Studienkonto

Bei der Vorstellung seines Studienkontenmodells im Herbst 2001 führte Wissenschaftsminister Zöllner aus, „das Studienkonto biete den Studierenden einen Gestaltungsfreiraum für ein gebührenfreies Erststudium im Rahmem der doppelten Regelstudienzeit."

Weiter erklärte er, „die Höhe der potenziellen Studiengebühren (Langzeitstudiengebühren) liege deutlich unter dem Betrag, der in anderen Bundesländern bereits eingefordert werde bzw. in der Diskussion sei. Sie beläuft sich auf rund 350 Euro." In einer Zusammenfassung der Regelungen des neuen Hochschulgesetzes heißt es auch, das Studienkonto werde für alle Studierenden in Rheinland-Pfalz unter Wahrung des Vertrauensschutzes bereits immatrikulierter Studierender gesetzlich verankert.

Im Entwurf einer Landesverordnung über die Einrichtung und Führung von Studienkonten (Stand 21. Januar 2004) wird der zeitliche Rahmen für ein gebührenfreies Erststudium auf den Faktor 1,75 der Regelstudienzeit verkürzt und die dann anfallenden Langzeitstudiengebühren auf 650 Euro erhöht. Studierende, die mit dem geplanten In-Kraft-Treten der Verordnung zum Wintersemester 2004/2005 sofort die volle Langzeitgebühr entrichten müssen, haben also ihr Studium bereits 1998 oder früher begonnen. Sie hatten bereits zum Zeitpunkt der ersten unverbindlichenVorstellung des Modells „ihre Regelstudienzeit", also mindestens acht Semester absolviert.

Ich frage die Landesrgierung:

1. Mit welcher Begründung weicht die Landesregierung von ihren bisher verlautbarten Vorgaben (doppelte Regelstudienzeit) im Hinblick auf ein gebührenfreies Erststudium im Rahmen von jetzt der 1,75fachen Regelstudienzeit ab?

2. Mit welcher Begründung weicht die Landesregierung von ihren bisher verlautbarten Vorgaben (350 Euro pro Semester) im Hinblick auf eine Studiengebühr nach Verbrauch des so genannten Studienkontos von jetzt 650 Euro pro Semester ab?

3. In welcher Weise sieht die Landesregierung den notwendigen Vertrauensschutz für so genannte Langzeitstudierende bei der Einführung von Studiengebühren bei rückwirkend berechneten Studienkonten gewärhleistet, wenn die im nächsten Wintersemester Betroffenen bei der Ankündigung des Studienkontenmodells 2001 bereits ihre Regelstudienzeit erreicht hatten?

4. Wie viele der im Wintersemester 2003/2004 (oder einem anderen statistisch erfassbaren Zeitpunkt) Studierenden hatten das 1,75fache ihrer Regelstudienzeit überschritten (bitte absolute und prozentuale Angaben)?

5. Wie viele Studierende hatten im vergangenen Wintersemester 2003/2004 (oder einem anderen statistisch erfassbaren Zeitpunkt) ihre jeweilige Regelstudienzeit um ein Semester oder mehr bereits überschritten (bitte absolute und prozentuale Angaben)?

6. In welcher Weise versichert sich die Landesregierung, dass die Studienbedingungen an allen Hochschulen und in allen Studiengängen so gestaltet sind, dass ein unterbrechungsfreies Studium in der vorgesehenen Regelstudienzeit jederzeit möglich ist?

Das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 12. März 2004 wie folgt beantwortet:

Eine große Zahl optimal ausgebildeter Menschen ist die zentrale Voraussetzung zur gesamtgesellschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit.

Im Hinblick auf die Zielsetzung, eine hohe Ausbildungsrate zu erreichen, gilt es die Studiengebührenfreiheit zu gewährleisten. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, hat sich die rheinland-pfälzische Landesregierung für das Studienkontenmodell entschieden. Es beinhaltet einerseits die notwendigen Steuerungselemente und Anreizwirkungen für die Hochschulen und sichert andererseits ein verantwortungsvolles Umgehen mit dem Gut Bildung, ohne abschreckende Wirkung für die Studierenden zu entfalten.

Die Einzelfragen beantworte ich wie folgt:

Zu 1. und 2.: Seit der Vorstellung des Studienkonten-Modells im Herbst 2001 haben sich die Rahmenbedingungen in den Ländern nachhaltig verändert. In vielen Ländern wurden so genannte Langzeitgebühren eingeführt. Um die Wettbewerbsbedingungen für die rheinlandpfälzischen Hochschulen nicht zu verschlechtern, wurden die entsprechenden Parameter angepasst. Nach wie vor wird den Studierenden ein gebührenfreies Erststudium in einer großzügig bemessenen Studienzeit ermöglicht.

Zu 3.: Studierende, die zum Wintersemester 2001/2002 bereits ihre Regelstudienzeit erreicht hatten, hatten bis zur beabsichtigten Einführung des Studienkontenmodells und der erstmaligen Erhebung von Gebühren zum Wintersemester 2004/2005 drei Jahre und damit ausreichend Zeit, ihr Studium gebührenfrei zu einem Abschluss zu bringen. Für eine Übergangszeit von einem Jahr, also bis zum Wintersemester 2005/2006, können diese Studierenden darüber hinaus einen Antrag auf Gewährung eines Bonus nach besonderen in der Verordnung vorgesehenen sozialen Kriterien stellen.

Zu 4.: Die amtliche Statistik erfasst die Studierenden mit der Zahl der Fach- und Hochschulsemester. Die Regelstudienzeit eines Studienganges wird dagegen nicht erhoben. Insofern kann es sich im Folgenden nur um ungefähre Angaben handeln.

Das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur geht davon aus, dass im Wintersemester 2002/2003 ca. 7 100 Studierende das 1,75fache ihrer Regelstudienzeit überschritten hatten. Dies entspricht ca. 7,8 % aller Studierenden.

Zu 5.: Im Wintersemester 2002/2003 waren in Rheinland-Pfalz an den Universitäten 14 626 Studierende (23,8 %) im 11. Fachsemester oder einem höheren Semester, an den Fachhochschulen waren 4 597 Studierende im 9. oder einem höheren Fachsemester (18,5 %).

Zu 6.: Die Gewährleistung des Lehrangebotes, das zur Einhaltung der Studienpläne innerhalb der Regelstudienzeit erforderlich ist, gehört gemäß § 21 des HochSchG zu den Aufgaben der Hochschulen. Dies zu bewältigen ist damit vorrangig die Aufgabe der selbständig und eigenverantwortlich handelnden Hochschulen. Unabhängig davon hat die Landesregierung im Einvernehmen mit den Hochschulen Mittelzuweisungsverfahren entwickelt, die insbesondere auch Belastungskriterien (= Nachfrage der Studierenden) zu einem wesentlichen Faktor für die Höhe der Mittelzuweisungen an die Hochschulen aufnehmen. Darüber hinaus haben die Regierungsfraktionen für den Haushalt 2004 ein Drei-Millionen-Euro-Sofortprogramm zur Verfügung gestellt. Da die Mittelverteilung gemäß den Studienanfängerzahlen erfolgt, werden stark nachgefragte Studiengänge einen besonderen Anteil erhalten.