Energiepolitik

Netznutzungsentgelte und Allgemeine Tarife für die Elektrizitätsversorgung in Rheinland-Pfalz

Die Novellierung des Energiewirtschaftsrechts zum 29. April 1998 hat in einem über Jahrzehnte monopolartig organisierten Wirtschaftszweig Voraussetzungen für Wettbewerb geschaffen. Der neue Ordnungsrahmen auf dem Strommarkt begründet

­ einen Anspruch der Marktteilnehmer auf diskriminierungsfreien Netzzugang,

­ freie Wahlmöglichkeiten des Stromlieferanten für alle Stromkunden,

­ den Wegfall geschlossener Versorgungsgebiete und

­ die Möglichkeit zu ökonomisch sinnvollem Parallelleitungsbau.

Wesentliche Voraussetzung für einen funktionsfähigen Wettbewerb auf dem Strommarkt ist der diskriminierungsfreie Netzzugang.

Hierbei hatte sich der Gesetzgeber als Regelfall für den verhandelten Netzzugang entschieden und bewusst auf eine Marktregulierung hinsichtlich des Netzzugangs verzichtet. Die Kriterien für die Ermittlung der Durchleitungsentgelte sind in der zwischen dem Bundesverband der Deutschen Industrie, dem Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft und der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke abgeschlossenen Verbändevereinbarung vom 13. Dezember 2001 (VV II plus) niedergelegt.

Als Netzzugangsalternative hat der Gesetzgeber bis Ende 2005 befristet das sog. Alleinabnehmermodell zugelassen. Hierbei bleibt zwar der örtliche Netzbetreiber Endlieferant für die in seinem Netzgebiet ansässigen Kunden. Diese können jedoch die Angebote dritter Stromlieferanten zur Belieferung mit Strom nutzen. Der Alleinabnehmer ist verpflichtet, die zwischen Kunden und Drittlieferanten kontrahierte Menge aufzunehmen und an den Endkunden zu den mit dem Drittlieferanten vereinbarten Konditionen weiterzuleiten. Die Vergütung für die vom Netzbetreiber aufzunehmende Elektrizität entspricht mindestens dem vom Letztverbraucher an das versorgende Unternehmen zu zahlenden Preis abzüglich des vom Netzbetreiber erhobenen Netznutzungstarifs.

Beide Netzzugangsmodelle bedingen gleichwertige wirtschaftliche Ergebnisse und führen insofern zu einer direkt vergleichbaren Marktöffnung. Die Netznutzungsentgelte im Rahmen des Alleinabnehmermodells hat der Gesetzgeber von einer Genehmigung abhängig gemacht. Die Energiepreisaufsicht des Landes hat 39 rheinland-pfälzischen Stadt- und Gemeindewerken entsprechende Genehmigungen erteilt.

Diese wie auch die wesentlichen Netznutzungsentgelte im Rahmen des verhandelten Netzzugangs sind veröffentlicht und können zum Teil im Internet abgerufen werden. Insofern herrscht hinsichtlich der Netznutzungsentgelte in Rheinland-Pfalz ausreichende Preistransparenz.

Im Vergleich zu 1998 sind die Strompreise im Tarifabnehmerbereich deutlich gestiegen. Insbesondere im Bereich Haushalt und Landwirtschaft. Der langjährigen Forderung der rheinland-pfälzischen Energiepreisaufsicht kamen die Unternehmen insofern nach, als die Gewerbetarife in geringerem Maße angehoben wurden bzw. sogar abgesenkt wurden. Günstig auf die Gewerbetarife wirkte sich auch der Verzicht der meisten rheinland-pfälzischen Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) auf eine Bedarfsartentrennung aus.

Maßgeblich begründet sind die Preisanhebungen durch steuer- und energiepolitische Auflagen der Bundesregierung (Stromsteuer und Abgaben nach dem KWK-G und EEG) sowie Erhöhung der Strombezugskosten.

Tabelle 23: Durchschnittspreisentwicklung (VDEW-Musterabnahmefälle) der Allgemeinen Tarifpreise (inkl. Wissenschaftlich-technologische Entwicklungen zur rationellen und umweltverträglichen Energienutzung

Die Landesregierung räumt der Forschung und der Entwicklung energiesparender Verfahren und Techniken einen hohen Stellenwert ein, wobei neben der Forschung traditioneller Energieträger zunehmend auch das Thema neuer Energien in den Mittelpunkt aktueller Fragestellungen rückt. In der Grundlagenforschung ist es Aufgabe der Wissenschaft, selbst einen konkreten Forschungsbedarf abzuschätzen. Im Bereich der angewandten Forschung können durch die Landesregierung und die Wirtschaft grundlegende Anreize geschaffen werden, bestimmte Forschungseinrichtungen vermehrt zu verfolgen. Dies trifft insbesondere im Bereich des Energieeinsatzes zu. Die Forschung vollzieht sich auf diesem Gebiet fächerübergreifend und in vernetzten Strukturen, was sich besonders augenfällig im Verhältnis zur Umweltforschung zeigt. Dementsprechend weisen zahlreiche Projekte aus dem Umweltbereich Bezüge zur Forschung im Bereich der Energie (und umgekehrt) auf, was auch in der nachfolgenden Zusammenstellung deutlich wird. Darüber hinaus besitzt die Energiepolitik neben den aktuellen Herausforderungen im Bereich des Energie- und Ressourcensparens und der Vermeidung von Emissionen auch eine historische Dimension. Diesem Aspekt widmet sich insbesondere die Universität Trier.

An der Technischen Universität Kaiserslautern werden Forschungsprojekte in den Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik, Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik sowie Fachbereich Architektur/Raum- und Umweltplanung/Bauingenieurwesen durchgeführt. Im Folgenden werden verschiedene Projekte und Aktivitäten der Fachbereiche aufgeführt.

Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik:

­ Durchführung von Standortanalysen für Windenergienutzung

­ Entwicklung eines Verfahrens zur Bewertung von Windenergieanlagen auf Waldstandorten

­ Identifizierung von Standorten für Windenergieanlagen im Staatswald des Landes Rheinland-Pfalz

­ Produktion von Wasserstoff mit Hilfe der Windenergie und Elektrolyse

­ Peripherie Brennstoffzelle

­ Wirkungsgradoptimierung Schiffsantrieb

­ Thermomanagement für Verbrennungsmotoren

­ Leistungsoptimierung Wasserpumpe

­ Einlaufbauwerke für Kraft- und Abwasserwerke

­ Störungsfrüherkennung

­ Direktapplikation von Pflanzenschutzmitteln

­ Berechnung Fernheizleitung

­ Entwicklung von Speisepumpen für GUD-Kraftwerke

­ Effiziente Mischer und Rührer in der Abwassertechnik

­ Bauteilintegrierte Sensorik

­ Leichte und kompakte Pumpen für mobile Anwendungen - Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik:

­ Energienutzungen aus Solarsystemen

­ Errichtung und Betrieb einer Photovoltaikanlage

­ Messungen an Photovoltaikanlagen

­ Wirkungsgradverbesserung und Leistungssteigerung bei Klauenpolsynchronmaschinen - Fachbereich Architektur/Raum- und Umweltplanung/Bauingenieurwesen

­ Thermographie von Gebäuden

­ „Blower-Door"-Messung an Gebäuden.

Darüber hinaus fand am 8. April 2003 das 3. Bauforum zum Thema Gesund wohnen in Alt- und Neubauen an der Technischen Universität statt.

An der Universität Trier arbeiteten von Juli 1999 bis Dezember 2002 16 Projekte innerhalb des Sonderforschungsbereichs Umwelt und Region an Themen, die vor allem umweltpolitische Zielsetzungen aufweisen. Neben einer breiten naturwissenschaftlichen Bestandsaufnahme und Bewertung der ökologischen, ökonomischen und siedlungsstrukturellen Ausgangsbedingungen sowie einer breiten Analyse der derzeit in der Fachwelt für die verschiedenen Themenfelder relevanten Wissensstände zu Handlungsstrategien und Handlungsbausteinen standen auch praktische Umsetzungsschritte bzw. Evaluationen ablaufender Umsetzungen im Vordergrund. Gemeinsam mit der Fachhochschule Trier und in Zusammenarbeit mit der Planungsgemeinschaft Region Trier wurde von der Universität Trier, Fachbereich Soziologie, ein Regionales Energiekonzept für die Region Trier als Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung verfasst. Die Untersuchung erfolgte vor dem Hintergrund der ausreichend vorhandenen technischen Kenntnisse über die Möglichkeiten der Versorgung der Region mit regenerativen Energien und zeigt, dass die Herausforderungen eher in der Umsetzung, also den sozialen Zusammenhängen zu suchen sind. Daher wurde parallel zur empirischen Datenerhebung ein Konsultationsprozess mit allen Beteiligten ­ den Versorgern, öffentlichen Behören, Bürgerinitiativen ­ durchgeführt, in dem die unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit beste Lösung für die Region erarbeitet wurde.

Der Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik der Fachhochschule Koblenz hat sich ebenfalls zum Thema Energieeinsparung und Nutzung regenerativer Energien beschäftigt.

Nach der Fertigstellung der im Rahmen des 1. Bauabschnitts der Fachhochschule Koblenz errichteten Photovoltaik-Versuchsanlage wurden verschiedene Untersuchungen zum Betriebsverhalten der Komponenten sowie eigene Entwicklungen zur besseren Einbindung der Messdaten und Überwachung der Anlage durchgeführt. Diese Arbeiten werden fortgesetzt und dienen der kontinuierlichen Verbesserung der Anlagentechnik. Anfang Juli 2003 wurde im Rahmen einer Diplomarbeit mit der Weiterentwicklung eines Radiometers zur Messung der Sonneneinstrahlung begonnen.

Neben eigenen Projekten führte die Fachhochschule Koblenz auch verschiedene Kooperationen und Beratung im Besonderen zum Thema photovoltaische Anlagentechnik durch. Hervorzuheben ist zum einen ein Projekt zur Langzeitmessung der Sonneneinstrahlung auf einem Gebäudedach vor dem Hintergrund der Installation einer größeren Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung, zum anderen die Mitwirkung bei der Errichtung einer Photovoltaikanlage. Hier wurde von der Hilfestellung bei der Konzeption über die Bewertung von Angeboten bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit (Vortrag, Mitwirkung bei der Dokumentation und der Einweihung) das Projekt aktiv begleitet. Seit Anfang 2003 ist die Fachhochschule Koblenz an einem weiteren Projekt dieser Art beteiligt.

Auch die Öffentlichkeitsarbeit steht im Fokus der Aktivitäten auf diesem Gebiet. In mehreren Vorträgen und Führungen wurden verschiedenen Besuchergruppen, auch einigen Schulklassen, die Photovoltaikanlage der Fachhochschule vorgestellt und die Nutzung regenerativer Energien, insbesondere die Photovoltaik erläutert. 2002 und 2003 konnten im Rahmen des „girlsday" Schülerinnen mit eigenen Versuchen im Labor zu den Themen Photovoltaik und Brennstoffzellen in aktuelle Energietechnik eingeführt werden.

Im Fachbereich Bauingenieurwesen ist zum Wintersemester 2003/2004 der akkreditierte Masterstudiengang Fassadenkonstruktionen gestartet. In einem Hauptmodul wird das Thema Regenerative Energien-Fotovoltaik behandelt. Zielsetzung dieses Moduls ist es, Bauingenieure mit den technischen Möglichkeiten der gebäudeintegrierten photovoltaischen Energienutzung vertraut zu machen. Der Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik war in der Planungsphase beteiligt und begleitet dieses Lehrmodul.

Die Fachhochschule Bingen arbeitet intensiv auf dem Gebiet der regenerativen bzw. rationellen Energienutzung in der Transferstelle der Fachhochschule (TSB) sowie im Kompetenzzentrum für rationelle und regenerative Energienutzung. Im Jahr 2002 konnte die TSB im Kompetenzzentrum für rationelle und regenerative Energienutzung an der FH Bingen zusammen mit dem Partner EWR die erste kommerzielle Brennstoffzelle in Rheinland-Pfalz in Betrieb nehmen. Der Schwerpunkt des Kompetenzzentrums liegt in der Entwicklung von dezentralen Energiesystemen, gemeinsam mit den Kooperationspartnern der TSB. Die TSB führt zweimal jährlich das Weiterbildungsseminar „Dezentrale Energiesysteme" an je drei Tagen an der Fachhochschule Bingen durch.

Das Kompetenzzentrum für rationelle und regenerative Energienutzung entwickelt unter Zuziehung der TSB Dezentrale Energiesysteme (DES). Dezentrale Energiesysteme unter Einbindung neuer Technologien, wie Kraft-Wärme-Kopplung mit Brennstoffzellen, Wärmepumpen, Energiespeicher und Energiemanagementsystemen, sind im Verbund mit hocheffizienten zentralen Heizkraftwerken und regenerativen Energiestationen die zukunftsfähige Technik in Richtung einer bedarfsorientierten Energiewirtschaft, weg von einer bisher vorwiegend erzeugungsgeprägten Versorgungswirtschaft.

Dezentrale Energiesysteme erfüllen das Prinzip der Nachhaltigkeit. Sie verfolgen die Ziele Ressourcenschonung, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit. In DES werden die Energieverluste und gleichzeitig der Bedarf minimiert. Bei den Entwicklungsarbeiten geht es um eine optimale Verknüpfung effizienter Energiesysteme im Hinblick auf einen möglichst niedrigen Energieverzehr.

Zu den im Kompetenzzentrum selbst betriebenen Energiesystemen gehören:

­ SOFC Brennstoffzelle

­ Verschiedene Klein-Blockheizkraftwerke

­ Elektrowärmepumpe mit Erdwärmetauscher

­ Holzpellet-Kessel

­ Latentwärmespeicher

­ Verschiedene solarthermische Anlagen

­ Verschiedene Photovoltaikanlagen.