenerfüllung entspricht.

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass bei der Aufgabenerledigung im Bereich der Jugendhilfe trotz Ausgestaltung der Jugendhilfe als Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung erhebliche Ermessens- und Entscheidungsspielräume bestehen, die von Landkreis und kreisangehöriger Gemeinde mit eigenem Jugendamt in Abhängigkeit zu ihrer unterschiedlichen finanziellen Leistungsfähigkeit in verschiedener Weise wahrgenommen werden. Ist im konkreten Fall danach festzustellen, dass das Niveau der Leistungserbringung im Bereich der Jugendhilfe durch die kreisangehörige Gemeinde mit eigenem Jugendamt höher ausfällt, als wenn der Landkreis diese Aufgabe für das Gebiet der Gemeinde wahrnehmen würde, so ist dieser Umstand bei der Bestimmung der Höhe des Eigenanteils zu berücksichtigen.

(3) Schon aufgrund der mit der Vorhaltung einer doppelten Verwaltungsorganisation verbundenen Mehraufwendungen werden die Landkreise nicht in gleicher Weise finanziell entlastet wie den betroffenen kreisangehörigen Gemeinden Kosten durch das eigene Jugendamt entstehen.

Die beschriebenen für die Einführung und Bemessung des gemeindlichen Eigenanteils (an den mit der gemeindlichen Trägerschaft des Jugendamtes einhergehenden Kosten der Jugendhilfe mit Ausnahme der Investitionskosten) maßgeblichen Aspekte sind aufgrund der Verhältnisse des konkreten Einzelfalles zu gewichten und (kumulativ) im Rahmen einer für die jeweilige Situation angemessenen Interessenquote zu berücksichtigen.

Zu Frage 3: Auch wenn § 25 Abs. 3 LFAG hinsichtlich der Form der Erstattungsregelung keine ausdrückliche Bestimmung enthält, entspricht es dem Wesen der kommunalen Selbstverwaltung, die Regelung im Rahmen einer zweiseitigen Vereinbarung zwischen Landkreis und kreisangehöriger Gemeinde mit eigenem Jugendamt zu treffen. Wenn eine Einigung zwischen den Beteiligten insbesondere über die Höhe der Interessenquote nicht erzielt werden kann, obliegt es der Entscheidung der kreisangehörigen Gemeinde mit eigenem Jugendamt, die von ihr erhobene Erstattungsforderung nach § 25 Abs.3 Satz1 LFAG im Wege der verwaltungsgerichtlichen Klage geltend zu machen.

Zu Frage 4: Die Jugendhilfeleistungen der örtlichen Träger sind kommunale Pflichtaufgaben. Bei der Aufgabenerledigung bestehen Ermessens­ und Gestaltungsspielräume, die von den Trägern unterschiedlich wahrgenommen werden.

Zur Vereinheitlichung gebotener Standards sowie zur Qualitätssicherung trägt ganz wesentlich die Arbeit des Landesjugendamtes durch fachliche Beratung, Empfehlungen, Förderungsmaßnahmen, Fort- und Weiterbildung und nicht zuletzt durch Aufsicht bei.