Strahlenschutzrechtlich freigegebene, umweltgefährdende Abrissmaterialien aus dem Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich

Während das im Juni 2002 begonnene atomrechtliche Genehmigungsverfahren zum Abriss des Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich noch nicht abgeschlossen ist, werden offenbar parallel im mutmaßlich nicht strahlungssensiblen Bereich bereits Rückbauarbeiten durchgeführt. Dies betrifft nach Angaben der „Bürgerinitiativen gegen das AKW Mülheim-Kärlich" vor allem den Kühlturm. Dort seien zum Zwecke der Vorbereitung auf eine Sprengung so genannte Prellblöcke, die überwiegend aus Asbest bestehen, bereits in nennenswertem Umfang entfernt und auf einer Hausmülldeponie abgelagert worden. Als offen wird weiterhin die Frage bezeichnet, ob weiterer Asbest, aber auch andere umweltgefährdende Baumaterialien bei dem Abriss anfallen und ob bzw. wie die Anwohner in einem entsprechenden Umkreis davor geschützt werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Rückbauaktivitäten auf Grund welcher genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen haben am Atomkraftwerk MülheimKärlich bereits stattgefunden (Angabe bitte möglichst als Tabelle: Datum/Bezeichnung der Genehmigung/Bez. des Materials [gegebenenfalls Abfallschlüsselnummer]/Bauwerk bzw. Herkunft des Materials/Materialmenge/Verbringungsort des Materials)?

2. Wurden bei den unter Nummer 1 rückgebauten Materialien Messungen der Strahlungsintensität vorgenommen, um eine „Entlassung" bzw. Freistellung aus dem Atomrecht in das Baurecht zu begründen?

Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Wenn nein, warum nicht?

3. An welchen Bauwerken bzw. Gebäudebereichen muss mit weiterem Asbest oder welchen anderen umweltgefährdenden Baumaterialien gerechnet werden?

4. Welche Gefährdung kann von der beabsichtigten Sprengung des Kühlturms ausgehen bzw. welche potenzielle Gefährdung nach Atomrecht und/oder Baurecht wird vor einer Sprengung geprüft?

Das Ministerium für Umwelt und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 18. Dezember 2002 wie folgt beantwortet:

Zu 1.: Bislang wurden keine Rückbauarbeiten beim Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich durchgeführt. Bei den von dem Fragesteller angesprochenen Abbaumaßnahmen am Kühlturm handelte es sich um Tätigkeiten im Rahmen einer seit Jahren kontinuierlich betriebenen Asbestsanierung. So wurden in dem Zeitraum zwischen Oktober 2001 und Oktober 2002 aus Asbestzement bestehende Einbauten wie z. B. Rieselflächen und Verteilerrohre aus dem Kühlturm ausgebaut. Dieser sanierungsbedingte Ausbau wäre auch bei einer Wiederinbetriebnahme des Kraftwerkes vorgenommen worden.

Der Abbau dieser Materialien und deren Entsorgung erfolgten nach vorheriger Anzeige an die zuständige gefahrstoffrechtliche Aufsichtsbehörde, die Regionalstelle Gewerbeaufsicht Koblenz der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord.

Die Gesamtmasse der ausgebauten Komponenten betrug ca. 5 300 Tonnen. Diese Materialien wurden im Jahr 2001 als asbesthaltige Abfälle mit der Schlüsselnummer 170105 und infolge der Schlüsseländerung im Jahr 2002 als asbesthaltige Baustoffe mit dem Schlüssel 170605 auf der Deponie Eiterköpfe entsorgt.

Zu 2.: Messungen zur Kontaminationsfreiheit an den ausgebauten Materialien haben nicht stattgefunden, da aufgrund der technischen Konstruktion des tertiären Kühlkreislaufes eine Kontamination mit radioaktiven Stoffen ausgeschlossen werden konnte.

Zu 3.: Zum Zeitpunkt der Errichtung des Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich entsprach die Verwendung von asbesthaltigen Baustoffen insbesondere im Bereich von Brandschutzeinrichtungen dem Stand der Technik. Daher sind vor allem bei Rohrschottungen, Gebäudefugenabdichtungen, Brandschutzklappen und Brandschutzverkleidungen an Lüftungskanälen asbesthaltige Baustoffe eingesetzt worden.

Zu 4.: Nach den Vorstellungen der RWE Power AG soll der Kühlturm erst nach Abschluss des atomrechtlich noch zu genehmigenden Rückbaus des Kernkraftwerkes Mülheim-Kärlich abgerissen werden. Der Landesregierung sind keine konkreten Planungen bekannt, in welcher Weise der Abriss des Kühlturms durchgeführt werden soll.