Steuer

Kostenbeteiligung Dritter Werden Maßnahmen in einer Straße von verschiedenen Trägern ausgeführt, muss dies bei der Ermittlung der beitragsfähigen Kosten berücksichtigt werden.

Verbindet z. B. eine Stadt eine Kanal- mit einer Straßenbaumaßnahme und erspart dadurch der Abwasserbeseitigungsbetrieb Kosten, muss diese Kostenersparnis anteilig dem Straßenbaulastträger zu Gute kommen. Dadurch reduzieren sich die beitragsfähigen Kosten und somit auch der Gemeindeanteil. Dies gilt selbst dann, wenn die Kanalbaumaßnahme geraume Zeit vor der Straßenbaumaßnahme durchgeführt worden ist. Es kommt nicht darauf an, ob für den Kanalbau selbst ein Beitrag erhoben werden kann. Die Kostenträger haben eine Vereinbarung über die Verteilung der Kosten zu treffen 86). Beispiel:

Ein Abwasserbeseitigungsbetrieb erneuerte den Abwasserkanal in einer Straße. Dabei wurde der Straßenunterbau wiederhergestellt, die Straßendecke jedoch erst vier Jahre später aufgebracht. Der Abwasserbeseitigungsbetrieb hätte an den Kosten des Ausbaus beteiligt werden müssen.

Anschlüsse von Grundstücken, die zusammen mit einer Ausbaumaßnahme hergestellt werden, sind dieser nicht zuzurechnen. Die Kosten dafür haben die jeweiligen Grundstückseigentümer unmittelbar zu tragen.

6. Festlegung des Gemeindeanteils

Die Gemeinde hat stets einen eigenen Anteil an den Kosten zu tragen. Ihr Anteil ist von Anlage zu Anlage unterschiedlich und bemisst sich nach dem Verhältnis des Durchgangsverkehrs zum Anliegerverkehr. Bei der Festlegung ihres Anteils haben die Gemeinden kein Ermessen.

Als geeigneter Bewertungsmaßstab haben sich die Abgrenzungskriterien der so genannten Lüneburger Tabelle 87) erwiesen, die auch der Rechnungshof seiner Bewertung zugrunde legt.

Für den Ausbau einer Straße mit Gehweg können die nachfolgenden Werte als Orientierung gelten: Straßentyp Anliegeranteil Gemeindeanteil

­ reine Wohnstraße 75 25

­ Straße mit starkem innerörtlichen Verkehr 50 50

­ reine Durchgangsstraße 40 60

Da eine exakte Abgrenzung im Einzelfall nur sehr schwer möglich ist, wird eine Festlegung des Gemeindeanteils nicht beanstandet, wenn sie einen Beurteilungsrahmen von +/­ 5 % nicht überschreitet 88).

Bei zahlreichen Ausbaumaßnahmen beschlossen die Gemeinderäte zu hohe Gemeindeanteile. Das war bei nahezu jeder Prüfung festzustellen.

Nach der Rechtsprechung ist für den Ausbau eines Gehwegs an einer Ortsdurchfahrt ein Gemeindeanteil von 40 % angemessen.

Abweichend davon setzte eine Kommune den Anteil auf 60 % fest. Bei einer Anliegerstraße wurde für den Gehwegausbau ein Gemeindeanteil von 50 % beschlossen, obwohl ein Anteil von 25 % angemessen gewesen wäre. Einnahmeausfälle von zusammen über 100 000 waren die Folge.

Ein zu hoher Gemeindeanteil hat auch Auswirkungen auf die Höhe der zweckgebundenen Zuweisungen des Landes, weil diese nur den Gemeindehaushalt entlasten sollen und nicht zur Verminderung der Beitragslast der Anlieger herangezogen werden dürfen89).

Ist eine Nacherhebung der Beiträge nicht mehr möglich und werden die zu Unrecht gewährten Zuweisungen nachträglich gekürzt, muss die Gemeinde den ausfallenden Betrag aus allgemeinen Deckungsmitteln finanzieren.

7. Erlass von Beitragsbescheiden

Die Beitragspflicht entsteht, wenn die Bauarbeiten abgeschlossen sind und der Aufwand feststellbar ist (§ 10 Abs. 7 S. 1 KAG). Häufig wurden Beiträge lange Zeit nach Entstehen der Beitragspflichten erhoben. Sachliche Gründe für die Verzögerungen waren regelmäßig nicht erkennbar.

In einem Fall ergingen die Beitragsbescheide erst etwa zwei Jahre nach dem Eingang der Schlussrechnung. In einem anderen Fall war die Ausbaumaßnahme sieben Jahre nach Abschluss noch nicht abgerechnet.

86) Vgl. Tz. 5 Nr. 4.3.

87) Entwickelt vom OVG Lüneburg, Urteil vom 8. September 1969 (Gemeindetag Rheinland-Pfalz 1970, S. 102). 88) Vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. August 1986 (AS 20, 411). 89) Vgl. Jahresbericht 2000 Tz. 12 Nr. 2.2. Tz. 5 Vergabe von Bauleistungen

1. Allgemeines:

Die Gemeinden und Gemeindeverbände in Rheinland-Pfalz (ohne Eigenbetriebe und Eigen- und Beteiligungsgesellschaften) haben in den letzten Jahren jährlich bis zu etwa einer Milliarde Euro für Baumaßnahmen ausgegeben. Der ordnungsgemäßen Vergabe der Bauleistungen kommt daher große Bedeutung zu, um eine wirtschaftliche und sparsame Verwendung öffentlicher Gelder zu gewährleisten und einen fairen Wettbewerb zu wahren. Die strikte Einhaltung der Vorschriften über die Vergabe von Bauaufträgen trägt auch dazu bei, Manipulationen vorzubeugen und Begünstigungen entgegenzuwirken.

Der Rechnungshof hat immer wieder teilweise gravierende Fehler und Mängel bei der Vorbereitung, Planung und Veranschlagung von Bauvorhaben sowie bei der Vergabe, Durchführung und Abrechnung von Bauleistungen festgestellt. In seinen Jahresberichten wurden wiederholt Beispiele aufgezeigt 90).

Die folgende Darstellung, die vorwiegend Tiefbaumaßnahmen betrifft, wendet sich zunächst den Arten der Vergabe zu, die auch für die kommunalen Auftraggeber verbindlich sind. Sie zeigt dann Mängel auf, die in Leistungsverzeichnissen häufig wiederkehren.

Der Rechnungshof will damit den kommunalen Bauverwaltungen und auch den mit der Vorbereitung und Ausschreibung kommunaler Baumaßnahmen beauftragten freischaffenden Architekten und Ingenieuren Hinweise geben, wie sie Fehler vermeiden und möglichen Manipulationen und Schadensersatzforderungen vorbeugen können.

Die meisten der wiedergegebenen Beispiele stammen nicht aus aktuellen Prüfungen. Es handelt sich vielmehr um charakteristische Fälle. Gleichartige Fehler und Mängel sind auch in jüngster Zeit immer wieder festzustellen.

2. Verbindliche Vergabebestimmungen

Die Kommunen sind bei Bauaufträgen, deren geschätzter Auftragswert ohne Umsatzsteuer den Betrag von 5 Mio. erreicht oder übersteigt (Schwellenwert), nach Wettbewerbsrecht 91) verpflichtet, die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A) anzuwenden. Bei Bauaufträgen, die diesen Schwellenwert nicht erreichen, sind sie hierzu nach Haushaltsrecht 92) verpflichtet.

Der Schwellenwert bezieht sich auf den Gesamtauftragswert einer baulichen Anlage ohne Umsatzsteuer. Wird eine bauliche Anlage nach Losen vergeben, müssen bei der Schätzung des Auftragswerts alle Lose berücksichtigt werden (§ 3 Abs. 5 VgV), einschließlich des Werts der vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Lieferungen, die für die Ausführung der Bauleistungen erforderlich sind (§ 3 Abs. 7 VgV). Erreicht oder übersteigt der Gesamtauftragswert den Schwellenwert, sind alle Lose mit einem Auftragswert ab 1 Mio. EU-weit auszuschreiben; von den Losen mit einem Auftragswert von weniger als 1 Mio. darf ein Kontingent von 20 % des Gesamtauftragswerts national vergeben werden (§ 2 Nr. 7 VgV). Für die Ausschreibung und Vergabe von Fachlosen innerhalb dieses Kontingents gelten nicht die Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und der Vergabeverordnung, sondern § 31 GemHVO in Verbindung mit dem 1. Abschnitt der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A).

Als weitere verbindliche Vergabebestimmungen sind die „Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung" in Abschnitt 0 der Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen, DIN 18299 ff., zu beachten (§ 9 Nr. 3 Abs. 4 VOB/A). Ferner sind die „Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen (VOB/B)" und die „Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (VOB/C)" als Bestandteil in die Verträge aufzunehmen (§ 10 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A).

Bei Zuwendungen des Landes für kommunale Baumaßnahmen besteht neben der gesetzlichen Verpflichtung zur Einhaltung der Vergabevorschriften eine zwingende Bindung aufgrund der „Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen" 93). Verstöße gegen die Vergabevorschriften rechtfertigen grundsätzlich die Rückforderung der Zuwendungen.

Nicht verbindlich, aber den kommunalen Körperschaften zur Anwendung empfohlen, sind die Bestimmungen der Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Bekämpfung der Korruption in der öffentlichen Verwaltung 94).

90) Vgl. zuletzt Jahresbericht 2002 Tz. 5, 9, 12 und 22 (Landtagsdrucksache 14/1880). 91) §§ 97 bis 101 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) i. d. F. vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2547), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1765) in Verbindung mit § 2 Nr. 4 und §§ 6 und 7 Vergabeverordnung (VgV) i. d. F. der Bekanntmachung vom 11. Februar 2003 (BGBl. I S. 169) und den Abschnitten 2 bis 4 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A i. d. F. der Bekanntmachung vom 12. September 2002 (BAnz. Nr. 202a vom 29. Oktober 2002). 92) § 31 GemHVO in Verbindung mit der VV des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, des Ministeriums des Innern und für Sport und des Ministeriums der Finanzen vom 21. November 2001 (MinBl. 2001 S. 475) und dem Abschnitt 1 der Vergabeund Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A i. d. F. der Bekanntmachung vom 12. September 2002 (BAnz. Nr. 202 a vom 29. Oktober 2002). 93) VV Teil II/Anlage 3 zu § 44 LHO vom 20. Dezember 2002 (MinBl. 2003 S. 22). 94) Vom 7. November 2000 (MinBl. 2001 S. 86) und dazu Rundschreiben vom 5. Juni 2002 (MinBl. S 414).

Nach den Vergabegrundsätzen der Vergabe- und Vertragsordnung ist ein uneingeschränkter Wettbewerb zu gewährleisten. Dieser ist notwendig, um

­ ein korrektes Vergabeverhalten zu sichern,

­ allen in Betracht kommenden Bewerbern zu gleichen Bedingungen Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu ermöglichen,

­ angemessene Preise zu erzielen.

Manche öffentliche Auftraggeber empfinden die Verpflichtung zur strikten Anwendung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, vor allem das Verbot, vor der Auftragsvergabe über Änderungen der Angebote oder der Preise zu verhandeln (§ 24 Nr. 3 VOB/A), als einengend und nachteilig. Sinn und Zweck gerade dieses Verbots ist es jedoch, den Wettbewerb unter gleichen Bedingungen für alle Bewerber aufrechtzuerhalten und einen ruinösen Wettbewerb zu verhindern. Verhandlungen mit einzelnen Bietern würden dagegen diesen bessere Chancen verschaffen. Außerdem wirkt das Verhandlungsverbot Korruption und Bestechung entgegen. Bieter werden in ihren Angeboten einen Verhandlungsspielraum vorsehen, sobald ihnen bekannt ist, dass über Preise verhandelt wird. Schließlich bestehen erhebliche Zweifel, dass es kommunalen Verhandlungsführern (gewählte Mandatsträger nicht ausgenommen) gelingen könnte, günstigere Preise auszuhandeln, als sie sie unter dem Druck eines überregionalen fairen Wettbewerbs bei strikter Anwendung der Vergabe- und Vertragsordnung erzielen können.

Voraussetzung ist allerdings, dass schon bei der Vorbereitung und Durchführung von Vergaben alles vermieden wird, was den Wettbewerb beeinträchtigen könnte. Insbesondere ist die Vergabeart anzuwenden, die den jeweils größtmöglichen Wettbewerb gewährleistet.

3. Arten der Vergabe

Die Vergabe- und Vertragsordnung unterscheidet zwischen folgenden Vergabearten für Aufträge ober- und unterhalb des Schwellenwerts, die sich grundsätzlich entsprechen: Auftragsvergaben ab dem Schwellenwert Auftragsvergaben unterhalb des Schwellenwerts (2. bis 4. Abschnitt der VOB/A) (1. Abschnitt der VOB/A) Offenes Verfahren Öffentliche Ausschreibung Beschränkte Ausschreibung Nichtoffenes Verfahren Beschränkte Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb Verhandlungsverfahren Freihändige Vergabe (ggf. nach Öffentlicher Vergabebekanntmachung)

Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Vergabearten des 1. Abschnitts der Vergabe- und Vertragsordnung; sie gelten für die übrigen Vergabearten im Wesentlichen entsprechend.

Die Vergabearten stehen nicht gleichrangig nebeneinander:

Der Regelfall ist die Öffentliche Ausschreibung. Sie muss stattfinden, wenn nicht die Eigenart der Leistung oder besondere Umstände eine Abweichung rechtfertigen (§ 3 Nr. 2 VOB/A). Sie bedarf daher keiner besonderen Begründung. Die Entscheidung, von einer Öffentlichen Ausschreibung abzusehen, ist dagegen stets im Vergabevermerk besonders zu begründen (§ 30 VOB/A). Ausnahmsweise kommt unter den in § 3 Nr. 3 VOB/A abschließend aufgeführten Umständen oder Voraussetzungen die Beschränkte Ausschreibung, ggf. mit einem öffentlichen Teilnahmewettbewerb, in Betracht. Dabei sollen im Allgemeinen drei bis acht 95), bei einem Nichtoffenen Verfahren müssen mindestens fünf96) geeignete Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden.

Für die Freihändige Vergabe müssen die Ausnahmegründe, wie die in § 3 Nr. 4 VOB/A aufgeführten Beispiele zeigen, so gewichtig sein, dass sich jede Art von Ausschreibung als unzweckmäßig erweist. Das bedeutet nicht, dass kein Wettbewerb stattzufinden hätte. Auch bei der Freihändigen Vergabe ist das Wettbewerbsgebot des § 2 Nr. 1 S. 2 VOB/A zu beachten. Es sind mehrere Angebote bei einer möglichst großen Bieterstreuung einzuholen, um eine wirtschaftliche Verwendung der Haushaltsmittel zu gewährleisten.

95) § 8 Nr. 2 Abs. 2 VOB/A. 96) § 8 a Nr. 2 VOB/A.