Rechtsmittel in Strafsachen Berufung Revision und Beschwerde Rechtskraft und Wiedereinsetzung in den vorherigen
III. Ausbildung
1. Wie werden junge Juristinnen und Juristen in Rheinland-Pfalz im Zusammenhang mit dem Täter-Opfer-Ausgleich ausgebildet?
Derzeit werden die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare im juristischen Vorbereitungsdienst in der dreimonatigen Strafrechtsstation der Staatsanwaltschaft, der Strafkammer des Landgerichts, dem Vorsitzenden eines Schöffengerichts oder einem Strafrichter zugewiesen. Begleitend zur Ausbildung am Arbeitplatz des Richters oder Staatsanwalts werden Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare in der Arbeitsgemeinschaft ausgebildet (§ 35 JAPO Rheinland-Pfalz).
Gemäß Ziffer 18.1 der Richtlinien für den juristischen Vorbereitungsdienst sind folgende Themen aus dem Stoffplan exemplarisch zu behandeln, woraus sich ergibt, inwieweit die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare im Zusammenhang mit dem TäterOpfer-Ausgleich ausgebildet werden: Ermittlungsverfahren
Aufgaben und Befugnisse der Hilfsbeamtinnen und Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft
Verfahrensgrundsätze des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft
Beweisgewinnung und Zwangsmaßnahmen
Haftbefehl, Haftprüfung und Haftbeschwerde
Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft (Anklage, Einstellung, Täter-Opfer-Ausgleich). Hauptverfahren
Eröffnung, Vorbereitung und Durchführung der Hauptverhandlung (insbesondere Verfahren ohne die Angeklagte oder den Angeklagten, Ausschluss der Öffentlichkeit)
wesentliche Verfahrensgrundsätze (insbesondere Aufklärungspflicht, Beweisantrag, Beweismittel und Beweisverbote)
Plädoyer von Staatsanwaltschaft und Verteidigung
Tatbegriff des § 264 StPO
Strafzumessung und Strafaussetzung zur Bewährung (auch: Bedeutung des Täter-Opfer-Ausgleichs)
Tenorierung und Begründung von Urteilen und Beschlüssen.
Rechtsmittel in Strafsachen
Berufung, Revision und Beschwerde
Rechtskraft und Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand.
Besondere Verfahrensarten im Überblick
Strafbefehlsverfahren
Beschleunigtes Verfahren
Jugendgerichtsverfahren
Täter-Opfer-Ausgleich
Vermögensabschöpfung im Strafverfahren.
Überblick zur Strafvollstreckung
Die Darstellung des im Stoffplan aufgeführten Verfahrens erfolgt zum Teil in Sonderveranstaltungen und zum Teil integriert in den Arbeitsgemeinschaften.
Nachdem zukünftig Gegenstand des Studiums auch die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen ist, wozu unter anderem auch die Streitschlichtung gehört, kann in diesem Zusammenhang zukünftig auch der Täter-Opfer-Ausgleich bereits im Studium einführend behandelt werden.
2. Welche Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen stehen neu eingestellten Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten zur Verfügung?
Im Rahmen des Gemeinsamen Justizfortbildungsprogramms der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland werden alljährlich mindestens eine, bei entsprechendem Bedarf auch zwei einwöchige „Tagungen für neu eingestellte Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte" durchgeführt. Gegenstand dieser Tagung sind unter anderem Themenschwerpunkte aus dem strafrichterlichen und staatsanwaltschaftlichen Dezernat. Zu diesen Schwerpunkten zählt auch der Täter-Opfer-Ausgleich, dem im Rahmen der zuletzt im Mai 2003 durchgeführten Veranstaltung ein eigener Tagungsabschnitt gewidmet war.
Daneben stehen den Assessorinnen und Assessoren selbstverständlich alle landeseigenen Fortbildungsveranstaltungen sowie die Tagungen der Deutschen Richterakademie offen, so unter anderem auch die Tagung „Täter-Opfer-Ausgleich und Schadenswiedergutmachung im Strafverfahren", die in der Zeit vom 15. bis 20. September 2003 in Wustrau stattfinden wird.
3. Wie werden die Konfliktberaterinnen und Konfliktberater für den Täter-Opfer-Ausgleich ausgebildet?
Die Ausbildung zum Konfliktberater erfolgt für alle Konfliktschlichter zentral durch das bundesweit zuständige Servicebüro für Täter-Opfer-Ausgleich und Konfliktschlichtung der DBH. e. V. in Köln. Die Konfliktschlichter in Rheinland-Pfalz haben unabhängig davon ein sozialwissenschaftliches Studium absolviert. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Schlichtung landesweit nach gleichen Qualitätskriterien erfolgt.
Die Fachkräfte der Jugendämter, die Täter-Opfer-Ausgleich selbst durchführen, haben mindestens eine Fachhochschulausbildung als Dipl.-Sozialarbeiter/in oder Dipl.-Sozialpädagoge/in. Darüber hinaus haben die Fachkräfte in der Regel ebenfalls eine Ausbildung als Konfliktberater/in im Arbeitsfeld Täter-Opfer-Ausgleich beim Servicebüro für Täter-Opfer-Ausgleich und Konfliktschlichtung (Köln) absolviert.
IV. Erfahrungen mit dem Täter-Opfer-Ausgleich
1. Wie viele Strafverfahren wurden dem Täter-Opfer-Ausgleich seit seiner Einführung in Rheinland-Pfalz aufgeschlüsselt nach Jugendund Erwachsenenstrafrecht jährlich zugeführt? Die Gesamterfolgsquote ist aus der nachstehenden Tabelle ersichtlich: 1995 38 % 1999 51 % 1996 42 % 2000 48 % 1997 41 % 2001 51 % 1998 51 % 2002 48 %
3. Wie viel Prozent der Ermittlungsverfahren werden einem Täter-Opfer-Ausgleich zugeführt? Wie hat sich dies seit der Einführung des Täter-Opfer-Ausgleichs im Land entwickelt?
Im Zeitraum 1995 bis 2002 hat sich der Anteil der Verfahren, die einem Täter-Opfer-Ausgleich zugeführt wurden, zu der Gesamtzahl der Ermittlungsverfahren wie folgt entwickelt: 1995 0,29 % 1999 1,30 % 1996 0,21 % 2000 1,15 % 1997 0,71 % 2001 1,06 % 1998 0,56 % 2002 1,06 %
4. Gibt es bezüglich der Fragen 1, 2 und 3 Vergleichszahlen zu anderen Bundesländern?
Es liegen bisher keine Vergleichzahlen aus den übrigen Bundesländern vor.
5. Sind der Landesregierung Zahlen über die Rückfälligkeit von Straftätern, die an einem Täter-Opfer-Ausgleich teilgenommen haben, bekannt? Wie beurteilt sie in diesem Zusammenhang den erzieherischen Wert des Täter-Opfer-Ausgleichs bei jugendlichen Straftätern?
Erhebungen im Hinblick auf die Rückfälligkeit von Straftätern, die an einem Täter-Opfer-Ausgleich teilgenommen haben, wurden durch die Landesjustizverwaltung bisher nicht vorgenommen. Es gibt auch bisher keine Rückfalluntersuchungen außerhalb von Rheinland-Pfalz.
Fachgespräche mit Jugendämtern und freien Trägern, die Täter-Opfer-Ausgleich durchführen, zeigen allerdings, dass die Rückfallquote unter dem Eindruck eines erfolgreich durchgeführten Täter-Opfer-Ausgleichs mit Konfliktschlichtung und/oder Schadenswiedergutmachung eher als gering einzuschätzen ist. Eine detaillierte Erhebung hierzu liegt bisher nicht vor.
Von der Justiz wird die rechts- bzw. sozialfriedenstiftende Funktion des Täter-Opfer-Ausgleichs hervorgehoben. Die Jugendhilfe greift vor allem die sozialfriedenstiftende Komponente heraus und verbindet sie mit dem Ziel, dem jugendlichen Täter einen realen Ansatzpunkt für soziales Lernen und für die Auseinandersetzung mit dem eigenen Handeln zu bieten. Die betroffenen jungen Menschen setzen sich mit den Folgen ihrer Tat auseinander, übernehmen konkret Verantwortung für sie und lernen, die Situation auch aus der Sicht des Opfers zu sehen. Darüber hinaus erhalten sie im Ausgleichsgespräch die Chance, alternative Konfliktlösungsmuster kennen zu lernen. Die gleichrangige Berücksichtigung der Belange des Opfers ist dabei auch für die Jugendhilfe ein wichtiger Grundsatz. Nicht zuletzt in der Auseinandersetzung mit den Belangen des Opfers sieht die Jugendhilfe Chancen zum sozialen Lernen für den jugendlichen Täter.
6. Von welchen Erfahrungen mit dem Täter-Opfer-Ausgleich wurde bisher seitens der Einrichtungen berichtet? Welche Problemlagen hinsichtlich Aufgabenerfüllung und Finanzierung wurden dabei angeführt?
Die in einer Landesarbeitsgemeinschaft zusammengefassten Konfliktberatungsstellen stehen in einem regelmäßigen Erfahrungsaustausch mit der Landesjustizverwaltung.
In diesem Rahmen wurde bisher von einer grundsätzlich positiven Entwicklung berichtet.
Diese Einschätzung wird auch vom Servicebüro für Täter-Opfer-Ausgleich und Konfliktschlichtung bestätigt, das Rheinland-Pfalz bundesweit in einer Spitzenposition sieht.
Bezüglich der Akzeptanz sind jedoch Unterschiede in den einzelnen Landgerichtsbezirken zu erkennen. Die gesetzliche Verankerung des Täter-Opfer-Ausgleichs in § 46 a StGB hat nicht die von den Trägern erwartete Steigerung der Verfahren bewirkt, sondern lediglich die bestehende Praxis rechtlich abgesichert. Die Träger berichten weiterhin, dass die Zuweisung der Verfahren fast ausschließlich durch die Staatsanwaltschaften und hier auch personenabhängig erfolge.
Hier wird bisher noch nicht ausgeschöpftes Potential gesehen, was allerdings mit Personalvermehrung auf Seiten der Konfliktschlichter verbunden wäre.
Die finanzielle Situation der Konfliktberatungsstellen ist aufgrund der Geldbußenzuweisungen weitgehend abgesichert, bisher sind auch keine Probleme hinsichtlich der Finanzierung an die Justizverwaltung herangetragen worden. Dennoch wird seitens der Träger immer wieder der Wunsch nach Bereitstellung eigener Haushaltsmittel durch das Land vorgetragen, um eine höhere Planungssicherheit zu erreichen, zumal die Zuweisungsmöglichkeit von Geldbußen an ihre Grenzen stößt.
7. In wie vielen Fällen ist ein Täter-Opfer-Ausgleich zu Stande gekommen und warum?
Die Zahl der im Einvernehmen zwischen Opfer und Täter abgeschlossenen Schlichtungsverfahren hat sich im Zeitraum 1995 bis 2002.
In den Fällen, in denen keine Einigung erzielt werden konnte, beruhte dies in der Mehrzahl der Verfahren auf der Ablehnung seitens des Täters.
8. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über präventive Strategien im Sinne eines Täter-Opfer-Ausgleichs an den Schulen des Landes vor?
Elemente des „Täter-Opfer-Ausgleichs" sind ein Grundsatz jedweden pädagogischen Alltagshandelns und erzieherischer Maßnahmen. Dazu gehört u. a. die Aufarbeitung von Konfliktsituationen, Klärung von Schuldfragen, Entschuldigung, Wiedergutmachung, Schritte zur Versöhnung.
Im Zusammenhang mit schulischen Ordnungsmaßnahmen sind Grundgedanken und Kernelemente des Täter-Opfer-Ausgleichs expressis verbis festgehalten.
Das gilt für die Schulordnungen aller Schularten, von der Grundschule (vgl. § 57 58) über die Sekundarstufe (vgl. § 82 84) bis zur berufsbildenden Schule (vgl. § 61 64).
Als dort angeführte Grundsätze gelten: „Ordnungsmaßnahmen können nur ausgesprochen werden, wenn andere erzieherische Einwirkungen nicht ausreichen." „Als erzieherische Einwirkungen kommen in Betracht... Verpflichtung zur Entschuldigung für zugefügtes Unrecht, Wiedergutmachung des angerichteten Schadens..."