Ausbildung

Als Zweites: Sie haben sicherlich der Drucksache entnommen, dass es als Vertragspartner nicht nur den bremischen Staat auf der einen Seite, das ist klar, gibt, aber dann nicht nur die Bremische Evangelische Kirche, die BEK, sondern darüber hinaus zwei weitere. Für mich war das auch neu, als ich das zum ersten Mal gelesen habe, ich dachte, in diese Materie muss ich einsteigen, und es ist ganz interessant, wie das historisch entstanden ist. Das will ich jetzt hier nicht alles darlegen, Sie brauchen keine Angst zu haben, das würde sehr weit führen, aber die Vertragspartner möchte ich schon noch einmal nennen. Das sind neben der Bremischen Evangelischen Kirche die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers und die Evangelisch-reformierte Kirche, in Klammern: Synode Evangelisch-reformierter Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland. Das ist ganz interessant. Mit diesen dreien soll also dieser Vertrag geschlossen werden.

Wenn man dann nachfasst, warum das so ist, dann kommt man darauf ­ viele ahnen es schon ­, dass es etwas mit der Veränderung der Gebietskörperschaften im Lauf der Jahre, insbesondere mit dem Freistaat Preußen, der ja nicht mehr existiert, der aber seinerzeit entsprechende Verträge hatte, und auch mit den entsprechenden Kirchengemeinden zu tun hat. Heute ist es so, um es einmal zusammenzufassen, dass insbesondere in Bremerhaven von 16 Kirchengemeinden, wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe, 15 der Hannoverschen Landeskirche zugehörig sind, und es kommt noch eine weitere Gemeinde hinzu, die der Evangelisch-reformierten Kirche Nordwestdeutschland angehört. Das also zu den Vertragspartnern!

Daraus hat sich allerdings auch ein Problem entwickelt, denn einer der Vertragspartner hat sich nicht ganz mit dem einverstanden erklärt, was uns hier als Staatsvertrag vorgelegt worden ist. Ich darf Sie noch einmal auf die Drucksache verweisen, auf den vorliegenden Vertrag. Da heißt es im Schlussprotokoll zu Artikel 3: Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers nimmt die Sonderstellung des Unterrichts in Biblischer Geschichte in der Freien Hansestadt Bremen zur Kenntnis. Sie hält dessen ungeachtet daran fest, dass das Zusammenwirken von Staat und Kirche im Schulwesen die Erteilung des bekenntnisgebundenen Religionsunterrichts nach Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz als ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen außerhalb des Anwendungsbereichs des Artikels 141 Grundgesetz gebietet.

Meine Damen und Herren, das ist die alte Auseinandersetzung. An sich ist sie erledigt aus Bremer Sicht, und ich glaube, auch für die Bremische Evangelische Kirche, obwohl, das muss ich schon sagen, ich bin nicht jetzt erst mit diesem Vertrag mit diesem Thema konfrontiert worden. Diese Vertragsverhandlungen, die auch von Bürgermeister Dr. Scherf ganz persönlich initiiert und betrieben worden sind, laufen ja schon etwas länger. Es hat in der Tat durchaus schon Bestrebungen und Versuche gegeben, gerade auch was den Unterricht an Schulen angeht, ein Thema, das wir hier übrigens auch öfter gehabt haben, doch irgendwie vertraglich in der Weise zu regeln, dass eine Gewährleistung dieses Unterrichts am Ende herauskommt. Das ist nicht möglich, und ich denke, das, was uns jetzt als Vertragsentwurf vorgelegt worden ist, kann von unserer Seite aus so mitgetragen werden.

Ich darf also noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass Artikel 32, der die Frage des Biblischen Geschichtsunterrichts bei uns in Bremen regelt, keine Gewährleistungspflicht enthält, sondern das ist gerade, was übrigens als Bremer Klausel auch bekannt geworden ist, die Besonderheit in Bremen, dass der Unterricht in Biblischer Geschichte ­ ich sage das hier einmal in Klammern zu meiner Person, ich gehöre gar keiner Kirche an, ich fand ihn trotzdem spannend, so wie er zu meiner Zeit, und ich hoffe, auch heute, gemacht worden ist ­ nämlich Information ist, eine Art religionskundlicher Unterricht, was denn eigentlich in der Bibel steht. Das ist einfach notwendig, um das zu wissen, dass dieser Unterricht aber freiwillig ist, für beide Seiten, sowohl für die Schüler als auch für die Lehrer. Daran, meine Damen und Herren, wollen und können wir auch nicht rütteln. Es kann auch kein Vertrag diese Verfassungssituation ändern. Dem trägt auch dieser Vertrag Rechnung. So, wie er uns hier jetzt vorgelegt worden ist, meine ich, kann er unsere Zustimmung finden.

In Artikel 3 heißt es hier im Vertrag zum Unterricht in Biblischer Geschichte, die Hansestadt erfüllt hier die ihr obliegende Verpflichtung in der nach der Verfassung möglichen Weise. Ich denke, das ist eine Formulierung, die man ebenso mittragen kann wie den Absatz, der Bremischen Evangelischen Kirche werde Gelegenheit gegeben, zu den Lehrplänen Stellung zu nehmen. Da können ganz prüde Landesbürger sagen, das geht uns schon etwas zu weit.

Ich denke, das ist gerade noch vertretbar, natürlich kann eine Kirche auch dazu Stellung nehmen.

Was in dem Vertrag nicht geregelt werden kann, ist auch relativ eindeutig. Es ergibt sich aus der Landesverfassung, und zwar aus Artikel 59, letzter Satz: Die Kirche verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates und der bürgerlichen Gemeinde. Das heißt, umgekehrt hat die Kirche hier auch ein Schutzrecht gegenüber dem Staat. Das gibt es in anderen Bundesländern nicht.

Ich darf zum Beispiel auf den Loccumer Vertrag, der das Verhältnis des Landes Niedersachsen mit der Evangelischen Kirche regelt, hinweisen. Er ist von

1955. Darin sind zahlreiche andere Fragen geregelt, zum Beispiel die wissenschaftliche Vorbildung von Geistlichen, die Ausbildung von Religionslehrern an pädagogischen Hochschulen, das Theologiestudium an Universitäten, Besetzung kirchlicher Ämter im Einvernehmen mit staatlichen Stellen, Einstellung von Pfarrern, Einspruchsrechte der Landesregierung gegen gewisse kirchliche Gesetze und so weiter.

Auch das ist wiederum in Bremen nicht möglich. Hier haben beide im Grunde genommen ihren vollen Souveränitätsraum, das war verfassungsmäßig so gewollt und so auch durch die Geschichte vorgeprägt.

Ich will jetzt nicht noch einmal die einzelnen Bestimmungen aufzählen. Das kann er sowieso besser, als ich das könnte. Deswegen möchte ich zu diesem Punkt auch gar nicht mehr viel sagen. Ich finde, es ist in seiner Rede noch einmal deutlich geworden, in welchem historischen Rahmen, und das ist bei einem solchen Vertrag wichtig, man solche Verträge schließt. Die macht man ja nicht einfach einmal eben so, wie man Brötchen holen geht, sondern das ist schon ein bedeutendes Datum, und der Kollege Isola hat beschrieben, wie es zustande gekommen ist.

Wir sind mit dem Ergebnis und auch der Art und Weise, wie dieser Vertrag zustande gekommen ist, einverstanden. Wir haben selbst mit dem Präsidium der Bremischen Evangelischen Kirche ausführlich gesprochen, sowohl über den Verlauf der Gespräche als auch über das Ergebnis, und auch dort ist man weitestgehend mit dem zufrieden, was nun dabei herausgekommen ist. Es ist klar, dass sich Vertragsparteien immer noch den einen oder anderen Punkt möglicherweise vorstellen könnten, den sie zusätzlich oder weiter gehend formuliert haben wollten, aber wie wir in den Gesprächen mit der BEK festgestellt haben, besteht auch dort Zufriedenheit mit dem Ergebnis.

Wir haben ja, in der letzten Sitzung war es, über den Staatsvertrag, der nicht Staatsvertrag heißt, sondern Vertrag, was auch Gründe hat, die man hier nicht ausführlich erörtern muss, mit der Jüdischen Gemeinde gesprochen. Sie haben die Situation der katholischen Gläubigen hier im Land Bremen angesprochen. Vielleicht muss man auch noch die Muslime ansprechen als die vierte größere Glaubensgemeinschaft. Bei ihnen gibt es andere Gründe, nämlich die Vielfalt der verschiedenen Gemeinden, die dazu führen, dass wir nicht, wie bei der Jüdischen Gemeinde und der Evangelischen Kirche, einen ähnlichen Vertrag in Kürze mit diesen Bürgerinnen und Bürgern haben werden. Das heißt aber nicht, dass er nicht vielleicht eines Tages auch noch einmal zustande kommt, wenn man dort die Voraussetzungen dafür geschaffen hat.

Vom materiellen Inhalt des Vertrages hat der Kollege Isola schon einiges angesprochen. Ich finde auch, ein sehr wichtiger Bereich, weil dort, sagen wir einmal, eine sehr gewichtige Rolle der Evangelischen Kirche vorherrscht, ist der Bereich der Kindertagesheime, der Kindergärten. Das wird auch im Vertrag angesprochen, ebenso die Rolle, die sich Staat und Kirche gegenseitig geben und vorsehen.

Ich finde, dass das auch in der Wortwahl sehr gut geregelt ist, weil deutlich wird, dass beide Instanzen hier eine wichtige Rolle spielen und sich bemühen, eine hohe Qualität abzuliefern.

Gerade im Bereich der Kindertagesheime und Kindergärten muss man allerdings feststellen, dass natürlich dort auch ein Prozess stattfindet, ein Weg gegangen wird in eine Richtung, dass sich Dinge verändern. So ist es zum Beispiel in den Kindertagesheimen der Bremischen Evangelischen Kirche bisher sehr schwierig, fast unmöglich gewesen, Beschäftigte anderer Glaubensrichtungen einzustellen.

Nun weiß man, dass in bestimmten Stadtteilen, in denen die Klientel, die in den Kindergarten kommt, muslimischer oder auch anderer Glaubensrichtung ist, dass das ein sehr wertvoller Beitrag sein kann.

Hier hatten wir in jüngster Vergangenheit eine Reihe von Konflikten. Einen Fall in Schwachhausen mögen Sie vielleicht erinnern, wo eine Praktikantin muslimischen Glaubens, nachdem sie schon sechs Wochen ihres dreimonatigen Praktikums abgeleistet hatte, wieder nach Hause geschickt werden musste, während des Praktikums dies abbrechen musste, weil man festgestellt hat, dass sie als Muslimin eigentlich ein solches Praktikum nicht machen dürfte.

Auch hier gab es eine ganze Reihe von Gesprächen auf den unterschiedlichsten Ebenen. Die Bremische Evangelische Kirche ist dabei, und das begrüßen wir sehr, soweit das nach Kirchenrecht und internen Regeln möglich ist, auch hier Abhilfe zu schaffen und einen Weg zu gehen hin auch zu an deren Glaubensgemeinschaften in Bremen, so dass wir in Zukunft einen solchen Fall, der für großes Unverständnis in diesem Kindertagesheim gesorgt hat

­ es gab aber auch noch andere Fälle in anderen Stadtteilen ­, hoffentlich nicht mehr haben werden.

Man muss hier zu einer Regelung kommen, die nicht formal und ausschließend ein solches Thema angeht, sondern auch berücksichtigt, was nach der rechtlichen Situation möglich ist, was die Kinder, was die Eltern, was die Kolleginnen und Kollegen wollen.

Ich glaube, dass wir kurz davor stehen, eine solche Regelung zu bekommen.

Zum Unterricht in Biblischer Geschichte hat der Kollege Isola ebenfalls den Rahmen hier dargestellt.

Sie sagten, es gibt zwar eine Einigung darüber, wie er durchgeführt wird, man muss wahrscheinlich aber der Ehrlichkeit halber anmerken, dass in der Frage, wie oft er durchgeführt wird, wie viel Personal vorhanden ist und wie der Zustand dieses Unterrichtsangebots im Lande Bremen ist, natürlich Kritik da ist, dass das Fach nur unzureichend unterrichtet wird.

Das haben wir hier auch öfter mit dem Bildungssenator besprochen. Ich glaube, dass auch hier Verbesserungen auf dem Weg sind.

Interessant ist, dass dieses in dem Vertrag noch einmal festgehaltene Verhältnis auch im Bereich des schulischen Unterrichts wiederum Vorbild für Bestrebungen ist, nun auch mit den muslimischen Gemeinden in Bremen zu einem Islamkundeunterricht auf der gleichen verfassungsrechtlichen Grundlage zu kommen, der ja in Kürze in Modellversuchen ­ so hoffe ich jedenfalls ­ tatsächlich anlaufen soll. Ich hoffe, dass die Schwierigkeiten, die da noch auf dem Weg liegen, überwunden werden. Wenn hier die Lösung, die Bremen mit den christlichen Kirchen gefunden hat, Vorbild ist und man auch hier wieder die Zuwanderung ernst nimmt und diese Lösung ausweitet auf andere Glaubenseinrichtungen, so ist das, glaube ich, auch ein gutes Vorbild.

Ich glaube, so sehr das stimmt, was der Kollege Isola sagte, dass es die Festschreibung des Status quo und keine Verkündigung von irgendwelchen großen Neuerungen oder Veränderungen ist, dass es dennoch sehr viel Sinn macht, es so im Vertrag festzuschreiben, weil man natürlich sehen muss, dass die Kirchen tatsächlich ein sehr gewichtiger Teil dessen, was man Zivilgemeinschaft nennt, sind und dass die Anerkennung, die eine von Staats wegen vertraglich festgeschriebene Lösung bietet, dies natürlich auch auf beiden Seiten noch einmal bekräftigt. Das ist ja in den entsprechenden Freundschaftsklauseln und Bekundungen in diesem Vertrag sehr deutlich geworden. Insofern halte ich den Vertrag auch nicht für verzichtbar, sondern halte es für gut, dass er in dieser Form abgeschlossen wird.

Es ist schon deutlich geworden, dass wir dieses Ergebnis politisch teilen, dass wir dem Kirchensenator an dieser Stelle danken für diese Verhandlungen und dass wir dem Vertrag anschließend zustimmen werden. ­ Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) Vizepräsident Ravens: Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Borttscheller.

Abg. Borttscheller (CDU) : Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Verhältnis zwischen der Freien Hansestadt Bremen und der Evangelischen Kirche ist seit Jahrzehnten entspannt und freundschaftlich.

(Abg. Kleen [SPD]: Mit Pausen!)

Ich sage, zwischen der Freien Hansestadt entspannt und freundschaftlich! Deshalb hätte es nach meinem Gefühl nicht einer schriftlichen Vereinbarung bedurft, aber wenn es der Wunsch der Kirchen war, hier eine schriftliche vertragliche Absprache zu treffen, dann ist es sicherlich sinnvoll, diesem Wunsch auch zu entsprechen.

Wegen des freundschaftlichen Verhältnisses wurde das Wort Freundschaft auch häufiger in diesem Vertrag erwähnt. Schon am Anfang heißt es: geleitet von dem Wunsch, das freundschaftliche Verhältnis zwischen der Freien Hansestadt Bremen und den Kirchen zu festigen und zu fördern. Man hat dann auch noch in Artikel 22 eine Freundschaftsklausel in den Vertrag eingebaut: Die Vertragsparteien werden zwischen ihnen etwa bestehende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beilegen.

Nun sagt allerdings ein altes deutsches Sprichwort, dass beim Geld die Freundschaft häufig aufhört. Das ist auch ein Punkt, wenn man diesen Vertrag kritisch liest, dass natürlich bestimmte Leistungen, die zu erbringen sind, ich sage einmal, eher undeutlich angesprochen werden, zum Beispiel die Frage der Denkmalpflege in Artikel 7. Da heißt es, die Freie Hansestadt Bremen erkennt die Bedeutung der kirchlichen Kulturdenkmale et cetera an und trägt zur Pflege dieser Denkmale nach Maßgabe der Gesetze und im Rahmen der für diese Aufgaben zur Verfügung stehenden Mittel bei. Das kann viel, aber das kann auch sehr wenig bedeuten. Bei der Unterstützung der Jugendarbeit und der Erwachsenenbildung kommt es natürlich auch immer darauf an, in welcher Weise sich der Staat mit Zuschüssen beteiligt, damit hier eine erfolgreiche Jugendarbeit und Erwachsenenbildung geleistet werden kann.

In dem Zusammenhang eine kleine Anmerkung zum Kollegen Güldner: Ich glaube, dass es nicht beanstandet werden kann, wenn in einem Tendenzbetrieb so verfahren wird, wie Sie das Beispiel geschildert haben.