Erhöhter Verbrennungspreis u. a. durch hohe Umweltstandards bei der Müllverbrennungsanlage Pirmasens

Im Zusammenhang mit der kürzlich vorgenommenen Erhöhung der Verbrennungskosten bei der Müllverbrennungsanlage Pirmasens auf nunmehr 289 EUR pro Tonne wird der Landauer Bürgermeister Schlimmer in der Tagespresse mit der Aussage zitiert „Der ZAS habe sich (...) einen Rolls-Royce der Ökologie geleistet (...). Die Umweltschützer, die diese Standards gefordert und damit die Investitionskosten verursacht hätten, sollten aber nicht dauernd die hohen Verbrennungskosten kritisieren, die daraus resultierten" (vgl. u. a. DIE RHEINPFALZ vom 2. November 2002).

Andere Stimmen aus dem Zweckverband Abfallverwertung Südwestpfalz (ZAS), wie der Leiter der Germersheimer Stadtwerke, sehen als „Hauptverursacher der hohen Kosten" den enormen Grundpreis, den der ZAS an die Fondsgesellschaft zahlen müsse, die den Bau der Anlage finanziert hatte.

Als genehmigungsrechtlich wie finanziell außerordentlich fragwürdig gilt außerdem die im Genehmigungsbeschluss von 1998 geforderte Anlieferung des Mülls aus der Südpfalz per Bahn, die bis heute nicht realisiert ist.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche über den Stand der Technik bzw. die maßgeblichen Bestimmungen der 17. Bundes-Immissionsschutzverordnung hinausgehenden umwelttechnischen Anlagenkomponenten bzw. Verfahren wurden auf Grund der Forderungen von Umweltschützern eingebaut?

2. In welcher Höhe haben sich dadurch die Investitionskosten verteuert?

3. Welche kalkulatorischen Mehrkosten ergeben sich daraus, umgelegt auf den Verbrennungspreis pro Tonne?

4. Welchen kalkulatorischen Anteil am Verbrennungspreis pro Tonne nimmt gegenwärtig bzw. gleitend in der Vertragslaufzeit der „Grundpreis" an die „Fondsgesellschaft" ein?

5. Treffen Informationen zu, wonach eine jährlich um 2 % steigende „Geschäftsbesorgungsvergütung" von gegenwärtig rund 500 000 EUR an eine Leasing-Firma gezahlt wird?

6. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass bis heute die Anlieferung des Mülls aus der Südpfalz (Landau, Südliche Weinstraße, Germersheim) nicht wie im Genehmigungsbescheid vorgesehen per Bahn erfolgt, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die anstehende Neuausschreibung der Anlieferung, aber auch drohender Klageverfahren wegen Verstoßes gegen den Genehmigungsbescheid?

7. Mit welchen Partnern und Zulieferern arbeitet die MVA Pirmasens zusammen?

Das Ministerium für Umwelt und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 2. Dezember 2002 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Noch vor In-Kraft-Treten der 17. BImSchV hat der Zweckverband Abfallverwertung Südwestpfalz (ZAS) die für die Umweltqualität des Müllheizkraftwerks (MHKW) maßgeblichen Emissionswerte in seinen Planungen festgelegt. Das Ziel war eine Anlage mit bestmöglicher Rauchgasreinigung.

Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse über die für diese Zielsetzung maßgeblichen Motive vor.

Die dem Anlagenbetreiber zugesicherten einhaltbaren Emissionswerte sind in der folgenden Tabelle „Emissionswerte des MHKW Pirmasens" in der Spalte „Vertragswerte" aufgeführt.

Die Werte zeigen das gegenüber den maßgeblichen Werten nach der genannten Rechtsverordnung deutlich bessere Emissionsniveau des MHKW Pirmasens.

Tabelle: Emissionswerte des MHKW Pirmasens Angaben beziehen sich auf das Abgas im Normzustand (0°C, 1013 hPa) trocken und 11 Vol.-% O2

Zu 2. und 3.: Von den Investitionskosten in Höhe von 350 Mio. DM für das MHKW entfielen nach Angaben der SGD Süd ca. zwei Drittel auf die Rauchgasreinigung. Entsprechende Vergleichszahlen für eine Anlage mit einer Rauchgasreinigung, die auf die Einhaltung allein der Emissionswerte der 17. BImSchV ausgelegt ist, liegen nicht vor. Aus diesem Grund können seitens der Landesregierung auch keine Aussagen über „kalkulatorische Mehrkosten" getroffen werden.

Zu 4.: Der Grundpreis beträgt netto 16 257 858,79. Bei einem Anlagendurchsatz von 170 000 t/a entspricht dies einem spezifischen Kostenanteil von netto 95 /t.

Zu 5.: Die Vergabe erfolgte unter Wettbewerbsbedingungen in einem Ausschreibungsverfahren nach einem europaweiten Teilnahmewettbewerb. Der Zuschlag wurde gemäß den vor der Ausschreibung festgelegten Bedingungen der SOTEC GmbH als günstigstem Bieter erteilt. Die Kalkulation der Bieter einschließlich möglicher Dienstleistungsentgelte an Dritte ist der Landesregierung nicht bekannt (siehe auch Landtagsdrucksache 14/1004).

Zu 6.: Auf Grund der damaligen Einschätzung, dass für die Behandlung der Abfälle eine Müllverbrennungsanlage mit drei Verbrennungslinien erforderlich sein werde, erging die Auflage im Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 1993, für die Abfallanlieferungen aus der Südpfalz den Schienenweg vorzuschreiben. Insbesondere die deutliche Verringerung der in die kommunale Entsorgungspflicht fallenden Abfallmenge, die Reduzierung der Anlage auf zwei Verfahrenslinien sowie die Untersuchungen und Auswertungen eines vom ZAS beauftragten Ingenieurbüros hat die damalige Bezirksregierung Ende 1998 zu der Feststellung veranlasst, dass bei gebotener Berücksichtigung ökologischer und ökonomischer Gesichtspunkte die Durchsetzung der Auflage zur Bahnanlieferung nicht vertretbar ist. Klageverfahren gegen diese Vorgehensweise sind derzeit weder anhängig noch absehbar.

Wie bereits 1998 vor Aufnahme der Tätigkeit des ZAS wird dieser auch bei der Anfang 2003 erneut anstehenden Ausschreibung der Transportleistungen von der Südpfalz zum MHKW zur Abgabe von Angeboten für einen Schienentransport auffordern. Eine Angebotsabgabe wird wegen des Rückzugs des Güterverkehrs der Bahn aus der Region Pirmasens allerdings deutlich erschwert.

Die Pressestelle der Deutschen Bahn AG hat dies unlängst in der Lokalpresse auf Anfrage bestätigt (DIE RHEINPFALZ, Pirmasenser Rundschau vom 9. Oktober 2002).

Zu 7.: Der ZAS arbeitet mit einer Vielzahl kommunaler und privater Partner zusammen.

Hierzu liegen der SGD diverse Angaben vor. Es handelt sich aber nicht um „Informationen über die Umwelt" im Sinne des Umweltinformationsgesetzes, die weitergegeben werden müssen, sondern um wirtschaftliche Daten, die ebenso wie bei anderen öffentlich-rechtlichen oder privaten Unternehmen geschützt sind.