Asylbewerber

Reihe von wirklich intensiven Einzelfallprüfungen gegeben, die noch einmal alle Möglichkeiten berücksichtigt haben und zu dem Ergebnis gekommen sind, dass leider nichts anderes als eine Rückführung in das Heimatland möglich ist.

Zu dem Punkt, dass im Vorfeld langwieriger Verfahren und Prozesse konkrete Lösungen gefunden würden, frage ich zunächst einmal, welche Lösungen gefunden werden sollen, die sich im Rahmen des geltenden Rechts ergeben. Darüber hinaus bezweifle ich auch, dass die Verfahren dadurch entlastet beziehungsweise verkürzt werden könnten. Ich befürchte im Gegenteil, dass hierdurch in diesen Verfahren, die aus meiner Sicht ohnehin schon viel zu lange dauern ­ wir haben insbesondere im Asylverfahrensbereich eine Dauer von zehn bis 13 Jahren, das ist eine viel zu lange Zeit ­, nur noch ein weitere Verzögerung eintritt, die nicht hinnehmbar ist.

(Beifall bei der CDU) Sie schreiben dann weiter: Als Erfahrungswert werden sachliche Empfehlungen ausgesprochen, die von allen betroffenen Behörden und Hilfsorganisationen mitgetragen würden. Also, dass die möglicherweise von Hilfsorganisationen mitgetragen würden, kann ich mir durchaus vorstellen. Ich kann mir weniger vorstellen, dass die Behörden, wenn sie sehen, dass es rechtlich nicht machbar ist, hier mitmachen und dies mittragen würden.

(Abg. Dr. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie hätten einmal in die Anhörung kommen sollen!)

Hinzu kommt, dass man, wenn man das so verbindlich gestalten will, Herr Dr. Güldner, dann in der Tat eine Rechtsgrundlage dafür schaffen muss, die so etwas auch verbindlich regelt, denn nur dann ist eine solche Empfehlung auch mit verbindlichem Charakter zu versehen und entsprechend behördlich zu berücksichtigen. Ich kann auch aus Ihrem

Antrag nicht erkennen, welche Grundlage das wie gesagt sein soll. Auch insofern können Sie sich vielleicht noch einmal melden und mir oder uns das noch einmal darlegen.

Ich darf darauf hinweisen, dass es auch ohne Härtefallkommission in Einzelfällen genügend Fürsprecher gibt, teilweise auch undifferenziert, die für die Betroffenen eintreten. Da sind vielerlei Initiativen hier in Bremen, die wir alle kennen, es sind Einzelpersonen, Flüchtlingsinitiativen, runde Tische, Schulen, teilweise Arbeitgeber, Arbeitskollegen, Kirchen und so weiter. All diese Fürsprecher sprechen Senat, Bürgerschaft und Petitionsausschuss an. Unterstützt werden sie häufig von Rechtsanwälten, die ihr besonderes Engagement in Asylverfahren erkennen lassen. Insbesondere der Petitionsausschuss geht sehr sorgfältig und gewissenhaft mit allen Petitionen um, ich hätte beinahe gesagt, das ist auch gut so.

(Beifall bei der CDU)

Im Verwaltungsbereich kümmern sich darum, um kurz ein Bild von der großen Zahl der Befassten zu skizzieren: die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, der Bundesbeauftragte beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, der Hohe Flüchtlingskommissar der UN, die Ausländerbeauftragte des Senats in Bremen, die Ausländerabteilung beim Senator für Soziales und parlamentsseitig der Petitionsausschuss vornehmst, aber auch der Ausländerausschuss und damit nicht zuletzt die Bürgerschaft in Gänze.

Im Rahmen des Ausländergesetzes, des Asylverfahrensgesetzes und der Verordnungen und so weiter arbeitet das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit dem Einzelfallentscheid. Das heißt, dass jeder einzelne Fall auf Herz und Nieren geprüft wird und anhand des geltenden Rechts geprüft wird, ob ein Verbleib des Betroffenen aufgrund des Asylrechts stattfinden kann oder er oder sie abzulehnen ist. Dafür gibt es darüber hinaus ja auch noch eine Filiale des Bundesamtes in Bremen an der Steinsetzerstraße sowie das Ausländeramt, den Senator für Inneres als Aufsichtsbehörde und im Besonderen auch, wenn sie damit befasst sind, die Verwaltungsgerichte, Oberverwaltungsgerichte, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht.

Ein Teil des Petitionsausschusses, das darf ich in diesem Zusammenhang auch noch anmerken, ist vor einiger Zeit in Nürnberg gewesen und hat sich dort umgesehen, und ein Teil des Petitionsausschusses ist auch hier in Bremen in der Filiale gewesen. Mir ist gesagt worden ­ ich bin an diesen Tagen nicht dabei gewesen, weil ich in Nürnberg und auch hier in der Steinsetzerstraße schon war ­, dass der Eindruck so war: Hier wird wirklich sachgerecht und objektiv gearbeitet und werden auch objektive und sachgerechte Entscheidungen herbeigeführt.

(Beifall bei der CDU)

Auch deswegen, sage ich, ist eine solche Härtefallkommission überflüssig. Ich füge hinzu: Wer das Bedürfnis hat, sich in diesen Fragen zusammenzuschließen, ob Kirchen, Initiativen oder sonst etwas, kann das doch tun. Das ist allen freigestellt, und sie können sich letztlich auch alle mit uns direkt auseinander setzen. Dafür sind wir gerade in Bremen auf viel zu engem Raum, als dass das nicht möglich sei. Die Rechtswegegarantie, die in Deutschland sehr ausgeprägt nutzbar ist, ergibt sich dann darüber hinaus aus Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz, dies ist bekannt. Ich wäre für eine Minimierung der Instanzen. Ich sehe, dass dadurch die Verfahrensdauer er heblich verkürzt werden könnte. Das wird aber sicherlich auch eine Sache sein, die letztendlich und vornehmst auf Bundesebene zu regeln ist.

(Glocke)

Ich komme zunächst einmal zum Schluss! Je länger also Bewerber, und das ist nachvollziehbar, in Deutschland Aufenthalt haben, desto größer wird die Erwartungshaltung der Betroffenen, hier bleiben zu können. Damit verbunden ist dann auch, dass sie in aller Regel wesentlich schwerer zurückzuführen sind, weil sie sich natürlich, je länger sie hier wohnen, desto mehr an die Gewohnheiten anpassen, und je länger sie Schüler sind und hier Schulen besuchen, desto mehr werden sie da auch integriert, was ich im Übrigen gut finde.

Deswegen haben wir auch mit meinen beiden SPDKolleginnen über die Position des Neunzehnjährigen gesprochen, und ich habe an der Stelle auch noch einmal betont, ich glaube, dass bestimmte Einzelfälle durchaus positiv geregelt werden können, aber vor allem, und das ist meine Erfahrung aus zweimaliger Mitgliedschaft im Petitionsausschuss und als Berichterstatter für Ausländer, dass man viele Dinge im ruhigen Fahrwasser ohne die Öffentlichkeit wesentlich besser durchbekommen kann als mit der Öffentlichkeit.

(Beifall bei der CDU) Vizepräsident Dr. Kuhn: Als Nächster hat das Wort Senator Dr. Böse.

Senator Dr. Böse : Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es mit einer Diskussion um das geltende Ausländergesetz zu tun. Dieses Ausländergesetz sieht eine Härtefallkommission nicht vor. Übrigens sieht dies auch der Entwurf der rotgrünen Bundesregierung, von Herrn Schily vorgelegt, nicht vor.

(Abg. Kleen [SPD]: Fordern Sie das doch!)

Ich komme gern dem Kollegen Schily zur Hilfe, Herr Kleen, aber in diesem Fall überlege ich mir dies in der Tat.

Um gleich einmal darauf zurückzukommen, was hier falsch über das Saarland berichtet wurde, ich habe mit meinem Freund Peter Müller extra noch einmal deswegen telefoniert! Meine Damen und Herren, das Saarland hat in Ergänzung dessen, was Rotgrün in Berlin vorgelegt hat, einen Antrag im Hinblick auf ein neues Ausländergesetz gestellt. Schily hat explizit Stellung genommen und gesagt, er will so etwas nicht haben! Er will so etwas nicht! Das Saarland hat gesagt, und das entspricht meinen Äußerungen in dem von Herrn Dr. Güldner zitierten Brief, bei Einzelfällen, die eine absolute Ausnahme sein müssen!

Ich gebe zu, dass dieser neunzehnjährige Schüler der Familie, die jetzt abgeschoben wurde, der hier in Rede stand, er ist ja untergetaucht, bis er 14 Jahre alt war, wiederholt straffällig geworden ist, danach aber nicht mehr und sich integriert hat, möglicherweise ein Ausnahmefall gewesen wäre, bei dem man hätte anders entscheiden können, wenn da nicht nach Paragraph 30 Ausländergesetz die Bedingung gewesen wäre, dass illegaler Aufenthalt der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis entgegensteht.

Deswegen habe ich auch öffentlich gesagt, und das ist die Initiative des Saarlands in Hinsicht auf ein neues Gesetz, in absoluten Ausnahmefällen eine solche Möglichkeit einzuräumen, dass auch bei illegalem Aufenthalt eine Ausnahme gemacht werden kann, aber gebunden daran, dass der bereits von Herrn Herderhorst zitierte Artikel 19 Absatz 4, nämlich die Rechtswegegarantie, nicht zum Tragen kommt, denn dann ist das ausgeschlossen!

Das kann nicht sein, dass in absoluten Ausnahmefällen so etwas gemacht wird und dann in einem Einzelfall entschieden wird, und anschließend gibt es dann die berühmten Präzedenzfälle, die auf dem Wege der diversen Verwaltungsgerichtsinstanzen einzuklagen sind. Das sagt auch Peter Müller, das sagt auch das Saarland. Nur unter dieser Bedingung sind sie bereit, eine solche eng gefasste Regelung zu machen.

Meine Damen und Herren, dies unterstütze ich in einem solchen Ausnahmefall, aber der Abgeordnete Dr. Güldner hat ja davon gesprochen, dass das gegenwärtige Ausländergesetz Ermessensspielräume zulässt. Herr Dr. Güldner, das ist richtig und falsch! Ich war selbst bei den Anhörungen Anfang der neunziger Jahre beteiligt. Der Gesetzgeber hat bewusst die Ermessensspielräume des gegenwärtig geltenden Ausländergesetzes fast ausgeschlossen.

Es gibt sie in einigen Fällen, weil nach dem bis dahin geltenden Ausländerrecht ­ ich nehme einmal dieses Wort, und ich kann es auch belegen ­ in der Praxis einzelner Bundesländer mit dem Ermessen Schindluder getrieben wurde.

(Abg. Böhrnsen [SPD]: Quatsch!) Deswegen hat sich im Übrigen auch die SPD dazu bekannt, ein neues Gesetz vorzulegen. Dies sagt im Übrigen auch, weil hier Quatsch gerufen wird, Herr Schily. Das sagen auch Leute wie Herr Wiefelspütz, meines Wissens ja Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion im Innenausschuss des Deutschen Bundestags.

Meine Damen und Herren, dieses Ermessen, wenn es denn vorhanden ist, wird zugunsten des Auslän ders ausgeübt. Das ist richtig so. Wenn aber kein Ermessen da ist, kann es auch nicht ausgeübt werden. Mit der Einrichtung einer Härtefallkommission gaukeln Sie vor, dass es so etwas wie eine Gnadeninstanz gibt, auch wenn Sie sagen, Herr Dr. Güldner, das soll keine Gnadeninstanz sein.

Ich bin vermutlich im Raum hier der Einzige, der mit einer solchen Härtefallkommission Erfahrung hat. Es wurde ja auch gesagt, dass es Härtefallkommissionen nur in rotgrünen oder rotroten Ländern gibt: Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Berlin. In Berlin war dies ein Sonderfall, weil das die neue große Koalition, als sie 1991 an die Regierung kam, von dem damals abgewählten rotgrünen Senat geerbt hatte und es weiterlaufen ließ. Meine Damen und Herren, diese Härtefallkommission ­ und der Mitarbeiter, der hier berichtet hat, war ja lange Jahre mein Mitarbeiter ­ hat mitnichten erfolgreich gearbeitet! Sie hat Papiere ohne Ende produziert. Es war eine Kommission, für die Entscheidungsvorlagen und hinterher Begründungsvorlagen und noch einmal Vorlagen und noch einmal Vorlagen erstellt wurden.

Ich will Ihnen eine kurze Geschichte erzählen: Mitte der neunziger Jahre kamen die SPD-Mitglieder des Innenausschusses des Niedersächsischen Landtags nach Berlin, um sich darüber zu informieren. Da gab es einen Sprecher, Bartling heißt der, heute ist er dort Innenminister. Er sagt mir heute noch, dass er dankbar ist für diesen Rat. Wir haben ihm vorgeführt, wie diese Kommission arbeitet, und dann hat er gesagt, solange er in Niedersachsen etwas zu sagen hat, wird es dort keine Härtefallkommission geben, und Niedersachsen hat, obwohl absolute SPD-Mehrheit, bis heute keine solche Härtefallkommission!

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn Sie sagen, dass die Akzeptanz der Entscheidungen der Ausländerbehörde sich erhöht: Gibt es denn im Strafgesetzbuch eine Möglichkeit, eine Härtefallkommission zu haben, damit sie die Akzeptanz der Entscheidungen dort erhöht? Warum macht man einen Unterschied zwischen dem einen und dem anderen Gesetz? Die Auswirkungen sind in beiden Fällen, das gebe ich gern zu, häufig sehr einschneidend für die Betroffenen. Aber im Ausländergesetz, meint man, ginge das. Ich bin der Meinung, meine Damen und Herren, dass hier in der Tat die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ­ Sie sagen, Herr Dr. Güldner, das soll nicht angetastet werden, und es soll kein Aushebeln des Rechtsstaates geben ­ zumindest angezweifelt wird.

Herr Herderhorst hat bereits gesagt: Alle Akte der Verwaltung sind durch Widerspruchsbescheide auf der Ebene der Senatsverwaltung, durch Verwaltungsgerichts- und Oberverwaltungsgerichtsentscheidungen ­ wir haben in Bremen viele Fälle vor dem Bundesverwaltungsgericht und sogar vor dem Bundesverfassungsgericht gehabt ­ und dann auch vom Petitionsausschuss dieses Hauses überprüfbar.

Es gibt keinen Verwaltungsakt der Behörden, der nicht auf rechtsstaatlichem Wege nach der Rechtswegegarantie des Artikels 19 überprüfbar wäre.

Trotzdem soll aber eine Kommission eingesetzt werden, die dies noch einmal überprüfen soll. Meine Damen und Herren, ich verstehe das nicht, und ich finde, das ist in der Tat etwas, das die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung schon in Teilen in Frage stellt.

Um zum Schluss zu kommen, meine Damen und Herren: Ich glaube, dass eine solche Härtefallkommission auch gegenüber denen, die sie anrufen mögen, ein falsches Bild vorgaukelt, als gäbe es eine Gnadeninstanz, die es aber nicht gibt. Eine solche Härtefallkommission kann überhaupt nur dort einer Verwaltung zuarbeiten, so haben wir das in Berlin gehabt, wo ein Ermessen der Verwaltung noch möglich ist, bei einem abgelehnten Asylbewerber nach dem Asylverfahrensgesetz ganz sicherlich nicht mehr, denn das Asylverfahrensgesetz schließt ausdrücklich aus, dass es hier Änderungen der Entscheidungen gibt. Nicht einmal die Ausländerbehörde kann dies tun, sie hat nur noch die Frage zu prüfen, ob rechtliche oder tatsächliche Abschiebungshindernisse vorliegen.

Deswegen, meine Damen und Herren, meine ich, schafft eine solche Kommission, und das habe ich selbst über Jahre hinweg erlebt, einen sehr hohen bürokratischen Aufwand, ohne dass in vielen Fällen eine Änderung von Entscheidungen zu erkennen ist. Die Zahlen, die von Nordrhein-Westfalen vorgelegt wurden, hätten Sie einmal den Zahlen aus Berlin gegenüberstellen sollen, meine Damen und Herren! Einem Land mit 18 Millionen Einwohnern und rund 3000 Fällen steht ein Land mit dreieinhalb Millionen Einwohnern und sehr viel mehr tausend Fällen, ich habe die Zahlen nicht im Kopf, gegenüber! Nicht in sehr vielen Fällen ist hier im Rahmen der Widerspruchsbescheiderteilung, weil neue Argumente hinzukamen, die die Verwaltung aber auch sonst hinzugenommen hätte, eine Änderung vonstatten gegangen.

Das ist ein Mehr an Bürokratie. Es ist nicht ein

Mehr an Rechtsstaatlichkeit. Es ist auch nicht eine Erhöhung der Akzeptanz von Entscheidungen. Dies ist mir in der langjährigen Praxiserfahrung, die ich habe, bisher nirgends entgegengeschlagen. Selbst wenn eine Härtefallkommission, die Härtefallkommission, die ich kannte, etwas empfahl, was in der Öffentlichkeit nicht als gut empfunden wurde, hat die Öffentlichkeit dies genauso kritisiert wie bei Entscheidungen der Verwaltung.

Ich würde empfehlen, meine Damen und Herren, den Weg anzunehmen, den ich eingangs genannt habe und den das Saarland beschritten hat, nämlich dass wir in einem neuen Gesetz in Ausnahmefällen,