Gericht

Die Kleine Anfrage 1216 vom 21. März 2003 hat folgenden Wortlaut:

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Januar 2002 hat die Grundsätze des ethischen Tierschutzes in Abwägung mit anderen Rechtsgütern berücksichtigt und die Grundsystematik des Tierschutzgesetzes als verfassungsgemäß bestätigt. Dies bedeutet, dass Schächten nicht ohne weiteres erlaubt ist, sondern von einer in jedem Einzelfall zu prüfenden Ausnahmegenehmigung abhängt.

Für deren Erteilung müssen verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie viele Anträge auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sind in Rheinland-Pfalz im Zeitraum 2002 bis 2003 gestellt worden (aufgelistet nach Tierarten)?

2. Welche Konsequenzen hat die Landesregierung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und der Aufnahme des Staatsziels Tierschutz ins Grundgesetz gezogen?

3. Wie beurteilt die Landesregierung im Hinblick auf rheinland-pfälzische Regelungen den so genannten Schächterlass aus Nordrhein-Westfalen, wonach das Schächten und damit das Schlachten von Tieren ohne vorherige Betäubung stark eingeschränkt wird?

Das Ministerium für Umwelt und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 10. April 2003 wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1: Im Jahr 2002 wurden acht Anträge auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 4 a TierSchG gestellt.

Ein Antrag wurde abgelehnt, so dass sieben Antragsteller die Ausnahmegenehmigung erhielten, wobei drei Anträge in einem Genehmigungsbescheid zusammengefasst wurden.

Lediglich eine Ausnahmegenehmigung bezog sich auf das Schächten von Rindern, die anderen auf das Schächten von Schafen.

Im Jahr 2003 (Stichtag 31. März 2003) sind 19 Anträge schriftlich und zwei Anträge mündlich/persönlich bei den zuständigen Behörden gestellt worden.

Sämtliche im Jahre 2003 gestellten Anträge wurden abgelehnt.

Alle Anträge aus 2002 und 2003 waren jeweils anlässlich des islamischen Opferfestes gestellt worden.

Zu Fragen 2 und 3:

Als Konsequenz aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und der Verankerung des Staatsziels Tierschutz im Grundgesetz wurden am 13. November 2002 vom Ministerium für Umwelt und Forsten neue Ausführungshinweise zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 4 a TierSchG erlassen mit dem Ziel, bei der Bearbeitung der Anträge so tierschutzorientiert wie möglich vorzugehen.

Die Ausführungshinweise wurden unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Arbeitsgruppe „Schächten" der Arbeitsgemeinschaft der für das Veterinärwesen zuständigen obersten Landesbehörden (ArgeVet) erstellt und enthalten einen umfangreichen Katalog materieller Genehmigungsvoraussetzungen sowie Anforderungen an die substantiierte und nachvollziehbare Darlegung des zwingenden Grundes einer Religionsgemeinschaft, aufgrund dessen sich diese zu einem betäubungslosen Schlachten gezwungen sieht.

So sind vom Antragsteller u. a. begründete Ausführungen zum religiösen Standpunkt der konkreten religiösen Gemeinschaft (Gruppierung) sowie der Ausübung ihrer Religionspraxis vorzulegen. Allein die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft durch den Antragsteller wird als nicht ausreichend angesehen.

Im Antrag sind darüber hinaus detaillierte Angaben zum Schlachtablauf, zu Art und Anzahl der Tiere vorzulegen sowie der Nachweis der Sachkunde der schächtenden Person gemäß Tierschutzschlacht-VO zu erbringen. Zusätzlich findet eine Prüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten zum Schächten durch eine anerkannte Stelle statt. Das Schächten darf nur in fleischhygienerechtlich zugelassenen oder registrierten Betrieben stattfinden. Im Antrag sind Angaben zu dem betreffenden Schlachtbetrieb, insbesondere zur technischen Einrichtung und deren Handhabung zu machen. Es muss gewährleistet sein, dass die Tiere ohne unnötige Belastung ruhig gestellt werden und die besonderen technischen Einrichtungen zur ungehinderten und sicheren Durchführung des Schächtschnittes und der ungestörten Entblutung vorhanden sind.

Das durch Schächtung gewonnene Fleisch darf nur an Angehörige der im Antrag genannten Religionsgemeinschaft abgegeben werden, was gegenüber der zuständigen Behörde durch entsprechende Belege nachzuweisen ist.

Demnach sieht auch die rheinland-pfälzische Regelung, die im Übrigen vor der des Landes Nordrhein-Westfalen erlassen wurde und inhaltlich mit ihr in weiten Teilen übereinstimmt, sehr strenge Anforderungen vor, unter denen im Einzelfall eine Ausnahmegenehmigung nach § 4 a Tierschutzgesetz möglich ist.

Margit Conrad