Aus dem Erforderlichkeitsgrundsatz folgt zudem die Subsidiarität der Betreuung gegenüber anderen Hilfen

Der Betroffene wird nicht in seinen Rechten beschränkt. Das Betreuungsrecht gewährleistet vielmehr das Selbstbestimmungsrecht dadurch, dass die Bestellung einer Betreuerin oder eines Betreuers keine Auswirkungen auf die rechtliche Handlungsfähigkeit der oder des Betreuten hat. Es bleibt für die Betroffenen ­ ebenso wie für nicht betreute Personen ­ bei dem Grundsatz, dass die Geschäftsfähigkeit sich nach den allgemeinen Regeln über die „natürliche Geschäftsfähigkeit" (§ 104 Nr. 2 BGB) bestimmt, also allein vom tatsächlichen Geisteszustand abhängig ist. Nur dort, wo es im Einzelfall notwendig ist, ordnet das Gericht einen Einwilligungsvorbehalt an; dann benötigt die oder der Betroffene in dem entsprechenden Bereich die Einwilligung seiner Betreuerin oder seines Betreuers (§ 1903 BGB).

Die Betreuung ist nicht umfassend. Die Bestellung der Betreuerin oder des Betreuers erfolgt nur für Aufgabenkreise, in denen der Betroffene selbst nicht handeln kann. Der Erforderlichkeitsgrundsatz ist ausdrücklich im Gesetz festgelegt (§ 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die umfassende Übertragung aller Aufgabenkreise soll nach Möglichkeit nicht erfolgen. Dem zu Betreuenden sollen die Freiräume bleiben, die er selbst noch ausfüllen kann.

Aus dem Erforderlichkeitsgrundsatz folgt zudem die Subsidiarität der Betreuung gegenüber anderen Hilfen. Insbesondere kann eine zuvor erteilte Vollmacht die Anordnung einer Betreuung entbehrlich machen (§ 1896 Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Vollmacht als Ausdruck der Selbstbestimmung erhält Vorrang vor der staatlichen Fürsorge eines Betreuungsverfahrens.

Entsprechend dem Anliegen, die Betroffenen in ihrer Eigenschaft als kranke oder behinderte Mitbürgerinnen und Mitbürger ernst zu nehmen, wurde festgelegt, dass Wünsche der Betreuten verbindlich sind, soweit dies verantwortet werden kann (§ 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB i. d. F. d. BtG). Dies gilt auch für Wünsche, die die oder der Betreute zu einem früheren Zeitpunkt geäußert hat (§ 1901 Abs. 3 Satz 2 BGB i. d. F. d. BtG). Die so genannte Betreuungsverfügung ist ebenso wie die oben erwähnte Vorsorgevollmacht Ausdruck der Beachtung des Selbstbestimmungsrechts der betroffenen Menschen. Mit dieser Willensäußerung „in gesunden Tagen" kann jeder für den Fall einer späteren Betreuungsbedürftigkeit seine Vorstellungen und Wünsche zur Wahrnehmung der Aufgaben durch die Betreuerin oder den Betreuer äußern. Auch Wünsche für die Betreuerauswahl können auf diese Weise im Voraus verbindlich festgelegt werden (§ 1897 Abs. 4 Satz 3 BGB). Allgemeine Richtschnur für das Handeln der Betreuerin oder des Betreuers ist die Orientierung am Wohl des Betreuten (§ 1901 Abs. 1 Satz 1 BGB i. d. F. d BtG, heute § 1901 Abs. 2 Satz 1 BGB). Eine nähere Konkretisierung erschien nicht möglich. Klargestellt wurde allerdings, dass zum Wohl der Betreuten auch die Möglichkeit gehört, im Rahmen der verbliebenen Fähigkeiten das Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten (§ 1901 Abs. 1 Satz 2 BGB i. d. F. d. BtG, heute § 1901 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Ein großes Anliegen des Reformgesetzes war, dass der Betreute künftig stärker als früher persönlich betreut wird. Betreuerinnen und Betreuer sollen den persönlichen Kontakt mit den Betreuten suchen und durch persönliche Gespräche ihre Wünsche herausfinden. Der früher häufig anzutreffenden anonymen Verwaltung von Fällen vom Schreibtisch aus wurde eine klare Absage erteilt.

Zur Betreuerin oder zum Betreuer wird deshalb in erster Linie eine natürliche Person bestellt, die zu einem solchen persönlichen Kontakt in der Lage ist (§ 1897 Abs. 1 BGB). Erstmals wurden für besonders wichtige Angelegenheiten der Personensorge eigene Regelungen geschaffen. Die Einwilligung einer Betreuerin oder eines Betreuers in schwerwiegende ärztliche Eingriffe erfordert nunmehr die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§ 1904 BGB). Die für eine Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt schon früher festgelegte Erfordernis einer gerichtlichen Genehmigung wurde auf so genannte unterbringungsähnliche Maßnahmen ausgedehnt (§ 1906 Abs. 4 BGB). Darunter sind Maßnahmen wie etwa Fixierung am Stuhl, Bettgitter, sedierende Medikamente und Ähnliches zu verstehen, die die betroffenen Menschen nicht selten noch einschneidender in ihrer Freiheit beschränken, als es eine Unterbringung selbst mit sich bringt. Alle Maßnahmen mit dem Ziel einer Wohnraumaufgabe sind nunmehr ebenfalls vom Vormundschaftsgericht zu genehmigen (§ 1907 BGB). Damit trug das Gesetz dem Gedanken Rechnung, dass die Wohnung als räumlicher Mittelpunkt des Lebens von überragender Bedeutung ist.

Die Voraussetzungen für eine Einwilligung des Betreuers zu einer Sterilisation wurden detailliert geregelt (§§ 1631 c, 1899 Abs. 2, 1905 BGB, §§ 67 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 69 d Abs. 3 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ­ FGG).

Die Betreuung soll keine Dauereinrichtung sein. Sie bleibt vielmehr nur so weit und so lange aufrechterhalten, wie dies erforderlich ist (§ 1908 d Abs. 1 Satz 1 BGB). Betreuerbestellungen enden nach einer Höchstdauer von fünf Jahren, wenn sie nicht verlängert werden (§ 69 Abs. 1 Nr. 5 FGG).

Die verfahrensrechtlichen Regelungen stellen sicher, dass die Grundgedanken des materiellen Rechts umgesetzt werden. Entsprechend wurde die verfahrensrechtliche Position der Betreuten deutlich gestärkt. Die Bestellung einer Betreuerin oder eines Betreuers setzt die persönliche Anhörung des Betroffenen (§ 68 FGG) und eine genaue Sachaufklärung voraus. Hier ist insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu nennen (§ 68 b FGG). Soweit es erforderlich ist, wird dem Betroffenen eine Verfahrenspflegerin oder ein Verfahrenspfleger zur Seite gestellt, die die Wahrung seiner Belange gewährleisten und ihn in Verfahren unterstützen sollen (§ 67 FGG).

Im Zusammenhang mit der Reform des Betreuungsrechts erfolgte die vom Bundesverfassungsgericht schon im Jahre 1980 geforderte gesetzliche Regelung der Vergütung von Berufsvormündern. Die Bestimmungen über die Vormundschaft sind auch für die Betreuung anwendbar (§ 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB). In Anlehnung an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde fest4 gelegt, dass Vormünder nach Stunden abrechnen können. Für die Höhe des Stundensatzes wurde auf das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen zurückgegriffen. Dabei wurde ein Rahmen eröffnet, der von der Grundvergütung der Zeugenentschädigung je nach Schwierigkeit des Falles bis zum Dreifachen dieses Satzes reichte, in ganz besonderen Ausnahmefällen bis zum Fünffachen dieses Satzes (§ 1836 Abs. 2 Satz 3 BGB i. d. F. d. BtG). Die Beträge beliefen sich bei In-Kraft-Treten des Betreuungsgesetzes auf 20 bis 60 DM (ab 1. Juli 1994 durch das Kostenrechtsänderungsgesetz auf 25 bis 75 DM). Ehrenamtlich tätige Betreuerinnen und Betreuer erhalten Aufwendungsersatz. Es wurde festgelegt, dass sie zur Abgeltung geringfügiger Aufwendungen eine Aufwandsentschädigung geltend machen können (§ 1836 a Satz 1 BGB i. d. F. d. BtG). Dadurch wollte der Gesetzgeber die Rechtsstellung ehrenamtlicher Betreuerinnen und Betreuer verbessern. Es sollte ihnen erspart bleiben, einzelne Aufwendungen aufzulisten und entsprechende Belege zu sammeln. Die Pauschale betrug ursprünglich 300 DM jährlich (ab 1. Juli 1994 aufgrund des Kostenrechtsänderungsgesetzes dann 375 DM jährlich).

Die Ansprüche auf Vergütung und Aufwendungsersatz richten sich gegen den Betreuten, bei Mittellosigkeit des Betreuten gegen die Staatskasse (§§ 1835 Abs. 4, 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB i. d.F. d. BtG).

Es war von Anfang an klar, dass die neu geschaffenen gesetzlichen Regelungen nur den Rahmen für eine angestrebte Umsteuerung im Bereich des Betreuungswesens bilden konnten. Für das wirkliche Gelingen der Reform kam es entscheidend darauf an, dass genügend engagierte und qualifizierte Betreuerinnen und Betreuer zur Verfügung stehen. Dementsprechend wurde der Tätigkeit von Behörden und Vereinen große Bedeutung beigemessen.

Das Gesetz über die Wahrnehmung behördlicher Aufgaben bei der Betreuung Volljähriger (Betreuungsbehördengesetz ­ BtBG), das Teil des Betreuungsgesetzes ist, regelte die Aufgaben der örtlichen Betreuungsbehörde. Es legt fest, dass die Behörde die Betreuer berät und unterstützt (§ 4 BtBG) und dafür sorgt, dass ein ausreichendes Angebot vorhanden ist (§ 5 BtBG). Aufgabe der Behörde ist es darüber hinaus, die Tätigkeit einzelner Personen und gemeinnütziger und freier Organisationen zugunsten Betreuungsbedürftiger anzuregen (§ 6 BtBG). Normiert wurde ferner die Unterstützung des Vormundschaftsgerichts durch die Behörde (§ 8

BtBG).

Die Rechte und Pflichten der anerkannten Vereine wurden im Betreuungsgesetz mangels Kompetenz des Bundesgesetzgebers nur unvollständig geregelt. Hier blieb alles Weitere den Landesgesetzgebern überlassen. Die entsprechende Festlegung erfolgte in Rheinland-Pfalz durch das Landesgesetz der Ausführung des Betreuungsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze vom 20. Dezember 1991.

2. Welche Erfahrungen konnten seit der Einführung des neuen Betreuungsrechtes in Rheinland-Pfalz gesammelt werden?

Die Umsetzung des Betreuungsgesetzes gestaltete sich anfangs nicht unproblematisch. Allerdings war dies bei einem Reformvorhaben dieses Umfangs auch kaum anders zu erwarten. Insgesamt kann aber festgestellt werden, dass der angestrebte Perspektivwechsel stattgefunden hat. Es wurden neue Wege beim Umgang mit den hilfsbedürftigen Menschen beschritten, die zwischenzeitlich auch in der Politik der Landesregierung für behinderte Menschen mit einem entsprechenden Paradigmenwechsel fortgesetzt wurden, beispielsweise mit dem Modell „Selbstbestimmt leben, Hilfe nach Maß für behinderte Menschen".

Schon kurze Zeit nach dem In-Kraft-Treten des Betreuungsgesetzes zeigte sich in einigen Bereichen Korrekturbedarf. Das galt zum einen für den Komplex der Vergütung von Berufsbetreuerinnen und -betreuern, zum anderen für das gerichtliche Verfahren.

Der vom Betreuungsgesetz in § 1836 Abs. 2 BGB i. d.F. d. BtG eröffnete Rahmen bei der Festsetzung der Stundensätze der Berufsbetreuerinnen und -betreuer erwies sich als außerordentlich konfliktträchtig. Die Frage, ob die Führung der konkreten Betreuung besondere Fachkenntnisse erforderte oder mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist ­ mit der Folge eines Stundensatzes von 20 DM, 40 DM oder 60 DM (ab 1. Juli 1994: 25 DM, 50 DM oder 75 DM) ­, war in den meisten Fällen streitig. Diese Situation war zum einen für die Berufsbetreuerinnen und -betreuer und für die Berufsbetreuungsvereine, die eine sichere Kalkulationsgrundlage benötigten, unbefriedigend. Eine große Belastung stellte sie aber auch für die Gerichte dar. Dort wurde viel Arbeitskraft gebunden für Fragen, die eigentlich nicht im Vordergrund stehen sollten.

Beim Verfahrensrecht bemängelten Praktiker eine gewisse Überregulierung, namentlich soweit es um Anhörungen oder die Bestellung einer Verfahrenspflegerin oder eines Verfahrenspflegers ging.

Vor allem diese beiden Bereiche gaben den Anstoß für die Arbeiten am Betreuungsrechtsänderungsgesetz.

Zu Bedenken Anlass gab daneben schon wenige Jahre nach In-Kraft-Treten des Betreuungsgesetzes der enorme Anstieg der Kosten (siehe auch die Antwort zu Frage II. 14). Deshalb wurde die Frage, wie man die Zahl der Betreuungsfälle reduzieren und die explosionsartig gestiegenen Kosten begrenzen kann, zum notwendigen Gegenstand der Überlegungen bei den Gesetzgebungsarbeiten zum Betreuungsrechtsänderungsgesetz.

3. Welche Auswirkungen sind durch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1998, welches am 1. Januar 1999 in Kraft trat, im Land erkennbar?

Das Betreuungsrechtsänderungsgesetz brachte einige Korrekturen, ohne die Grundkonzeption des Betreuungsrechts anzugreifen.

In § 1901 Abs. 1 BGB erfolgte eine Klarstellung, dass die Betreuung alle Tätigkeiten umfasst, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen. Damit sollten rein karitative oder pflegerische Tätigkeiten einfacher von den eigentlich vergütungspflichtigen Betreuungstätigkeiten abgegrenzt werden können.

Es wurden besondere Sicherungen geschaffen, nach denen eine Bevollmächtigte oder ein Bevollmächtigter nicht ohne Kontrolle in risikoreiche Heilbehandlungen oder die Unterbringung einwilligen darf. Hierfür benötigt die oder der Bevollmächtigte nun die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (§§ 1904 Abs. 2, 1906 Abs. 5 BGB). Dies sollte den Schutz der Betroffenen verbessern und das Rechtsinstitut der Vorsorgevollmacht als Alternative zur Betreuung stärken.

Die Regelungen über die Vergütung von Berufsbetreuerinnen und -betreuern wurden auf eine neue Grundlage gestellt, um die eingetretenen Unsicherheiten auszuräumen. Es blieb zwar beim Stundensatzsystem des früheren Rechts. Die Höhe der Stundensätze bestimmte sich aber nunmehr anhand der nach der Ausbildung typisierten Qualifikation der Betreuerin oder des Betreuers. Die weiteren Einzelheiten werden bei Frage II. 12 dargestellt. Geschaffen wurde die Möglichkeit, Vergütungspauschalen festzusetzen und die für die Führung der Betreuung aufgewendete Zeit zu begrenzen (§ 1836 b BGB).

Das Betreuungsrechtsänderungsgesetz stellt in einer Reihe von Bestimmungen weiterhin den Vorrang der ehrenamtlichen Betreuung vor der Betreuung durch Berufsbetreuerinnen und -betreuer heraus. Die Bedeutung der Ehrenamtlichkeit im Betreuungswesen, die nach Auffassung der Landesregierung nach wie vor ein unverzichtbares Element im Betreuungswesen darstellt, wurde hervorgehoben. So wurde beispielsweise die Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer auf 600 DM jährlich erhöht. Zur Erhöhung des Anteils der ehrenamtlich geführten Betreuungen wurde ausdrücklich verankert, dass derjenige, der Betreuungen im Rahmen seiner Berufsausübung führt, nur dann zum Betreuer bestellt werden darf, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Betreuung bereit ist (§ 1897 Abs. 6 Satz 1 BGB). Erstmals wurde in Anlehnung an die Bestimmungen über die Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen näher geregelt, in welchem Umfang Betroffene und deren Erben zu den Kosten der Betreuung beizutragen haben (§§ 1836 d, 1836 e BGB).

Im Verfahrensrecht wurden einzelne Modifizierungen vorgenommen, die unnötigen Verfahrensaufwand vermeiden helfen sollten, ohne dabei die mit dem Betreuungsgesetz angestrebten Reformziele oder den Kern gesetzlicher Verfahrensgarantien anzutasten.

Bei Verabschiedung des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes herrschte bereits eine gewisse Skepsis vor, ob nun alle Probleme gelöst seien. Deshalb fasste der Bundesrat folgende Entschließung (Bundesratsdrucksache 517/98): „Die mit der Reform des Vormundschafts- und Pflegschaftsrechts für Volljährige verfolgten Ziele haben sich durch das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Betreuungsgesetz nur unzureichend verwirklichen lassen. Die Zahl der Betreuungsfälle ist kontinuierlich gestiegen. Alternativen zur gesetzlichen Betreuung, die gegenüber anderen Hilfsmöglichkeiten subsidiär ist, stehen entweder nicht zur Verfügung oder werden nicht hinreichend genutzt. Dem Ehrenamt kommt noch nicht die erhoffte Bedeutung zu.

Der immense von den Ländern zu finanzierende Kosten- und Verwaltungsaufwand steht zu den erreichten Verbesserungen der Rechtsposition und Lebenssituation der Betroffenen außer Verhältnis.

Der Bundesrat sieht im Betreuungsrechtsänderungsgesetz nur einen ersten Schritt, die bei Umsetzung des neuen Rechts in die Praxis zutage getretenen Unzulänglichkeiten zu reduzieren. Er hält es für unverzichtbar, die Reformüberlegungen alsbald fortzusetzen und insbesondere Möglichkeiten zu entwickeln, wie die Zahl der Betreuungsfälle durch Alternativlösungen verringert, der Verwaltungsaufwand im Betreuungswesen reduziert und durch Stärkung des Ehrenamtes der Kostenaufwand für beruflich tätige Betreuer in Grenzen gehalten werden kann. Es ist sicherzustellen, dass bislang fehlgeleitete Ressourcen sowohl bei Gericht als auch bei den Betreuern selbst im Interesse der Betroffenen für die eigentliche Betreuungsarbeit freigesetzt werden."

Dass die Befürchtungen des Bundesrates nicht unbegründet waren, zeigt die seitherige Entwicklung. Die Zahl der Betreuungsverfahren steigt weiterhin kontinuierlich an. Die Vorsorgevollmacht als Alternative wird nicht in dem gewünschten Umfang genutzt.

Die neue Struktur der Vergütung von Berufsvormündern hat zwar dazu geführt, dass die Vergütungsstreitverfahren geringer geworden sind. Allerdings ist nicht erreicht worden, dass die Ausgabenentwicklung auch nur zum Stillstand gekommen ist. Die Zahl der von ehrenamtlich tätigen Personen geführten Betreuungen hat nicht signifikant zugenommen. Die Kosten für die von Berufsbetreuerinnen und -betreuern geführten Betreuungen steigen weiterhin, wobei sich feststellen lässt, dass jede einzelne Betreuung kostenintensiver wird. Die neu geschaffenen Möglichkeiten der Vergütungspauschale und der Zeitlimitierung haben sich als zu schwerfällig erwiesen und deshalb in der Praxis keine Akzeptanz gefunden.

II. Organisation, Personal und Kosten der Betreuung

1. Wie viele Betreuungen wurden im Land in den vergangenen elf Jahren angeordnet, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Alter sowie kommunaler Gebietskörperschaft?

In den vergangenen Jahren wurden folgende Betreuungen neu angeordnet: