Missbrauchs von Schutzbefohlenen

Soweit die Fragestellung sich auf private Betreuer bezieht, die rein fürsorgerisch oder aufgrund einer Vollmacht betreuend tätig sind, ohne vom Vormundschaftsgericht zu rechtlichen Betreuern im Sinne der §§ 1896 ff. BGB bestellt worden zu sein, liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse zur Anzahl dieser Personen vor.

Sofern mit der Gegenüberstellung von privaten und gerichtlichen Betreuern das Verhältnis von gerichtlich bestellten ehrenamtlichen Betreuern zu den sonstigen vom Gericht bestellten Betreuern, insbesondere den Berufsbetreuern, angesprochen ist, gilt Folgendes: Von den durch die Vormundschaftsgerichte in Rheinland-Pfalz im Jahr 2001 bestellten Betreuern waren 9 537 Familienangehörige des Betreuten oder andere ehrenamtliche Betreuer, 1 780 waren Vereinsbetreuer, Vereine, Behördenbetreuer oder Behörden und 2 156 gehörten zum Personenkreis der Berufsbetreuer.

3. Wie viele Personen hiervon sind Juristinnen oder Juristen?

Die Anzahl der Juristinnen oder Juristen unter den gerichtlich bestellten Betreuerinnen und Betreuern wird in Rheinland-Pfalz statistisch nicht erfasst.

Im Bezirk des Oberlandesgerichts Koblenz reichen die auf Schätzung beruhenden Angaben der einzelnen Vormundschaftsgerichte von 0 bis 5 Prozent (Schwerpunkt von 0 bis 2 Prozent) der angeordneten Betreuungen. Der Präsident des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken geht für seinen Bezirk von durchschnittlich fünf Prozent aus.

4. Gibt es Erkenntnisse darüber, in wie vielen Fällen bzw. in welchem Umfang ein Missbrauch bzw. Schädigungen der Betreuten eingetreten sind?

Das Ministerium der Justiz hat hierzu die Staatsanwaltschaften und die Gerichte gebeten, aus der Erinnerung für den Zeitraum der letzten fünf Jahre Stellung zu nehmen. Einschlägige Verfahren im Sinne der Fragestellung werden in Rheinland-Pfalz statistisch nicht gesondert erfasst. Eine genaue Erhebung hätte die Durchsicht tausender Akten erfordert. Davon wurde im Hinblick auf den damit verbundenen unverhältnismäßigen Aufwand abgesehen.

Die Staatsanwaltschaften sind in ihren Stellungnahmen von einem weiten Betreuungsbegriff ausgegangen, der neben der gerichtlich angeordneten Betreuung auch die Betreuung in der Heim- und Altenpflege sowie die Vermögensbetreuung durch nicht vom Gericht zu Betreuern bestellte Personen umfasst.

Dies vorausgeschickt, wurden für die vergangenen fünf Jahre 27 einschlägige Ermittlungsverfahren genannt. Diese Ermittlungsverfahren hatten folgende Strafvorwürfe zum Inhalt:

­ Fahrlässige Tötung gemäß § 222 StGB (eingestellt),

­ Misshandlung von Schutzbefohlenen gemäß § 225 des Strafgesetzbuches,

­ Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung gemäß §§ 223 und 224 des Strafgesetzbuches,

­ Unterschlagung, Diebstahl, Betrug und Untreue gemäß §§ 246, 242, 263 und 266 des Strafgesetzbuches.

In sechs dieser Fälle richtet beziehungsweise richtete sich das Verfahren gegen gerichtlich bestellte Betreuer.

Soweit die Staatsanwaltschaften in der Lage waren, über den Ausgang dieser Verfahren zu berichten, ergab sich, dass sie überwiegend eingestellt worden sind. In zwei Fällen wegen Misshandlung Schutzbefohlener wurde das Verfahren gemäß § 153 a der Strafprozessordnung gegen Zahlung einer Geldbuße von jeweils 3 000 Euro eingestellt. In einem Falle wurde ­ allerdings noch nicht rechtskräftig ­ gegen einen amtlich bestellten Betreuer eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verhängt. In diesem Fall war dem Angeklagten neben Untreue auch versuchte räuberische Erpressung, die nicht in Zusammenhang mit der Betreuung stand, zur Last gelegt worden. In zwei anderen Fällen wurde über die Verhängung von Geldstrafen, und zwar einmal von 200 Tagessätzen zu 60 DM und einmal von 160 Tagessätzen zu 25 Euro berichtet. Diese beiden Verurteilungen ergingen wegen Betrug beziehungsweise Untreue.

Sechs Verfahren sind derzeit noch anhängig, vier wegen Untreue, davon drei gegen gerichtlich bestellte Betreuer und zwei wegen Missbrauchs von Schutzbefohlenen.

Darüber hinaus haben die Staatsanwaltschaften mitgeteilt, dass immer wieder Ermittlungsverfahren anhängig werden, in denen Betreuungspersonen, bei denen es sich überwiegend um Abkömmlinge der Betreuten handelt, durch Angehörige beschuldigt werden, ihre Betreuungstätigkeit zur persönlichen Bereicherung genutzt zu haben, sodass die oben genannten Fallzahlen nicht vollständig sein können. Sehr häufig kämen solche Vorwürfe im Rahmen erbrechtlicher Auseinandersetzungen zustande. Gelegentlich würden unter ähnlichen Umständen auch Vorwürfe unzureichender Pflege und hierdurch angeblich bedingter Gesundheitsschäden der Betreuten erhoben. Eine zahlenmäßige Erfassung all dieser Verfahren, die ­ soweit bei den Staatsanwaltschaften erinnerlich ­ weitestgehend mangels Tatnachweises eingestellt worden sind, wäre nur mit einem unverhältnismäßig hohen Arbeitsaufwand möglich.

Die Stellungnahmen der Präsidenten der Oberlandesgerichte, die auf einer Umfrage bei den Amtsgerichten (Vormundschaftsgerichten) beruhen, beziehen sich soweit erkennbar nur auf gerichtlich angeordnete Betreuungen.

Im Bezirk des Oberlandesgerichts Koblenz liegen bei zehn von 28 Amtsgerichten, die sich zu der Frage geäußert haben, für den Zeitraum der letzten fünf Jahre keine Erkenntnisse vor. Berichtet wird, dass in Einzelfällen der Betreuer abgelöst wurde, um einem Missbrauch vorzubeugen. In einem Fall erfolgte die Entlassung wegen des Anfangsverdachts der Untreue.

Von den übrigen 18 Amtsgerichten berichteten 16 auf der Grundlage einer Schätzung für den Zeitraum der letzten fünf Jahre von insgesamt maximal 97 Fällen, ein Amtsgericht von wenigen Fällen und ein Amtsgericht von einem Anteil unter 0,5 Prozent. Dabei wurde der überwiegend nicht näher beschriebene Sachverhalt in 15 Fällen als Missbrauch und in 20 Fällen als Schädigung bezeichnet. Im Übrigen wurde nicht im Sinne der Fragestellung differenziert. In einem der Fälle hat ein Berufsbetreuer dem Betreuten einen Schaden von 1 500 Euro zugefügt. In drei Fällen wurde über eine Unterschlagung von Renten jeweils mit Wiedergutmachung durch Rückzahlung berichtet. In maximal zehn Fällen erfolgte ein Missbrauch durch Familienangehörige als Betreuer mit einem Schadensumfang von insgesamt unter 1 Million Euro. In zwei Fällen betrug der Schaden 10 000 Euro beziehungsweise 530 000 Euro. In einem Fall wurde der Vorgang mit unprofessionellem Vorgehen bei der Verwaltung eines Hauses beschrieben. Bei fünf Fällen wurde über die Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens beziehungsweise eines Strafverfahrens berichtet.

Im Bezirk des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken liegen den Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte überwiegend keine Erkenntnisse über Missbräuche und Schädigungen im Rahmen von Betreuungsverfahren vor. In zwei Fällen habe sich der Verdacht eines sexuellen Missbrauchs durch den Betreuer ergeben; insoweit sei derzeit ein Ermittlungsverfahren anhängig.

In zwei Fällen habe ein Betreuer durch missbräuchliche Vermögensverwaltung den Betreuten Schaden zugefügt. In einigen wenigen Fällen sei es bei der Vermögensverwaltung durch ehrenamtliche Betreuer zu Unregelmäßigkeiten in geringem Umfang gekommen.

Weitere Einzelheiten zu Art, Umfang und Schwere der von den Gerichten aus der Erinnerung genannten Missbrauchs- und Schädigungsfälle hat die kurzfristig durchgeführte Umfrage nicht ergeben. Offen bleibt insbesondere weitgehend, ob die Fälle von erheblichem Gewicht oder eher dem Bagatellbereich zuzuordnen sind, inwieweit die Angaben der Gerichte auf einem Verdacht oder aber auf gesicherter Erkenntnis beruhen und inwieweit Schädigungen lediglich durch fahrlässiges und damit nicht strafbares Handeln des Betreuers verursacht worden sind.

5. In welchem Umfang werden die Betreuer älterer Menschen sorgfältig überwacht?

Der gerichtlich bestellte Betreuer unterliegt der Aufsicht des Vormundschaftsgerichts. Seine Pflichten als rechtlicher Vertreter des Betreuten beim Umgang mit diesem und mit dessen Vermögen sowie die Kontrollpflichten und -befugnisse des Vormundschaftsgerichts sind in § 1908 i Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit §§ 1805 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches und in §§ 1904 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches detailliert geregelt. Der Betreuer darf das Vermögen des Betreuten nicht für sich verwenden. Er hat zum Vermögen gehörendes Geld auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise anzulegen. Erfolgt die Anlage bei einem Kreditinstitut, so hat er zu bestimmen, dass zur Verfügung über das Konto die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist. Bestimmte Wert26 papiere des Betreuten sind bei einer Hinterlegungsstelle mit einem Sperrvermerk zugunsten des Vormundschaftsgerichts zu hinterlegen. Wirtschaftlich gewichtige Rechtsgeschäfte wie zum Beispiel die Verfügung über ein Grundstück oder die Annahme einer Geldleistung bei einem Anspruch von mehr als 3 000 Euro bedürfen der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1821 und §§ 1812, 1813 BGB). Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist ferner unter anderem erforderlich zur Einwilligung des Betreuers in einen gefährlichen ärztlichen Eingriff beim Betreuten (§ 1904 BGB), zur freiheitsentziehenden Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer sowie zu unterbringungsähnlichen Maßnahmen (§ 1906 BGB). Gleiches gilt für vom Betreuer im Namen des Betreuten abgeschlossene längerfristige Miet- und Pachtverträge sowie andere Verträge, durch die der Betreute zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird (§ 1907 BGB).

Das Vormundschaftsgericht hat über die gesamte Tätigkeit des Betreuers Aufsicht zu führen und gegen Pflichtwidrigkeiten durch geeignete Ge- und Verbote einzuschreiten (§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1837 Abs. 2 Satz 1 BGB). Es kann vom Betreuer jederzeit über die Führung der Betreuung und über die persönlichen Verhältnisse des Betreuten Auskunft verlangen (§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1839 BGB). Der Betreuer hat über das bei der Anordnung der Betreuung vorhandene Vermögen ein Verzeichnis aufzustellen und es mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit beim Vormundschaftsgericht einzureichen (§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1802 BGB). Er hat unabhängig von einem Auskunftsverlangen dem Vormundschaftsgericht mindestens einmal jährlich über die persönlichen Verhältnisse des Betreuten zu berichten (§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1840 Abs. 1 BGB). Er hat, sofern nicht das Vormundschaftsgericht wegen des geringen Umfangs der Verwaltung längere Zeitabschnitte bestimmt, unabhängig von einem Auskunftsverlangen jährlich über seine Vermögensverwaltung Rechnung zu legen (§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1840 Abs. 2 bis 4, § 1841 BGB). Eltern, Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge des Betreuten sowie Vereins- und Behördenbetreuer sind, sofern nicht das Vormundschaftsgericht anderes anordnet, von der jährlichen Rechnungslegung befreit (§§ 1908 i Abs. 2 Satz 2, 1857 a, 1854 BGB). Das Vormundschaftsgericht kann einen Gegenbetreuer bestellen. Dieser hat unter anderem darauf zu achten, dass der Betreuer die Betreuung pflichtgemäß führt und Pflichtwidrigkeiten unverzüglich dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen (§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. §§ 1792, 1799 Abs. 1 BGB). Das Vormundschaftsgericht kann den Betreuer zur Befolgung der gerichtlichen Anordnungen durch Zwangsgeld anhalten (§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1837 Abs. 3 BGB). Es hat den Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt (§ 1908 b BGB).

Die Betreuungsbehörde unterstützt das Vormundschaftsgericht. Sie wird vor der erstmaligen Bestellung eines Berufsbetreuers im Gerichtsbezirk zu dessen Eignung angehört (§ 1897 Abs. 7 BGB). Sie hilft bei der Feststellung eines Sachverhalts, den das Gericht für aufklärungsbedürftig hält (§ 8 Betreuungsbehördengesetz).

Die Tätigkeit der Vormundschaftsgerichte wird aufgrund einer Anordnung des Ministeriums der Justiz von den Präsidenten der Landgerichte in allen Fällen besonders geprüft, in denen Betreuer ein Vermögen von mehr als 200 000 Euro verwalten. Die Prüfung ist mindestens alle zwei Jahre außerhalb der üblichen Geschäftsprüfungen durchzuführen.

Ein weiteres Aufsichtsorgan stellen die Betreuungsvereine dar. Sie können als solche nur anerkannt werden, wenn gewährleistet ist, dass sie eine ausreichende Zahl geeigneter Mitarbeiter haben und diese unter anderem auch beaufsichtigen (§ 1908 f Abs. 1 Nr. 1 BGB).

Die Gerichte haben berichtet, dass sie die Überwachung der gerichtlich bestellten Betreuer nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen durchführen. Als besonders wichtiges Kontrollmittel werden die jährlichen Berichte des Betreuers über die persönlichen Verhältnisse des Betreuten und die Überprüfung der im Regelfall jährlichen Rechnungslegung über die Vermögensverwaltung genannt. Einige Gerichte haben betont, dass bei der Überwachung des Betreuers nicht danach unterschieden werde, ob es sich um eine Betreuung für einen älteren Menschen oder für einen anderen Betroffenen handelt.

VIII. Die Mobilität der Seniorinnen und Senioren

1. Welche Bedeutung nimmt nach Auffassung der Landesregierung die Mobilität im Rahmen der Zufriedenheit der Seniorinnen und Senioren ein?

Individuelle Mobilität ist die Voraussetzung für die Bewältigung des Lebensalltags sowie für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Bei der Beurteilung der eigenen Lebensqualität nimmt die Mobilität bei allen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen einen hohen Stellenwert ein.

2. Welche Verkehrsmittel wie eigener Pkw, Bus, Bahn oder Taxi werden von Seniorinnen und Senioren welcher Altersgruppe bevorzugt?

Umfassende Daten liegen für Rheinland-Pfalz und auch bundesweit nicht vor. Aus Einzeluntersuchungen mit bundesweiten Datengrundlagen oder aus Fahrgastbefragungen lassen sich folgende, generelle Aussagen ableiten:

­ Ältere Menschen gehen häufig und gerne zu Fuß und fahren gerne Fahrrad. Diese beiden Fortbewegungsarten wurden in einer Untersuchung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 1997 von über 50 Prozent der Befragten mit positiven Erlebnissen verbunden, gegenüber 39 Prozent beim Führen eines Kraftfahrzeugs und 30 Prozent bei der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs.